TE Bvwg Beschluss 2021/8/23 L525 2171142-1

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Veröffentlicht am 23.08.2021
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Entscheidungsdatum

23.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
VwGG §30 Abs2

Spruch


L525 2171142-1/28E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über den Antrag des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chawallagasse 4/11, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.1.2021, Zl. L525 2171142-1/14E erhobenen außerordentliche Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 30 Abs 2 VwGG nicht stattgegeben.



Text


Begründung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der nunmehrige Revisionswerber stellte am 21.5.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 25.8.2017 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV).

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.12.2021 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, zu der der Revisionswerber und sein Vertreter erschienen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 12.1.2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. Das Bundesverwaltungsgericht kam zusammengefasst – soweit noch von Bedeutung – zum Ergebnis, dass dem Revisionswerber keine Gefahr der Verfolgung durch nicht näher bezeichnete Talibankämpfer droht, noch hätten sich Gründe ergeben, die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden. Eine maßgebliche Integration habe nicht festgestellt werden können, die einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

Mit Beschluss vom 10.3.2021, Zl. E 702/2021-5 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat (in weiterer Folge über Antrag) die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, das Bundesverwaltungsgericht habe weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen, noch seien ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung der Grundrechte darstellen würden. Die im Übrigen gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Die vor dem Verfassungsgerichtshof beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheine aussichtslos. Es erübrige sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Schriftsatz vom 16.08.2021 erhob der Revisionswerber außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Der Revisionswerber beantragte unter anderem der außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und begründete dies damit, dass die derzeitige Abschiebepraxis deutlich zeige, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als zur Anordnung der Abschiebung berufene Behörde ohne Abwarten eines höchstgerichtlichen Verfahrens und teilweise sogar in Kenntnis eines solchen umgehend entsprechende irreversible Maßnahmen setze oder zumindest zu setzen versuche. Eine Abschiebung des Revisionswerbers würde – unter anderem angesichts der dramatischen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie in Pakistan – die reale Gefahr einer Verletzung seiner aus Art. 2 und 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte bedeuten. Die Maßnahme Pakistans würden als unzureichend kritisiert. Der Revisionswerber wäre im Falle der Rückkehr unmittelbar von Isolation und sozialer Ausgrenzung betroffen, ohne dass in ein soziales Netzwerk bei der täglichen Versorgung unterstützen würde. Der Revisionswerber wäre somit nicht in der Lage eine Arbeit und einen sicheren Schlafplatz zu finden und würde in eine gänzlich aussichtslose und damit unzumutbare Lage geraten. Wie den "dem Rechtsakt zugrundeliegenden länderspezifischen Feststellungen zudem zu entnehmen" sei, bleibe die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus ein zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes; die Taliban und andere militante Gruppen würden Anschläge verüben, insbesondere in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers. Der Revisionswerber sei außerdem als Angehöriger der schiitischen Religionsgemeinschaft der realen Gefahr ausgesetzt, Opfer eines religiös motivierten Übergriffs zu werden. Diesbezüglich werde auf die Länderberichte verwiesen. Außerdem würden viele Pakistani Paschtunen mit den Taliban gleichsetzen. Der Beschwerdeführer sei Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und viele Angehörige seiner Volksgruppe seien durch eine Art Sippenhaft als Islamisten gebrandmarkt. Außerdem sei der Beschwerdeführer im Bundesgebiet gut integriert und verfüge demnach über ein schützenswertes Privat- und Familienleben, sodass eine Abschiebung ebenso einen irreversiblen Schaden durch den Abbruch sämtlicher Kontakte hätte. Zwingende öffentliche Interessen würden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen stehen.

Der belangten Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde mit Schreiben vom 18.8.2021 eine Stellungnahmefrist bis zum 20.8.2021, 12:00 Uhr (bei Gericht einlangend) eingeräumt, die unbeantwortet blieb.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten. Es wurden keine Einwände, dass der Akt unvollständig oder unrichtig wäre, erhoben. Dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Hinweise aufgefallen, dass der Akt unvollständig oder bedenklich wäre. Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Revision hat gemäß § 30 Abs 1 Satz 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs 2 VwGG Satz 1 VwGG hat jedoch bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Gemäß § 30a Abs 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Nach § 30a Abs 7 VwGG sind Abs 1 bis 6 leg cit nicht anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 VwGG dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das Verwaltungsgericht (auch) in Fällen außerordentlicher Revisionen zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung so lange zuständig ist, bis die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wird (vgl. etwa den B des VwGH vom 20.04.2017, Ra 2017/19/0113).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist im Verfahren über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung nach § 30 VwGG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern – wenn das in der Revision selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist – zunächst, im Provisorialverfahren, von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Demnach ist die aufschiebende Wirkung nur zuzuerkennen, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potenzieller, sondern ein evidenter ist (vgl. mwN VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei - unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist somit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass die revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. VwGH 16.9.2020, Ra 2020/19/0277, mwN).

Mit dem zitierten Antragsvorbringen legt der Revisionswerber nicht konkret einen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG dar. Die Revision führt lediglich allgemein aus, dass der Revisionsberber in Pakistan einer religiös motivierten Gefahr ausgesetzt sei, ebenso legt der Antrag nicht dar, inwiefern der Revisionswerber der realen Gefahr einer Brandmarkung als Islamist aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen ausgesetzt sei. Zur COVID-19 Situation in Pakistan sei festgehalten, dass auch hier nicht konkret dargelegt wird, weshalb gerade der Revisionswerber davon betroffen sein soll. Ebenso verhält es sich mit der Behauptung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens, auch hier legt der Antrag nicht konkret dar, welche Interessen nun genau verletzt werden würden. Dass keine zwingenden Interessen der Gewährung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen bedeutet nicht, dass der antragstellende Revisionsweber seine eigenen Interessen nicht entsprechend zu konkretisieren hat. Demgegenüber beeinträchtigt er durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens (vgl. abermals den zitierten Beschluss des VwGH vom 16.9.2020).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall öffentliche Interessen Revision

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L525.2171142.1.01

Im RIS seit

01.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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