TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/24 96/19/2024

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Veröffentlicht am 24.01.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §2 Abs1;
AufG 1992 §3;
AufG 1992 §4 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §7 Abs3;
MRK Art8;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. April 1995, Zl. 111.003/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. April 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. In der Begründung geht die belangte Behörde davon aus, daß die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Unbedenklichkeit für die vom Beschwerdeführer abgestrebte Beschäftigung nicht bestätigt habe. Daraus habe sich für die Behörde die gesetzliche Verpflichtung ergeben, den Antrag des Beschwerdeführers abzulehnen. Selbst wenn im gegebenen Fall eine Ermessensentscheidung zulässig wäre, könnte die Behörde zu keinem anderen Ergebnis gelangen, denn der Beschwerdeführer habe keine nennenswerten persönlichen Interessen vorgebracht, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeiführen hätten können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (2. Mai 1995) hatte die belangte Behörde die Rechtslage vor Inkrafttreten der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, anzuwenden.

§ 5 Abs. 2 AufG in seiner Fassung vor Inkrafttreten dieser Novelle lautete:

"(2) Zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darf eine Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Anfrage durch die gemäß § 6 zuständige Behörde festgestellt hat, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung bestehen. Anträge auf Erteilung solcher Bewilligungen sind unverzüglich und ohne Aufschub zu erledigen. Der Antragsteller hat seine der angestrebten Beschäftigung entsprechende Qualifikation glaubhaft zu machen."

Der Beschwerdeführer verweist zunächst zutreffend darauf, daß er sich in seinem Bewilligungsantrag (ON 1 des Verwaltungsaktes) - zulässigerweise (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 96/19/2134, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) - nicht nur auf den Aufenthaltszweck der Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit, sondern auch auf andere Aufenthaltszwecke gestützt hat.

Bei begründeten Bedenken gegen die Aufnahme der vom Beschwerdeführer angestrebten Beschäftigung wäre gemäß § 5 Abs. 2 AufG (in seiner Fassung vor Inkrafttreten der AufG-Novelle 1995) lediglich die Erteilung einer Bewilligung zum Zweck der Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ausgeschlossen. Aus den im hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 96/18/0046, dargelegten Gründen, auf die gleichfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, war die belangte Behörde allerdings nicht, wie sie rechtsirrtümlich annahm, an die diesbezügliche Feststellung der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gebunden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen hat, weil ihre Ausführungen, sie könnte diesfalls zu keinem anderen Ergebnis gelangen, zumal vom Beschwerdeführer keine nennenswerten persönlichen Interessen vorgebracht worden seien, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeiführen hätten können, nicht geeignet wären, eine solche zu tragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1996, Zl. 95/19/0338) ausgesprochen, daß bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz AufG die - in sinngemäßer Anwendung des § 7 Abs. 3 des Fremdengesetzes (FrG) - heranzuziehenden persönlichen Verhältnisse und die dadurch begründeten Interessen des Fremden an der Erteilung einer Bewilligung, soweit diese nicht ohnehin schon aus den Gründen des Art. 8 MRK (oder des § 3 AufG) der Versagung der Bewilligung entgegenstehen, den in § 2 Abs. 1 AufG umschriebenen besonderen Verhältnissen im Land des beabsichtigten Aufenhaltes gegenüberzustellen sind. Ergibt diese Abwägung infolge der Geringfügigkeit der für die Erteilung sprechenden persönlichen Interessen des Fremden, daß die sich aus der Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes ergebenden öffentlichen Interessen an einer Verweigerung der Bewilligung, mögen letztere auch der Erteilung einer Bewilligung an Fremde mit intensiveren persönlichen Interessen nicht entgegenstehen, überwiegen, kann eine auf § 4 Abs. 1 AufG gestützte abweisliche Entscheidung ergehen. Diesen Kriterien einer Ermessensentscheidung genügt der vorliegende Bescheid nicht, weil er nicht anführt, von welchen persönlichen Interessen die belangte Behörde ausgeht und auch nicht erkennen läßt, welche öffentlichen Interessen an einer Verweigerung der Bewilligung diesen gegenüberstehen. Aus diesem Grund läge der belangten Behörde ein formeller Ermessensfehler zur Last, der die Überprüfung des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof darauf, ob die Behörde ihr Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat, hindert.

Ein RechtsANSPRUCH auf Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 AufG steht dem Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Volljährigkeit nicht zu. Das Vorliegen einer über die behauptete wirtschaftliche Abhängigkeit von seinen Eltern hinausgehenden mit der Versagung der Bewilligung verbundenen besonderen Härte im Sinne des § 3 Abs. 4 AufG wurde vom Beschwerdeführer im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden nicht dargetan.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid aufgrund der in Ansehung des Versagungsgrundes nach § 5 Abs. 2 AufG vorliegenden - prävalierenden - Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996192024.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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