RS Vfgh 2021/6/16 V34/2021 ua (V34/2021-12, V136/2021-11)

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Veröffentlicht am 16.06.2021
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Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
COVID-19-MaßnahmenG §1, §2, §3
COVID-19-LockerungsV BGBl II 197/2020 §1 Abs1
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung der COVID-19-LockerungsV betreffend die Einhaltung eines Mindestabstands von einem Meter im Freien gegenüber Personen aus einem anderen Haushalt mangels ausreichender Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen

Rechtssatz

Gesetzwidrigkeit des §1 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Lockerungsverordnung - COVID-19-LV), BGBl II 197/2020 (Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien - VGW - LVwG und des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark).

Der VfGH hat bereits mehrfach zu den Verordnungsermächtigungen der §§1 und 2 COVID-19-Maßnahmengesetz idF BGBl I 23/2020, auf die sich die COVID-19-LV im Wesentlichen stützt, erkannt, dass diese Bestimmungen den Verordnungsgeber auch verpflichten, die Wahrnehmung seines Entscheidungsspielraums im Lichte der gesetzlichen Zielsetzungen insoweit nachvollziehbar zu machen, als er im Verordnungserlassungsverfahren festhält, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist; damit ist für die Beurteilung des VfGH insoweit der Zeitpunkt der Erlassung der entsprechenden Verordnungsbestimmungen und die diesen zugrunde liegende aktenmäßige Dokumentation maßgeblich.

Der Verordnungsakt zur - hier maßgeblichen - Stammfassung der COVID-19-LV macht nicht ersichtlich, welche Umstände im Hinblick auf welche möglichen Entwicklungen von COVID-19 den Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung zur Anordnung der Verpflichtung (unter anderem) nach §1 Abs1 COVID-19-LV geleitet haben. §1 Abs1 COVID-19-LV, BGBl II 197/2020, verstoßt somit gegen §2 COVID-19-Maßnahmengesetz idF BGBl I 23/2020, weil es der Verordnungsgeber gänzlich unterlassen hat, jene Umstände, die ihn bei der Verordnungserlassung bestimmt haben, so festzuhalten, dass entsprechend nachvollziehbar ist, warum der Verordnungsgeber die mit dieser Regelung getroffenen Maßnahmen für erforderlich gehalten hat.

Entscheidungstexte

Schlagworte

COVID (Corona), Verordnungserlassung, Bindung (des Verordnungsgebers), Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Legalitätsprinzip, VfGH / Gerichtsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:V34.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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