Index
UStGNorm
StruktVG 1969 §11 Abs2Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schöller, über die Beschwerde 1) der E-KG 2) der E-Aktiengesellschaft, 3) des Dipl.-Ing. FH, alle in V, 4) des RH in W und 5) des Prof. OC in V, sämtlich vertreten durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsahwalt in Linz, Schillerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. Juni 1984, Zl. 13/7/2-BK/La-1982, betreffend Umsatzsteuer 1977 bis (Jänner) 1980, und über die Beschwerde der E-Aktiengesellschaft in V gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. Juni 1984, Zl. 6/69/3-BK/La-84, betreffend Umsatzsteuer (Februar bis Dezember) 1980 sowie 1981, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden der E-KG, gegen den erstangeführten Bescheid und die Beschwerde der E-Aktiengesellschaft gegen den zweitangeführten Bescheid werden als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde der übrigen beschwerdeführenden Parteien gegen den erstangeführten Bescheid wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus den Beschwerden und aus den diesen beigeschlossenen angefochtenen Bescheiden geht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt hervor:
Der von einer Kommanditgesellschaft unter der Firma „E-KG“ (in der Folge kurz: Erstbeschwerdeführerin) geführte Betrieb wurde mit Notariatsakt vom 2. September 1980 als Sacheinlage nach Art. III des Strukturverbesserungsgesetzes in die damals neu errichtete „E-Aktiengesellschaft“ (in der Folge kurz: Zweitbeschwerdeführerin) eingebracht; die Kommanditgesellschaft wurde sodann am 9. Juli 1981 im Handelsregister des Kreisgerichtes Wels gelöscht. Unternehmensgegenstand war einerseits die Erzeugung und der Vertrieb von Asbestzementwaren und ist andererseits vor allem die Erzeugung von Baustoffen und Baumaterialien aller Art und die Ausübung des Bau- sowie des Dachdeckerhandwerkes.
Ca. 450 der insgesamt ca. 1.300 im Betrieb beschäftigten Dienstnehmer wohnen außerhalb von V und haben Anfahrtswege zur Arbeitsstätte bis zu 30 km in einer Richtung. Da es den in größerer Entfernung vom Werksstandort wohnhaften Dienstnehmern seit Einführung des Vollschichtbetriebes im Jahre 1959 nicht mehr möglich war, unter Benützung öffentlicher Verkehrsmittel jeweils zeitgerecht zu Schichtbeginn ins Werk und nach Schichtende innerhalb eines angemessenen Zeitraumes wieder nach Hause zu gelangen, wurde seitens ihres Arbeitgebers ein nach und nach auf mehrere Linien ausgedehnter Busverkehr durch fremde Transportunternehmer eingerichtet. Diese Beförderung ist für die Dienstnehmer unentgeltlich und es besteht kein Rechtsanspruch auf Beförderung. Dienstrechtliche Konsequenzen wurden hieraus nicht gezogen.
Anläßlich einer bei der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin Ende 1981/Anfang 1982 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung betreffend die Streitjahre wurde vom Prüfer festgestellt, daß die Beförderung von Arbeitnehmern bis dahin nicht als (1977 bis 1979 dem Steuersatz von 18 v.H. und 1980 und 1981 dem Steuersatz von 8 v.H. unterliegende) umsatzsteuerpflichtige Leistungen (als tauschähnliche Vorgänge im Sinne des § 3 Z. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223) behandelt worden waren. Das Finanzamt erhöhte daraufhin in den für die einzelnen Streitjahre(monate) erlassenen Abgabenbescheiden (für 1977 bis Jänner 1980 gegenüber der Erstbeschwerdeführerin und für Februar bis Dezember 1980 sowie für 1981 gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin) die steuerpflichtigen Umsätze um die für diese Beförderungen der Erst- bzw. Zweitbeschwerdeführerin erwachsenen Kosten.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die gegen diese Abgabenbescheide erhobenen Berufungen der Erst- bzw. Zweitbeschwerdeführerin unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1984, Zl. 82/15/0099, als unbegründet abgewiesen. Der im Spruch erstangeführte Bescheid wurde an die Erstbeschwerdeführerin, der im Spruch zweitangeführte Bescheid an die Zweitbeschwerdeführerin gerichtet. Begründend heißt es in diesen Bescheiden im wesentlichen, daß Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an Dienstnehmer nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmend mit der Lehre grundsätzlich umsatzsteuerbare Leistungen auch dann seien, wenn diese Leistungen kostenlos in Anspruch genommen werden könnten; in diesen Fällen stehe der sonstigen Leistung jeweils als Entgelt ein Anteil an der Arbeitsleistung gegenüber. Erfolge die Unternehmerleistung, um einen Schichtbetrieb aufrecht zu erhalten, so komme darin zum Ausdruck, daß der Unternehmer die Beförderungsleistung im Hinblick auf eine erwartete Gegenleistung erbringe, sodaß der für die Annahme eines Leistungsaustausches erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben sei. Durch den unabhängig von einkommensteuerrechtlichen Vorschriften anzunehmenden wirtschaftlichen Vorteil der unentgeltlich beförderten Arbeitnehmer würde deren Arbeitskraft gebunden. Ob der Unternehmer zur Erbringung seiner Leistung auf Grund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen verpflichtet sei oder ob er diese Leistung aus freien Stücken erbringe, sei hingegen für das Bewirken eines steuerbaren Umsatzes belanglos. Auch durch in erster Linie aus unternehmerischen Erwägungen gewährte Beförderungsleistungen werde der Lebensstandard der Dienstnehmer verbessert. Dieser Leistung des Unternehmers sei ein Anteil der Arbeitsleistung der beförderten Arbeitnehmer gegenüberzustellen, wobei es dem Begriff des Leistungsaustausches nicht widerspreche, daß die Berechnung des Wertes der Gegenleistung mitunter schwierig sei.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerden. Die Beschwerdeführer erachten sich in dem Recht verletzt, daß die in Rede stehenden Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden.
Der Gerichtshof hat sodann in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a bzw. Z. 2 VwGG 1965 in der geltenden Fassung gebildeten Senat erwogen:
Was zunächst die Zulässigkeit der gegen den die Geschäftszahl 13/7/2-BK/La-82 tragenden angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde anlangt, so ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, derzufolge eine Personenhandelsgesellschaft unbeschadet ihrer Auflösung mit Gesellschafterbeschluß laut Sacheinlagevertrag weiterhin so lange Träger bestimmter Rechte und Pflichten und damit in ihrer Partei- und Prozeßfähigkeit nicht beeinträchtigt ist, als ihre Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten noch nicht abgewickelt sind (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 23. Juni 1983, Zl. 83/15/0050, und die dort zitierten Entscheidungen). Daraus folgt, daß im vorliegenden Fall hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht der Kommanditgesellschaft für Beförderungsleistungen an Arbeitnehmer zur Beschwerdeerhebung zwar die Erstbeschwerdeführerin legitimiert ist, mangels Eintrittes in deren Rechtsstellung auf Grund der Sacheinlage nicht aber auch die Zweitbeschwerdeführerin. Aus dem hg. Erkenntnis vom 23. April 1979, Zl. 748/78, Slg. Nr. 5373/F, ergibt sich ferner, daß bezüglich der Umsatzsteuer ein mit dem Beschwerderecht der Personenhandelsgesellschaft konkurrierendes Beschwerderecht ihrer Gesellschafter nicht besteht. Da der in Rede stehende angefochtene Bescheid Rechtsverhältnisse der Zweitbeschwerdeführerin und der Gesellschafter der Erstbeschwerdeführerin nicht berührt - der Bescheid ist weder an diese Personen gerichtet noch wirkt er diesen Personen gegenüber kraft Gesetzes - mangelt der Beschwerde insoweit die Berechtigung zu ihrer Erhebung, weswegen sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG 1965 zurückzuweisen war.
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin gegen den die Zahl 6/69/3-BK/La-84 tragenden angefochtenen Bescheid ist (ebenso wie die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin gegen den die Zahl 13/7/2-BK/La-1982 tragenden angefochtenen Bescheid) hingegen zulässig.
Wie nun der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinem Erkenntnis vom 19. Jänner 1984, Zl. 82/15/0099, in einem für den vorliegenden Beschwerdefall einschlägigen Rechtsfall zu Recht erkannt hat, sind (durch beauftragte Beförderungsunternehmen erbrachte) Beförderungsleistungen eines Unternehmers gegenüber seinen entfernt vom Arbeitsplatz wohnenden Arbeitnehmern - wenn die Beförderungen ohne Vorliegen eines Dienstverhältnisses nicht erbracht worden wären - als tauschähnliche Umsätze im Sinne des § 3 Abs. 14 UStG 1972 anzusehen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß der Unternehmer Beförderungsleistungen der in Rede stehenden Art grundsätzlich nur im Hinblick auf zu erwartende Arbeitsleistungen erbringt und daß für die beförderten Arbeitnehmer ein wirtschaftlicher Vorteil darin liegt, daß sie sich die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ersparen. Beförderungsleistung und anteilige Arbeitsleistung stehen in dem durch das Merkmal „Leistungsaustausch“ umsatzsteuerrechtlich gebotenen inneren (kausalen) Zusammenhang.
Zum gleichen Ergebnis kam die hg. Rechtsprechung betreffend Personalverpflegungsleistungen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 14. Mai 1981, Zl. 15/1949/79, und vom 28. Juni 1984, Zl. 84/15/0057)
Auf dem Boden dieser Rechtsprechung - von der abzugehen der Gerichtshof keinen Anlaß sieht - sind die vorliegenden Beschwerden nicht berechtigt. Insbesondere erfordert die Annahme eines umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausches auch nicht, daß die beförderten Arbeitnehmer auf die Beförderungsleistungen einen Rechtsanspruch besitzen; es genügt vielmehr, daß die einen wirtschaftlichen Vorteil auf Seiten der beförderten Arbeitnehmer bewirkenden Beförderungsleistungen lediglich im Hinblick auf die erwarteten Arbeitsleistungen erbracht wurden, wobei in den Beschwerden selbst ausgeführt wird, daß ohne diese Beförderungsleistungen ein Vollschichtbetrieb im Werk nicht hätte aufrecht erhalten werden können. Das Eigeninteresse der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin schließt hiebei das wirtschaftliche Interesse der beförderten Arbeitnehmer keineswegs aus. Auch eine - an sich unzulässige - Aufspaltung der Arbeitsleistung beförderter Arbeitnehmer liegt nicht deswegen vor, weil dieser Arbeitsleistung sowohl die Geld- als auch Sachbezüge gegenübergestellt wurden.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden in dem spruchgemäßen Umfang gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 18. Oktober 1984
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1984:1984150146.X00Im RIS seit
30.09.2021Zuletzt aktualisiert am
30.09.2021