TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/16 W148 2238325-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.06.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
BWG §1 Abs1
FMABG §22 Abs10
FMABG §22 Abs2a
InvFG 2011 §190 Abs5 Z1
InvFG 2011 §190a Abs1 Z1
InvFG 2011 §190a Abs3
InvFG 2011 §3 Abs2 Z30
InvFG 2011 §3 Abs2 Z31
InvFG 2011 §3 Abs2 Z5
InvFG 2011 §42a Abs1
InvFG 2011 §42a Abs2 Z4
InvFG 2011 §42a Abs3
InvFG 2011 §45
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §31 Abs1
VStG 1950 §45 Abs1 Z3
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs1a
VStG 1950 §64 Abs2
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs2
VwGVG §44 Abs1
VwGVG §50
VwGVG §52 Abs8

Spruch


W148 2238325 -1/26 E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Dr. Esther SCHNEIDER und den Richter Dr. Gert WALLISCH als Beisitzer über die Beschwerde vom 18.12.2020 der Bank XXXX AG, FN XXXX , mit Sitz in XXXX , vertreten durch CERHA HEMPEL Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen das Straferkenntnis vom 30.11.2020, Zl. FMA- XXXX , wegen zweier Übertretungen des Investmentfondsgesetzes 2011 zu Recht erkannt:

A)

I. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Spruchpunktes I. behoben und das Verfahren gem. § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wird in der Sache mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Absatz des Spruchpunktes II. neu zu lauten hat: „Im Zeitraum 20.07.2017 bis 29.03.2019 hat die XXXX die für Investmentfonds (21 OGAW und 17 AIF) eingesetzte Verwahrstelle Euroclear keiner regelmäßigen Überprüfung und laufenden Kontrolle unterzogen.“ Weiters hat ebenfalls im Spruchpunkt II. der Absatz nach dem Einleitungssatz „Die Verantwortlichkeit der XXXX ergibt sich folgendermaßen:“ wie folgt zu lauten: „Die im Tatzeitraum (20.07.2017 bis 29.03.2019) gem. § 9 Abs. 2 VStG als verantwortliche Beauftragte bestellten Vorstandsmitglieder der XXXX , nämlich XXXX (bestellter Verantwortlicher von 18.02.2016 bis einschließlich 31.12.2018) und XXXX (bestellter Verantwortlicher seit 01.01.2019), haben als Vertretungsorgane (gem. § 9 Abs. 1 VStG) selbst die Pflichtverletzung rechtswidrig, tatbestandsmäßig und schuldhaft begangen, indem sie es unterlassen haben, für die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung nach § 42a Abs. 2 Z 4 InvFG 2011 zu sorgen. Ihr Verhalten als natürliche Personen wird der XXXX als juristischer Person zugerechnet.“

III. Die von der FMA verhängte Strafe wird auf 45.000 EUR herabgesetzt.

IV. Die Strafnorm lautet § 190a Abs. 3 iVm § 190a Abs. 1 Z 1 iVm § 190 Abs. 5 Z 1 InvFG 2011, BGBl. I 77/2011 idF BGBl I 107/2017.

V. Der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens beträgt 5.500 EUR, das sind 10% der Strafe.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen das an die Bank XXXX AG (im Folgenden „beschwerdeführende Gesellschaft“ oder auch „BF“) gerichtete Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 30.11.2020, dessen Spruch wie folgt lautet:

„Die Bank XXXX Aktiengesellschaft (in der Folge auch XXXX oder Kreditinstitut), ein konzessioniertes Kreditinstitut mit Geschäftsanschrift XXXX , hat als juristische Person folgende Verstöße zu verantworten:

I.       Im Zeitraum 18.03.2016 bis 31.12.2018 hat die XXXX die ihr aufgrund des Verwahrstellenvertrages für die Verwahrung der Wertpapiere der Investmentfonds und für die Kontenführung zustehende Depotgebühr den Fondsverrechnungskonten der einzelnen Investmentfonds ohne separaten Auftrag der Verwaltungsgesellschaft XXXX Investment-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge auch Verwaltungsgesellschaft oder XXXX ) angelastet.

Erst ab 31.12.2018 hat die XXXX die Abrechnung der Verwaltungsgesellschaft zur Prüfung der Anweisung übermittelt und erst nach deren schriftlichen Auftrag die Fondsverrechnungskonten belastet. Der neue Ablauf wurde auch im Handbuch eingearbeitet und vertraglich mit der Verwaltungsgesellschaft geregelt.

II.      Im Zeitraum 20.07.2017 bis 29.03.2019 hat die XXXX , die seit 1987 als Dritte eingesetzte Verwahrstelle Euroclear keiner regelmäßigen Überprüfung und laufenden Kontrolle (Due Diligence) unterzogen.

Erst mit Abschluss der Due Diligence Prüfung am 29.03.2019 wurde Euroclear einer Überprüfung im Sinne des § 42a Abs 2 Z 4 InvFG 2011 unterzogen.

Die Verantwortlichkeit der XXXX ergibt sich folgendermaßen:

Die im Tatzeitraum (ad. I. 18.03.2016 bis 31.12.2018 und ad. II. 20.07.2017 bis 29.03.2019) zur Vertretung nach außen berufenen Mitglieder des Vorstandes der XXXX die Herren XXXX , XXXX und XXXX (siehe dazu den beiliegenden Auszug aus dem Firmenbuch, der einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet) haben selbst gegen die angeführten Verpflichtungen verstoßen und durch mangelnde Überwachung und Kontrolle die Begehung der angeführten Verstöße durch eine für die XXXX tätige Person ermöglicht. Dies wird der XXXX auch zugerechnet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

Ad. I. § 45 InvFG 2011, BGBl I 77/2011 iVm § 190a InvFG 2011, BGBl I Nr 115/2015 idF BGBl I 107/2017 iVm § 190 Abs 5 Z 1 InvFG 2011, BGBl I Nr 77/2011 idF BGBl I Nr 67/2018;

Ad. II. § 42a Abs 2 Z 4 InvFG 2011, BGBl I 77/2011 idF BGBl I 73/2016 iVm § 190a BGBl I 115/2015 idF BGBl I 107/2017 iVm § 190 Abs 5 Z 1 InvFG 2011, BGBl I Nr 77/2011 idF BGBl I Nr 67/2018

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 71.400 Euro

Gemäß §§ 190a Abs 1 iVm 190a Abs 3 InvFG 2011, BGBl I 77/2011 idF BGBl I BGBl I Nr 107/2017

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): --

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

•        7.140 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

•        0 Euro als Ersatz der Barauslagen für ---.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

78.540 Euro.“

2. Dagegen erhob die BF Beschwerde, die bei der belangten Behörde am 18.12.2020 eingegangen ist und am 05.01.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde aufgrund inhaltlicher Rechtswidrigkeit (Nichterfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen) sowie mangels Verschuldens der Zurechnungspersonen (der Vorstandsmitglieder der BF) falsch entschieden habe. Auch die Strafbemessung sei fehlerhaft.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt am 18.03.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung ab, an der die BF, vertreten durch einen informierten Vertreter und zwei Rechtsanwälte, teilgenommen hat. Weiters hat Direktor XXXX (Vorstandsmitglied) für die BF persönlich teilgenommen, die beiden anderen Vorstandsmitglieder (Vorstandsvorsitzender XXXX und Direktor XXXX ) haben entschuldigt nicht teilgenommen; alle drei Vorstandmitglieder wurden durch die beiden Rechtsanwälte der BF vertreten. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden „FMA“ oder auch „belangte Behörde“) hat durch zwei informierte Vertreter teilgenommen.

4. Am 24.03.2021 langte eine Urkundenvorlage der belangten Behörde ein, am 25.03.2021 eine Urkundenvorlage samt ergänzendem Vorbringen der BF.

5. Mit Parteiengehör vom 12.04.2021 wurde Direktor XXXX Gelegenheit zur Äußerung gegeben, die dieser mit Stellungnahme vom 13.04.2021 wahrgenommen hat. In dieser Stellungnahme verzichtete er ausdrücklich auf eine mündliche Verhandlung (bzw. Fortsetzung dieser).

6. Am 21.04.2021 brachte die belangte Behörde eine weitere Urkundenvorlage ein und verzichtete ihrerseits auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung. Eine Kopie davon übermittelte die belangte Behörde direkt der BF.

7. Mit 23.04.2021 verzichtete die BF auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und brachte eine ergänzende Stellungnahme ein, am 23.04.2021 brachte die BF eine Berichtigung zu ihrem Schriftsatz vom 22.04.2021 ein. Am 23.04.2021 replizierte die BF auf die Stellungnahme der FMA vom 21.04.2021. Mit Schriftsatz vom 26.04.2021 berichtigte die BF ihre Replik vom 23.04.2021.

8. Am 17.05.2021 hat die belangte Behörde Urkunden vorgelegt, auf die die BF mit 28.05.2021 repliziert sowie zwei weitere Urkunden vorgelegt hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in das offene Firmenbuch, Einsicht in den Verwaltungs- und Gerichtsakt und insbesondere Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

1. Festgestellter Sachverhalt

1.1. Zur BF und zu den verantwortlichen natürlichen Personen

Die Bank XXXX AG mit Sitz in XXXX , eingetragen im Firmenbuch des LG XXXX unter der FN XXXX , ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Sie hat in Österreich eine Konzession als Universalbank nach dem Bankwesengesetz (BWG), insbesondere auch eine Konzession gem. § 1 Abs. 1 Z 5 BWG (Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere / „Depotgeschäft“), und fungiert als Depotbank (Verwahrstelle) für Investmentfonds, die von der XXXX Investment-Gesellschaft m.b.H. als Verwaltungsgesellschaft (Kapitalanlagegesellschaft, KAG) verwaltet werden. Die BF ist mit dem Fokus auf anspruchsvolle Privatkunden sowie auf mittelständische, exportorientierte Firmenkunden in XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , der XXXX und XXXX tätig und bietet eine breite Palette von Finanzdienstleistungen an.

Die BF erzielte im Geschäftsjahr 2019 (2018) eine Bilanzsumme in der Höhe von XXXX Mio EUR ( XXXX Mio EUR) und hatte einen durchschnittlichen gewichteten Mitarbeiterstand von XXXX ( XXXX ) in XXXX ( XXXX ) Geschäftsstellen.

Die Eigentümerstruktur der Gesellschaft stellte sich zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Prüfung wie folgt dar:

14,49%     XXXX Holding AG

13,59%     XXXX Bank AG

13,22%   XXXX AG

2,45%      XXXX reg. Gen.m.b.H.

0,45%      XXXX Privatstiftung

8,42%     Streubesitz

37,53%   XXXX Beteiligungsgesellschaft m.b.H.

9,85%      XXXX AG

Gemäß Firmenbuch wurde die BF während der Tatzeiträume durch folgende drei Mitglieder des Vorstandes vertreten: XXXX als Vorsitzender sowie durch Direktor XXXX und Direktor XXXX . Es bestand, bezogen insbesondere auf die Tatzeiträume, für die Vorstandsaufgaben keine satzungsmäßige Aufgabenverteilung. Alle drei Vorstandsmitglieder hatten ihre Funktionen schon seit langer Zeit ausgeübt und waren insgesamt im Bankenbereich viele Jahre tätig. Jedoch waren die beiden Vorstandsmitglieder Dir. XXXX (von 18.02.2016 bis 31.12.2018) und XXXX (ab 01.01.2019) als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche gem. § 9 Abs. 2 VStG bestellt. Die Zuständigkeiten für die Verwahrstellentätigkeit als Depotbank sind auf den Bereich „Dienstleistungszentrum“ (DZ) und den Geschäftsbereich „Privatkunden“ (GP) verteilt.

Von 28.08.2018 bis 30.08.2018 hat die belangte Behörde in der BF in Bezug auf die Einhaltung der §§ 42 Abs. 1, 42a Abs. 2 und 44 Abs. 3 InvFG 2011 sowie des § 19 Abs. 7 und Abs. 11 Z 3 AIFMG eine Vor-Ort-Prüfung durchgeführt. In einem Prüfbericht wurden die beiden Tatvorwürfe mittels Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26.06.2020 der BF und den drei damaligen Vorstandsmitgliedern (als Beschuldigten) zur Kenntnis gebracht.

1.2. Zu den beiden Tatvorwürfen

I. Tatzeitraum 18.03.2016 bis 31.12.2018 (Anlastung der Depotgebühr)

Im Verwahrstellenvertrag vom 26.02.2016, in Kraft seit 18.03.2016 (Beginn des Tatzeitraumes), zwischen der BF (als „Verwahrstelle“) und der Kapitalanlagegesellschaft (Verwaltungsgesellschaft) wurden Entgeltzahlungen für die Leistungen aus dem Verwahrstellenvertrag geregelt, nämlich in der „Anlage II ENTGELTE 1) Depotgebühr“ zu diesem Vertrag. Darin wurde die Geschäftsführung der Kapitalanlagegesellschaft „kollektiv“ ermächtigt, die Depotgebühr(en) dem Fondsverrechnungskonto anzulasten. Die Berechnung der Gebühren und die Belastung der Fondsverrechnungskonten erledigte die BF vollautomatisch. In diesem Prozessverlauf war eine gesonderte Auftragserteilung durch die Kapitalanlagegesellschaft vor Belastung der Fondsverrechnungskonten nicht vorgesehen. Zu diesem Anlastungsprozess ist festzustellen, dass die Anlastung der Depotgebühren für jeweils ein Quartal am letzten Tag (Quartalsultimo) dieses Quartals summarisch durchgeführt wurde. So wurden auch seit 18.03.2016 alle Depotgebühren am Quartalsultimo tatsächlich angelastet, zuletzt für das 3. Quartal 2018 am 30.09.2018 nach dieser (alten) Regelung im Verwahrstellenvertrag vom 26.02.2016.

Aufgrund der Vor-Ort-Prüfung der FMA und aufgrund der Veröffentlichung der VwGH-Judikatur zu § 45 InvFG 2011 (VwGH Ro 2018/02/001 vom 21.09.2018) ca. Mitte Oktober 2018 war die BF überzeugt, dass die bisherige Regelung gesetzwidrig war und hat mit der Verwaltungsgesellschaft eine „Ergänzungsvereinbarung Nr. 3 zum Verwahrstellenvertrag“ per 05.12.2018 abgeschlossen (Datum der letzten Unterschrift dieses Vertrages). In dieser neuen Vereinbarung wurde die Anlage II zum Verwahrstellenvertrag so abgeändert, dass darin vorgesehen wurde, dass der Verwaltungsgesellschaft erstens „zeitgerecht vor der Anlastung der Depotgebühr“ die Berechnungen der BF „zu übermitteln“ sind, womit diese Kenntnis von der Höhe (Berechnung) der beabsichtigten Anlastung der Depotgebühr erhält, und zweitens „[n]ach erfolgter Kontrolle, Plausibilisierung und Zustimmung“ durch die Verwaltungsgesellschaft von dieser „mittels gesonderter schriftlicher Anweisung“ die Anlastung zu beauftragen ist. Tatsächlich hat dann auch die Verwaltungsgesellschaft gemäß dieser neuen Regelung vom 05.12.2018 mit dem Quartalsultimo des 4. Quartals 2018 (31.12.2018) der BF als Verwahrstelle einen schriftlichen Auftrag zur Anlastung der Depotgebühren für dieses Quartal erteilt, nachdem sie davor von der Berechnung und der Höhe der Depotgebühr durch die BF in Kenntnis gesetzt worden war. Die Verwaltungsgesellschaft konnte sich also ein genaues Bild machen und war in die Lage versetzt, das genaue Zustandekommen zu überprüfen und hat dann auf dieser Grundlage einen schriftlichen Auftrag zu Anlastung der Depotgebühr erteilt. Die Verwaltungsgesellschaft hatte – vorab –, in Kenntnis der Abrechnung der Depotgebühren, die volle Kontrolle über jede einzelne Anlastung.

Es wird hiermit festgestellt, dass der rechtmäßige Zustand von der BF somit spätestens am 05.12.2018 hergestellt wurde und der Tatzeitraum an diesem Tag geendet hat und nicht erst am 31.12.2018, wie von der FMA angenommen wurde. Insofern wird das Tatzeitraumende mit 05.12.2018 neu festgesetzt.

II. Tatzeitraum 20.07.2017 bis 29.03.2019 (Prüfung der Lagerstelle Euroclear)

Die BF war im Tatzeitraum Verwahrstelle (Depotbank) für Investmentfonds (sowohl für OGAW als auch für AIF) einer bestimmten Verwaltungsgesellschaft (Näheres s. o. Punkt II.1.1.). Es wird festgestellt, dass 21 Investmentfonds (OGAW) mit folgender Bezeichnung betroffen waren:

1.        XXXX

2.        XXXX

3.        XXXX

4.        XXXX

5.        XXXX

6.        XXXX

7.        XXXX

8.        XXXX

9.        XXXX

10.       XXXX

11.       XXXX

12.       XXXX

13.       XXXX

14.       XXXX

15.       XXXX

16.       XXXX

17.       XXXX

18.       XXXX

19.       XXXX

20.       XXXX

21.       XXXX

Folgende 17 Investmentfonds (AIF) mit folgender Bezeichnung waren von der Subverwahrung betroffen:

1.        XXXX

2.        XXXX

3.        XXXX

4.        XXXX

5.        XXXX

6.        XXXX

7.        XXXX

8.        XXXX

9.        XXXX

10.       XXXX

11.       XXXX

12.       XXXX

13.       XXXX

14.       XXXX

15.       XXXX

16.       XXXX

17.       XXXX

Zu diesen AIF wird festgestellt, dass es rechtlich keine „reinen“ AIF nach dem AIFMG, sondern solche nach §§ 163f und / oder nach §§ 166ff InvFG 2011.

Während des Tatzeitraums schwankte das Gesamtvolumen der betroffenen Investmentfonds zwischen XXXX Mio EUR und XXXX Mio EUR. Die BF bediente sich der Euroclear SA/NV Belgien mit Sitz in Brüssel (im Folgenden „Euroclear“), einem großen Zentralverwahrer (Central Securities Depositary- „CSD“), indem sie diesem Teile der Verwahrstellenfunktion übertragen hat. Die Geschäftsbeziehung zu Euroclear in seiner Funktion als Zentralverwahrer bestand seit 1986.

Die BF hat am 26.02.2016 mit der hier maßgeblichen Kapitalanlagegesellschaft einen Verwahrstellenvertrag abgeschlossen, dessen § 9 Z 1 die Subverwahrung wie folgt regelt: „Die Verwahrstelle ist berechtigt, die Verwahrung von verwahrfähigen Finanzinstrumenten unter den Voraussetzungen des § 42a Abs. 2 und 3 InvFG 2011 bzw. § 19 AIFMG auf einen Unterverwahrer zu übertragen.“

§ 9 Z 2 dieses Vertrages lautet: „Im Falle der Übertragung der Verwahrfunktionen auf einen Unterverwahrer gemäß Ziffer 1 hat die Verwahrstelle sicherzustellen, dass der Unterverwahrer die ihm anvertrauten Vermögenswerte im gesetzlich erforderlichen Umfang (Trennpflicht des AIF-Bestandes vom Nicht-AIF-Bestand) getrennt hält. Die Verwahrstelle hat zudem die KAG unverzüglich zu unterrichten, wenn sie Kenntnis davon erhält, dass die Trennung von Vermögenswerten nicht oder nicht mehr in ausreichendem Maße gegeben ist, um im Fall der Insolvenz eines Unternehmens, dem Verwahrfunktionen übertragen wurden, Schutz zu gewährleisten (Art. 99 AIFMD Level 2- Verordnung).“

§ 9 Z 3 dieses Vertrages lautet: „Bei der Auswahl und Bestellung eines Dritten, dem Verwahrfunktionen übertragen werden, geht die Verwahrstelle mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vor, um sicherzustellen, dass hinsichtlich Finanzinstrumenten, die diesem Dritten anvertraut werden, ein geeigneter Schutzstandard gegeben ist. Die Verwahrstelle ist verpflichtet, eine regelmäßige Überprüfung und laufende Kontrolle des Dritten mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit durchzuführen (Art. 98 der AIFMD Level 2-Verordnung.“ In der Anlage III dieses Vertrages war festgehalten: „Das Lagerstellenmodell der [Name der BF] sieht vor, dass Wertpapiere grundsätzlich bei Zentrallagerstellen (CSD/ISCD) bzw. bei Drittverwahrern gem. § 3 Depotgesetz verwahrt werden.“ In der „Länderliste“ der Anlage III zu diesem Vertrag war „Euroclear Brüssel“ (neben anderen Subverwahrern) als Lagerstelle namentlich angeführt.

Es wird festgestellt, dass die BF aufgrund dieser vertraglichen Vereinbarung mit der KAG verpflichtet war, die Subverwahrstelle Euroclear „mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit“ auszuwählen bzw. zu bestellen und diesen ausgewählten Subverwahrer mit der gleichen Sorgfalt einer „regelmäßigen Überprüfung und laufenden Kontrolle“ zu unterziehen.

Weiters hat die BF ein „Handbuch Verwahrstellentätigkeit“ im Hinblick auf Subverwahrstellen geführt (Version vom 19.07.2018). Im Kapitel „9 Due Diligence – 9.2 Prüfung Verwahrstellen“ (Seite 51) war Folgendes festgehalten: „Die Verwahrstelle muss in tourlichen Abständen die Subverwahrer überprüfen. Als Muster dazu dient der von den Depotbanken abgestimmte Due Diligence Fragebogen. Das Muster dazu ist im Ordner […] abgespeichert.“ Unter der Überschrift „Due Diligence Prüfung 2017“ waren namentlich drei zu prüfende Lagerstellen angeführt, jeweils mit Datum („Due Diligence Fragebogen verschickt am“ und „Due Diligence Fragebogen ausgefüllt und unterschrieben am“). Euroclear war dort nicht aufgeführt. Es wird daher festgestellt, dass in Bezug auf Euroclear im Handbuch Verwahrstellentätigkeit kein Prüfprozess vorgesehen war. Auch darüber hinaus hat innerhalb der BF für die hier betroffenen Investmentfonds keine Handlungsanleitung (Regel- oder Kontrollanleitungen) für Prüfroutinen des Zentralverwahrers Euroclear bestanden.

Es wird festgestellt, dass zum Prüfungsstichtag 23.09.2015 die interne Revision (Revisionsbericht vom 05.11.2015) die „Verwahrstellentätigkeit der [Name der BF] für Alternative Investmentfonds“ einer Überprüfung unterzogen hat und zum Ergebnis kam, dass bis dato für AIF nicht nur keine Due-Diligence-Prüfung durchgeführt wurde, sondern auch keine diesbezüglichen Anweisungen („Prozessbeschreibungen“) vorlagen; auch gebe es in dem zuständigen Bereich keine Person, die als Hauptverantwortlicher zuständig sei (S. 05 des Revisionsberichts). Im Einzelnen kamen die beiden Prüfer aufgrund der geprüften Unterlagen zu folgendem Ergebnis (Auszug): Auf Seite 10 f. (Kapitel „Subverwahrer“) des Revisionsberichtes wurde festgehalten, dass aufgrund des Verwahrstellenvertrages „[a]lle Geschäftspartner/Lagerstellen von AIF […] in einem internen Due Diligence Prozess bewertet“ werden sollen. Im Anschluss wurde festgehalten, dass im Verwahrstellenvertrag u.a. auch die Euroclear Brüssel als „Zentrallagerstelle bzw. Drittverwahrer“ beauftragt wurde. In Bezug auf die Euroclear wurde festgehalten, dass „bis heute keine Due Diligence Prüfungen durchgeführt“ wurden und diese nachzuholen seien. Weiters wurde festgestellt, dass für Euroclear (und andere) „keine detaillierte Prozessbeschreibung für den Due-Diligence-Bereich vorhanden ist“ und es sollte dies auch dokumentiert werden. Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen wurde angemerkt: „Durchführung der noch fehlenden Due-Diligence-Prüfungen bei diversen Banken nachholen.“ Der Revisionsbericht wurde dem Vorstand und den beiden Bereichsleitern Dienstleistungszentrum und Geschäftsbereich Privatkunden zur Kenntnis gebracht.

Insgesamt wird daher festgestellt, dass innerhalb der BF (konkret: Vorstand und beide betroffenen Geschäftsbereichsleitungen) bereits seit 05.11.2015 zumindest in Bezug auf Investmentfonds (AIF) ein Bewusstsein darüber bestand, dass Euroclear einer regelmäßigen Due-Diligence-Prüfung zu unterziehen ist, dies jedoch insgesamt bis 29.03.2019 unterblieben ist, weiters dass eine interne Prozessbeschreibung (Regelwerk) dafür in diesem Zeitraum nicht vorhanden und die bis dahin unterlassene Due-Diligence-Prüfung nachzuholen war.

Es wird festgestellt, dass die BF keine geeigneten regelmäßigen Überprüfungen und laufende Kontrolle der Subverwahrstelle Euroclear für dort verwahrte Investmentfonds während des Tatzeitraums vorgenommen hat.

Mit 29.03.2019 (Abschluss) führte die BF eine vollständige Prüfung nach § 42a Abs. 2 Z 4 InvFG 2011 durch.

Es bestand innerhalb der BF für den Bereich Verwahrstellentätigkeit im Hinblick auf die Einhaltung des § 42a Abs. 2 Z 4 InvFG 2011 kein ausreichendes Regel- und Kontrollsystem.

2. Beweiswürdigung:

Die allgemeinen Feststellungen zur beschwerdeführenden Gesellschaft, ihren Gesellschaftern, den Beschuldigten und ihren Funktionen (Aufgabenverteilungen und Zeitrahmen der Vorstands- und sonstigen Funktionen) ergeben sich aus der Beschwerde, aus dem offenen Firmenbuch und aus dem Vorbringen der BFV und den informierten Vertretern der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie mehreren schriftlichen Vorbringen bzw. vorgelegten Urkunden, die von der FMA nicht bestritten wurden. Es war diesbezüglich widerspruchsfrei und daher glaubwürdig.

Die Bestellung der beiden Vorstandsmitglieder XXXX XXXX (von 18.02.2016 bis 31.12.2018) und XXXX (ab. 01.01.2019) als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche gem. § 9 Abs. 2 VStG ergibt sich aus den Aussagen des Vorstandsmitgliedes XXXX in der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie aus den von beiden Parteien übereinstimmend vorgelegten Bestellungsurkunden (OZ 7 und OZ 8) im Beschwerdeverfahren. Dieses Vorbringen ist widerspruchsfrei und auch sonst völlig unzweifelhaft.

I. Tatzeitraum 18.03.2016 bis 31.12.2018

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und blieben weitgehend unstrittig. Was konkret die Festsetzung des Endes des Tatzeitraumes anbelangt, so haben die vorgelegten Unterlagen, konkret die Neuvereinbarung zur Anlage II des Verwahrstellenvertrages über die Anlastung der Depotgebühr, unzweifelhaft ergeben, dass diese Neuregelung über die Anlastung der Depotgebühr mit 05.12.2018 unterzeichnet wurde und auch an diesem Tag in Kraft getreten ist. Dies ergibt sich aus Beilage ./3 (Seite 2) zur Beschwerdeschrift (Kopie der Neufassung der Anlage II zum Verwahrstellenvertrag), welche bereits im verwaltungsbehördlichen Akt enthalten war (vgl. Beilage 005). Diese Urkunde (und das darauf enthaltene Datum „05.12.2018“) wurde von den Vertretern der belangten Behörde in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht bestritten. Der informierte Vertreter der BF konnte dieses Datum in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auswendig und spontan wiedergeben. Dem ist die belangte Behörde nicht entgegengetreten. Ebenso wurde von den Vertretern der belangten Behörde auf die Frage des BVwG, was der letzte rechtswidrige Vorgang gewesen sei, geantwortet: „Die Quartalsberechnung davor – 30.09.2018.“ (vgl. zu allem Seite 10 der Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung.) Insgesamt ergibt sich daher beweiswürdigend eindeutig, dass die neue – rechtskonforme - Regelung am 05.12.2018 in Kraft getreten ist und auch gelebt wurde, weil mit der nächstfolgenden Quartalsanlastung (Quartal 04/2018) am Quartalsultimo (31.12.2018) die neue Regelung bereits vorschriftsgemäß angewendet werden konnte und wurde. Wenn die belangte Behörde meint, dass der Tatzeitraum mit 31.12.2018 ende, weil erst mit diesem Datum die erste – rechtmäßige – Anlastung der Depotgebühr durchgeführt wurde, so ist das eine Rechtsfrage, die im Rahmen der rechtlichen Ausführungen zu berücksichtigen ist (siehe unten).

Das Datum der ersten Verfolgungshandlung der belangten Behörde ergibt sich aus der Aufforderung zur Rechtfertigung, die das Datum 16.06.2020 trägt und an diesem Tag die Sphäre der belangten Behörde verlassen hat bzw. nachweislich der BF bzw. den drei Vorstandsmitglieder noch am selben Tag zugestellt wurde. Dies ergibt sich aus einem Mail vom 26.06.2020, welches der Leiter der Rechtsabteilung der BF an die FMA gerichtet hat und in dem er indirekt erwähnt, dass die BF sowie die drei Vorstandsmitglieder die Aufforderung zur Rechtfertigung erhalten hätten. Es ergeben sich daher keinerlei Zweifel an diesem Datum (vgl. ON 07 des behördlichen Aktes).

II. Tatzeitraum 20.07.2017 bis 29.03.2019

Die Feststellungen zum Handbuch Verwahrstellentätigkeit ergeben sich aus den von der BF vorgebrachten Stellungnahmen (auch in der Beschwerde) und der von ihr erstellten Urkunde („Beilage 003“ im Verwaltungsakt der FMA). Die von der BF vorgelegte Version dieses Handbuches stammt vom 19.07.2018, eine andere blieb unauffindbar, jedoch stand diese Version auch bereits zu Beginn des Tatzeitraumes in Geltung und blieb bis zu dessen Ende in deren Wortlaut gleich. Dieses Beweismittel blieb unbestritten und ist auch sonst frei von Zweifeln. Die Feststellung, dass die vertragliche Beziehung mit der Subverwahrstelle Euroclear seit 1986 (und nicht wie im angefochtenen Bescheid angeführt seit 1987) besteht, gründet sich auf die eindeutigen Angaben der BF (vgl. z.B. Beschwerde Seite 11 unten), ist jedoch nicht entscheidungswesentlich.

Die Feststellung, dass insgesamt 21 Investmentfonds (OGAW) und 17 Investmentfonds (AIF) bei der Subverwahrstelle unter Verwahrung waren, gründet sich auf das Vorbringen der belangten Behörde vom 17.05.2021 (OZ 22) und die Replik der BF zu diesem Vorbringen vom 28.05.2021 (OZ 23). In Bezug auf die Investmentfonds (OGAW) hat die belangte Behörde in ihrem Vorbringen 24 Investmentfonds tabellarisch aufgeführt und die BF konnte zu dreien davon substantiiert belegen, dass sie von der Subverwahrung nicht betroffen waren. Das BVwG folgte daher dem Vorbringen der BF. Zu den 17 Investmentfonds (AIF) enthielt die tabellarische Liste der belangten Behörde (OZ 22) neben den einzelnen Fondsbezeichnungen in der Spalte „Art“ (Seite 2 der Tabelle) die rechtliche Bestimmung, nach der die AIF einzustufen waren; dort ist in jedem der 17 AIF die Bezeichnung „[…] iVm § 166 InvFG 2011“ oder „[…] iVm §§ 163 iVm 166 InvFG 2011“ enthalten, in drei Fällen war noch zusätzlich in der Klammer die Bezeichnung „(> 10% in Anlagen gem. § 166 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011)“ angeführt. Der Tabelle der belangten Behörde (OZ 22) ist die BF auf Tatsachenebene in ihrer Stellungnahme (OZ 23) nicht entgegengetreten (zu dem rechtlichen Vorbringen hinsichtlich der AIF s. unten). Im Übrigen bezeichnet der angefochtene Bescheid in seinen Feststellungen (Punkt II.1., Seite 3) die betroffenen Investmentfonds mit „OGAW und AIF“, was insofern auf Tatsachenebene ebenfalls unbestritten geblieben war.

Die Feststellung, dass sich die Verwahrstellentätigkeit organisatorisch im Bereich Dienstleistungszentrum (DZ) und im Geschäftsbereich Privatkunden (GP) befunden hat, gründet auf dem Revisionsbericht, den die BF vorgelegt hat (vgl. Seiten 03f der „Beilage 006“ im Verwaltungsakt der FMA). Zu dem Vorbringen, dass die „Bonitätsprüfung“ der Euroclear von der Abteilung „Financial Markets“ vorgenommen worden sei, wird auf die untenstehende Beweiswürdigung verwiesen.

Wenn die BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung durch ihren informierten Vertreter vorgebracht hat (Seite 7 ff der Niederschrift vom 18.03.2021), dass die BF im Tatzeitraum eine regelmäßige Überprüfung durchgeführt habe, so ist beweiswürdigend entgegenzuhalten, dass die dazu vorgelegten Urkunden („Beilagen ./1 bis ./6“ zur Niederschrift vom 18.03.2021) dieses Vorbringen nicht zu stützen vermögen. So stammt die Urkunde „Beilage ./1“ von vor dem Tatzeitraum und außerdem fehlt darin jeder Bezug zu Euroclear. Auch die Urkunde „Beilage ./2“ lässt jeden Bezug zu Euroclear vermissen. In beiden Fällen wird darüber hinaus nicht ersichtlich, ob die vorgesehene Überprüfung auch tatsächlich stattgefunden hat. Es ist lediglich davon die Rede, dass die „jährliche Überprüfung“ durchgeführt worden sei, ohne dafür irgendeinen Beleg zu liefern. Die Urkunde „Beilage ./3“ ist lediglich ein umfassender Bericht über „Euroclear SA/NV“ vom 08.10.2015. Er stammt jedoch aus der Zeit lange vor dem Tatzeitraum und die BF bringt selbst vor, dass sie diesen Bericht bloß abonniert, jedoch nicht selbst erstellt hat. Es wird festgestellt, dass die BF keinerlei Analyse dieses Berichtes angestellt hat oder irgendeine andere Form von kritischer Bewertung oder auch nur Auseinandersetzung erfolgte. Die Urkunde kann daher keinen Beweis dafür liefern, dass eine Überprüfung oder Kontrolle der Euroclear in der BF erfolgt ist. Die Urkunden „Beilage ./4“, „Beilage ./5“ und „Beilage ./6“ stammen von nach dem (./4) bzw. vor dem (./5 und ./6) Tatzeitraum und lassen schon deshalb keinerlei Relevanz für den Tatzeitraum erkennen. Weiters ist festzustellen, dass sich die „Beilage ./4“ auf die Bank „Euroclear plc“ und nicht auf den Zentralverwahrer Euroclear bezieht. Überdies hat selbst die BF zu den Urkunden „Beilage ./3 bis ./6“ vorgebracht, dass diese in einem anderen organisatorischen Bereich, daher für einen ganz anderen Zweck (Kreditmarkt; vgl. auch das Vorbringen auf Seite 4 Mitte der Stellungnahme der BF vom 21.01.2019, Beilage 004 des Verwaltungsaktes), erstellt wurden: Nach dem Wortlaut des einvernommenen Mitgliedes des Vorstandes (Seite 16 der Niederschrift vom 18.03.2021) nämlich im Bereich „Kreditmanagement“ bzw. nach dem Wortlaut des Beschwerdeführervertreters (Seite 21 der Niederschrift vom 18.03.2021) in der Abteilung „Financial Markets“ (vgl. auch das Vorbringen der BF in der Stellungnahme vom 28.05.2021, OZ 23). Vor dem Hintergrund, dass die Verwahrstellentätigkeit der BF im Bereich Dienstleistungszentrum (DZ) und im Geschäftsbereich Privatkunden (GP) angesiedelt war (vgl. oben), kann daher beweiswürdigend aus diesen Vorbringen nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Urkunden im Zusammenhang mit der Überprüfung und Kontrolle des Zentralverwahrers Euroclear (Verwahrstellentätigkeit) stehen. Folgende Beweiswürdigungen werden hinsichtlich des auf Seite 12, Punkt 2.2.13., der Beschwerde Vorgebrachten getroffen: Die „Bonitätsprüfung“ der Euroclear erfolgte nicht hinsichtlich der Verwahrstellentätigkeit (vgl. das Vorbringen auf Seite 4 Mitte der Stellungnahme der BF vom 21.01.2019, Beilage 004 des Verwaltungsaktes) - sie hatte also einen gänzlich anderen Fokus - und wäre überdies für die vorzunehmende Überprüfung und Kontrolle nur einer von vielen Punkten; für sich genommen kann darin keine ausreichende Überprüfung und Kontrolle erkannt werden. Das Gleiche gilt für die Prüfung des Vorliegens der Konzession der Euroclear. Sie allein wäre zu wenig, um als Ersatz der verfahrensgegenständlichen Überprüfung und Kontrolle zu gelten. Was den angeführten „Track Record“ anbelangt, so wird festgestellt, dass dieses Vorbringen völlig unsubstantiiert geblieben ist, weshalb darauf nicht weiter einzugehen war. Auch das „Nichtvorliegen von Interessenskonflikten“ wurde mit keiner Urkunde oder einem anderen Tatsachenvorbringen belegt.

Die Feststellungen in Bezug auf die interne Revision der BF (in Bezug auf AIF) und deren Bericht vom 05.11.2015 gründen auf die unbestritten gebliebene Urkunde, die von der BF vorgelegt wurde („Beilage 006“ im Verwaltungsakt der FMA, dort insbesondere auf den Seiten 5 und 10f). Sie ist detailreich und frei von jedem Zweifel, weshalb ihr hohe Glaubwürdigkeit zukommt. Deshalb ist dem unstrittigen Bericht der internen Revision zu folgen, wonach im Tatzeitraum nicht nur keine Due Diligence Prüfungen mit Euroclear durchgeführt wurden, sondern auch keine detaillierte Prozessbeschreibung für den Due-Diligence-Bereich vorhanden war.

Die Feststellung, dass kein ausreichendes Regel- und Kontrollsystem bestanden hat, gründet auf der Aussage des Vorstandsmitgliedes in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (S. 16 der Niederschrift vom 18.03.2021) und auf das sonstige unsubstantiierte Vorbringen der Beschuldigten bzw. der BF (Schlussvorbringen des BFV1 in der mündlichen Beschwerdeverhandlung; Beschwerde Punkt 3.7., Seite 14 unten).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und zur Zusammensetzung des Senates

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Das FMABG sieht für Fälle wie den vorliegenden eine Senatszuständigkeit vor (§ 22 Abs. 2a FMABG, BGBl. I 97/2001 idF BGBl. 35/2016).

Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. ist begründet, jedoch gegen Spruchpunkt II. nicht begründet.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Anzuwendende Rechtslage:

Spruchpunkt I.

§ 31 Abs. 1 VStG, BGBl. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I 57/2018, lautet:

„Verjährung

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

[…]“

§ 45 Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG 2011), BGBl I 77/2011, lautet:

„Vergütung der Depotbank und der Verwaltungsgesellschaft

§ 45. Die der Verwaltungsgesellschaft nach den Fondsbestimmungen für die Verwaltung zustehende Vergütung und der Ersatz für die mit der Verwaltung zusammenhängenden Aufwendungen sind von der Depotbank zu Lasten der für den Fonds geführten Konten zu bezahlen. Die Depotbank darf die ihr für die Verwahrung der Wertpapiere des Fonds und für die Kontenführung zustehende Vergütung dem Fonds anlasten. Bei diesen Maßnahmen darf die Depotbank nur auf Grund eines Auftrages der Verwaltungsgesellschaft handeln.“

Spruchpunkt II.

§ 3 Abs. 2 Z 5, Z 30 und Z 31 Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG 2011), BGBl I 77/2011 idF BGBl. 107/2017 lautet:

„Begriffsbestimmungen

§ 3. […]

(2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:

[…]

5. Verwahrstelle: eine Einrichtung, die mit der Durchführung der in § 40 genannten Aufgaben betraut ist und, sofern sie ihren Sitz in Österreich hat, als Depotbank den §§ 41 bis 45 dieses Bundesgesetzes oder den in Kapitel IV und Kapitel V Abschnitt 3 der Richtlinie 2009/65/EG festgelegten Bestimmungen unterliegt;

[…]

30: Investmentfonds: OGAW unabhängig von ihrer Rechtsform und AIF gem. Z 31;

31. Alternative Investmentfonds (AIF): Organismen für gemeinsame Anlagen, die gemäß dem 3. Teil 1. Hauptstück als Sondervermögen gebildet werden und bewilligt sind, in gleich, in Wertpapieren verkörperte Anteile zerfallen und im Miteigentum der Anteilinhaber stehen;

[…].“

§ 42a Abs 2 Z 4 und Abs. 3 Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG 2011), BGBl I 77/2011 idF BGBl I 73/2016, der Artikel 22a der Richtlinie 2014/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen, ABl. L 257 vom 28.08.2014, 186, umsetzt, lautet:

„Übertragung von Aufgaben der Depotbank an Dritte

§ 42a.

(2)

[…]

4. die Depotbank geht bei der regelmäßigen Überprüfung und laufenden Kontrolle von Dritten, denen sie Teile ihrer Aufgaben übertragen hat, und von Vereinbarungen des Dritten hinsichtlich der ihm übertragenen Aufgaben weiterhin mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vor.

(3) Die Depotbank darf die Aufgaben gemäß § 42 Abs. 2 nur auf Dritte übertragen, die während des gesamten Zeitraums der Ausübung der auf sie übertragenen Aufgaben

1. über Organisationsstrukturen und Fachkenntnisse verfügen, die angesichts der Art und Komplexität der ihr anvertrauten Vermögenswerte des OGAW oder der für den OGAW handelnden Verwaltungsgesellschaft angemessen und geeignet sind;

2. hinsichtlich der in § 42 Abs. 2 Z 1 und 2 genannten Depotbankfunktionen

a) einer wirksamen aufsichtlichen Regulierung, einschließlich Mindestkapitalanforderungen, und einer Aufsicht im betreffenden Rechtskreis unterliegen und

b) einer regelmäßigen externen Buchprüfung unterliegen, durch die gewährleistet wird, dass sich die Finanzinstrumente in ihrem Besitz befinden;

3. die Vermögenswerte der Kunden der Depotbank von ihren eigenen Vermögenswerten und von den Vermögenswerten der Depotbank in einer Weise trennen, die gewährleistet, dass diese jederzeit eindeutig als Eigentum von Kunden einer bestimmten Depotbank identifiziert werden können;

4. alle notwendigen Schritte unternehmen, um zu gewährleisten, dass im Falle der Insolvenz des Dritten die vom Dritten verwahrten Vermögenswerte des OGAW nicht an die Gläubiger des Dritten ausgeschüttet oder zu deren Gunsten verwendet werden können, und

5. § 40 Abs. 1a, § 42 Abs. 2 und 4 und § 44 einhalten.

[…]“

Erwägungspunkt 17 und 18 sowie Artikel 15 Abs. 1 bis Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/438 der Kommission vom 17. Dezember 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Pflichten der Verwahrstellen, ABl. L 78 vom 24.03.2018, 11, lauten:

„(17) Bei der Übertragung der Verwahrfunktionen an Dritte gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG muss die Verwahrstelle ein geeignetes dokumentiertes Verfahren umsetzen und anwenden, um zu gewährleisten, dass der Übertragungsempfänger die Anforderungen von Artikel 22a Absatz 3 der Richtlinie jederzeit erfüllt. Um einen ausreichenden Schutz der Vermögenswerte sicherzustellen, müssen bestimmte Grundsätze festgelegt werden, die in Bezug auf die Übertragung der Verwahrungsfunktionen angewendet werden sollten.

(18) Diese Grundsätze sind nicht als erschöpfend anzusehen, weder im Hinblick auf die Festlegung aller Einzelheiten der Ausübung der Sorgfaltspflichten durch die Verwahrstelle noch in Bezug auf die Festlegung aller Schritte, die eine Verwahrstelle hinsichtlich dieser Grundsätze selbst ergreifen sollte. Die Pflicht zur fortlaufenden Überwachung von Dritten, den die Verwahrfunktionen übertragen werden sollen, sollte die Überprüfung umfassen, ob die Dritten alle übertragenen Funktionen erfüllen und die Übertragungsvereinbarung sowie sonstige gesetzliche Anforderungen wie z.B. die Unabhängigkeitserfordernisse und das Verbot der Weiterverwendung einhalten. Die Verwahrstelle sollte auch die während des Auswahl- und Bestellungsverfahrens beurteilten Elemente überprüfen und diese mit der Entwicklung des Marktes vergleichen […] Die Häufigkeit der Überprüfung solle stets an die Marktbedingungen und damit verbundene Risiken angepasst werden. […]“

„Artikel 15

Sorgfalt

1. Eine Verwahrstelle erfüllt die Anforderungen gemäß Artikel 22a Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 2009/65/EG, wenn sie ein angemessenes und dokumentiertes Sorgfaltsverfahren für die Auswahl und fortlaufende Überwachung von Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a dieser Richtlinie übertragen werden sollen oder übertragen wurden, umsetzt und anwendet. Dieses Verfahren wird regelmäßig, jedoch mindestens einmal jährlich überprüft.

2. Bei der Auswahl und Bestellung von Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen werden sollen, geht eine Verwahrstelle mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vor, um sicherzustellen, dass ein angemessener Schutzstandard gegeben ist, wenn diesen Dritten Finanzinstrumente anvertraut werden. Die Verwahrstelle muss mindestens:

a) den Rechtsrahmen, einschließlich des länderspezifischen Risikos, des Verwahrungsrisikos und der Durchsetzbarkeit des mit solchen Dritten abgeschlossenen Vertrags, bewerten. Diese Bewertung ermöglicht es der Verwahrstelle mindestens, die Auswirkungen einer potenziellen Insolvenz der Dritten auf die Vermögenswerte und Rechte des OGAW zu ermitteln;

b) sicherstellen, dass die Bewertung der Durchsetzbarkeit der vertraglichen Bestimmungen gemäß Buchstabe a, sofern die Dritten in einem Drittland ansässig sind, auf den rechtlichen Empfehlungen einer von der Verwahrstelle oder diesen Dritten unabhängigen natürlichen oder juristischen Person basiert;

c) bewerten, ob die Praktiken, Verfahren und internen Kontrollen der Dritten angemessen sind, sodass gewährleistet ist, dass die Vermögenswerte des OGAW einem hohen Sorgfalts- und Schutzstandard unterliegen;

d) bewerten, ob die Finanzkraft und der Ruf der Dritten mit den übertragenen Aufgaben im Einklang stehen. Diese Bewertung basiert auf den von den potenziellen Dritten bereitgestellten Informationen sowie sonstigen Daten und Informationen;

e) sicherstellen, dass die Dritten über die operativen und technologischen Fähigkeiten verfügen, um die übertragenen Verwahrungsfunktionen mit einem hohen Maß an Schutz und Sicherheit zu erfüllen.

3. Eine Verwahrstelle geht bei der periodischen Überprüfung und fortlaufenden Überwachung mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vor, um sicherzustellen, dass die Dritten weiterhin die in Absatz 2 festgelegten Kriterien und die Bedingungen gemäß Artikel 22a Absatz 3 Buchstaben a bis e der Richtlinie 2009/65/EG erfüllen, und gewährleistet mindestens, dass:

a) die Leistung der Dritten und die Einhaltung der von der Verwahrstelle festgelegten Standards durch solche Dritte überwacht wird;

b) die Dritten ein hohes Maß an Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bei der Erfüllung ihrer Verwahrungsaufgaben ausüben und insbesondere die Finanzinstrumente im Einklang mit den Anforderungen gemäß Artikel 16 dieser Verordnung sonderverwahren;

c) die Verwahrungsrisiken im Zusammenhang mit der Entscheidung, die Vermögenswerte Dritten anzuvertrauen, überprüft werden und der Verwaltungs- oder Investmentgesellschaft Änderungen bei diesen Risiken unverzüglich mitgeteilt werden. Diese Bewertung basiert auf den von den Dritten bereitgestellten Informationen sowie sonstigen Daten und Informationen. Während Marktturbulenzen oder im Falle der Identifizierung eines Risikos werden die Häufigkeit und der Umfang der Überprüfung ausgedehnt;

d) die Einhaltung des Verbots gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Richtlinie 2009/65/EG überwacht wird;

e) die Einhaltung des Verbots gemäß Artikel 25 der Richtlinie 2009/65/EG sowie der Anforderungen gemäß Artikel 21 bis 24 der vorliegenden Verordnung überwacht wird.“

Strafbestimmungen

§ 190 Abs. 5 Z 1 Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG 2011), BGBl I 77/2011 idF BGBl I 67/2018 lautet:

„Verwaltungsstrafen

§ 190. […]

(5) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) einer Depotbank

1. gegen die §§ 39 Abs. 2, 40 Abs. 2 bis 4, 41 Abs. 3, 42, 42a, 44 oder 45 dieses Bundesgesetzes, Art. 3 bis 8, Art. 10, Art. 12 bis 17 oder Art. 21 bis 24 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/438 verstößt,

[…]

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der FMA mit einer Geldstrafe bis zu 60 000 Euro zu bestrafen.

[…]“

§ 190a Abs. 1 und 3 Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG 2011), BGBl I 77/2011 idF BGBl I 107/2017, der der Umsetzung von Artikel 99 Abs. 6 Buchstabe e bis g der Richtlinie 2009/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 302 vom 17.11.2009 S. 32, dient, lautet:

„Strafbestimmungen betreffend juristische Personen

§ 190a (1) Die FMA kann Geldstrafen gegen juristische Personen verhängen, wenn Personen, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt haben und eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person aufgrund

1.       der Befugnis zur Vertretung der juristischen Person,

2.       der Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder

3.       einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person

innehaben, gegen die in § 190 Abs. 1, 2, 2a, 3, 4, jedoch jeweils nicht im Hinblick auf § 14, und § 190 Abs. 5 angeführten Verpflichtungen verstoßen haben.

[…]

(3) Die Geldstrafe gemäß Abs. 1 und 2 beträgt bis zu 5 vH des jährlichen Gesamtnettoumsatzes, bei einem Verstoß gemäß § 190 Abs. 2a jedoch bis zu 10 vH des jährlichen Gesamtnettoumsatzes oder bis zu dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens, soweit sich dieser beziffern lässt. […]“

3.2.2. Zur objektiven Tatseite:

Spruchpunkt I. (Tatzeitraum 18.03.2016 bis 31.12.2018)

Das Verwaltungsstrafrecht kennt beim Zusammentreffen von strafbaren Handlungen mehrere dogmatische Konstrukte, wovon fallbezogen bei Zuwiderhandlungen gegen § 45 InvFG 2011 von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist (vgl. insbes. jüngst und grundlegend VwGH 03.05.2017, Ra 2016/03/0108 mwN, zu einem vergleichbaren Sachverhalt nach dem Telekomgesetz; weiters Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 22 Rz 18).

Ein fortgesetztes Delikt liegt nach dieser Judikatur vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen (tatbestandsmäßigen) Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Als objektive Voraussetzungen für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes müssen sowohl gleichartige Einzelhandlungen als auch ein Angriff auf dasselbe Rechtsgut gegeben sein und die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen zu großen Zeitraum unterbrochen werden. Darüber hinaus müssen die Einzelakte im Sinne der subjektiven Komponente von einem einheitlichen Willensentschluss getragen sein. Die neben der Gleichartigkeit der äußeren Umstände auch auf das Merkmal des einheitlichen Willensentschlusses abstellende Betrachtungsweise ist dabei nicht nur auf die „fortgesetzten“ Delikte in der engeren Bedeutung dieses Wortes, sondern auch auf gleichzeitig gesetzte Einzelhandlungen anzuwenden.

Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, dass die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss getragen werden. Der einheitliche Willensentschluss beziehungsweise das Gesamtkonzept des Täters ist der Entschluss, sich fortgesetzt in bestimmter Weise rechtswidrig zu verhalten, und muss alle vom Täter gesetzten Einzelhandlungen umfassen. Es handelt sich dabei aber um nicht mehr als um ein Motiv zu wiederholtem, gleichartigem deliktischem Handeln (VwGH 03.05.2017, Ra 2016/03/0108, mwN). Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist (VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein fortgesetztes Delikt insbesondere auch dann angenommen werden, wenn ein Tatbestand nicht erfordert, jede einzelne Handlung als selbständige Tat zu bestrafen, sondern durch eine pauschalierende Tatbildformulierung auch den Schluss zulässt, dass mehrere vorsätzlich oder fahrlässig begangene Einzeltaten nur als ein Delikt anzusehen sind. Beispielsweise nahm der VwGH etwa beim Versenden mehrerer E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung (VwGH 03.05.2017, Ra 2016/03/0108) ebenso wie beim Versenden mehrerer unerwünschter SMS-Nachrichten ein fortgesetztes Delikt an (VwGH 24.03.2010, 2008/03/1032).

Diese Überlegungen sind auf den gegenständlichen Sachverhalt übertragbar: § 45 InvFG 2011 enthält mit der Verpflichtung, dass „die Depotbank nur auf Grund eines Auftrages der Verwaltungsgesellschaft handeln“ darf, ein pauschalierendes Tatbestandsmerkmal, das keine Bestrafung jeder einzelnen Handlung erfordert, wenn es mehrmals begangen wurde. Ebenso wird auch durch die Höhe der Strafe ersichtlich, dass der Gesetzgeber offensichtlich mitberücksichtigte, dass dieses Delikt in der Praxis regelmäßig durch eine Mehrzahl wiederholter Einzelhandlungen oder über einen Zeitraum begangen wird, weshalb der Verwaltungsbehörde die Möglichkeit gegeben werden soll, die Strafhöhe sowohl nach steigendem (z.B. zeitlichem) Ausmaß als auch nach wachsender Zahl der Verstöße schrittweise bis zur Obergrenze des gesetzlichen Strafrahmens zu erhöhen (vgl wiederum VwGH 03.05.2017, Ra 2016/03/0108).

Fortgesetzte Delikte im Sinne dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung liegen in den Fällen der hier gegenständlichen Anlastungen der Depotgebühren ohne vorherigen ausdrücklichen schriftlichen Auftrag der Verwaltungsgesellschaft jeweils vor: Bei den zahlreichen Anlastungen ohne vorherigen schriftlichen Auftrag beginnend mit 18.03.2016 (Inkrafttreten des Verwahrstellenvertrages) handelt es sich um gleichartige Einzelhandlungen, denen jeweils die gleiche Tathandlung zugrunde liegt. Sowohl die Gleichartigkeit der Begehungsform als auch die Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände sind gegeben. Be

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten