TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/15 W279 2176070-1

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Veröffentlicht am 15.06.2021
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Entscheidungsdatum

15.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch


W279 2176070-1/36E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.09.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.05.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.        XXXX (in Folge: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Am selben Tag wurde der BF durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen, wobei er zunächst zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt angab, am XXXX in Ghazni geboren worden und ledig zu sein. Er bekenne sich zum schiitischen-muslimischen Glauben und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Er spreche Farsi und Dari. Schule habe er keine besucht, jedoch habe er in einer Moschee ein wenig den Koran lesen und Dari lesen und schreiben gelernt. Er habe im Dorf XXXX des Distriktes Jaghatu (Provinz Ghazni) gelebt. Den derzeitigen Aufenthaltsort seiner Eltern und seiner Geschwister kenne er nicht.

Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass vor etwa sieben Monaten ein Kommandant aus seiner Ortschaft, dessen Namen er nicht kenne, zu ihnen nach Hause gekommen sei und seinem Vater gesagt habe, dass dieser den BF mit dem Kommandanten mitschicken solle. Er würde dem BF Singen beibringen und dieser würde dafür monatlich 6000 Afghani erhalten. Der Kommandant sei homosexuell gewesen. Sein Vater habe sich einverstanden gezeigt, woraufhin der Kommandant ihn zwei Mal mitgenommen habe. Statt zu singen habe er jedoch in Frauenkleidung tanzen müssen. Da er das nicht gewollt habe, habe er seinen Eltern davon erzählt. Diese hätten den BF einem Verwandten übergeben, der ihn weggebracht habe. Bei einer Rückkehr habe er Angst vor dem Kommandanten.

3.       Am 22.03.2017 übermittelte das Stadtpolizeikommando XXXX eine Meldung über eine Massenschlägerei von irakischen und afghanischen Asylwerbern, an der der BF teilgenommen habe. Die Asylwerber hätten mit Fäusten auf einander eingeschlagen und sich mit Füßen getreten. Über den BF wurde mit Strafverfügung vom 11.08.2017 gemäß § 81 SPG ein Strafe von € 150,- verhängt.

4.       Mit Schreiben vom 10.05.2017 wurde die Tazkira des BF übermittelt, welche ihm von seiner Familie übermittelt worden sei. Laut dem Betreuers des BF sei in der Tazkira das Geburtsdatum XXXX angeführt, was dem XXXX entspreche. Daher werde um Korrektur ersucht.

5.       Am 14.09.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) statt. Hierbei schilderte der BF sein Fluchtvorbringen näher, wobei im Rahmen der Einvernahme auch ein Telefonat mit der Mutter des BF erfolgte, um diese zu den Fluchtgründen des BF zu befragen. Der BF machte überdies nähere Angaben zu seinem Leben und seiner Integration in Österreich sowie zu seinem Gesundheitszustand.

6.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.09.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und dem BF der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Ferner wurde dem BF ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

7.       Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 31.10.2017 Beschwerde erhoben.

8.       Mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 11.12.2017, XXXX , wurde der BF gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Wochen – unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren – verurteilt.

9.       Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 19.04.2018, XXXX , wurde der BF gemäß §§ 142 Abs. 1, 127, 229 Abs. 1, 241e Abs. 3 sowie gemäß §§ 15, 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Zugleich wurde die zuvor genannte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

10.      Mit Bescheid des BFA vom 17.07.2019, Zl. XXXX , wurde festgestellt, dass der BF gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 08.02.2018 verloren habe. Das diesen Bescheid behebende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2019, GZ W249 2176070-3/2E, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.09.2020, Ro 2019/20/0006, aufgehoben.

11.      Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.05.2020 eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Beziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari durch, an der das Bundesamt entschuldigt nicht teilnahm. Hierbei wurde der BF umfassend zu seinem Fluchtvorbringen befragt. Hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens gab der BF an, dass er in Österreich bisher nicht gearbeitet habe, sondern Deutsch-, Erste-Hilfe-, Anti-Gewalt- sowie Basisbildungskurse besucht habe. Außerdem habe er das Reparieren von Fahrrädern und Kochen gelernt. Er wolle die Lehre bzw. Hauptschule abschließen. Er führe seit dem 10.04.2019 eine Beziehung mit XXXX und sei Vater der gemeinsamen zwei Monate alten Tochter XXXX . Diesbezüglich befragte das Bundesverwaltungsgericht die Freundin des BF als Zeugin.

12.      Mit Schreiben vom 22.06.2020 legte der BF u.a. die Vaterschaftsanerkennung, die Geburtsurkunde und den Reisepass der Tochter XXXX vor.

13.      Mit Erkenntnis vom 30.07.2020, GZ W279 2176070-1/23E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt A.I.) ab. Im Übrigen wurde der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei (Spruchpunkt A.II.). Dem BF wurde gemäß §§ 54 und 55 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt (Spruchpunkt A.III.).

Begründend wurde dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das Fluchtvorbringen u.a. aufgrund widersprüchlicher Angaben als nicht glaubwürdig erweise. Als arbeitsfähigem und jungem Mann, welcher überdies in Afghanistan geboren, aufgewachsen und sozialisiert wurde, stehe dem BF eine Neuansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif und Herat offen. Da der BF allerdings ein ausgeprägtes Privat- und Familienleben in Österreich aufweise, überwiege das individuelle Interesse des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, sodass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei.

14.      Gegen dieses Erkenntnis erhob das BFA mit Schriftsatz vom 12.08.2020 die außerordentliche Revision, in der beantragt wurde, dass der Verwaltungsgerichtshof die Spruchpunkte A.II. und A.III. aufheben möge.

15.      Mit Erkenntnis vom 11.01.2021, Ra 2020/01/0295, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes im angefochtenen Umfang auf.

Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl im Rahmen der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessensabwägung notwendig ist. Allerdings könne eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar sei, im Ergebnis allerdings dann für gerechtfertigt erachtet werden, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen sei, was insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden der Fall sei. Außerdem sei maßgeblich relativierend, wenn – wie auch im Fall des BF – die wesentlichen Umstände des Privat- und Familienlebens in einem Zeitraum entstanden sind, in dem sich der Fremden seines unsicheren Aufenthaltes bewusst sein musste. Indem das Bundesverwaltungsgericht diese Aspekte nicht (hinreichend) berücksichtigt habe, habe es im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber den festgestellten privaten und familiären Interessen des Mitbeteiligten nicht den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend gewichtet und dadurch seinen Anwendungsspielraum überschritten.

16.      Mit Schreiben vom 23.03.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem BF die zu diesem Zeitpunkt aktuelle Fassung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Afghanistan und gab ihm die Möglichkeit, dazu binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen. Er wurde darüber hinaus ersucht, etwaige Änderungen in seinem Privat- und Familienleben seit seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht bekannt zu geben.

17.      Mit Schreiben vom 08.04.2021 nahm die Rechtsvertretung des BF Stellung und führte darin aus, dass das Länderinformationsblatt zur Kenntnis genommen werde und als Beweis dafür betrachtet werde, dass die Lage in Afghanistan weiterhin katastrophal sei.

Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des BF wird angeführt, dass der BF seit der letzten mündlichen Verhandlung vom 26.05.2020 bemüht gewesen sei, seine Integration weiter voranzutreiben. Die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter sei ihm besonders wichtig. Er gehe in der Vaterrolle völlig auf und habe eine Arbeitsstelle gefunden. Es werde nicht negiert, dass der BF früher Probleme mit dem Gesetz gehabt habe, doch durch seine Lebensgefährtin und seine Tochter habe er nach seiner Flucht, der Trennung von seiner Familie und der langen Ungewissheit endlich einen Sinn in seinem Leben gewonnen und habe den rechtschaffenen Weg eingeschlagen.

Dem Schreiben wurde Unterstützungserklärungen sowie der Arbeitsvertrag beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des BF:

Der BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Dari.

Der BF wurde in der Provinz Ghazni, Distrikt Jaghatu, Dorf XXXX geboren und wuchs dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder auf. Seine Eltern und sein Bruder leben derzeit in Teheran, der BF hat regelmäßig Kontakt zu diesen. In Afghanistan leben nach wie vor Tanten des BF.

Der BF besuchte keine Schule, er lernte jedoch in der Moschee das Lesen des Korans. Der BF erlernte keinen Beruf. Er half seinem Vater in seiner Heimat bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten aus.

Der BF ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der BF hat keine lebensbedrohlichen Erkrankungen, er leidet unter starken und ausgeprägten Ängsten, Alpträumen und Suizidgedanken. Er hat sich zudem selbst Schnittwunden zugefügt. Diagnostiziert wurde eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiven Reaktionen. Dem BF steht auch im Heimatstaat die Möglichkeit einer psychiatrischen Behandlung offen.

1.2.    Zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich:

Der BF hält sich seit seinem Antrag auf internationalen Schutz am 03.01.2015 durchgehend in Österreich auf. Er hat sein vorübergehendes Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 ab dem 08.02.2018 verloren und ist seitdem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Er besuchte Deutschkurse für Niveau A1, A2 und B1 sowie Basisbildungskurse und das „Integrationsprojekt XXXX “. Außerdem nahm er an Erste-Hilfe- und Theaterkursen sowie Anti-Gewalt Trainings teil und war Mitglied beim ASKÖ XXXX (Sektion XXXX ). Er arbeitete freiwillig in der Flüchtlingsbetreuung des Roten Kreuzes.

Der BF hat bisher keine Deutschprüfung positiv absolviert und konnte sich bei seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht nur in Grundsätzen auf Deutsch ausdrücken.

Der BF ist seit dem 02.03.2021 beim Unternehmen XXXX als Mitarbeiter im Bereich „Elektronik-Serienfertigung“ angestellt.

Der BF führt mit der deutschen Staatsangehörigen XXXX eine Beziehung, wohnt allerdings nicht mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt. Er ist Vater der am 22.03.2020 geborenen, gemeinsamen Tochter XXXX , die ebenfalls deutsche Staatsangehörige ist. Der BF hat regelmäßigen Kontakt zu seiner Tochter und ist ins Familienleben integriert.

Der BF weist zwei strafgerichtliche Verurteilungen auf:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 11.12.2017, XXXX , wurde der BF gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Wochen – unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren – verurteilt. Die Probezeit wurde mit dem nachfolgenend genannten Urteil auf fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19.04.2018, XXXX , wurde der BF gemäß §§ 142 Abs. 1, 127, 229 Abs. 1, 241e Abs. 3 sowie gemäß §§ 15, 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Dem Urteil zufolge versuchte der BF gemeinsam mit einem Mittäter unter Einsatz von nicht zu unterschätzender Gewalt (Kopfstoß, Schläge und Tritte) einem Opfer seine Geldbörse wegzunehmen, was durch das Eingreifen eines Passanten verhindert werden konnte. An dem darauffolgenden Tag wiederholte der BF den Raub gegen dasselbe Opfer und vollendeten ihn dieses Mal; dabei schlug er dem Opfer mit der Faust ins Gesicht. Überdies wurde der Täter noch aufgrund eines Diebstahls, einer Entfremdung unbarer Zahlungsmittel sowie einer Urkundenunterdrückung verurteilt. Bei der Strafbemessung wurden das Geständnis, das Alter unter 21 Jahren sowie der teilweise Versuch als mildernd gewertet; erschwerend waren für das Gericht das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen, eine einschlägige Vorstrafe, der äußert rasche Rückfall sowie die Tätermehrheit.

In Zusammenhang damit verbüßte der BF eine Haftstrafe vom 08.02.2018 bis zum 22.03.2019.

Überdies wurde über den BF mit Strafverfügung vom 11.08.2017 eine Verwaltungsstrafe gemäß § 81 SPG in Höhe von von € 150,- verhängt.

1.3.    Zur Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan wird der BF aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten weder von staatlicher Seite noch von Seiten Dritter bedroht.

Bei einer Rückkehr in die Städte Mazar-e Sharif oder Herat drohen dem BF keine Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit. Er läuft zudem nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

1.4.    Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Als örtliche Gegebenheiten im Herkunftsstaat werden folgende Kapitel des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Afghanistan (in der Fassung vom 11.06.2021, Version 4) festgestellt:

„Covid-19

Letzte Änderung: 10.06.2021

[…]

Entwicklung der COVID-19 Pandemie in Afghanistan

Der erste offizielle Fall einer COVID-19 Infektion in Afghanistan wurde am 24.2.2020 in Herat festgestellt (RW 9.2020; vgl UNOCHA 19.12.2020). Laut einer vom afghanischen Gesundheitsministerium (MoPH) durchgeführten Umfrage hatten zwischen März und Juli 2020 35% der Menschen in Afghanistan Anzeichen und Symptome von COVID-19. Laut offiziellen Regierungsstatistiken wurden bis zum 2.9.2020 in Afghanistan 103.722 Menschen auf das COVID-19-Virus getestet (IOM 23.9.2020). Aufgrund begrenzter Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Testkapazitäten, der Testkriterien, des Mangels an Personen, die sich für Tests melden, sowie wegen des Fehlens eines nationalen Sterberegisters werden bestätigte Fälle von und Todesfälle durch COVID-19 in Afghanistan wahrscheinlich insgesamt unterrepräsentiert (HRW 14.1.2021; vgl. UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021, UNOCHA 19.12.2020, RFE/RL 23.2.2021a).

Die fortgesetzte Ausbreitung der Krankheit in den letzten Wochen des Jahres 2020 hat zu einem Anstieg der Krankenhauseinweisungen geführt, wobei jene Einrichtungen die als COVID-19-Krankenhäuser in den Provinzen Herat, Kandahar und Nangarhar gelten, nach Angaben von Hilfsorganisationen seit Ende Dezember voll ausgelastet sind. Gesundheitseinrichtungen sehen sich auch zu Beginn des Jahres 2021 großen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung ihrer Kapazitäten zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung grundlegender Gesundheitsdienste gegenüber, insbesondere, wenn sie in Konfliktgebieten liegen (BAMF 8.2.2021; vgl. IOM 18.3.2021).

Die WHO äußerte ihre Besorgnis über die Gefahr der Verbreitung mutierter Viren in Afghanistan. In Pakistan ist bereits ein deutlicher Anstieg der Infektionen mit einer neuen Variante, die potenziell ansteckender ist und die jüngere Bevölkerung trifft, festgestellt worden. Das afghanische Gesundheitsministerium bereite sich auf eine potenzielle dritte Welle vor. Die Überwachung an der Grenze soll ausgeweitet und Tests verbessert werden. Angesichts weiterer Berichte über unzureichende Testkapazitäten im Land bleibt die Wirkung der geplanten Maßnahmen abzuwarten (BAMF 29.3.2021).

Laut Meldungen von Ende Mai 2021 haben afghanische Ärzte Befürchtungen geäußert, dass sich die erstmals in Indien entdeckte COVID-19-Variante nun auch in Afghanistan verbreiten könnte. Viele der schwerkranken Fälle im zentralen Krankenhaus für COVID-Fälle in Kabul, wo alle 100 Betten belegt seien, seien erst kürzlich aus Indien zurückgekehrte Personen (BAMF 31.5.2021; vgl. TG 25.5.2021, DW 21.5.2021, UNOCHA 3.6.2021). Seit Ende des Ramadans und einige Woche nach den Festlichkeiten zu Eid al-Fitr konnte wieder ein Anstieg der COVID-19 Fälle verzeichnet werden. Es wird vom Beginn einer dritten Welle gesprochen (UNOCHA 3,6,2021; vgl. TG 25.5.2021). Waren die [Anm.: offiziellen] Zahlen zwischen Februar und März relativ niedrig, so stieg die Anzahl zunächst mit April und dann mit Ende Mai deutlich an (WHO 4.6.2021; vgl. TN 3.6.2021, UNOCHA 3.6.2021). Es gibt in Afghanistan keine landeseigenen Einrichtungen, um auf die aus Indien stammende Variante zu testen (UNOCHA 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).

Mit Stand 3.6.2021 wurden der WHO offiziell 75.119 Fälle von COVID-19 gemeldet (WHO 3.6.2021), wobei die tatsächliche Zahl der positiven Fälle um ein Vielfaches höher eingeschätzt wird (IOM 18.3.2021; vgl. HRW 14.1.2021).

Maßnahmen der Regierung und der Taliban

Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hat verschiedene Maßnahmen zur Vorbereitung und Reaktion auf COVID-19 ergriffen. "Rapid Response Teams" (RRTs) besuchen Verdachtsfälle zu Hause. Die Anzahl der aktiven RRTs ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich, da ihre Größe und ihr Umfang von der COVID-19-Situation in der jeweiligen Provinz abhängt. Sogenannte "Fix-Teams" sind in Krankenhäusern stationiert, untersuchen verdächtige COVID-19-Patienten vor Ort und stehen in jedem öffentlichen Krankenhaus zur Verfügung. Ein weiterer Teil der COVID-19-Patienten befindet sich in häuslicher Pflege (Isolation). Allerdings ist die häusliche Pflege und Isolation für die meisten Patienten sehr schwierig bis unmöglich, da die räumlichen Lebensbedingungen in Afghanistan sehr begrenzt sind (IOM 23.9.2020). Zu den Sensibilisierungsbemühungen gehört die Verbreitung von Informationen über soziale Medien, Plakate, Flugblätter sowie die Ältesten in den Gemeinden (IOM 18.3.2021; vgl. WB 28.6.2020). Allerdings berichteten undokumentierte Rückkehrer immer noch von einem insgesamt sehr geringen Bewusstsein für die mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen sowie dem Glauben an weitverbreitete Verschwörungen rund um COVID-19 (IOM 18.3.2021; vgl. IOM 1.2021).

Gegenwärtig gibt es in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif keine Ausgangssperren. Das afghanische Gesundheitsministerium hat die Menschen jedoch dazu ermutigt, einen physischen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, eine Maske zu tragen, sich 20 Sekunden lang die Hände mit Wasser und Seife zu waschen und Versammlungen zu vermeiden (IOM 18.3.2021). Auch wenn der Lockdown offiziell nie beendet wurde, endete dieser faktisch mit Juli bzw. August 2020 und wurden in weiterer Folge keine weiteren Ausgangsperren erlassen (ACCORD 25.5.2021).

Laut IOM sind Hotels, Teehäuser und andere Unterkunftsmöglichkeiten derzeit [Anm.: März 2021] nur für Geschäftsreisende geöffnet. Für eine Person, die unter der Schirmherrschaft der IOM nach Afghanistan zurückkehrt und eine vorübergehende Unterkunft benötigt, kann IOM ein Hotel buchen. Personen, die ohne IOM nach Afghanistan zurückkehren, können nur in einer Unterkunftseinrichtung übernachten, wenn sie fälschlicherweise angeben, ein Geschäftsreisender zu sein. Da die Hotels bzw. Teehäuser die Gäste benötigen, um wirtschaftlich überleben zu können, fragen sie nicht genau nach. Wird dies durch die Exekutive überprüft, kann diese - wenn der Aufenthalt auf der Angabe von falschen Gründen basiert - diesen jederzeit beenden. Die betreffenden Unterkunftnehmer landen auf der Straße und der Unterkunftsbetreiber muss mit einer Verwaltungsstrafe rechnen (IOM AUT 22.3.2021). Laut einer anderen Quelle gibt es jedoch aktuell [Anm.: März 2021] keine Einschränkungen bei der Buchung eines Hotels oder der Unterbringung in einem Teehaus und es ist möglich, dass Rückkehrer und Tagelöhner die Unterbringungsmöglichkeiten nutzen (RA KBL 22.3.2021).

Indien hat inzwischen zugesagt, 500.000 Dosen seines eigenen Impfstoffs zu spenden, erste Lieferungen sind bereits angekommen. 100.000 weitere Dosen sollen über COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) verteilt werden. Weitere Gespräche über Spenden laufen mit China (BAMF 8.2.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a).

Die Taliban erlauben den Zugang für medizinische Helfer in Gebieten unter ihrer Kontrolle im Zusammenhang mit dem Kampf gegen COVID-19 (NH 3.6.2020; vgl. Guardian 2.5.2020) und gaben im Januar 2020 ihre Unterstützung für eine COVID-19-Impfkampagne in Afghanistan bekannt, die vom COVAX-Programm der Weltgesundheitsorganisation mit 112 Millionen Dollar unterstützt wird. Nach Angaben des Taliban-Sprechers Zabihullah Mudschahid würde die Gruppe die über Gesundheitszentren durchgeführte Impfaktion "unterstützen und erleichtern" (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021), wenn der Impfstoff in Abstimmung mit ihrer Gesundheitskommission und in Übereinstimmung mit deren Grundsätzen eingesetzt wird (NH 7.4.2021). Offizielle Stellen glauben, dass die Aufständischen die Impfteams nicht angreifen würden, da sie nicht von Tür zu Tür gehen würden (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021).

Bei der Bekanntgabe der Finanzierung sagte ein afghanischer Gesundheitsbeamter, dass das COVAX-Programm 20% der 38 Millionen Einwohner des Landes abdecken würde (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021, IOM 18.3.2021). Das Gesundheitsministerium plant 2.200 Einrichtungen im ganzen Land, um Impfstoffe zu verabreichen, und die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, die in Taliban-Gebieten arbeiten (NH 7.4.2021). Die Weltbank und die asiatische Entwicklungsbank gaben laut einer Sprecherin des afghanischen Gesundheitsministeriums an, dass sie bis Ende 2022 Impfstoffe für weitere 20% der Bevölkerung finanzieren würden (REU 26.1.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a). Um dies zu erreichen, müssen sich die Gesundheitsbehörden sowohl auf lokale als auch internationale humanitäre Gruppen verlassen, die dorthin gehen, wo die Regierung nicht hinkommt (NH 7.4.2021).

Im Februar 2021 hat Afghanistan mit seiner COVID-19-Impfkampagne begonnen, bei der zunächst Mitglieder der Sicherheitskräfte, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Journalisten geimpft werden (RFE/RL 23.2.2021a). Die Regierung kündigte an, 60% der Bevölkerung zu impfen, als die ersten 500.000 Dosen COVID-19-Impfstoff aus Indien in Kabul eintrafen. Es wurde angekündigt, dass zuerst 150.000 Mitarbeiter des Gesundheitswesens geimpft werden sollten, gefolgt von Erwachsenen mit gesundheitlichen Problemen. Die Impfungen haben in Afghanistan am 23.2.2021 begonnen (IOM 18.3.2021). Wochen nach Beginn der ersten Phase der Einführung des Impfstoffs gegen COVID-19 zeigen sich in einige Distrikten die immensen Schwierigkeiten, die das Gesundheitspersonal, die Regierung und die Hilfsorganisationen überwinden müssen, um das gesamte Land zu erreichen, sobald die Impfstoffe in größerem Umfang verfügbar sind. Hilfsorganisationen sagen, dass 120 von Afghanistans rund 400 Distrikten - mehr als ein Viertel - als "schwer erreichbar" gelten, weil sie abgelegen sind, ein aktiver Konflikt herrscht oder mehrere bewaffnete Gruppen um die Kontrolle kämpfen. Ob eine Impfkampagne erfolgreich ist oder scheitert, hängt oft von den Beziehungen zu den lokalen Befehlshabern ab, die von Distrikt zu Distrikt sehr unterschiedlich sein können (NH 7.4.2021).

Mit Stand 2.6.2021 wurden insgesamt 626.290 Impfdosen verabreicht (WHO 4.6.2021; vgl UNOCHA 3.6.2021). Etwa 11% der Geimpften haben beide Dosen des COVID-19-Impfstoffs erhalten. Insgesamt gibt es nach wie vor große Bedenken hinsichtlich des gerechten Zugangs zu Impfstoffen für Afghanen, insbesondere für gefährdete Gruppen wie Binnenvertriebene, Rückkehrer und nomadische Bevölkerungsgruppen sowie Menschen, die in schwer zugänglichen Gebieten leben (UNOCHA 3.6.2021).

Gesundheitssystem und medizinische Versorgung

COVID-19-Patienten können in öffentlichen Krankenhäusern stationär diagnostiziert und behandelt werden (bis die Kapazitäten für COVID-Patienten ausgeschöpft sind). Staatlich geführte Krankenhäuser bieten eine kostenlose Grundversorgung im Zusammenhang mit COVID-19 an, darunter auch einen molekularbiologischen COVID-19-Test (PCR-Test). In den privaten Krankenhäusern, die von der Regierung autorisiert wurden, COVID-19-infizierte Patienten zu behandeln, werden die Leistungen in Rechnung gestellt. Ein PCR-Test auf COVID-19 kostet 3.500 Afghani (AFN) (IOM 18.3.2021).

Krankenhäuser und Kliniken haben nach wie vor Probleme bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Kapazität ihrer Einrichtungen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung wesentlicher Gesundheitsdienste, insbesondere in Gebieten mit aktiven Konflikten. Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land berichten nach wie vor über Defizite bei persönlicher Schutzausrüstung, medizinischem Material und Geräten zur Behandlung von COVID-19 (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, HRW 13.1.2021, AA 16.7.2020, WHO 8.2020). Bei etwa 8% der bestätigten COVID-19-Fälle handelt es sich um Mitarbeiter im Gesundheitswesen (BAMF 8.2.2021). Mit Mai 2021 wird vor allem von einem starken Mangel an Sauerstoff berichtet (TN 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).

Während öffentliche Krankenhäuser im März 2021 weiterhin unter einem Mangel an ausreichenden Testkapazitäten für die gesamte Bevölkerung leiden, können stationäre Patienten während ihres Krankenhausaufenthalts kostenfreie PCR-Tests erhalten. Generell sind die Tests seit Februar 2021 leichter zugänglich geworden, da mehr Krankenhäuser von der Regierung die Genehmigung erhalten haben, COVID-19-Tests durchzuführen. In Kabul werden die Tests beispielsweise im Afghan-Japan Hospital, im Ali Jennah Hospital, im City Hospital, im Alfalah-Labor oder in der deutschen Klinik durchgeführt (IOM 18.3.2021). Seit Mai 2021 sind 28 Labore in Afghanistan in Betrieb - mit Plänen zur Ausweitung auf mindestens ein Labor pro Provinz. Die nationalen Labore testen 7.500 Proben pro Tag. Die WHO berichtet, dass die Labore die Kapazität haben, bis zu 8.500 Proben zu testen, aber die geringe Nachfrage bedeutet, dass die Techniker derzeit reduzierte Arbeitszeiten haben (UNOCHA 3.6.2021).

In den 18 öffentlichen Krankenhäusern in Kabul gibt es insgesamt 180 Betten auf Intensivstationen. Die Provinzkrankenhäuser haben jeweils mindestens zehn Betten auf Intensivstationen. Private Krankenhäuser verfügen insgesamt über 8.000 Betten, davon wurden 800 für die Intensivpflege ausgerüstet. Sowohl in Kabul als auch in den Provinzen stehen für 10% der Betten auf der Intensivstation Beatmungsgeräte zur Verfügung. Das als Reaktion auf COVID-19 eingestellte Personal wurde zu Beginn der Pandemie von der Regierung und Organisationen geschult (IOM 23.9.2020). UNOCHA berichtet mit Verweis auf Quellen aus dem Gesundheitssektor, dass die niedrige Anzahl an Personen die Gesundheitseinrichtungen aufsuchen auch an der Angst der Menschen vor einer Ansteckung mit dem Virus geschuldet ist (UNOCHA 15.10.2020) wobei auch die Stigmatisierung, die mit einer Infizierung einhergeht, hierbei eine Rolle spielt (IOM 18.3.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021).

Durch die COVID-19 Pandemie hat sich der Zugang der Bevölkerung zu medizinischer Behandlung verringert (AAN 1.1.2020). Dem IOM Afghanistan COVID-19 Protection Monitoring Report zufolge haben 53 % der Bevölkerung nach wie vor keinen realistischen Zugang zu Gesundheitsdiensten. Ferner berichteten 23 % der durch IOM Befragten, dass sie sich die gewünschten Präventivmaßnahmen, wie den Kauf von Gesichtsmasken, nicht leisten können. Etwa ein Drittel der befragten Rückkehrer berichtete, dass sie keinen Zugang zu Handwascheinrichtungen (30%) oder zu Seife/Desinfektionsmitteln (35%) haben (IOM 23.9.2020).

Sozioökonomische Auswirkungen und Arbeitsmarkt

COVID-19 trägt zu einem erheblichen Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit im ganzen Land bei (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 19.12.2020). Die kürzlich veröffentlichte IPC-Analyse schätzt, dass sich im April 2021 12,2 Millionen Menschen - mehr als ein Drittel der Bevölkerung - in einem Krisen- oder Notfall-Niveau der Ernährungsunsicherheit befinden (UNOCHA 3.6.2021; vgl. IPC 22.4.2021). In der ersten Hälfte des Jahres 2020 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise, die im April 2020 im Jahresvergleich um rund 17% stiegen, nachdem in den wichtigsten städtischen Zentren Grenzkontrollen und Lockdown-Maßnahmen eingeführt worden waren. Der Zugang zu Trinkwasser war jedoch nicht beeinträchtigt, da viele der Haushalte entweder über einen Brunnen im Haus verfügen oder Trinkwasser über einen zentralen Wasserverteilungskanal erhalten. Die Auswirkungen der Handelsunterbrechungen auf die Preise für grundlegende Haushaltsgüter haben bisher die Auswirkungen der niedrigeren Preise für wichtige Importe wie Öl deutlich überkompensiert. Die Preisanstiege scheinen seit April 2020 nach der Verteilung von Weizen aus strategischen Getreidereserven, der Durchsetzung von Anti-Preismanipulationsregelungen und der Wiederöffnung der Grenzen für Nahrungsmittelimporte nachgelassen zu haben (IOM 23.9.2020; vgl. WHO 7.2020), wobei gemäß dem WFP (World Food Program) zwischen März und November 2020 die Preise für einzelne Lebensmittel (Zucker, Öl, Reis...) um 18-31% gestiegen sind (UNOCHA 12.11.2020). Zusätzlich belastet die COVID-19-Krise mit einhergehender wirtschaftlicher Rezession die privaten Haushalte stark (AA 16.7.2020).

Die Lebensmittelpreise haben sich mit Stand März 2021 auf einem hohen Niveau stabilisiert: Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Bewässerung und Viehzucht waren die Preise für Weizenmehl von November bis Dezember 2020 stabil, blieben aber auf einem Niveau, das 11 %, über dem des Vorjahres und 27 % über dem Dreijahresdurchschnitt lag. Insgesamt blieben die Lebensmittelpreise auf den wichtigsten Märkten im Dezember 2020 überdurchschnittlich hoch, was hauptsächlich auf höhere Preise für importierte Lebensmittel zurückzuführen ist (IOM 18.3.2021).

Laut einem Bericht der Weltbank zeigen die verfügbaren Indikatoren Anzeichen für eine stark schrumpfende Wirtschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2020, was die Auswirkungen der COVID-19-Krise im Kontext der anhaltenden Unsicherheit widerspiegelt. Die Auswirkungen von COVID-19 auf den Landwirtschaftssektor waren bisher gering. Bei günstigen Witterungsbedingungen während der Aussaat wird erwartet, dass sich die Weizenproduktion nach der Dürre von 2018 weiter erholen wird. Lockdown-Maßnahmen hatten bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion und blieben in ländlichen Gebieten nicht durchgesetzt. Die Produktion von Obst und Nüssen für die Verarbeitung und den Export wird jedoch durch Unterbrechung der Lieferketten und Schließung der Exportwege negativ beeinflusst (IOM 18.3.2021; vgl. WB 15.7.2020).

Es gibt keine offiziellen Regierungsstatistiken, die zeigen, wie der Arbeitsmarkt durch COVID-19 beeinflusst wurde bzw. wird. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die COVID-19-Pandemie erhebliche negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage in Afghanistan hat, einschließlich des Arbeitsmarktes (IOM 23.9.2020; vgl. AA 16.7.2020). Die afghanische Regierung warnt davor, dass die Arbeitslosigkeit in Afghanistan um 40% steigen wird. Die Lockdown-Maßnahmen haben die bestehenden prekären Lebensgrundlagen in dem Maße verschärft, dass bis Juli 2020 84% der durch IOM-Befragten angaben, dass sie ohne Zugang zu außerhäuslicher Arbeit (im Falle einer Quarantäne) ihre grundlegenden Haushaltsbedürfnisse nicht länger als zwei Wochen erfüllen könnten; diese Zahl steigt auf 98% im Falle einer vierwöchigen Quarantäne (IOM 23.9.2020). Insgesamt ist die Situation vor allem für Tagelöhner sehr schwierig, da viele Wirtschaftssektoren von den Lockdown-Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 negativ betroffen sind (IOM 23.9.2020; vgl. Martin/Parto 11.2020).

Die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die durch die COVID-19-Pandemie geschaffen wurden, haben auch die Risiken für vulnerable Familien erhöht, von denen viele bereits durch lang anhaltende Konflikte oder wiederkehrende Naturkatastrophen ihre begrenzten finanziellen, psychischen und sozialen Bewältigungskapazitäten aufgebraucht hatten (UNOCHA 19.12.2020).

Die tiefgreifenden und anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die afghanische Wirtschaft bedeuten, dass die Armutsquoten für 2021 voraussichtlich hoch bleiben werden. Es wird erwartet, dass das BIP im Jahr 2021 um mehr als 5% geschrumpft sein wird (IWF). Bis Ende 2021 ist die Arbeitslosenquote in Afghanistan auf 37,9% gestiegen, gegenüber 23,9% im Jahr 2019 (IOM 18.3.2021).

Nach einer Einschätzung des Afghanistan Center for Excellence sind die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Sektoren die verarbeitende Industrie (Non-Food), das Kunsthandwerk und die Bekleidungsindustrie, die Agrar- und Lebensmittelverarbeitung, der Fitnessbereich und das Gesundheitswesen sowie die NGOs (IOM 18.3.2021).

Nach Erkenntnissen der WHO steht Afghanistan [Anm.: mit März 2021] vor einer schleppenden wirtschaftlichen Erholung inmitten anhaltender politischer Unsicherheiten und einem möglichen Rückgang der internationalen Hilfe. Das solide Wachstum in der Landwirtschaft hat die afghanische Wirtschaft teilweise gestützt, die im Jahr 2020 um etwa zwei Prozent schrumpfte, deutlich weniger als ursprünglich geschätzt. Schwer getroffen wurden aber der Dienstleistungs- und Industriesektor, wodurch sich die Arbeitslosigkeit in den Städten erhöhte. Aufgrund des schnellen Bevölkerungswachstums ist nicht zu erwarten, dass sich das Pro-Kopf-Einkommen bis 2025 wieder auf das Niveau von vor der COVID-19-Pandemie erholt (BAMF 12.4.2021).

Frauen, Kinder und Binnenvertriebene

Auch auf den Bereich Bildung hatte die COVID-19 Pandemie Auswirkungen. Die Regierung ordnete im März 2020 an, alle Schulen zu schließen (IOM 23.9.2020; vgl. ACCORD 25.5.2021), wobei diese ab August 2020 wieder stufenweise geöffnet wurden (ACCORD 25.5.2021). Angesichts einer zweiten COVID-19-Welle verkündete die Regierung jedoch Ende November die abermalige Schließung der Schulen (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021) wobei diese im Laufe des ersten Quartals 2021 wieder geöffnet wurden (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021, UNICEF 4.5.2021). Im Oktober 2020 berichtete ein Beamter, dass 56 Schüler und Lehrer in der Provinz Herat positiv getestet wurden (von 386 Getesteten). 35 bis 60 Schüler lernen in einem einzigen Raum, weil es an Einrichtungen fehlt und die Richtlinien zur sozialen Distanzierung nicht beachtet werden (IOM 18.3.2021). Ende Mai 2021 wurde berichtet, dass in 16 Provinzen aufgrund steigender Fallzahlen für 14 Tage die Schulen geschlossen würden (BAMF 31.5.2021).

Kinder (vor allem Jungen), die von den Auswirkungen der Schulschließungen im Rahmen von COVID-19 betroffen waren, waren nun auch anfälliger für Rekrutierung durch die Konfliktparteien (IPS 12.11.2020; vgl. UNAMA 10.8.2020, ACCORD 25.5.2021). In den ersten Monaten des Jahres 2021 wurde im Durchschnitt eines von drei Kindern in Afghanistan außer Haus geschickt, um zu arbeiten. Besonders außerhalb der Städte wurde ein hoher Anstieg der Kinderarbeit berichtet (IOM 18.3.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021). Die Krise verschärft auch die bestehende Vulnerabilität von Mädchen betreffend Kinderheirat und Schwangerschaften von Minderjährigen (UNOCHA 19.12.2020; vgl. IPS 12.11.2020, UNAMA 10.8.2020, ACCORD 25.5.2021). Die Pandemie hat auch spezifische Folgen für Frauen, insbesondere während eines Lockdowns, einschließlich eines erhöhten Maßes an häuslicher Gewalt (ACCORD 25.5.2021; vgl. AI 3.2021, HRW 13.1.2021, UNOCHA 19.12.2020). Frauen und Mädchen sind durch den generell geringeren Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zusätzlich betroffen (AI 3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, Martins/Parto 11.2020, AAN 1.10.2020).

Binnenvertriebene sind besonders gefährdet, sich mit COVID-19 anzustecken, da sie bereits vorher anfällig waren, es keine Gesundheitseinrichtungen gibt, die Siedlungen überfüllt sind und sie nur begrenzten Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen haben. Aufgrund ihrer schlechten Lebensbedingungen sind die vertriebenen Gemeinschaften nicht in der Lage, Präventivmaßnahmen wie soziale Distanzierung und Quarantäne zu praktizieren und sind daher anfälliger für die Ansteckung und Verbreitung des Virus (AI 3.2021).

Bewegungsfreiheit

Im Zuge der COVID-19 Pandemie waren verschiedene Grenzübergänge und Straßen vorübergehend gesperrt (RFE/RL 21.8.2020; vgl. NYT 31.7.2020, IMPACCT 14.8.2020, UNOCHA 30.6.2020), wobei später alle Grenzübergänge geöffnet wurden (IOM 18.3.2021). Seit dem 29.4.2021 hat die iranische Regierung eine unbefristete Abriegelung mit Grenzschließungen verhängt (UNOCHA 3.6.2021; vgl. AnA 29.4.2021). Die Grenze bleibt nur für den kommerziellen Verkehr und die Bewegung von dokumentierten Staatsangehörigen, die nach Afghanistan zurückkehren, offen. Die Grenze zu Pakistan wurde am 20.5.2021 nach einer zweiwöchigen Abriegelung durch Pakistan wieder geöffnet (UNOCHA 3.6.2021).

Die internationalen Flughäfen in Kabul, Mazar-e Sharif, Kandarhar und Herat werden aktuell international wie auch national angeflogen und auch findet Flugverkehr zu nationalen Flughäfen statt (F 24 o.D.; vgl. IOM 18.3.2021). Derzeit verkehren Busse, Sammeltaxis und Flugzeuge zwischen den Provinzen und Städten. Die derzeitige Situation führt zu keiner Einschränkung der Bewegungsfreiheit (IOM 18.3.2021).

IOM Österreich unterstützt auch derzeit Rückkehrer im Rahmen der freiwilligen Rückkehr und Teilnahme an Reintegrationsprogrammen. Neben der Reiseorganisation bietet IOM Österreich dabei Unterstützung bei der Ausreise am Flughafen Wien Schwechat an (STDOK 14.7.2020). Von 1.1.2020 bis 22.9.2020 wurden 70 Teilnahmen an dem Reintegrationsprojekt Restart III akzeptiert und sind 47 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 23.9.2020). Mit Stand 18.3.2021 wurden insgesamt 105 Teilnahmen im Rahmen von Restart III akzeptiert und sind 86 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 18.3.2021). Mit Stand 25.5.2021 ist das Projekt Restart III weiter aktiv und Teilnehmer melden sich (IOM AUT 25.5.2021).

Quellen:

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Politische Lage

Letzte Änderung: 11.06.2021

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind (AA 1.10.2020). Auf einer Fläche von 652.860 Quadratkilometern leben ca. 32,9 Millionen (NSIA 1.6.2020) bis 39 Millionen Menschen (WoM 6.10.2020).

Im Jahr 2004 wurde die neue Verfassung angenommen, die vorsieht, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürgerinnen und Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (CoA 26.2.2004; vgl. STDOK 7.2016, Casolino 2011).

Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (CoA 26.2.2004; vgl. Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015) und die Provinzvorsteher, sowie andere wichtige Verwaltungsbeamte, werden direkt vom Präsidenten ernannt und sind diesem rechenschaftspflichtig. Viele werden aufgrund persönlicher Beziehungen ausgewählt (EC 18.5.2019).

Im direkt gewählten Unterhaus der Nationalversammlung, der Wolesi Jirga (Haus des Volkes) mit 249 Sitzen, kandidieren die Abgeordneten für eine fünfjährige Amtszeit. In der Meshrano Jirga, dem Oberhaus mit 102 Sitzen, wählen die Provinzräte zwei Drittel der Mitglieder für eine Amtszeit von drei oder vier Jahren, und der Präsident ernennt das verbleibende Drittel für eine Amtszeit von fünf Jahren. Die Verfassung sieht die Wahl von Distrikträten vor, die ebenfalls Mitglieder in die Meshrano Jirga entsenden würden, aber diese sind noch nicht eingerichtet worden. Zehn Sitze der Wolesi Jirga sind für die nomadische Gemeinschaft der Kutschi reserviert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 30.3.2021) und mindestens zwei Frauen sollen aus jeder Provinz gewählt werden (insgesamt 68) (USDOS 30.3.2021).

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit gelegentlichen kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzesentwürfen die grundsätzliche Funktionsfähigkeit des Parlaments. Gleichzeitig werden aber die verfassungsmäßigen Rechte genutzt, um die Arbeit der Regierung gezielt zu behindern, Personalvorschläge der Regierung zum Teil über lange Zeiträume zu blockieren, und einzelne Abgeordnete lassen sich ihre Zustimmung mit Zugeständnissen - wohl auch finanzieller Art - belohnen. Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaftspflicht der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 16.7.2020).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.10.2020): Afghanistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/afghanistan-node/politisches-portraet/204718, Zugriff 6.11.2020

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (16.7.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2035827/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_16.07.2020.pdf, Zugriff 22.10.2020

?        AAN - Afghanistan Analysts Network (13.2.2015): The President‘s CEO Decree: Managing rather thean executive powers (now with full translation of the document), https://www.afghanistan-analysts.org/the-presidents-ceo-decree-managing-rather-then-executive-powers/, Zugriff 22.10.2020

?        CoA - Constitution of Afghanistan [Afghanistan] (26.1.2004): The Constitution of Afghanistan, http://www.afghanembassy.com.pl/afg/images/pliki/TheConstitution.pdf, Zugriff 22.10.2020

?        Casolino, Ugo Timoteo (2011): "Post-war constitutions" in Afghanistan ed Iraq, Ricerca elaborata e discussa nell’ambito del Dottorato di ricerca in Sistema Giuridico Romanistico - Unificazione del Diritto - Università degli studi di Tor Vergata - Roma, Facoltà di Giurisprudenza, http://eprints.bice.rm.cnr.it/3858/1/TESI-TIM_Definitiva.x.SOLAR._2011.pdf, Zugriff 22.10.202

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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