TE Vwgh Erkenntnis 1973/9/13 0018/73

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Veröffentlicht am 13.09.1973
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Index

Abgabenverfahren
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
33 Bewertungsrecht

Norm

BAO §143
BAO §244
BewG 1955 §80 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Reichel, Dr. Karlik und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Dr. Wimmer, über die Beschwerde des Dipl. Ing. DDr. JG, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der FLD für Stmk v 15. 11. 1972 B 15/1-III/72, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (FLD für Stmk) Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer - von Beruf -Rechtsanwalt - gab mit zwei Schriftsätzen v 9. und drei weiteren Schriftsätzen v 11. 3. 1971 dem für die Erhebung der Beiträge nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz BGBl 1948/130 zuständigen RA Graz-Stadt (zugleich auch Lagefinanzamt iS des § 53 BAO) bekannt, daß in den ihm und seiner Ehegattin je zur Hälfte gehörenden Wohnhäusern in G, K-gasse 39 und 65, Sch-gasse 100 und 100 a sowie B-gasse 64 verschiedene Wohnungen zu einem frei vereinbarten Mietzins (neu) vermietet worden seien. Namens der Hauseigentümer stellte er daher den Antrag, die Beitragsschuldigkeiten nach § 7 des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes neu zu bemessen.

Die erwähnten Schriftsätze nahm das FA zum Anlaß, um in einem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben v 23. 3. 1971 für Zwecke der Einheitswertfeststellung um Übermittlung einer Aufstellung zu ersuchen, aus der entnommen werden könne, wann die Neuvermietung erfolgt und wie groß die Nutzfläche der frei vermieteten Wohnungen sei. Diesem Ersuchen kam der Beschwerdeführer jedoch nicht nach, sondern zog mit Schriftsatz v 11. 5. 1971 seine Anträge auf Neubemessung der Wohnhaus-Wiederaufbaubeiträge zurück. Infolgedessen sah sich das FA genötigt, in einem weiteren Schreiben v 24. 5. 1971 an sein vormaliges Ersuchen zu erinnern und den Beschwerdeführer neuerlich zur Beibringung der schon erwähnten Aufstellung einzuladen.

Gegen dieses Schreiben erhob der Beschwerdeführer, der darin einen Bescheid erblickte, im eigenen und im Namen seiner Gattin Berufung (der Berufungsschriftsatz ist allerdings nur vom Beschwerdeführer gefertigt). Darin führte er aus, er habe seine Anträge v 9. und 11. 3. 1971 zurückgezogen, um ein neuerliches Verfahren zur Feststellung der Einheitswerte der eingangs genannten Liegenschaften zu vermeiden. Die auf den 1. 1. 1963 festgestellten Einheitswerte seien rechtskräftig geworden und wenn nunmehr das FA einen Grund suche, um die rechtskräftig abgeschlossenen Bewertungsverfahren wieder aufzunehmen, könne dies nur gem § 303 Abs 4 BAO mittels Bescheides geschehen, indem die genauen Gründe für eine Neubewertung anzuführen wären. Im übrigen, habe sich an sämtlichen Mietwohngrundstücken (offenbar gemeint seit dem Hauptfeststellungszeitpunkt) nichts geändert, während der Mietzins für die Bewertung unmaßgeblich sei. Der „Bescheid“ des FA v 24. 5. 1971 möge daher als formell und materiell unrichtig aufgehoben werden.

Mit Bescheid v 9. 12. 1971 wies das FA das Rechtsmittel gem § 273 Abs 1 BAO wegen Unzulässigkeit zurück und führte zur Begründung an, bei dem mit Berufung bekämpften Erinnerungsschreiben v 24. 5. 1971 handle es sich um eine bloß verfahrensleitende Verfügung, gegen die gem § 244 BAO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig sei. Doch stehe es dem Beschwerdeführer frei, eine Berufung gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid zu erheben. Ungeachtet dessen erhob der Beschwerdeführer - nunmehr nur im eigenen Namen - auch gegen den eben wähnten Bescheid v 9. 12. 1971 Berufung und machte geltend, das Schreiben des FA v 23. 3. 1971 (gemeint offenbar v 24. 5. 1971) sei keineswegs eine das Verfahren betreffende Verfügung. Vielmehr handle es sich um die grundsätzlich formelle Frage, ob rechtskräftig abgeschlossene Bewertungsverfahren gegen den Willen des Eigentümers der Liegenschaften und aus welchem Grunde wiederaufgenommen werden könnten. Im Bewertungsgesetz finde sich zudem keine Bestimmung, für die die Frage der Mietzinsbildung von Belang sei. Im übrigen sei die Ehegattin des Beschwerdeführers am 13. 9. 1971 verstorben, weshalb der Bescheid v 9. 12. 1971, sofern er sich gegen sie richtete, nicht wirksam zugestellt worden sei. Das Verlaßverfahren sei noch anhängig und ein Verlaßkurator nicht bestellt worden.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens wies das FA die Berufung mit einer allein an den Beschwerdeführer gerichteten Berufungsvorentscheidung v 24. 1. 1972 als unbegründet ab und erteilte ihm aus diesem Anlaß auch eine eingehende Rechtsbelehrung. Insbesondere verwies es den Beschwerdeführer auf die Vorschrift des § 53 Abs 7 des Bewertungsgesetzes 1955 BGBl 148 idF BG 19. 6. 1963 BGBl 145 (BewG), die es erfordere den durch eine Mietzinsbeschränkung betroffenen Anteil der Nutzfläche im Verhältnis zur Gesamtnutzfläche der Grundstücke festzustellen. Allerdings gehört die Berufungsvorentscheidung nicht mehr dem Rechtsbestand an, weil der Beschwerdeführer den Antrag stellte, sein Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. In dem betreffenden Schriftsatz forderte er eine Erklärung dafür, wie eine nur das Verfahren betreffende Verfügung ergehen könne, wenn ein Verfahren noch gar nicht eingeleitet worden sei. Seiner Meinung nach könne eine derartige Verfügung nämlich erst in einem schon laufenden Verfahren erlassen werden, weshalb es notwendig sei, das abgeschlossene Verfahren (gemeint offenbar zur Feststellung der Einheitswerte auf den 1. 1. 1963). wieder aufzunehmen. Nun habe er aber die in den Schriftsätzen v 9. und 11.3.1971 gestellten Anträge wieder zurückgenommen, weshalb der Grund weggefallen sei, aus diesem Anlaß eine Neubewertung vorzunehmen. Von Amts wegen könne dies aber deswegen nicht geschehen, weil das BewG und die inzwischen in Kraft getretenen Novellen hiezu nicht vorsähen, Änderungen in der Bewertung von Mietwohngrundstücken aufzugreifen und ein neues Bewertungsverfahren einzuleiten. Abgesehen davon habe der Beschwerdeführer alle Mietverträge, sofern die Gebühr nicht in Stempelmarken zu entrichten gewesen sei, zur Vergebührung angemeldet. Dem FA sei es daher ohne weiteres möglich gewesen, diese Verträge zur Grundlage einer Neubewertung zu nehmen, wenn es schon vermeine, auf Grund der Neuvermietung dazu berechtigt zu sein (die weiteren Ausführungen im Vorlageantrag erschöpfen sich in einer Kritik der Rechtsbelehrung, die dem Beschwerdeführer in der Berufungsentscheidung erteilt wurde).

Mit Bescheid v 15. 11. 1972 hat sodann die FLD für Steiermark die Berufung endgültig abgewiesen. In der Begründung der Rechtsmittelentscheidung hat die FLD nach einer eingehenden Darstellung des Verfahrensablaufs dem Beschwerdeführer zunächst eingeräumt, daß der Bescheid v 9. 12. 1971 nur ihm gegenüber wirksam ausgestellt worden sei, nicht aber seiner am 13. 9. 1971 verstorbenen Gattin. Im übrigen sei das FA gem § 115 BAO jedoch von Amts wegen verpflichtet gewesen, dem vom Beschwerdeführer in den Schriftsätzen v 9. und 11. 3. 1971 aufgedeckten Sachverhalt nachzugehen; es habe ihn daher am 23. 3. sowie abermals am 24. 5. 1971 um Erteilung der nötigen Auskünfte gebeten, um feststellen zu können, ob die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung gem § 21 BewG infolge Wegfalls des Sonderabschlags iS des § 53 Abs 7 leg cit erfüllt seien. Damit sei aber ein Verfahren eingeleitet worden, und es stehe dem Beschwerdeführer frei, seine Einwendungen gegen die das Verfahren abschließende (Einheitswert)Bescheide vorzubringen, falls solche ergehen sollten. Abgesehen davon biete § 143 BAO den Abgabenbehörden auch außerhalb eines konkreten Abgabeverfahrens die Möglichkeit, von jedermann Auskünfte zu verlangen. Mithin sei das FA berechtigt gewesen, in jeder Art und in jedem Stadium, aber auch schon vor Einleitung eines Abgabeverfahrens, sich an den Beschwerdeführer zwecks Auskunftserteilung zu wenden.

Gegen diesen Bescheid der FLD f Steiermark v 15. 11. 1972 richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:

Als Beschwerdepunkte macht der Beschwerdeführer geltend, er sei in seinem Recht auf gleiche Behandlung vor dem Gesetz verletzt worden. Zum einen widerspreche es dem Gleichheitsgrundsatz, wenn die belangte Behörde nur von ihm Unterlagen über die durch Neuvermietungen erzielten Mietzinse fordere, während sie gleichartige Unterlagen über Rechtsgeschäfte anderer Abgabepflichtiger zwar für Bewertungszwecke sammle, ohne sie jedoch zu verwerten. Zum anderen werde der Beschwerdeführer auch dadurch in seinem Recht auf gleiche Behandlung verletzt, weil ihn die Abgabenbehörden durch ihr hartnäckiges Vorgehen nunmehr fühlen ließen, daß er in einem anderen Verfahren zur Einheitswertfeststellung obsiegt und eine Reduzierung der festgesetzten Werte erreicht habe.

Was nun diese Beschwerdepunkte anlangt, so übersieht der Beschwerdeführer, daß über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden, sofern darin die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte - im vorliegenden Fall die Verletzung des im Art 7 B-VG normierten Gleichheitsgrundsatzes - behauptet wird, nicht der Verwaltungsgerichtshof, sondern der Verfassungsgerichtshof zu erkennen hat, den gem Art 144 B-VG anzurufen dem Beschwerdeführer freigestanden wäre.

Des weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, in seinem Recht als Halbeigentümer verletzt zu sein, weil der angefochtene Bescheid nur an ihn allein gerichtet sei und ihn zu einer Leistung verhalte, die nur die Hausgemeinschaft treffen könne. Da seine verstorbene Gattin aber aus der Hausgemeinschaft ausgeschieden sei, müßte die angefochtene Entscheidung dem nunmehrigen Miteigentümer zugestellt werden. Nun stimmt der GH der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren geäußerten Meinung durchaus bei, daß der Bescheid v 9. 12. 1971 und demzufolge die an seine Stelle getretene Berufungsentscheidung gegenüber seiner verstorbenen Gattin mangels gehöriger Zustellung keine Rechtswirkungen zu entfalten vermochte, und ebensowenig gegen den Sohn des Beschwerdeführers, der nach den Ausführungen der Beschwerde die Rechtsnachfolge im Liegenschaftsbesitz nach seiner Mutter angetreten hat. Indes vermochte der GH nicht zu finden, in welchem Recht der Beschwerdeführer verletzt worden sein soll, wenn eine wirksame Zustellung dritten Personen gegenüber unterblieb. Hat doch der vom Beschwerdeführer gerügte Zustellmangel ihn nicht daran gehindert, alle ihm zu Gebote stehenden Rechtsmittel bis zur Erschöpfung des Instanzenzugs zu ergreifen. Daß er aber als Miteigentümer und ehemals Bevollmächtigter seiner Gattin nicht zur Auskunftserteilung herangezogen werden könne, ist - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - mit der Vorschrift des § 143 Abs 1 BAO unvereinbar, wonach die in dieser Gesetzesstelle begründete Auskunftspflicht jedermann trifft, selbst wenn es sich nicht um eine persönliche Abgabepflicht handelt.

Der Beschwerdeführer meint aber auch, die Abgabenverfahrensvorschriften ließen es nicht zu, daß „die rechtskräftige Beendigung des Bewertungsverfahrens wieder aufgenommen“ werde. Demzufolge sei auch eine bloße Vorbereitungshandlung - worunter der Beschwerdeführer offenbar die beiden Auskunftsersuchen des FA v 23. 3. und 24.5.1971 verstanden wissen will - unzulässig, denn der Zweck einer solchen liege doch nur darin, zu prüfen, ob eine „Wiedereröffnung“ zulässig sei. Nun ist es bezeichnend, daß der Beschwerdeführer selbst keine Gesetzesstelle anzuführen vermag sie es den Abgabenbehörden verwehren würde, sei es zur Vorbereitung der allfälligen Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren, sei es zwecks Prüfung der Frage nach der Zulässigkeit von Fortschreibungen, Auskünfte oder die Abgabe von Erklärungen zu verlangen, ganz abgesehen davon, daß es den Eigentümern von Grundbesitz gem § 80 Abs 1 BewG obliegt, über Aufforderung Erklärungen abzugeben. Daß gegen derartige Aufforderungen gem § 244 BAO kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig (und eine dennoch eingebrachte Berufung als unzulässig zurückzuweisen) ist, hat der GH übrigens schon in seinem Beschluß v 1.10.1963, 1232/63 ausgesprochen, von dem den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf Antrag eine Ausfertigung zugesendet werden wird.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich noch auf Art III der Bewertungsgesetznovelle 1972 BGBl 447 verweist und daraus abzuleiten sucht, daß die zum 1. 1. 1963 festgestellten Einheitswerte des Grundvermögens gewissermaßen erstarrt bis zum nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt (1. 1. 1973) unverändert bleiben müßten, so kann ihm auch darin nicht gefolgt werden. Denn dazu hätte es der rückwirkenden Aufhebung des § 21 BewG durch den Gesetzgeber bedurft. Eine solche gesetzliche Bestimmung ist aber nirgends ersichtlich.

Die Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Beschwerdeführer zwar gerügt, doch ist die Beschwerde in diesem Punkt nicht weiter ausgeführt. Da auch der GH nicht finden konnte, die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gem § 42 Abs 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die V d BK v 14. 11. 1972, BGBl 427.

Wien, am 13. September 1973

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1973:1973000018.X00

Im RIS seit

01.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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