TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/28 W195 2241960-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.2021
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Entscheidungsdatum

28.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
ECG §23
(eCommerce-Richtlinie 2000/31/EG) Art2
(eCommerce-Richtlinie 2000/31/EG) Art3
KoPl-G §1
KoPl-G §10
KoPl-G §12
KoPl-G §2
KoPl-G §3
KoPl-G §4
KoPl-G §5
KoPl-G §6
KoPl-G §7
KoPl-G §8
KoPl-G §9

Spruch


W195 2241960-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Werner DAJANI, LL.M. und Dr. Thomas HORVATH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte PartG mbB, Seilergasse 16, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria vom 26.03.2021, Zl. XXXX , betreffend die Feststellung der Anwendbarkeit des Kommunikationsplattformen-Gesetzes (KoPl-G), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.07.2021, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach unionsrechtlichen Grundsätzen wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 26.02.2021 stellte die XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) einen an die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria; im Folgenden: belangte Behörde) gerichteten „Antrag auf Feststellung der Ausnahme vom Anwendungsbereich gemäß § 1 Abs 5 Kommunikationsplattformengesetz“; in eventu einen „Antrag auf Feststellung der Ausnahme vom Anwendungsbereich des Kommunikationsplattformen-Gesetz nach allgemeinen Grundsätzen“. Im Wesentlichen begründete die Beschwerdeführerin ihren Antrag damit, dass sie als Diensteanbieterin mit satzungsmäßigem Sitz in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund des Herkunftslandprinzips des Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtlinie; im Folgenden: E-Commerce-RL) nicht dem Anwendungsbereich des Kommunikationsplattformengesetzes (im Folgenden: KoPl-G) unterliegen würde.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26.03.2021, Zl. XXXX , stellte die belangte Behörde gemäß § 1 Abs. 5 KoPl-G fest, dass die Beschwerdeführerin „durch das Anbieten der Kommunikationsplattformen

a.       ‚ XXXX ‘ ( XXXX ) und

b.       ‚ XXXX ‘ ( XXXX )

dem Anwendungsbereich des KoPl-G unterliegt.“

Eingangs hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass die offene Formulierung des § 1 Abs. 5 KoPl-G, wonach beantragt werden könne, ob der betreffende Diensteanbieter unter den Anwendungsbereich des KoPl-G fällt, auch eine Subsumtion des Begehrens auf eine negative Feststellung unter den Wortlaut des § 1 Abs. 5 KoPl-G zulassen würde. Als Zwischenergebnis hielt die belangte Behörde fest, dass „sich der auf die Feststellung gerichtete verfahrensgegenständliche Antrag, dass die [Beschwerdeführerin] nicht dem KoPl-G unterliegt, im Rahmen jener Kognitionsbefugnis bewegt die [ihr als] Aufsichtsbehörde vom Gesetzgeber im Rahmen des § 1 Abs. 5 KoPl-G zuerkannt“ worden sei, weshalb auf den von der Beschwerdeführerin gestellten Eventualantrag nicht näher einzugehen gewesen sei.

Weiters begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des KoPl-G im Wesentlich damit, dass – in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin – davon auszugehen sei, dass die beiden verfahrensgegenständlichen Dienste „ XXXX “ und „ XXXX “ die geforderten Kriterien für eine Kommunikationsplattform iSd § 2 Z 4 KoPl-G erfüllen. Nach Ansicht der belangten Behörde erfüllen diese beiden Dienste mit der unmittelbaren Möglichkeit der Interaktion, die zwischen einem Nutzer und einem in der Regel größeren, unbestimmten Personenkreis stattfindet und die des Ausdrucks in Wort, Schrift, Ton oder Bild bedarf, geradezu prototypisch diese gesetzlich normierten Qualifikationsmerkmale. Unbestritten sei schließlich auch, dass die Beschwerdeführerin als überwiegend werbefinanziertes Unternehmen ihre Dienste mit Gewinnerzielungsabsicht erbringen würde.

Bei den beiden Diensten der Beschwerdeführerin handle es sich somit jeweils um Kommunikationsplattformen im Sinne von § 2 Z 4 KoPl-G, wobei beide Plattformen jeweils sowohl mehr als 100.000 Nutzer als auch mehr als EUR 500.000 Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr hätten, weshalb damit auch die in § 1 Abs. 2 KoPl-G genannten Schwellenwerte überschritten werden.

Dem Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin als Diensteanbieterin mit satzungsmäßigem Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat insbesondere aufgrund des Herkunftslandprinzips des Art. 3 E-Commerce-RL in europarechtskonformer Interpretation nicht dem Anwendungsbereich des KoPl-G unterliegen könne, folgt die belangte Behörde – mit Verweis auf den besonderen Teil der ErläutRV 463 BlgNR 27. GP – ausdrücklich nicht.

Zwar übe die Beschwerdeführerin ihre Geschäftstätigkeit in Europa im Sinne der Definition des Art. 2 lit. c der E-Commerce-RL in XXXX aus und gelte damit für die Zwecke des Art. 3 E-Commerce-RL als dort niedergelassen, sodass die Rechtshoheit über die Regelungen im koordinierten Bereich iSd Richtlinie grundsätzlich XXXX zukommen würde. Dies sei jedoch für die Frage der Anwendbarkeit des KoPl-G auf die Beschwerdeführerin nicht von Bedeutung, da von einer (zulässigen) Derogation im Sinne des Art. 3 Abs. 4 bzw. 5 E-Commerce-RL auszugehen sei. Begründend wird seitens der belangten Behörde ausgeführt, dass sich die Republik Österreich in ihrer Notifizierung an die Kommission auf die Derogationsklausel des Art. 3 Abs. 4 lit. a (i) erster Spiegelstrich der E-Commerce-RL berufen habe. Dieser nehme mit dem „Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Hetze“ insbesondere auf jene Maßnahmen, die den Regelungsgegenstand des KoPl-G darstellen, Bezug.

Es sei weiters darauf zu verweisen, dass es die E-Commerce-RL den Mitgliedstaaten, in denen der Diensteanbieter nicht niedergelassen ist, nicht schlechthin verbietet, im koordinierten Bereich mitgliedstaatliche Anforderungen vorzuschreiben, etwa Verfahren für die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr festzulegen (Art. 14 Abs. 3 leg. cit.), sowie Sorgfaltspflichten aufzutragen, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (ErwGr. 48), solange das durch die Richtlinie eingeräumte Haftungsprivileg der Diensteanbieter nicht berührt werde. Im Sinne der gebotenen Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei darauf zu verweisen, dass durch das KoPl-G gewisse Sorgfaltspflichten spezifiziert werden, und dies auch nur im Hinblick auf jene Kommunikationsplattformen, die über eine große Nutzerschaft in Österreich verfügen. Sanktionen würden sich nicht auf einzelne Beschwerden beziehen, sondern würden nur für den Fall eines gesamthaften, systematischen Versagens angeordnet. Dem Einwand der Beschwerdeführerin in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag, wonach es sich gegenständlich nicht um eine Maßnahme im Hinblick auf einen bestimmten Dienst im Sinne des Art. 3 Abs. 4 E-Commerce-RL, sondern um eine generell-abstrakte Norm handeln würde, könne entgegengehalten werden, dass tatsächlich einem „bestimmten Dienst“, im vorliegenden Fall insbesondere jenen der Beschwerdeführerin, eine konkrete Verpflichtung, nämlich die objektive Verhinderung gewisser Straftaten auferlegt werde. Dies ergebe sich insbesondere auch aus dem allgemeinen Teil der Erläuterungen zum KoPl-G (ErläutRV 463 BlgNR 27 GP.), wo ausgeführt werde, dass unter anderem auf dem von der Beschwerdeführerin angebotenen Dienst „ XXXX “ rund 51 % des online stattfindenden Rassismus, der dem Verein ZARA gemeldet wurde, von dessen Nutzern stamme.

Zwar traten seitens der Kommission – wie auch von der Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt – tatsächlich Zweifel am österreichischen Gesetzgebungsvorschlag auf. Die Kommission habe jedoch ausdrücklich anerkannt, „dass die Regelungsziele des KoPl-G ‚es grundsätzlich rechtfertigen können, vom Grundsatz der Herkunftslandkontrolle abzuweichen und die Freiheit zur Erbringung grenzüberschreitender Dienste der Informationsgesellschaft einzuschränken.“ Beklagt worden seien jedoch Begründungsmängel.

Zusammenfassend gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass „für den verfahrensgegenständlichen Feststellungsantrag, hinsichtlich des Gesetzeswortlauts ‚ausländische Diensteanbieter‘ zwischen EU-ausländischen und zwar in der EU, nicht aber in Österreich niedergelassenen Anbietern, zu differenzieren und letztere aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes als ausgenommen zu beurteilen, angesichts des insofern klaren Gesetzeswortlauts kein Spielraum“ verbleiben würde.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23.04.2021 rechtzeitig Beschwerde. In ihrer Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor, dass der angefochtene Bescheid in mehrfacher Weise wegen Widerspruchs zu den Bestimmungen der E-Commerce-RL rechtswidrig sei.

Konkret wird vorgebracht, dass mit dem KoPl-G in Widerspruch zu den materiellen Bedingungen für ein Abweichen vom Herkunftslandprinzip der E-Commerce-RL nicht gerechtfertigte und damit rechtswidrige Einschränkungen festgelegt worden seien, die entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben

?        eine generell-abstrakte Regulierung von Diensten vorsehen würden,

?        sich daher nicht gegen einen individuell-konkreten Adressaten richten würden und daher keine „Maßnahmen“ seien, und

?        unverhältnismäßige Verpflichtungen auferlegen würden.

Diese rechtswidrigen Einschränkungen seien zudem unter Verletzung der unabdingbaren verfahrensrechtlichen Bedingungen für ein Abweichen vorgenommen worden, indem

?         XXXX , als Sitzstaat u.a. der Beschwerdeführerin, unbestritten nicht, wie vorgesehen, vorher aufgefordert worden sei, Maßnahmen zu ergreifen und folglich auch tatsächlich keine solchen Maßnahmen ergreifen habe können,

?        weder die Kommission noch XXXX vom KoPl-G entsprechend den Vorgaben der E-Commerce-RL vorweg unterrichtet worden sei und

?        eine Notifizierung nach der Notifizierungs-Richtlinie diese spezifisch erforderliche Unterrichtung nach der E-Commerce-RL nicht ersetzen könne (weder bezüglich der Kommission noch für XXXX ).

Die Missachtung dieser verfahrensrechtlichen Bedingungen könne keinesfalls unter Verweis auf das Vorliegen eines dringlichen Falles gerechtfertigt werden, weil

?        kein dringlicher Fall gegeben gewesen sei,

?        weder der Kommission noch XXXX eine Mitteilung über die Gründe für das Vorliegen eines dringlichen Falles erstattet worden sei und

?        es jedenfalls an einem (auch bei fälschlicherweise angenommener Dringlichkeit notwendigen) Nachholen der Verfahrensschritte fehlen würde.

Mangels einer tragfähigen Begründung des Bescheides zu all diesen Punkten, insbesondere zur Frage der Dringlichkeit, sei auch ein wesentlicher Verfahrensmangel gegeben, weshalb der angefochtene Bescheid infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei. Hätte sich die belangte Behörde eingehend und substantiiert mit dem erstatteten Vorbringen und insbesondere auch mit den Voraussetzungen einer Dringlichkeit auseinandergesetzt, hätte sie nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu einem anderen Ergebnis kommen müssen, nämlich, dass das KoPl-G auf die von der Beschwerdeführerin angebotenen Dienste unionsrechtlich keine Anwendung finden könne.

Weiters wird in der Beschwerde ausgeführt, dass die aufgezeigten Verletzungen der E-Commerce-RL „im Ergebnis jedenfalls zu einer unionsrechtlich bedingten, zwingend gebotenen Unanwendbarkeit des KoPl-G auf die Beschwerdeführerin“ führen würden.

Schließlich stellte die Beschwerdeführerin die

„Anträge,

das zuständige Verwaltungsgericht möge,

1. eine einstweilige Anordnung erlassen, wonach die Beschwerdeführerin als Anbieterin der Kommunikationsplattformen XXXX und XXXX vorläufig und bis zur Entscheidung über die Beschwerde vom Anwendungsbereich des KoPl-G ausgenommen ist bzw. jene als Einschränkungen des Herkunftslandprinzips zu wertenden Verpflichtungen des KoPl-G, insbesondere § 3 (Melde- und Überprüfungsverfahren), § 4 (Berichtspflichten), § 5 (Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten etc.) und § 8 Abs. 3 u 4 (Finanzierungsbeiträge), nicht umzusetzen hat (in eventu wird eine Maßnahme vergleichbarer Art und Wirkung beantragt);

2. eine mündliche Verhandlung durchzuführen, und

3. in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahin abändern, dass festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin als Anbieterin der Kommunikationsplattformen XXXX und XXXX nicht dem Anwendungsbereich des KoPl-G unterliegt.“

4. Mit Schriftsatz vom 28.04.2021, Zl. XXXX , legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Neben dem Hinweis, wonach die Beschwerdeführerin einen Antrag auf „Erlassung einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Ausnahme aus dem Anwendungsbereich des Kommunikationsplattformen-Gesetz, BGBl. I Nr. 151/2020 (KoPl-G), in eventu einer Maßnahme gleicher Wirkung“ gestellt habe, wird seitens der belangten Behörde schließlich noch festgehalten, dass ihrerseits auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet wird.

5. Am 07.07.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung durch, an welcher neben Vertretern der gewillkürten Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin auch Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung bekräftigten die Parteien – im Wesentlichen – ihre im angefochtenen Bescheid bzw. der gegen diesen Beschied gerichteten Beschwerde vertretenen Rechtsansichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt, wobei präzisierend und konkretisierend – in Übereinstimmung mit der belangten Behörde – folgende (ergänzenden und entscheidungswesentlichen) Feststellungen getroffen werden:

Die XXXX ist eine zur Registriernummer XXXX beim „ XXXX “ in XXXX , XXXX , eingetragene Gesellschaft mit Sitz in XXXX .

Die Gesellschaft ist eine Tochter XXXX , ein zur Registriernummer XXXX in XXXX , XXXX , registriertes Unternehmen mit Sitz in XXXX .

Die XXXX bietet unter anderem folgende Dienste in Österreich an:

1. XXXX

XXXX bietet eine Vielzahl von Kommunikationsmöglichkeiten, darunter die Möglichkeit, private Profile, Unternehmensseiten sowie Gruppenseiten zu erstellen. Dem registrierten Nutzer ist es möglich, sich mit anderen Nutzern sowie Gruppen zu vernetzen und Kommentare zu posten. Einzig die Möglichkeit, sich direkt mit Freunden zu verbinden, ist auf 5.000 Freunde beschränkt, ansonsten ist eine unbeschränkte Zahl von Abonnenten möglich. Dem nicht-registrierten Nutzer ist es möglich, Unternehmensseiten und Gruppenseiten, soweit deren Zugang vom Administrator der Seite nicht beschränkt wurde, zu besuchen und sich u.a. mittels Wort, Schrift, Ton oder Bild mitzuteilen.

Die Finanzierung des Dienstes erfolgt im Wesentlichen über kommerzielle Kommunikation, wobei der Nutzer durch Annahme der AGB unter anderem in die Bedingung einwilligt, dass ihm von Unternehmen und Organisationen bezahlte Werbung angezeigt werden kann. Zur Individualisierung der Werbung werden persönliche Daten (u.a. Aktivitäten und Interessen) genutzt, wobei die Anonymität des Nutzers gegenüber den werbenden Unternehmen gewahrt wird, es sei denn, es wird eine ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung persönlicher Daten erteilt. Unternehmen erhalten Performance-Berichte über allgemeine geografische und Interessen von Nutzern.

Die Zahl der registrierten, zugangsberechtigten Nutzer von XXXX in Österreich hat 2020 100.000 Personen überschritten. Der mit dem Betrieb in Österreich erzielte Umsatz hat 2020 EUR 500.000,- überschritten.

2. XXXX

XXXX ist ein Dienst zum Teilen von Bildern und Videos, die auch von Text begleitet werden können. Es bestehen eine Vielzahl von Kommunikationsmöglichkeiten, darunter unter anderem die Möglichkeit, private Profile und Unternehmensseiten zu erstellen. Dem registrierten Nutzer ist es möglich, sich mit anderen Nutzern zu vernetzen und Kommentare zu posten. Dem nicht-registrierten Nutzer ist es möglich, öffentliche Nutzerprofile über einen Web-Browser zu besuchen. Eine unbeschränkte Zahl von Abonnenten ist zulässig.

Die Finanzierung des Dienstes erfolgt im Wesentlichen über kommerzielle Kommunikation, wobei der Nutzer bei der Annahme der AGB unter anderem in die Bedingung einwilligt, dass ihm bezahlte Werbung angezeigt werden kann, für deren Bewerbung innerhalb und außerhalb der Produkte der XXXX -Unternehmen von Unternehmen und Organisationen bezahlt wird. Zur Individualisierung der Werbung werden persönliche Daten (u.a. Aktivitäten und Interessen) genutzt, wobei die Anonymität des Nutzers gegenüber den werbenden Unternehmen gewahrt wird, es sei denn, es wird eine ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung persönlicher Daten erteilt. Unternehmen erhalten Performance-Berichte über ihre Zielgruppen, wie etwa die Interessen von Nutzern.

Die Zahl der registrierten, zugangsberechtigten Nutzer von XXXX in Österreich hat 2020 100.000 Personen überschritten. Der mit dem Betrieb in Österreich erzielte Umsatz hat 2020 EUR 500.000,- überschritten.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte und (soweit) entscheidungsrelevante Sachverhalt stützt sich insbesondere auf die Feststellungen der belangten Behörde sowie auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Von der Beschwerdeführerin wurde in ihrer Beschwerde der durch die belangte Behörde festgestellte Sachverhalt nicht bestritten, weshalb die im Verwaltungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen auch im nunmehrigen Beschwerdeverfahren unbedenklich herangezogen werden können.

Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen betreffend die Inhalte der seitens der Beschwerdeführerin angebotenen Plattformen „ XXXX “ und „ XXXX “ sowie das jeweilige Überschreiten der im Gesetz genannten Schwellenwerte im Hinblick auf die Anzahl an Nutzer und des in Österreich erzielten Umsatzes (vgl. § 1 Abs. 2 Z 1 und Z 2 KoPl-G) stehen im Wesentlichen auch im Einklang mit den seitens der Beschwerdeführerin in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag vom 26.02.2021 selbst gemachten Ausführungen. Darin führt sie insbesondere Folgendes aus: „Die Antragstellerin [nunmehr Beschwerdeführerin] ist ferner als Diensteanbieter (§ 2 Z 3 KoPl-G) tätig und stellt in dieser Funktion in Österreich mit den sozialen Netzwerken XXXX und XXXX zwei Kommunikationsplattformen (§ 2 Z 4 KoPl-G) zur Verfügung, die die Definition des § 1 Z 2 KoPl-G zu erfüllen scheinen. Während nicht bestritten wird, dass die Antragstellerin [nunmehr Beschwerdeführerin] die in § 1 Abs 2 KoPl-G definierten Schwellenwerte mit den Diensten XXXX und XXXX überschreitet, erscheint zugleich eine Anwendung des KoPl-G [auf die Beschwerdeführerin], die ihren Sitz nicht in Österreich, sondern in XXXX hat, aufgrund des in der E-Commerce-Rl zwingend festgelegten Herkunftslandprinzips nach § 1 Abs 2 KoPl-G ausgeschlossen.“

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1.    Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Allgemeines:

Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht des Bundes erkennt gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG, soweit sich aus Abs. 3 nichts anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 36 KommAustria-Gesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist, durch Senat. Aus diesem Grund liegt gegenständlich eine Senatszuständigkeit vor.

Die Zuweisung der gegenständlichen Rechtssache an die Gerichtsabteilung W195 im Rahmen der Zuweisungsgruppe SUB erfolgte gemäß der im Zuweisungszeitpunkt in Kraft stehenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung hat die Entscheidung gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zu ergehen.

3.2.    Zu den im Beschwerdefall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen:

3.2.1 Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des KoPl-G, BGBl. I Nr. 151/2020, lauten auszugsweise:

„1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen und Definitionen

Gegenstand und Anwendungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz dient der Förderung des verantwortungsvollen und transparenten Umgangs mit Meldungen der Nutzer über nachfolgend genannte Inhalte auf Kommunikationsplattformen und der unverzüglichen Behandlung solcher Meldungen.

(2) In- und ausländische Diensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Kommunikationsplattformen (§ 2 Z 4) anbieten, unterliegen diesem Bundesgesetz, außer

1. die Anzahl der mittels Registrierung für die Kommunikationsplattform zugangsberechtigten Nutzer in Österreich im vorangegangenen Kalenderjahr hat im Durchschnitt 100 000 Personen unterschritten und

2. der mit dem Betrieb der Kommunikationsplattform im vorangegangenen Kalenderjahr in Österreich erzielte Umsatz beträgt weniger als 500 000 Euro.

(3) Diensteanbieter von Kommunikationsplattformen,

1. die nur der Vermittlung oder dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen sowie der Vermittlung von Immobilien oder Stellenanzeigen dienen,

2. deren Hauptzweck in der Bereitstellung nicht gewinnorientierter

a) Online-Enzyklopädien oder

b) Bildungs- und Lernplattformen zur Wissensvermittlung liegt, oder

3. die von Medienunternehmen (§ 1 Abs. 1 Z 6 des Mediengesetzes – MedienG, BGBl. Nr. 314/1981) in unmittelbaren Zusammenhang mit ihren journalistisch gestalteten Inhaltsangeboten angeboten werden,

sind jedenfalls von den Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz ausgenommen.

(4) Diensteanbieter von Video-Sharing-Plattformen (§ 2 Z 12) sind in Hinblick auf die dort bereitgestellten Sendungen (§ 2 Z 9) und nutzergenerierten Videos (§ 2 Z 7) von den Verpflichtungen dieses Bundesgesetzes ausgenommen.

(5) Auf Verlangen eines Diensteanbieters hat die Aufsichtsbehörde festzustellen, ob dieser unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt.

[...]

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet

[...]

2. Dienst der Informationsgesellschaft: ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst (§ 1 Abs. 1 Z 2 des Notifikationsgesetzes 1999 – NotifG 1999, BGBl. I Nr. 183/1999), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern (§ 3 Z 1 des E-Commerce-Gesetzes – ECG, BGBl I Nr. 152/2001);

3. Diensteanbieter: die natürliche oder juristische Person, die eine Kommunikationsplattform anbietet;

4. Kommunikationsplattform: ein Dienst der Informationsgesellschaft, bei dem der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, im Wege der Massenverbreitung den Austausch von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild zwischen Nutzern und einem größeren Personenkreis anderer Nutzer zu ermöglichen;

[…]

8. rechtswidrige Inhalte: Inhalte, die einen der folgenden Tatbestände objektiv verwirklichen und nicht gerechtfertigt sind: Nötigung (§ 105 StGB, BGBl. Nr. 60/1974), Gefährliche Drohung (§ 107 StGB), Beharrliche Verfolgung (§ 107a StGB), Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation (§ 107c StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB), Beleidigung (§ 115 StGB), Unbefugte Bildaufnahmen (§ 120a StGB), Erpressung (§ 144 StGB), Herabwürdigung religiöser Lehren (§ 188 StGB), Pornographische Darstellungen Minderjähriger (§ 207a StGB), Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a StGB), Terroristische Vereinigung (§ 278b StGB), Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278f StGB), Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB), Verhetzung (§ 283 StGB), § 3d, § 3g oder § 3h des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945;

[...]

2. Abschnitt

Anforderungen an Kommunikationsplattformen

Melde- und Überprüfungsverfahren

§ 3. (1) Diensteanbieter müssen ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit und die Erledigung von Meldungen über auf der Kommunikationsplattform verfügbare, behauptetermaßen rechtswidrige Inhalte einrichten.

(2) Ein derartiges Verfahren muss jedenfalls so ausgestaltet sein, dass Nutzer mittels leicht auffindbarer, ständig verfügbarer und einfach handhabbarer Funktionalitäten auf der Kommunikationsplattform

1. Inhalte mitsamt den für eine Beurteilung erforderlichen Angaben dem Diensteanbieter melden können,

2. eine Erklärung erhalten, wie mit ihrer Meldung verfahren wird und was das Ergebnis des betreffenden Verfahrens war, und

3. unverzüglich über die wesentlichen Entscheidungsgründe zur Erledigung der betreffenden Meldung einschließlich des allfälligen Zeitpunkts einer Entfernung oder Sperre in Kenntnis gesetzt werden und über die Möglichkeit eines Antrags zur Durchführung eines Überprüfungsverfahrens (Abs. 4) sowie der Teilnahme an einem Beschwerdeverfahren (§ 7) informiert werden, wobei diese Informationen auch jener Nutzer, für den der betreffende Inhalt auf der Kommunikationsplattform gespeichert wurde, erhalten muss.

(3) Zusätzlich haben Diensteanbieter durch die Ausgestaltung der inneren Organisation des Meldeverfahrens

1. dafür zu sorgen, dass gemeldete Inhalte,

a) soweit deren Rechtswidrigkeit bereits für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Meldung, entweder entfernt werden oder der Zugang dazu gesperrt wird;

b) soweit sich deren Rechtswidrigkeit erst nach einer detaillierten Prüfung herausstellt, unverzüglich nach Abschluss dieser Prüfung, spätestens aber binnen sieben Tagen gerechnet ab dem Eingang der Meldung entfernt werden oder der Zugang dazu gesperrt wird;

2. im Falle einer Sperrung oder Löschung den davon betroffenen Inhalt, den Zeitpunkt seiner Erstellung sowie die zur Identifikation des Nutzers, für den der betreffende Inhalt auf der Kommunikationsplattform gespeichert wurde, erforderlichen und bereits beim Diensteanbieter vorhandenen Daten zu Beweiszwecken, einschließlich zu Zwecken der Strafverfolgung, zu sichern und für die Dauer von längstens zehn Wochen zu speichern; diese Frist darf im Falle eines ausdrücklichen Ersuchens einer Strafverfolgungsbehörde im Einzelfall überschritten werden, wenn anderenfalls die Beweissicherung vereitelt wäre; die Daten sind zu löschen, wenn der der Verarbeitung zugrunde liegende Zweck nicht länger besteht.

(4) Diensteanbieter müssen darüber hinaus dafür sorgen, dass ein wirksames und transparentes Verfahren zur Überprüfung ihrer Entscheidung über die Sperrung oder Löschung eines gemeldeten Inhalts (Abs. 3 Z 1) eingerichtet ist. Eine Überprüfung hat stattzufinden, wenn

1. im Falle der Unterlassung der Sperrung oder Löschung eines Inhalts jener Nutzer, der die Meldung erstattet hat, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Entscheidung einen auf Überprüfung dieser Entscheidung gerichteten Antrag (Abs. 3 Z 2) stellt;

2. im Falle einer Sperrung oder Löschung eines Inhalts der Nutzer, für den der Inhalt auf der Kommunikationsplattform gespeichert wurde, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Entscheidung einen auf Überprüfung dieser Entscheidung gerichteten Antrag (Abs. 3 Z 2) stellt.

Die in Z 1 und 2 genannten Nutzer sind über das Ergebnis der Überprüfung unverzüglich vom Diensteanbieter zu informieren. Das Überprüfungsverfahren ist innerhalb von zwei Wochen ab Antragstellung abzuschließen.

(5) Personenbezogene Daten über die die Meldung erstattende Person dürfen ausschließlich gegenüber dieser Person beauskunftet werden.

(6) Der Diensteanbieter ist nicht zur Durchführung eines Melde- oder Überprüfungsverfahrens verpflichtet, wenn er insbesondere auf Grund der Art oder der Häufigkeit der eingelangten Meldungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass die Meldungen entweder automatisiert oder sonst auf missbräuchliche Art veranlasst wurden.

(7) Die Aufsichtsbehörde kann durch Verordnung nähere Bestimmungen zur Ausgestaltung des Meldevorgangs, insbesondere betreffend Mindeststandards für die dabei verwendeten Meldeformulare, erlassen.

Berichtspflicht

§ 4. (1) Diensteanbieter sind verpflichtet, jährlich, im Fall von Kommunikationsplattformen mit über einer Million registrierten Nutzern halbjährlich, einen Bericht über den Umgang mit Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte zu erstellen. Der Bericht ist der Aufsichtsbehörde spätestens einen Monat nach Ende des im Bericht erfassten Zeitraumes zu übermitteln und gleichzeitig auf der eigenen Website ständig und leicht auffindbar bereitzustellen.

(2) Der Bericht hat jedenfalls folgende Punkte zu beinhalten:

1. Allgemeine Ausführungen, welche Anstrengungen ein Diensteanbieter unternimmt, um rechtswidrige Inhalte auf der Plattform hintanzuhalten;

2. Darstellungen über die Ausgestaltung und die Benutzerfreundlichkeit des Meldeverfahrens (§ 3 Abs. 1 bis 3) sowie über die Entscheidungskriterien für die Löschung oder Sperrung von rechtswidrigen Inhalten einschließlich der dabei vorgenommenen Prüfungsschritte, ob ein rechtswidriger Inhalt vorliegt oder ob gegen vertragliche Regelungen zwischen Diensteanbieter und Nutzer verstoßen wurde;

3. Darstellungen über die Anzahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte;

4. Übersicht über die Anzahl der Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte, die im Berichtszeitraum zur Löschung oder Sperrung des beanstandeten Inhalts geführt haben, einschließlich der Information, welcher Schritt der Prüfung (Z 2) zur Löschung oder Sperrung geführt hat sowie eine zusammenfassende Beschreibung der Art der Inhalte;

5. Übersicht über Anzahl, Inhalt und Ergebnis der Überprüfungsverfahren (§ 3 Abs. 4);

6. Darstellung über Organisation, personelle und technische Ausstattung, fachliche Kompetenz des für die Bearbeitung von Meldungen sowie für die Überprüfungsverfahren zuständigen Personals sowie Ausbildung, Schulung und Betreuung der für die Bearbeitung von Meldungen und Überprüfungen zuständigen Personen;

7. Übersicht über die Zeiträume zwischen Meldungseingang beim Diensteanbieter, Beginn der Überprüfung und Löschung oder Sperrung eines rechtswidrigen Inhalts, aufgeschlüsselt nach den Zeiträumen „innerhalb von 24 Stunden“, „innerhalb von 72 Stunden“, „innerhalb von sieben Tagen“ und „zu einem späteren Zeitpunkt“;

8. Übersicht über Anzahl und Art jener Fälle, in denen der Diensteanbieter von der Durchführung eines Melde- und Überprüfungsverfahrens abgesehen hat (§ 3 Abs. 7).

(3) Die Aufsichtsbehörde hat durch Verordnung nähere Bestimmungen zur Ausgestaltung der Berichte und zum Umfang der Berichtspflicht zu erlassen, um die Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Berichte sicherzustellen.

Verantwortlicher Beauftragter und Zustellungsbevollmächtigter

§ 5. (1) Diensteanbieter haben eine Person zu bestellen, die die Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 4 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, erfüllt. Diese Person hat

1. die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten,

2. über eine für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderliche Anordnungsbefugnis zu verfügen,

3. die für die Zusammenarbeit mit Behörden und Gerichten erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache zu besitzen, sowie

4. über die für die Besorgung ihrer Aufgaben erforderliche Ressourcenausstattung zu verfügen.

(2) Die Kontaktdaten des verantwortlichen Beauftragten müssen ständig leicht und unmittelbar zugänglich sein. Der verantwortliche Beauftragte hat für seine Erreichbarkeit für die Aufsichtsbehörde zu sorgen.

(3) Der verantwortliche Beauftragte hat sich für eine Zustellung durch einen Zustelldienst im Sinne der §§ 28b und 35 des Zustellgesetzes – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, anzumelden und bei der Anmeldung mitzuteilen, dass es keine Zeiträume gibt, innerhalb derer die Zustellung ausgeschlossen sein soll.

(4) Der Diensteanbieter hat eine natürliche oder juristische Person als Bevollmächtigten für behördliche und gerichtliche Zustellungen zu bestellen. Abs. 1 Z 3, Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 sind anzuwenden.

(5) Die Aufsichtsbehörde ist unverzüglich über die Person des verantwortlichen Beauftragten und des Zustellungsbevollmächtigten zu informieren.

Durchsetzung

§ 6. (1) Kommt ein Diensteanbieter seiner Verpflichtung zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten oder eines Zustellungsbevollmächtigten nicht von sich aus nach, so hat ihn die Behörde schriftlich zur Bestellung binnen einer Frist von sieben Tagen aufzufordern. Sofern ein Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt und es erweist sich, dass eine rechtswirksame Zustellung dieser Aufforderung ins Ausland nicht oder in nicht angemessener Zeit durchführbar ist, ist die Aufforderung durch Veröffentlichung auf der Website der Aufsichtsbehörde bekannt zu machen. Die Aufforderung gilt mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung als dem Diensteanbieter zugestellt. Die Veröffentlichung hat auch den Hinweis zu enthalten, dass weitere Verfügungen der Behörde mit Hinterlegung bei der Behörde und Bereitstellung zur Abholung als zugestellt gelten.

(2) Kommt der Diensteanbieter der auf Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten oder eines Zustellungsbevollmächtigten gerichteten Aufforderung der Aufsichtsbehörde nicht nach, so hat diese über ihn eine Geldstrafe (§ 10 Abs. 1) zu verhängen. Sofern der Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt und auch keinen verantwortlichen Beauftragten oder Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat, an den rechtswirksam zugestellt werden könnte, sind Bescheide oder sonstige Verfügungen der Aufsichtsbehörde bei der Aufsichtsbehörde zu hinterlegen. Die Verständigung des Diensteanbieters von der Hinterlegung hat auf der Website der Aufsichtsbehörde zu erfolgen. Sie hat auch den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung (Abs. 3) hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag der Veröffentlichung der Verständigung auf der Website. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Beschwerdeverfahren

§ 7. (1) Nutzer können sich bei Beschwerden über die Unzulänglichkeit des Meldeverfahrens nach § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3 oder die Unzulänglichkeit des Überprüfungsverfahrens nach § 3 Abs. 4 an die Beschwerdestelle wenden. Für die Anrufung der Beschwerdestelle ist Voraussetzung, dass sich der Nutzer zuvor an den Diensteanbieter gewandt hat und entweder von diesem keine Antwort erhalten hat oder die beiden Streitteile keine Beilegung der Streitigkeit erreichen konnten. Die Beschwerdestelle hat eine einvernehmliche Lösung durch Erarbeitung eines Lösungsvorschlags herbeizuführen oder dem Nutzer und dem Diensteanbieter ihre Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen.

(2) Die Beschwerdestelle hat nach Anhörung der Aufsichtsbehörde Richtlinien für die Durchführung dieses Verfahrens festzulegen, wobei insbesondere der jeweiligen Sachlage angepasste Fristen für die Beendigung des Verfahrens zu bestimmen sind. Die Richtlinien haben sich an den Grundsätzen des § 6 Abs. 2 und Abs. 6 Z 1, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 des Alternative Streitbeilegung-Gesetzes – AStG, BGBl. I Nr. 105/2015, zu orientieren und sind in geeigneter Form zu veröffentlichen.

(3) Die Beschwerdestelle hat über die anhängig gemachten Fälle jährlich einen Bericht zu erstellen, der im Rahmen des Tätigkeitsberichts nach § 19 Abs. 2 des KommAustria-Gesetzes – KOG, BGBl. I Nr. 32/2001, zu veröffentlichen ist. Darüber hinaus hat die Beschwerdestelle der Aufsichtsbehörde monatlich eine Zusammenfassung über Anzahl, Art und Inhalt der von ihr erledigten und der neuen Beschwerdefälle zur Verfügung zu stellen.

3. Abschnitt

Aufsicht und Sanktionen

Aufsichtsbehörde, Beschwerdestelle, Finanzierungsbeiträge

§ 8. (1) Aufsichtsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die gemäß § 1 KOG eingerichtete Kommunikationsbehörde Austria.

(2) Die administrative Unterstützung der KommAustria in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes und die Funktion der Beschwerdestelle obliegen der RTR-GmbH unter der Verantwortung des Geschäftsführers für den Fachbereich Medien.

[...]

Aufsichtsverfahren

§ 9. (1) Langen bei der Beschwerdestelle innerhalb eines Monats mehr als fünf begründete Beschwerden (§ 7) über die Unzulänglichkeit der von einem Diensteanbieter ergriffenen Maßnahmen ein, so hat die Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob diese Maßnahmen zur Erfüllung der in § 3 normierten Anforderungen angemessen waren.

(2) Gelangt die Aufsichtsbehörde aufgrund der Häufigkeit und Art der Beschwerden, der Ergebnisse bisheriger Aufsichtsverfahren, einer Mitteilung der Beschwerdestelle oder eigener vorläufiger Einschätzung zur Auffassung, dass die in diesem Bundesgesetz normierten Pflichten verletzt werden, hat sie ein Aufsichtsverfahren einzuleiten und

1. außer in den Fällen der Z 2 dem Diensteanbieter mit Bescheid aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden; der Diensteanbieter hat diesem Bescheid binnen der von der Aufsichtsbehörde festgesetzten, längstens vierwöchigen Frist zu entsprechen und im Wege des verantwortlichen Beauftragten darüber der Aufsichtsbehörde zu berichten;

2. in den Fällen, in denen gegen einen Diensteanbieter bereits mehr als einmal ein Bescheid gemäß Z 1 ergangen ist, wenn der Diensteanbieter einem Bescheid gemäß Z 1 nicht entspricht, in einem Verfahren nach § 10 eine Geldstrafe zu verhängen.

(3) Bei ihrer Beurteilung der Angemessenheit und beim Auftrag zu geeigneten Vorkehrungen hat die Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen, dass die dem Diensteanbieter nach diesem Bundesgesetz abverlangten Maßnahmen nicht in einer allgemeinen Vorabkontrolle der Inhalte resultieren dürfen. Die aufgetragenen Vorkehrungen und die dabei abverlangten Maßnahmen müssen zur Erreichung der verfolgten Ziele – wie insbesondere denen der Steigerung der Effizienz der Mechanismen zum Schutz der Nutzer, des Schutzes der Allgemeinheit vor rechtswidrigen Inhalten und der Wahrung der Interessen der von solchen Inhalten betroffenen Personen – unter Berücksichtigung der rechtlichen Interessen der Diensteanbieter geeignet und verhältnismäßig sein.

Geldstrafen

§ 10. (1) Wer es als allein oder als ein Teil eines Organs zur Vertretung eines Diensteanbieters nach außen berufene oder als eine mit der Befugnis, Entscheidungen im Namen des Diensteanbieters zu treffen, ausgestattete Person in einer Führungsposition trotz Aufforderung der Aufsichtsbehörde (§ 6 Abs. 1) unterlässt, der Pflicht zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 5 Abs. 1 oder der Pflicht zur Bestellung eines Zustellbevollmächtigten gemäß § 5 Abs. 4 nachzukommen, ist mit einer Geldstrafe in der Höhe von bis zu einer Million Euro zu bestrafen. Die Aufsichtsbehörde hat von einer Bestrafung abzusehen, wenn für denselben Verstoß bereits eine Geldstrafe über die juristische Person im Sinne des Abs. 2 verhängt wurde und keine besonderen Umstände vorliegen, die einem Absehen von der Bestrafung entgegenstehen.

(2) Die Aufsichtsbehörde hat je nach Schwere des Verstoßes und nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 über einen Diensteanbieter eine Geldstrafe in der Höhe von bis zu zehn Millionen Euro zu verhängen, wenn

1. dieser

a) entgegen § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3 kein Meldeverfahren bereitstellt oder zwar ein solches System bereitstellt, dieses aber nicht alle Funktionalitäten nach § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3 aufweist,

b) entgegen § 3 Abs. 3 Z 1 keine Maßnahmen zur Beurteilung und darauf beruhender Sperrung oder Entfernung von rechtswidrigen Inhalten ergreift,

c) entgegen § 3 Abs. 3 Z 2 nicht dafür sorgt, dass ein von einer Löschung oder Sperrung betroffener Inhalt zu Beweiszwecken gesichert und gespeichert wird,

d) entgegen § 3 Abs. 4 kein Überprüfungsverfahren bereitstellt oder zwar ein solches System bereitstellt, dieses aber nicht gemäß § 3 Abs. 4 wirksam und transparent ausgestaltet ist,

e) entgegen § 3 Abs. 5 anderen Personen Auskünfte erteilt,

f) entgegen § 4 Abs. 1 und Abs. 2 seiner Berichtspflicht nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unvollständig nachkommt,

g) entgegen § 5 Abs. 1 keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt, oder

h) entgegen § 5 Abs. 4 keinen Zustellbevollmächtigten bestellt,

und

2. es

a) der verantwortliche Beauftragte oder

b) – weil entgegen § 5 Abs. 1 kein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist – eine allein oder als Teil eines Organs zur Vertretung eines Diensteanbieters nach außen berufene oder als eine mit der Befugnis, Entscheidungen im Namen des Diensteanbieters zu treffen, ausgestattete Person in einer Führungsposition

unterlassen hat, in Ausübung seiner bzw. ihrer Anordnungs- und Kontrollbefugnis dafür zu sorgen, dass den in Z 1 angeführten Pflichten entsprochen wird.

(3) Bei der Bemessung der Höhe der Geldstrafe gemäß Abs. 1 oder 2 sind insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen:

1. die Finanzkraft des Diensteanbieters, wie sie sich beispielweise aus dessen Gesamtumsatz ablesen lässt;

2. die Anzahl der registrierten Nutzer der Plattform;

3. frühere Verstöße;

4. das Ausmaß und die Dauer der Nachlässigkeit des Diensteanbieters bei der Einhaltung der aufgetragenen Verpflichtung;

5. der Beitrag zur Wahrheitsfindung sowie

6. das Ausmaß der zur Verhinderung eines Verstoßes getroffenen Vorkehrungen oder der Anleitung der Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten.

(4) Wer als verantwortlicher Beauftragter

1. entgegen § 5 Abs. 2 erster Satz nicht dafür sorgt, dass seine Kontaktdaten ständig leicht und unmittelbar zugänglich zur Verfügung stehen, oder

2. entgegen § 5 Abs. 2 zweiter Satz für die Aufsichtsbehörde nicht für seine Erreichbarkeit sorgt oder

3. der in § 5 Abs. 3 geregelten Verpflichtung nicht entspricht,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Aufsichtsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

(5) Wer als Zustellungsbevollmächtigter

1. entgegen § 5 Abs. 2 erster Satz in Verbindung mit Abs. 4 zweiter Satz nicht dafür sorgt, dass seine Kontaktdaten ständig leicht und unmittelbar zugänglich zur Verfügung stehen, oder

2. der in § 5 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 zweiter Satz geregelten Verpflichtung nicht entspricht,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Aufsichtsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

(6) Wer als Diensteanbieter

1. der Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften zur Feststellung seiner Eigenschaft als diesem Bundesgesetz unterliegender Diensteanbieter oder

2. der Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften und zur Gewährung der Einschau in Aufzeichnungen und Bücher (§ 8 Abs. 4 iVm § 35 Abs. 13 KOG)

trotz Aufforderung nicht nachkommt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Aufsichtsbehörde mit Geldstrafe bis zu 58 000 Euro zu bestrafen.

[...]

Verweisungen und Bezeichnungen

§ 12. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt, bleiben die Bestimmungen des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes – AMD-G, BGBl. I Nr. 84/2001, und des ECG unberührt.“

3.2.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen unionsrechtlichen Bestimmungen der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-RL) lauten in den hier interessierenden Teilen wie folgt:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

[...]

h) „koordinierter Bereich“ die für die Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft und die Dienste der Informationsgesellschaft in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten festgelegten Anforderungen, ungeachtet der Frage, ob sie allgemeiner Art oder speziell für sie bestimmt sind.

i) Der koordinierte Bereich betrifft vom Diensteanbieter zu erfüllende Anforderungen in bezug auf

— die Aufnahme der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft beispielsweise Anforderungen betreffen Qualifikation, Genehmigung oder Anmeldung;

– die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft, beispielsweise Anforderungen betreffend das Verhalten des Diensteanbieters, Anforderungen betreffend Qualität oder Inhalt des Dienstes, einschließlich der auf Werbung und Verträge anwendbaren Anforderungen, sowie Anforderungen betreffend die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters.

[...]

Artikel 3

Binnenmarkt

(1) Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, daß die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht werden, den in diesem Mitgliedstaat geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprechen, die in den koordinierten Bereich fallen.

(2) Die Mitgliedstaaten dürfen den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf die im Anhang genannten Bereiche.

(4) Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, die im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft von Absatz 2 abweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) Die Maßnahmen

i) sind aus einem der folgenden Gründe erforderlich:

– Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Hetze aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität, sowie von Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen,

– Schutz der öffentlichen Gesundheit,

– Schutz der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen,

– Schutz der Verbraucher, einschließlich des Schutzes von Anlegern;

ii) betreffen einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft, der die unter Ziffer i) genannten Schutzziele beeinträchtigt oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Ziele darstellt;

iii) stehen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen.

b) Der Mitgliedstaat hat vor Ergreifen der betreffenden Maßnahmen unbeschadet etwaiger Gerichtsverfahren, einschließlich Vorverfahren und Schritten im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung,

– den in Absatz 1 genannten Mitgliedstaat aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, und dieser hat dem nicht Folge geleistet oder die von ihm getroffenen Maßnahmen sind unzulänglich;

– die Kommission und den in Absatz 1 genannten Mitgliedstaat über seine Absicht, derartige Maßnahmen zu ergreifen, unterrichtet.

(5) Die Mitgliedstaaten können in dringlichen Fällen von den in Absatz 4 Buchstabe b) genannten Bedingungen abweichen. In diesem Fall müssen die Maßnahmen so bald wie möglich und unter Angabe der Gründe, aus denen der Mitgliedstaat der Auffassung ist; daß es sich um einen dringlichen Fall handelt, der Kommission und dem in Absatz 1 genannten Mitgliedstaat mitgeteilt werden.

(6) Unbeschadet der Möglichkeit des Mitgliedstaates, die betreffenden Maßnahmen durchzuführen, muß die Kommission innerhalb kürzestmöglicher Zeit prüfen, ob die mitgeteilten Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind; gelangt sie zu dem Schluß, daß die Maßnahme nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, so fordert sie den betreffenden Mitgliedstaat auf, davon Abstand zu nehmen, die geplanten Maßnahmen zu ergreifen, bzw. bereits ergriffene Maßnahmen unverzüglich einzustellen.

[…]

ANHANG

AUSNAHMEN IM RAHMEN VON ARTIKEL 3

Bereiche gemäß Artikel 3 Absatz 3, auf die Artikel 3 Absätze 1 und 2 keine Anwendung findet:

— Urheberrecht, verwandte Schutzrechte, Rechte im Sinne der Richtlinie 87/54/EWG und der Richtlinie 96/9/EG sowie gewerbliche Schutzrechte;

— Ausgabe elektronischen Geldes durch Institute, auf die die Mitgliedstaaten eine der in Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 2000/46/EG vorgesehenen Ausnahmen angewendet haben;

— Artikel 44 Absatz 2 der Richtlinie 85/611/EWG;

— Artikel 30 und Titel IV der Richtlinie 92/49/EWG, Titel IV der Richtlinie 92/96/EWG sowie die Artikel 7 und 8 der Richtlinie 88/357/EWG und Artikel 4 der Richtlinie 90/619/EWG;

— Freiheit der Rechtswahl für Vertragsparteien;

— vertragliche Schuldverhältnisse in bezug auf Verbraucherverträge;

— formale Gültigkeit von Verträgen, die Rechte an Immobilien begründen oder übertragen, sofern diese Verträge nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem sich die Immobilie befindet, zwingenden Formvorschriften unterliegen;

— Zulässigkeit nicht angeforderter kommerzieller Kommunikation mittels elektronischer Post.“

3.3. Zum Grundsatz des Herkunftslandprinzips der E-Commerce-RL:

Aus dem in Art. 3 der E-Commerce-RL normierten Herkunftslandprinzip ergibt sich im Wesentlichen, dass sich die rechtlichen Anforderungen an den in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Diensteanbieter nach dem Recht dieses Staates (konkret also des Sitzstaats) zu richten haben. Art. 3 Abs. 2 E-Commerce-RL normiert weiters, dass der freie Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft nicht durch andere rechtliche Anforderungen als jene des Sitzstaates eingeschränkt werden darf, soweit es sich hierbei um Vorschriften handelt, die in den koordinierten Bereich der Richtlinie fallen. Im Sinne der E-Commerce-RL betrifft der koordinierte Bereich neben der Aufnahme der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft vor allem auch die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft. Hierzu zählen insbesondere die rechtlichen Anforderungen an das Verhalten des Diensteanbieters und die Anforderungen im Zusammenhang mit seiner rechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. Art. 2 lit. h E-Commerce-RL). Mit anderen Worten soll demnach ein ausländisches Unternehmen, wie im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin, die ihren satzungsmäßigen Sitz in XXXX hat, grundsätzlich – soweit es den koordinierten Bereich betrifft – auch lediglich den diesbezüglichen innerstaatlichen Vorschriften ihres Sitzstaates, im konkreten Fall somit XXXX , unterliegen.

Dass im vorliegenden Fall von der Ausübung eines Dienstes im sog. koordinierten Bereich iSd Art. 2 lit. h E-Commerce-RL auszugehen ist, ist insoweit unstrittig, als dieser Umstand bereits von der belangten Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid festgestellt und insoweit in der Beschwerde auch nicht bestritten wurde.

Zutreffend ist weiters, dass – wie im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt wird – „der grundlegenden Bedeutung des Herkunftslandprinzips“ von der belangten Behörde „im angefochtenen Bescheid per se auch gar nicht entgegengetret

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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