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Verwaltungsverfahren - AVGNorm
AVG §73 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der S GmbH in B, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Verweigerung der Erteilung einer Konzession, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 5 zweiter Satz und § 62 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 und § 66 Abs. 4 AVG 1950 wird der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11. März 1986, Zl. Ge-256-1985, nicht Folge gegeben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.350,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. März 1986 wies die Bezirkshauptmannschaft Gmunden das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der Konzession für das Rauchfangkehrergewerbe im Kehrbezirk G im Standort X und um die Genehmigung der Bestellung des HO als Geschäftsführer gemäß §§ 9 Abs. 1 und 39 Abs. 2 GewO 1973 ab.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 2. Mai 1986 im Grunde des § 9 GewO 1973 in Verbindung mit § 18 GmbH-Gesetz als unzulässig zurück. Mit Erkenntnis vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0146, hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde dem Landeshauptmann von Oberösterreich am 20. November 1987 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 1988, zur Post gegeben am 29. Mai 1988, beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eingelangt am 1. Juni 1988, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht an diesen.
Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 1989 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Säumnisbeschwerde, weil dieser nicht innerhalb der Frist des § 27 VwGG über den Devolutionsantrag entschieden habe. Beantragt wird, der Verwaltungsgerichtshof möge die angestrebte Konzession erteilen sowie die Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers genehmigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren eingeleitet. Mit Schriftsatz vom 14. Juli 1989 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte aus, wegen der Löschung der Beschwerdeführerin im Handelsregister sei über den Devolutionsantrag nicht mehr entschieden worden.
Die Voraussetzungen zur Erhebung der Säumnisbeschwerde liegen somit vor.
Vorauszuschicken ist, daß nach der in den Verwaltungsakten erliegenden beglaubigten Abschrift aus dem Handelsregister des Kreisgerichtes Wels, Abteilung B, Nr. 2386, vom 29. Juni 1989, betreffend die Beschwerdeführerin, zwar unter dem Datum 26. September 1988 deren amtswegige Löschung im Handelsregister eingetragen ist. In den Verwaltungsakten erliegt aber auch eine Ausfertigung des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz vom 3. November 1988, mit welchem der dieser Eintragung im Handelsregister zugrundeliegende Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 26. September 1989 aufgehoben und diesem die neuerliche Einleitung des Amtslöschungsverfahrens aufgetragen wurde. Nach dem Ergebnis der vom Verwaltungsgerichtshof gepflogenen Erhebungen ist ein (neuerlicher) Löschungsbeschluß noch nicht ergangen. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde steht daher die mit der wahren Rechtslage nicht in Einklang stehende Eintragung im Handelsregister vom 26. September 1989 über die amtswegige Löschung der Beschwerdeführerin einer Entscheidung über ihre im Verwaltungsverfahren gestellten Anträge nicht entgegen.
In der Sache selbst erweist sich der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Hinblick auf den oben dargestellten Verfahrensablauf als berechtigt, sodaß der Verwaltungsgerichtshof zufolge § 42 Abs. 5 zweiter Satz und § 62 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG 1950 über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11. März 1986 sachlich zu entscheiden hat.
Gemäß der zufolge § 62 Abs. 2 VwGG im vorliegenden Verfahren auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG 1950 hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Hiebei hat die Berufungsbehörde - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - das im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9.315/A). Es sind daher auf den vorliegenden Fall die Bezug habenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 in der Fassung der am 1. Jänner 1989 in Kraft getretenen Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, anzuwenden.
Nach § 173 Abs. 1 leg. cit. darf die Erteilung der Konzession für das Rauchfangkehrergewerbe nur an natürliche Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes, deren persönlich haftende Gesellschafter natürliche Personen sind, erfolgen. Diese nunmehr geltende Regelung schließt die Erteilung einer derartigen Konzession an eine Kapitalgesellschaft, wie sie die Beschwerdeführerin ist, aus. Damit erweist sich die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11. März 1986, womit die Erteilung einer Rauchfangkehrerkonzession an sie verweigert wurde, als im Ergebnis nicht berechtigt.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Begehren auf Ersatz der Aufwendungen für Kopien war im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes abzuweisen.
Wien, am 2. Oktober 1989
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1989040014.X00Im RIS seit
01.10.2021Zuletzt aktualisiert am
01.10.2021