Entscheidungsdatum
01.09.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W278 2221579-2/26E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter, über die Beschwerde des XXXX , StA Indien, vertreten durch BBU-GmbH, gegen den Mandatsbescheid des BFA vom 23.07.2019, Zl. 820486110-190743587, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 23.07.2019, 16:20 Uhr, bis 12.08.2019, 14:20 Uhr, zu Recht:
A.)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Gleichzeitig wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 23.07.2019, 16:20 Uhr, bis 12.08.2019, 14:20 Uhr, für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, hat der Bund dem Beschwerdeführer zu Handen seiner ausgewiesenen Vertretung Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag des BFA auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B.)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
A. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.04.2012 einen Asylantrag, der zunächst mit 07.05.2012 negativ beschieden und schließlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.06.2013 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen wurde.
Am 03.02.2016 stellte der BF einen Antrag gemäß § 55 AsylG. Mit Bescheid vom 30.03.2017 wies das BFA den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ab. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Indien zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise des BF betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Die aufschiebende Wirkung einer etwaigen Beschwerde wurde nicht aberkannt und in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich auf diese verwiesen.
Einer gegen den Bescheid vom 30.03.2017 erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 19.09.2019, XXXX , stattgegeben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt. Dem BF wurde gemäß §§ 54 und 55 Abs. 1 AsylG der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt (Spruchteil A). Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
Am 18.07.2019 wurde der BF zur Prüfung einer Sicherungsmaßnahme niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Er gab an, er sei gesund, habe Österreich seit seiner Asylantragstellung nicht verlassen. Er lebe mit seiner Familie in Österreich. Seine Frau habe Schilddrüsenkrebs und der BF kümmere sich aktuell um seine Tochter, außerdem arbeite er als Zeitungszusteller. Er sei Mitglied beim Arbeitersamariterbund und aufrecht sozialversichert.
Am 19.07.2019 wurden gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG (geplante Anordnung der Abschiebung) ein Festnahmeauftrag sowie gemäß § 35 Abs. 1 BFA-VG ein Durchsuchungsauftrag gegen den BF erlassen. Am selben Tag erging auch ein Abschiebeauftrag gegen den BF für die geplante Abschiebung nach Indien am 24.07.2019.
Am 22.07.2019 wurde der BF gemäß § 40 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG auf Basis des Festnahmeauftrages vom 19.07.2019 festgenommen und befand sich von 22.07.2019, 09:15 Uhr, bis 23.07.2019, 16:20 Uhr, in Verwaltungsverwahrungshaft.
Mit Mandatsbescheid des BFA vom 23.07.2019, dem BF durch persönliche Übergabe am selben Tag zugestellt (AS 1491), wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Im Wesentlichen wurde darin ausgeführt, der BF halte sich seit 18.04.2017 illegal in Österreich auf, sei unkooperativ und verbleibe unangemeldet im Verborgenen trotz durchsetzbarer Rückkehrentscheidung im Bundesgebiet. Er gehe keiner legalen Beschäftigung nach und sei in keinster Weise integriert und weder beruflich noch sozial verankert. Der Rückkehrentscheidung sei vom BVwG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden. Der BF sei nicht vertrauenswürdig und die Sicherung der Abschiebung erforderlich.
Der Schubhaftbescheid wurde umgehend in Vollzug gesetzt. Der BF befand sich von 23.07.2019, 16:20 Uhr, bis 12.08.2019, 14:20 Uhr, in Schubhaft und wurde am letztgenannten Tag entlassen.
Mit Schriftsatz vom 12.08.2019 erhob der BF durch seinen vormaligen Rechtsvertreter Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid sowie die darauf gegründete Anhaltung in Schubhaft. Ausgeführt wurde im Wesentlichen, dass der BF zu keiner Zeit seine Mitwirkungspflichten verletzt habe, die Schubhaft sei nicht notwendig und erweise sich als rechtswidrig. Beantragt wurden die Beschwerdestattgabe, Kostenersatz und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 23.03.2021 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W186 abgenommen und der Gerichtsabteilung W281 zugewiesen.
Das BFA erstattete mit Schriftsatz vom 12.04.2021 Stellungnahme und führte – nebst Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges – dabei aus, die mit Bescheid vom 07.05.2012 erlassene Ausweisung sei nach wie vor rechtsgültig und durchsetzbar, da dem aktuellen Bescheid vom 30.03.2017 die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt worden sei. Die Bereitschaft des BF zur freiwilligen Ausreise sei nicht glaubhaft und die Setzung von Zwangsmaßnahmen notwendig gewesen um die Vollstreckung des Abschiebetitels zu erreichen. Die Behörde beantragte die Abweisung respektive Zurückweisung der Beschwerde sowie Kostenersatz.
Mit Stellungnahme der (nunmehrigen) Rechtsvertretung des BF vom 18.05.2021 wurde ausgeführt, dass sich der Sachverhalt seit der negativen Asylentscheidung maßgeblich verändert habe, zumal der BF nunmehr ein Familienleben in Österreich führe. Die Ausweisung stelle somit keinen tauglichen Titel mehr für die Abschiebung des BF dar. Zudem habe die neue Rückkehrentscheidung die alte ersetzt. Dieser sei aufschiebende Wirkung zugekommen. Überdies habe die Frist für die freiwillige Ausreise auf Basis der mit 30.03.2017 ergangenen Rückkehrentscheidung – mangels Rechtskraft – im fraglichen Zeitpunkt noch gar nicht zu laufen begonnen. Die Voraussetzungen einer Abschiebung seien mangels durchsetzbarer aufenthaltsbeendender Maßnahme zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft nicht vorgelegen. Fluchtgefahr habe nicht bestanden, zumal der BF für mehrere Jahre an derselben Adresse gemeldet gewesen sei und Ladungen Folge geleistet habe. Die Anträge wurden dahingehend präzisiert, dass der Schubhaftbescheid und die darauf gegründete Anhaltung bis 12.08.2019 angefochten und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgezogen wurde.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 29.06.2021 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W281 abgenommen und der Gerichtsabteilung W278 zugewiesen.
B. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
I. Feststellungen:
1. Der BF ist indischer Staatsbürger, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Seine Identität steht fest.
2. Der BF stellte am 22.04.2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.05.2012 vollinhaltlich abgewiesen und die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Bescheid erwuchs mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.06.2013 zweitinstanzlich in Rechtskraft.
3. Am 03.02.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 55 AsylG. Mit Bescheid vom 30.03.2017 wies das BFA den besagten Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG ab. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde nicht aberkannt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt: „Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, das heißt, der Bescheid kann bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden.“
Einer gegen diesen Bescheid am 14.04.2017 beim BFA eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 19.09.2019 stattgegeben und die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt. Dem BF wurde gemäß §§ 54 und 55 AsylG der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
4. Der BF ist seit 18.09.2015 mit einer indischen Staatsangehörigen die über ein dauerndes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt, verheiratet und hat mit ihr eine gemeinsame Tochter. Der Beschwerdeführer hält sich seit seinem Antrag ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Er hat einen A1- und A2-Deutschkurs absolviert und hat auch die A2-Prüfung des ÖIF erfolgreich bestanden. Er war als Zeitungszusteller tätig, anschließend kümmerte er sich um seine 2015 geborene Tochter und den Haushalt, die Ehefrau des BF war als Reinigungskraft tätig. Die Tochter des Beschwerdeführers ist ebenfalls zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
5. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 23.07.2019, dem BF durch persönliche Übergabe am selben Tag zugestellt, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
6. Der BF befand sich von 23.07.2019, 16:20 Uhr, bis 12.08.2019, 14:20 Uhr, in Schubhaft und wurde am letztgenannten Tag entlassen.
7. Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung und für die Dauer der Anhaltung lag keine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
8. Bei dem BF lagen im gegenständlichen Zeitpunkt keine wesentlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor. Der BF war hafttauglich.
9. Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
II. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie den Akt des BVwG zu XXXX . Zudem wurden aktuelle Straf- und Melderegisterauskünfte sowie Auszüge aus der Anhaltedatei, dem Zentralen Fremdenregister (IZR) und ein Versicherungsdatenauszug eingeholt. Der Sachverhalt ergibt sich in weiten Teilen aus den im Akt einliegenden unbedenklichen Urkunden.
1. Die Identität des BF steht aufgrund seiner vorliegenden Geburtsurkunde fest (AS 625). Dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen würde, wurde nicht behauptet und ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt nicht.
2. Die Antragstellung am 22.04.2012 geht aus dem Zentralen Fremdenregister hervor. Der Bescheid vom 07.05.2012 und das Erkenntnis des Asylgerichtshofes sind im Akt einliegend (AS 103ff und AS 219ff).
3. Der Antrag vom 03.02.2016, der Bescheid vom 30.03.2017 und das Erkenntnis des BVwG vom 19.09.2019 sind vorliegend (AS 599ff, 1063ff und 1267 sowie Erkenntnis XXXX ).
4. Die Heiratsurkunde des BF und seiner Frau sowie die Deutschzertifikate, die Geburtsurkunden der Tochter und der Ehefrau des BF sowie deren Aufenthaltsberechtigungskarten sind im Akt einliegend (AS 627-633, 635, 647, 655, 659 und 673). Die Berufstätigkeit der Frau des BF und seine Tätigkeiten in Bezug auf Haushalt und Kindererziehung sind dem Erkenntnis des BVwG vom 19.09.2019 zu entnehmen.
5. Der Mandatsbescheid vom 23.07.2019 liegt im Akt ein, die Übergabe an den BF ist zeitlich vermerkt (AS 1491).
6. Die Anhaltedauer des BF in Schubhaft ergibt sich aus der Anhaltedatei.
7. Dass die zuletzt gegen die BF erlassene Rückkehrentscheidung im relevanten Zeitraum nicht durchsetzbar war, ergibt sich daraus, dass mit Bescheid vom 30.03.2017 die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde nicht ausgeschlossen und eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise des BF ab Rechtskraft gewährt wurde und in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides ausdrücklich vermerkt ist:
„Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, das heißt, der Bescheid kann bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden.“ (Bescheid des BFA vom 30.03.2017, S. 23, vgl. 2 AS 1107).
Gegen den genannten Bescheid wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und das Beschwerdeverfahren war im fraglichen Zeitpunkt anhängig. Die Zustellung des Bescheides am 03.04.2017 ist AS 1137 zu entnehmen. Der Eingang der Beschwerde gegen diesen Bescheid ergibt sich aus dem Eingangsstempel auf XXXX in eben jenem Akt. Das Erkenntnis des BVwG erging am 19.09.2019, die Rechtskraft und diesfalls Durchsetzbarkeit der Entscheidung war sohin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht gegeben.
8. Gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch nicht behauptet. In der Einvernahme am 18.07.2019 gab der BF selbst an er sei gesund und nehme keine Medikamente. Aus der Anhaltedatei, in welcher solcherlei Dinge in aller Regel vermerkt werden, ergibt sich ebenfalls keinerlei gesundheitliche Problematik des BF.
9. Die Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug.
III. Rechtliche Beurteilung:
1. Zu Spruchpunkt A. Beschwerdestattgabe:
2.1. Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, idgF, lautet auszugsweise:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. (...)"
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
2.2. Judikatur
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“ (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527).
Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0014; 19.03.2013, 2011/21/025; 28.08.2012, 2010/21/0388).
2.3. Rechtlich folgt daraus:
Am 03.02.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 55 AsylG. Mit Bescheid vom 30.03.2017 wies das BFA den besagten Antrag des BF ab. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde nicht aberkannt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt: „Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, das heißt, der Bescheid kann bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden.“
Einer gegen diesen Bescheid am 14.04.2017 beim BFA eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 19.09.2019 stattgegeben und die Rückkehrentschiedung gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt. Dem BF wurde gemäß §§ 54 und 55 AsylG der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
Gemäß § 16 Abs. 5 BFA-VG begründet eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag kein Aufenthalts- oder Bleiberecht.
Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde jedoch die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt und in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde aufschiebende Wirkung habe und der Bescheid somit bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden könne. Zudem wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.
Mit Mandatsbescheid des BFA vom 23.07.2019, dem BF durch persönliche Übergabe am selben Tag zugestellt, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF befand sich von 23.07.2019, 16:20 Uhr, bis 12.08.2019, 14:20 Uhr, in Schubhaft und wurde am letztgenannten Tag entlassen.
Eine gegen den Bescheid vom 30.03.2017 an das BVwG erhobene Beschwerde war somit im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides am 23.07.2019 und für die Dauer der in Beschwerde gezogenen Anhaltung anhängig.
Die Argumentation der Behörde, die Ausweisung aus dem Jahr 2012 sei ohnedies gültig gewesen, gerade weil in der aktuellen Entscheidung die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt wurde ist nicht nachvollziehbar. Nicht die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde sondern vielmehr die Erlassung einer neuen Rückkehrentscheidung führt dazu, dass diese die ältere Rückkehrentscheidung ersetzt. Im angefochtenen Bescheid wird zudem mehrfach darauf verwiesen, dass der Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.03.2017 vom BVwG keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei – dies steht im direkten Widerspruch zu dem Vorbringen der Behörde in der Stellungnahme vom 12.04.2021. Die Behörde verkannte im verfahrensgegenständlichen Schubhaftbescheid offenkundig, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.03.2017 zukam.
Hinzu kommt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers dahingehend zuzustimmen ist, dass in jedem Fall eine Überprüfung der weiteren Gültigkeit der Entscheidung aus dem Jahr 2012 geboten gewesen wäre.
Im Ergebnis lag daher zum Zeitpunkt der gegenständlichen Schubhaftverhängung und Anhaltung im Fall des Beschwerdeführers noch keine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor, da die Rückkehrentscheidung in Beschwerde gezogen und in dem Bescheid die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde nicht aberkannt worden war. Mangels Vorliegens eines durchsetzbaren Titels für die Abschiebung des Beschwerdeführers hätte die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht über ihn verhängt werden dürfen und erweisen sich der Bescheid und die folgende Anhaltung in Schubhaft daher als rechtswidrig.
Auf das Beschwerdevorbringen hinsichtlich von Aktenwidrigkeiten im angefochtenen Schubhaftbescheid war nicht näher einzugehen, da der Beschwerde schon aus den angeführten formalen Gründen stattzugeben war.
5. Zu den Spruchpunkt B.III.: Kostenentscheidung:
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
§ 35 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) StF BGBl. I Nr. 33/2013 idgF lautet auszugsweise:
„(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. (…)“
Der BF begehrte den Ersatz seiner Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da er vollständig obsiegte, steht ihm nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz seiner Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten rechtlichen Bestimmungen. Auch der beantragte Ersatz der Eingabegebühr war demnach zuzusprechen.
Da das BFA vollständig unterlag kam ihm ein Kostenersatzanspruch nicht zu.
2.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Es sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren hervorgekommen und sind solche aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht gegeben.
Im Hinblick auf die klare höchstgerichtliche Judikatur und die eindeutige Rechtslage war die Revision daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltsberechtigung plus aufschiebende Wirkung Beschwerdeverfahren illegaler Aufenthalt Kostenersatz Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig SchubhaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W278.2221579.2.00Im RIS seit
01.10.2021Zuletzt aktualisiert am
01.10.2021