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44 ZivildienstNorm
ZivildienstG §2 Abs1 idF BGBl 187/1994Leitsatz
Stattgabe eines Wiedereinsetzungsantrags; Unkenntnis der Rechtslage als Wiedereinsetzungsgrund infolge Vorliegen besonderer Umstände; Verletzung im Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung durch Feststellung des Nichteintretens der Zivildienstpflicht wegen unvollständiger ZivildiensterklärungSpruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird Folge gegeben.
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung verletzt worden. Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer, zu Handen seines Rechtsvertreters, die mit 18.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Der - am 14. Juni 1994 als tauglich zum Wehrdienst befundene - Beschwerdeführer richtete am 1. Juli 1994 an das Militärkommando Steiermark eine Zivildiensterklärung. Darin war die Versicherung, keinem Wachkörper anzugehören, nicht enthalten.
b) Der Bundesminister für Inneres (BMI) erließ darauf folgenden, mit 2. September 1994 datierten, am 6. September 1994 zugestellten Bescheid:
"Gem. §5a Abs4 in Verbindung mit §5a Abs3 Z4 ZDG i.d.F.
BGBl. Nr. 187/94, wird festgestellt:
Ihre Zivildiensterklärung vom 01.07.1994 enthält nicht die gem. §2 Abs1 Z3 ZDG notwendige Angabe, keinem Wachkörper nach Art78d B-VG anzugehören. Ihre Erklärung ist somit unvollständig und kann Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen.
B e g r ü n d u n g :
Gem. §2 Abs1 Z3 ZDG hat der Wehrpflichtige bei Abgabe einer Zivildiensterklärung aus Gewissensgründen gegen die Leistung der Wehrpflicht gleichzeitig anzuführen, keinem Wachkörper nach Art78d B-VG anzugehören. In Ihrer im Spruch genannten Erklärung fehlt diese gesetzlich vorgeschriebene Angabe, Ihre Erklärung ist somit unvollständig.
Da unvollständige Erklärungen gem. §5a Abs3 Z4 ZDG mangelhaft sind, ist gemäß §5a Abs4 ZDG die Zivildienstpflicht nicht eingetreten."
2. Der Einschreiter stellt mit der vorliegenden, am 15. November 1994 zur Post gegebenen Eingabe gemäß §33 VerfGG einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist.
Gleichzeitig erhebt er gegen den zitierten Bescheid eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung, in eventu die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Der BMI legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Zurückweisung der Beschwerd als verspätet begehrt wird.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
A. Zum Wiedereinsetzungsantrag
1. Der Einschreiter begründet den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist (der angefochtene Bescheid wurde ihm am 6. September 1994 zugestellt, die Beschwerde am 15. November 1994 - also nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist - zur Post gegeben) wie folgt:
"Dem Beschwerdeführer (BF) wurde am 6.9.1994 der nunmehr bekämpfte Bescheid der belangten Behörde durch Hinterlegung zugestellt. In diesem wurde ihm mitgeteilt, daß deswegen Zivildienstpflicht nicht eintreten würde, da die Erklärung des BF, daß er Zivildienst leisten wolle, unvollständig geblieben sei. Die Erklärung hatte nämlich nicht das vom Gesetz geforderte Merkmal der Angabe, keinem Wachkörper nach Art78d B-VG anzugehören. Der BF gab noch am gleichen Tag, dem 6.9.1994, nochmals eine diesmal vollständige Zivildiensterklärung ab. Bezüglich der Wirkungen des ersten Bescheides vom 2.9.1994 war der BF deswegen in einem Rechtsirrtum befangen, welcher auch durch intensives Gesetzesstudium nicht behoben hätte werden können, da er der Meinung war, daß dieser erste Bescheid nur die Rechtswirkungen habe, daß er eben aufgefordert werde, seine Zivildiensterklärung vollständig abzugeben. Daher wandte er sich zu diesem Zeitpunkt nicht an eine rechtskundige Person, sondern wartete den Bescheid über seinen zweiten Antrag ab.
Mit Bescheid vom 29.9.1994, zugestellt durch Hinterlegung am 4.10.1994, erhielt der BF einen weiteren Bescheid, den die zuständige Behörde dahingehend begründete, daß Zivildienstpflicht nicht eintreten könne, da die Zivildiensterklärung vom 6.9.1994 nicht fristgerecht eingebracht worden sei. (Dieser Bescheid wurde beim Verfassungsgerichtshof zu B2379/94 bekämpft.) Nunmehr war dem BF klar, daß er eine rechtliche Beratung benötigen würde und womöglich durch Verfassungsgerichtshofbeschwerde den nunmehr an ihn ergangenen Bescheid mit Hilfe eines Rechtsanwaltes würde bekämpfen müssen. Er wandte sich daher am 12.10.1994 an Herrn G R von der Sozialistischen Jugend Steiermark, von welchem er wußte, daß dieser sich mit Problemen von Zivildienstwilligen beschäftigte. Dieser wurde vorerst gleichfalls lediglich mit dem zweiten Bescheid vom 29.9.1994 konfrontiert und riet dem BF, sich an die Kanzlei des nunmehrigen Rechtsvertreters des BF zu wenden, von welchem er wußte, daß dieser sich mit der Rechtslage nach der Zivildienstnovelle intensiv auseinandergesetzt hatte und womöglich auch dem BF mit seinen Problemen rechtsfreundlich zur Seite stehen könne. Es wurde noch am gleichen Tag in die Kanzlei des Rechtsvertreters des BF der Bescheid vom 29.9.1994 gefaxt und um Rückruf ab dem 17.10.1994 gebeten.
Der mit Zivildienstfragen in der Kanzlei betrauten Konzipientin, Frau Mag. N L, gelang es erst am 18.10.1994, mit Herrn R bezüglich des gefaxten Bescheides Kontakt aufzunehmen und sie bat diesen, mit dem BF eine genauere Sachverhaltsdarstellung aufzunehmen, da dies selbstverständlich zur Verfassung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof notwendig sei. Da sich die Konzipientin des Rechtsvertreters anläßlich dieses Telefonates selbstverständlich auch über das Hinterlegungs- bzw. Zustelldatum dieses Bescheides informierte, um die dementsprechende Frist ins Fristenbuch der Kanzlei eintragen zu können, wurde gleichzeitig ermittelt, daß die Beschwerde gegen den zweiten Bescheid, vom ersten wußte Frau Mag. L zum Zeitpunkt des Telefonates nichts, bis zum 15.11.1994 zu verfassen wäre. Am 27.10.1994 wurde der Rechtsanwaltskanzlei des nunmehrigen Rechtsvertreters des BF eine Sachverhaltsdarstellung des BF gefaxt. Erst mit dieser Sachverhaltsdarstellung wurde der Konzipientin von Dr. T P klar, daß der BF offensichtlich noch einen weiteren Bescheid erhalten hatte. In der Folge gelang es ihr aber, auch wegen des Feiertages am 1.11.1994, erst am 2.11.1994 nochmals Kontakt mit Herrn G R aufzunehmen, welcher ja mit dem Sachverhalt in Bezug auf den BF vertraut war. Bei diesem Telefonat am 2.11.1994 zwischen der Konzipientin Mag. L und dem BF helfend zur Seite stehenden Vertreter der Sozialistischen Jugend Steiermark wurde der Rechtsirrtum des BF bezüglich des ersten negativen, nunmehr bekämpften Bescheides insofern aufgeklärt, als sich bestätigte, daß der BF tatsächlich am 6.9.1994 den hier behandelten Bescheid vom 2.9.1994 erhalten hatte und daß auch gegen diesen Bescheid bereits eine Beschwerde bei einem der beiden öffentlichen Gerichtshöfe eingebracht hätte werden müssen.
Nach dem oben geschilderten Sachverhalt und der Komplexität des Zivildienstgesetzes nach seiner Novelle 1994 war es für den BF ein von seinen subjektiven Fähigkeiten unvorhersehbares Ereignis, daß er sowohl gegen den ersten als auch gegen den zweiten Bescheid eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu richten gehabt hätte. Zumal der BF bei dem ersten nunmehr bekämpften Bescheid davon ausgegangen war, daß es sich quasi um einen Verbesserungsauftrag der Behörde handeln würde, welchem er ja umgehend am gleichen Tag noch nachgekommen war. Es ist dem BF jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen, daß er davon ausgegangen war, daß die Erhebung einer Beschwerde gegen den zweiten Bescheid des Bundesministers für Inneres ausreichend wäre, um sein Grundrecht auf Zivildienst aus Gewissensgründen zu wahren."
2. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 Abs1 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg.9817/1983, 11706/1988).
3. Unkenntnis der Rechtslage stellt grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund dar; nur ganz besondere Umstände rechtfertigen eine Ausnahme von diesem Grundsatz (vgl. VfGH vom heutigen Tag, B2559/94 u.a. Zlen., sowie die dort zitierte weitere Judikatur).
Solche besonderen Umstände liegen hier vor:
Nach den im Wiedereinsetzungsantrag glaubwürdig geschilderten und unwidersprochen gebliebenen Angaben wurde dieser Antrag innerhalb der im §148 Abs2 ZPO i.V.m. §35 VerfGG vorgesehenen vierzehntägigen Frist gestellt (Wegfall des Hindernisses - nämlich erstmalige Kenntnisnahme des vollständigen maßgebenden Sachverhalts durch einen Rechtsanwalt - am 2. November 1994; Postaufgabe des Wiedereinsetzungsantrages am 15. November 1994).
Für einen juristischen Laien (wie den Einschreiter) war es im Hinblick auf die äußerst unklare Rechtslage, die nicht einmal alle mit der einschlägigen Materie befaßten Behörden durchblickten, nicht erkennbar, wie und wann er eine ordnungsgemäße Zivildiensterklärung abzugeben habe.
Er hat die ihm zumutbaren Bemühungen unternommen, um über die Rechtslage Klarheit zu erhalten.
Dem Einschreiter kann daher nicht vorgeworfen werden, daß ihn ein leichte Fährlässigkeit übersteigender Verschuldensgrad trifft.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unter diesen besonderen Umständen zu bewilligen.
B. Zur Beschwerde
1. Der vorliegende Fall ist nach dem Zivildienstgesetz 1986 - ZDG, BGBl. 679, idF der Novelle BGBl. 187/1994, (im folgenden: ZDG nF), zu beurteilen.
Die hier maßgebenden Bestimmungen dieses Gesetzes lauten:
"§2. (Verfassungsbestimmung) (1) Der Wehrpflichtige im Sinne des Wehrgesetzes 1990 - WG, BGBl. Nr. 305, der erstmals tauglich zum Wehrdienst befunden wurde, kann innerhalb eines Monates nach Abschluß des Stellungsverfahrens erklären (Zivildiensterklärung),
1. die Wehrpflicht nicht erfüllen zu können, weil er es - von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen - aus Gewissensgründen ablehnt, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in Gewissensnot geraten würde,
2. deshalb Zivildienst leisten zu wollen und
3. keinem Wachkörper (Art78 d B-VG) anzugehören.
Die Zivildiensterklärung darf nicht an Vorbehalte und Bedingungen gebunden werden; ihr sind Angaben zum Lebenslauf (Schul- und Berufsausbildung sowie beruflicher Werdegang) anzuschließen. Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, kann ausgeschlossen sein. Die näheren Bestimmungen trifft dieses Bundesgesetz.
(2) Mit Einbringung einer Zivildiensterklärung gemäß Abs1 wird der Wehrpflichtige von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig. Er hat nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Zivildienst zu leisten.
(3) ..."
"§5. (1) - (3) ...
(4) Der Bundesminister für Inneres hat ohne unnötigen Aufschub mit Bescheid festzustellen, ob Zivildienstpflicht eingetreten ist. Für Formgebrechen der Erklärung oder fehlende Angaben zum Lebenslauf gilt §13 Abs3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51. Der Feststellungsbescheid ist innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung unter Angabe des Rechtskraftdatums dem Militärkommando (Abs2) zur Kenntnis zu bringen.
(5) ..."
"§5 a. (1) - (2) ...
(3) Eine Zivildiensterklärung ist mangelhaft, wenn
1.
der Wehrpflichtige für den Wehrdienst nicht tauglich ist (§2 Abs1), oder
2.
die Frist für die Abgabe der Zivildiensterklärung (§2 Abs1) abgelaufen ist, oder
3.
die Zivildiensterklärung unter Vorbehalten oder Bedingungen abgegeben wird (§2 Abs1),
4.
die Zivildiensterklärung unvollständig ist (§2 Abs1 Z1 bis 3), oder
5.
ein Ausschlußgrund nach Abs1 vorliegt.
(4) Weist eine Zivildiensterklärung Mängel auf, ist mit Bescheid festzustellen (§5 Abs4), daß Zivildienstpflicht nicht eingetreten ist."
2. Das durch §2 Abs1 iVm Abs2 ZDG idF der Novelle 1994 (wie schon zuvor durch §2 Abs1 idF der Novelle BGBl. 675/1991) verfassungsgesetzlich verbürgte Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung hat zunächst zum Inhalt, daß die in dieser Norm umschriebenen materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der Zivildienstpflicht und die damit verbundene Ausnahme von der Wehrpflicht von der Behörde richtig beurteilt werden; das genannte Recht wird aber auch dann verletzt, wenn grobe Verfahrensfehler dazu führen, daß eine nach §2 Abs1 ZDG abgegebene Erklärung von der Behörde als nicht rechtswirksam qualifiziert wird (vgl. VfSlg. 13496/1993 und VfGH 4.3.1994 B1115/93, S 8).
3.a) Die Behörde war offenkundig der Ansicht, bei dem im angefochtenen Bescheid (s.o. I.1.b) angeführten Mangel der vom Beschwerdeführer abgegebenen Zivildiensterklärung könne es sich nicht um ein behebbares Formgebrechen i.S. des §13 Abs3 AVG handeln, sondern es läge eine Fehlerhaftigkeit der Eingabe in materieller Hinsicht vor. Sie unterließ es daher, dem Beschwerdeführer einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen.
b) Diese Ansicht ist - wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 5. Oktober 1994, B1676/94, dargelegt hat - unzutreffend:
Gemäß §13 Abs3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß §5 Abs4 ZDG nF gilt §13 Abs3 AVG u.a. für "Formgebrechen der Erklärung". Was unter (behebbaren) Formgebrechen zu verstehen ist, besagt §13 Abs3 AVG nicht, sondern kann nur der jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden (vgl. Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Bd., Wien 1987, E 18 zu §13 AVG).
Das ZDG nF regelt nun zwar nicht ausdrücklich, wie Män-gel nach §5a Abs3 Z4 (i.V.m. §2 Abs1 Z1 bis 3) ZDG nF in der hier maßgebenden Hinsicht zu beurteilen sind. Im Hinblick darauf, daß auch das Fehlen von Angaben zum Lebenslauf (§2 Abs1 drittletzter Satz ZDG nF) der expliziten Anordnung des §5 Abs4 ZDG nF zufolge als behebbares Formgebrechen gilt, ist jedoch davon auszugehen, daß das Gesetz auch damit vergleichbare Fehler nach §5a Abs3 Z4 (i.V.m. §2 Abs1 Z1 bis 3) leg. cit. als solche behebbare Formgebrechen behandelt wissen will.
Eine andere Auslegung des Gesetzes würde zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führen: Einerseits wäre es sachlich nicht begründbar, im Fall des Fehlens von Angaben zum Lebenslauf §13 Abs3 AVG anzuwenden, bei Vorliegen anderer (vergleichbarer) Mängel hingegen nicht; zum anderen wäre es unverhältnismäßig, an die Unvollständigkeit der Zivildiensterklärung die Folge des absoluten Erlöschens des Rechtes auf Ausnahme von der Wehrpflicht zu knüpfen (s. §2 Abs1 ZDG nF, wonach die Zivildiensterklärung nur innerhalb einer - nicht verlängerbaren - Frist von einem Monat nach Abschluß des Stellungsverfahrens abgegeben werden kann).
Das Prinzip der verfassungskonformen Gesetzesauslegung gebietet sohin, die erwähnten Mängel als behebbare Formgebrechen anzusehen.
c) Im Hinblick darauf, daß die Bestimmungen über die Zivildiensterklärung durch die ZDG-Novelle 1994 wesentlich geändert wurden (vgl. insbesondere §5 Abs4 und 5 ZDG aF (sc. Fassung der Novelle BGBl. 675/1991) einerseits und §5 Abs4 und §5a Abs3 ZDG nF andererseits), kann insofern die vor der ZDG-Novelle 1994 ergangene Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Bescheid des BMI über die Feststellung der Rechtswirkungen einer Zivildiensterklärung (z.B. VfSlg. 13496/1993 und VfGH 4.3.1994 B1115/93) nicht mehr herangezogen werden.
d) Ausgehend von der verfehlten Rechtsmeinung, der erwähnte Mangel der vom Beschwerdeführer abgegebenen Zivildiensterklärung sei kein behebbares Formgebrechen iS des §13 Abs3 AVG, gelangte der BMI zum Ergebnis, die vom Beschwerdeführer eingebrachte Zivildiensterklärung habe nicht die Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung bewirkt.
Die Behörde wäre hingegen nach dem zuvor Gesagten verpflichtet gewesen, dem Einschreiter zunächst einen Auftrag zur Behebung des Mangels zu erteilen (vgl. z.B. Ringhofer, aaO, E 32a zu §13 AVG). Dies hat sie aber unterlassen.
e) Damit hat die Behörde den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Ausnahme von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung verletzt.
Der angefochtene Bescheid war deshalb aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG.
In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 3.000 S enthalten.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Wiedereinsetzung, Zivildienst, Verwaltungsverfahren, Eingaben, FormgebrechenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B2378.1994Dokumentnummer
JFT_10049694_94B02378_00