TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/24 95/19/1674

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Veröffentlicht am 24.01.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §4 Abs1;
AufG 1992 §9 Abs3;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der E in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. September 1994, Zl. 101.486/3-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. September 1994 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 4 Abs. 1 und § 9 Abs. 3 dieses Gesetzes (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995; im folgenden: aF) ab.

Mit Beschluß vom 11. Oktober 1995, B 2663/94-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab. Dieser hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, daß die mit Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, festgesetzte Höchstzahl für das Bundesland Wien von

4.300 Bewilligungen nunmehr erreicht sei, sodaß gemäß § 9 Abs. 3 AufG (aF) keine weiteren Bewilligungen mehr erteilt werden dürften. Auch bei eingehender Prüfung des Gesamtvorbringens der Beschwerdeführerin könne ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht abgeleitet werden.

Gemäß § 2 Abs. 1 AufG (aF) hat die Bundesregierung für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen; gemäß § 2 Abs. 2 AufG (aF) sind hiebei die Bewilligungen auf die Länder aufzuteilen. Mit der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, wurde für das Bundesland Wien eine Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen festgelegt. Gemäß § 9 Abs. 3 AufG (aF) dürfen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden, sobald die gemäß § 2 Abs. 1 AufG (aF) festgelegte Anzahl erreicht ist. Nach dem zweiten Satz des § 9 Abs. 3 AufG (aF) ist die Entscheidung über anhängige Anträge gemäß § 3 auf das folgende Jahr zu verschieben; andere anhängige Anträge sind abzuweisen. Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG (aF) steht unter anderem Ehegatten von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, entsprechend den dort näher angeführten Voraussetzungen, ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung zu.

Die belangte Behörde hat den von ihr erstmals gebrauchten Versagungsgrund nicht mit der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren erörtert; die belangte Behörde hat auch das Berufungsvorbringen, aus dem sich ergibt, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin sich in Österreich aufhält, nicht zum Anlaß für weitere Feststellungen genommen. Sie hat auch der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit gegeben, zu den von ihr zugrunde gelegten Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Deshalb unterliegt das Vorbringen der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht dem Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG. Sollte das Beschwerdevorbringen, wonach sich der Ehegatte der Beschwerdeführerin bereits mehr als fünf Jahre (rechtmäßig) in Österreich aufhält, zutreffen, wäre es der belangten Behörde verwehrt, ihre den Antrag abweisende Entscheidung auf § 9 Abs. 3 AufG (aF) zu stützen. Der belangten Behörde ist somit eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anzulasten, bei deren Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dieser Verfahrensmangel ist auch im Hinblick auf die Ermessensentscheidung nach § 4 Abs. 1 AufG, die im übrigen nicht weiter begründet wird, relevant, wäre doch eine Entscheidung nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle unzulässig, wenn der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zustünde.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191674.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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