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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §12 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des T in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Jänner 1996, Zl. 4.341.640/2-III/13/96, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Inhalt der für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde und der bereits vorliegenden Verwaltungsakten richtete der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Malaysias, am 20. November 1995 folgende Eingabe an das "Asylamt" (die Außenstelle des Bundesasylamtes) in Linz:
"ASYLANTRAG
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich, T stelle hiermit den Antrag auf ASYL und führe aus wie folgt:
Ich wurde am 28.7.1990 in Wien wegen Suchtgiftschmuggel (d.h. ich war ein sogenannter "Kurier") verhaftet, und zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt.
Derzeit verbüße ich in der JA-S meine Haftstrafe (von insgesamt 8 Jahren habe ich bereits 5 Jahre und 4 Monate verbüßt).
Der Grund meines Asylantrages ist der, da in meinem Heimatland "Malaysia" auf Suchtgiftdelikte die Todesstrafe steht, wobei es für die Behörden in "Malaysia" ganz gleichgültig ist, ob die Straftat im In- oder Ausland begangen wurde.
Da ich nach der Haft nach "Malaysia" abgeschoben werde und dort wie bereits erwähnt auf mich die Todesstrafe wartet, stelle ich hiermit den Antrag auf Asyl.
Ich möchte nur noch anmerken, daß ich mir bis heute nichts zu Schulden gekommen lassen habe, und daß ich erstmalig in Haft bin.
Darum bitte ich Sie diesen Antrag genau zu prüfen, und für anfällige Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich danke Ihnen für Ihre Mühe im voraus und hoffe auf eine positive Antwort Ihrerseits."
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 14. Dezember 1995 begründete der Beschwerdeführer seinen Antrag wie folgt:
"Ich würde, da in Malaysia die Gesetze sehr streng angewendet werden, wegen des von mir begangenen Deliktes sicherlich auch dort noch einmal bestraft werden. Ich führe an, daß in Malaysia für Suchtgifthandel und Schmuggel die Todesstrafe verhängt wird. Dies ist der Grund, weshalb ich in Österreich um Asyl ersuche. Zur Frage, ob ich weitere asylrelevante Gründe vorzubringen hätte, führe ich an, daß dies mein einziger Asylgrund ist."
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1995 wies das Bundesasylamt den Antrag gemäß §§ 3 und 2 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 3 des Asylgesetzes 1991 ab. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe "trotz eingehendster Befragung keinen Asylgrund im Sinne des Asylgesetzes 1991 darlegen" können. Seine Verurteilung nach dem Suchtgiftgesetz verwirkliche darüber hinaus den Asylausschließungsgrund nach § 2 Abs. 2 Z. 1 Asylgesetz 1991 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt F Punkt b der Genfer Flüchtlingskonvention.
Seine Berufung gegen diesen Bescheid begründete der Beschwerdeführer wie folgt:
"All die Angaben die von mir am 14.12.1995 in der Justizvollzugsanstalt S niederschriftlich gemacht habe, sind richtig und ich habe dem nichts hinzuzufügen. Es besteht jedoch berechtigt die Befürchtung, daß im Falle einer Abschiebung nach Malaysia die Todesstrafe über mich verhängt wird. Ich habe diesbezüglich bereits Kontakt mit ai-Region OÖ aufgenommen und ich warte immer noch auf die Stellungnahme der malaysianischen Botschaft. Sobald ich dieses Schreiben erhalte, werde ich Ihnen dieses zusenden. Darum bitte ich Sie, diesen Antrag nochmals zu prüfen. Ich danke Ihnen im voraus für Ihre Mühe und hoffe auf eine positive Nachricht Ihrerseits."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie verwies auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides und fügte hinzu, dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe nicht entnommen werden können, daß ihm von den Behörden seines Heimatlandes eine aus den Gründen des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 differenzierte Behandlung im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen Malaysias drohe.
In seiner an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer u. a. aus, es könne "selbstverständlich ... dagegen kein Einwand erhoben werden, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes anzusehen" sei. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens hätten den Antrag vom 20. November 1995 aber zu Unrecht als Asylantrag behandelt. Sie hätten erkennen müssen, daß der Beschwerdeführer seinen Antrag nur unrichtig benannt habe und es ihm nicht darum gegangen sei, als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes anerkannt zu werden, sondern nur darum, nach seiner Haftstrafe nicht nach Malaysia abgeschoben zu werden. Es liege daher eine Zuständigkeitsanmaßung, eine Verletzung der den Behörden des Verwaltungsverfahrens obliegenden Belehrungspflicht und - bezogen auf das tatsächliche Anliegen des Beschwerdeführers - eine Verletzung der Ermittlungs- und Begründungspflichten vor.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluß vom 23. September 1996, B 745/96-14, ab und trat sie unter Anschluß der Verwaltungsakten dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seiner Beschwerdeergänzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer zum "Beschwerdepunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" wieder geltend, die Behörden des Verwaltungsverfahrens hätten ihn "darüber nicht aufgeklärt ..., daß ein Antrag nach dem Asylgesetz von vorneherein keinen Erfolg bringen" könne, und sie hätten "aus den Vorbringen des Beschwerdeführers einerseits erkennen müssen, daß dieser keinen Asylantrag stellen wollte, andererseits ihn über diese offensichtlich falsche Antragstellung belehren müssen". In bezug auf das "tatsächliche Vorbringen" des Beschwerdeführers, nämlich die "Befürchtung der drohenden Todesstrafe", wird erneut die Verletzung der Ermittlungs- und Begründungspflichten geltend gemacht. Zur behaupteten "inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides" führt der Beschwerdeführer aus, den Feststellungen der erkennenden Instanzen sei zu entnehmen, daß er Asyl beantragt habe. Hiezu wird nun folgender Standpunkt vertreten:
"Aufgrund der Ergebnisse, welche das Beweisverfahren vorbrachte, hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, daß das zentrale Element des Flüchtlingsbegriffs - die begründete Furcht vor Verfolgung - beim Beschwerdeführer gegeben ist.
Die für die Asylgewährung unabdingbare Voraussetzung nach § 3 Asylgesetz 1991 wäre somit gegeben gewesen und hätte die belangte Behörde dem Asylantrag des Beschwerdeführers stattgeben müssen, weshalb die Abweisung des Asylantrages mit Bescheid gesetzwidrig und daher nicht gerechtfertigt ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hat ein Anbringen einen unklaren oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt, so hat die Behörde den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen - etwa durch Vernehmung der Beteiligten - zu ermitteln. Im Falle eines mehrdeutigen Antrages ist der von der Partei damit verbundene Sinn festzustellen. Ist das Begehren seinem Wortlaut nach aber eindeutig, so ist die Behörde nicht berechtigt, ihm eine davon abweichende, eigene Deutung zu geben, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig sein (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. September 1996, Zl. 96/20/0530; weiters die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 165 ff, wiedergegebene Rechtsprechung; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 152 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall war der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers vom 20. November 1995 in sprachlich unmißverständlicher Weise auf die Gewährung von Asyl gerichtet. Die Erlangung des Schutzes nach § 1 Z. 2 Asylgesetz 1991, der nach dem Wortlaut dieser Bestimmung u.a. das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet umfaßt hätte, wäre auch kein ungeeignetes Mittel zur Verfolgung der im Antrag beschriebenen Ziele gewesen. Eine Umdeutung der Eingabe in eine solche, mit der NICHT Asyl beantragt werde, kam daher nicht in Frage. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens hatten dem Beschwerdeführer vielmehr Gelegenheit zu geben, den Sachverhalt näher darzulegen, und auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl gegeben waren. In der Einhaltung dieser Vorgangsweise kann daher keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, wobei es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auch ohne Bedeutung ist, inwieweit die Abweisung des Asylantrages zumindest aus Gründen der Zweckmäßigkeit und zur Abkürzung des Verfahrens schon in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides mit Abgrenzungen gegenüber anderen Möglichkeiten zur Erlangung von Abschiebungsschutz oder mit diesbezüglichen Belehrungen zu verbinden gewesen wäre. Das Fehlen von Ermittlungen und Begründungselementen, derer es zur Beurteilung des Verfahrensgegenstandes nicht bedarf, kann nach § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht zur Aufhebung des Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen.
Was die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides anlangt, so ist der Beschwerde der an anderer Stelle in ihr selbst zugestandene Umstand entgegenzuhalten, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers auch unter Einschluß der Ergebnisse seiner Einvernahme nicht geeignet war, auf eine Beziehung zwischen der von ihm befürchteten Verfolgung in seinem Heimatland einerseits und Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung andererseits hinzudeuten. Einer solchen Beziehung hätte es bedurft, um die Voraussetzungen des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu erfüllen. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens haben die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers daher zu Recht verneint.
Schon der Inhalt der Beschwerde läßt - in Verbindung mit dem Inhalt der Eingaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren - aus den dargestellten Gründen erkennen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGG war die Beschwerde daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996200804.X00Im RIS seit
11.07.2001