TE Vwgh Erkenntnis 2021/4/2 Ro 2021/01/0010

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Veröffentlicht am 02.04.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
24/01 Strafgesetzbuch
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Melderecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht
41/02 Staatsbürgerschaft
41/03 Personenstandsrecht

Norm

AsylG 2005 §18
AVG §37
AVG §39 Abs2
AVG §45 Abs2
FrPolG 2005 §94
MeldeG 1991 §19
NAG 2005 §19 Abs2
NAG 2005 §2b Abs1
NAG 2005 §2b Abs3
NAG 2005 §2b Abs4
PaßG 1992 §4
PStG 2013 §36 Abs2
PStG 2013 §36 Abs4
StbG 1985 §10
StbG 1985 §10 Abs1 Z6
StbG 1985 §11
StbG 1985 §19 Abs2
StbG 1985 §39a
StbG 1985 §39a Abs5
StbG 1985 §4
StbG 1985 §5
StbG 1985 §5 Abs3
StbV 1985 §2 Abs1 Z1
StbV 1985 §2 Abs2
StbV 1985 §2 Abs4
StGB §224a
VStG §35 Z1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching, Mag. Brandl und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der Salzburger Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 15. Oktober 2020, Zl. 405-11/183/1/81-2020, betreffend Staatsbürgerschaft (mitbeteiligte Parteien: 1. S M, 2. S M, 3. S M, und 4. Z M, alle in S und vertreten durch Dr. Kurt Kozák, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Vorgeschichte

1        Nach den (unstrittigen, zum Teil dislozierten) Feststellungen des Verwaltungsgerichts stellte der Erstmitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Somalia, am 14. Mai 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, weil er in seinem Herkunftsstaat wegen seiner Reportagen als selbstständiger Journalist von der Al-Shabaab-Miliz verfolgt worden sei. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. September 2012 wurde ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

2        Dabei reiste der Erstmitbeteiligte mit einem gefälschten belgischen Reisepass unter Verwendung einer falschen Identität in das österreichische Bundesgebiet ein. Das diesbezügliche Strafverfahren wegen § 224a StGB (Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden) wurde, nachdem der Erstmitbeteiligte gemeinnützige Leistungen (im Ausmaß von 80 Stunden) verrichtete, gemäß § 201 Abs. 5 iVm § 199 StPO eingestellt.

3        Die Ehegattin des Erstmitbeteiligten, (nach der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses wohl) ebenso eine Staatsangehörige von Somalia, reiste am 12. Dezember 2013 mit dem Flugzeug legal nach Österreich ein, wo ihr mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ebenso der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.

4        Der Ehe entstammen vier minderjährige Kinder, darunter die Zweit- bis Viertmitbeteiligten, die ebenso alle Staatsangehörige von Somalia sind.

5        Am 15. Mai 2018 stellte der Erstmitbeteiligte den Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft mit Erstreckung der Verleihung auf seine minderjährigen bereits in Österreich geborenen Kinder, die Zweit- bis Viertmitbeteiligten (betreffend den Viertmitbeteiligten mit Antrag vom 25. April 2019).

6        Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung (Amtsrevisionswerberin) vom 15. November 2019 wurde dieser Antrag gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG abgewiesen.

7        Begründend führte die Amtsrevisionswerberin im Wesentlichen aus, durch den rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 14. Mai 2012 erfülle der Erstmitbeteiligte die Voraussetzung des § 11a Abs. 4 Z 1 StbG (nach der Rechtslage vor der Änderung durch BGBl. I Nr. 56/2018).

8        Jedoch müssten neben der Voraussetzung des § 11a Abs. 4 Z 1 StbG auch die allgemeinen Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 StbG gegeben sein. § 10 Abs. 1 Z 6 zweiter Fall StbG normiere einen gegenüber dem Einbürgerungswerber strengeren Maßstab als das Fremdengesetz 1997 (Verweis auf VwGH 3.9.1997, 97/01/0123). Sodann verweist die Amtsrevisionswerberin auf das Strafverfahren wegen § 224a StGB, welches gemäß § 201 Abs. 1 iVm §199 StPO eingestellt wurde. Beim Erstmitbeteiligten sei am 14. Mai 2012 ein gültiger belgischer Reisepass gefunden worden, wobei eine kriminaltechnische Untersuchung ergeben habe, dass es sich um eine Totalfälschung handle. Bei seiner Einvernahme habe der Erstmitbeteiligte unter anderem angegeben, er habe gewusst, dass der Reisepass gefälscht und die Übergabe und Bezahlung des Passes in Athen erfolgt sei. Dem damit vom Erstmitbeteiligten begangenen Vergehen nach § 224a StGB komme insbesondere Bedeutung zu, als durch den gefälschten belgischen Reisepass vorgetäuscht werden sollte, der Erstmitbeteiligte sei im rechtmäßigen Besitz der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates des EWR. Wenngleich die Tathandlung vor mehr als sieben Jahren gewesen sei und das Gericht die Schuld des Erstmitbeteiligten nicht als schwer angesehen habe und es sohin zu einer Einstellung des Strafverfahrens nach Erbringung gemeinnütziger Leistungen gekommen sei, sei dieser Vorfall von der Staatsbürgerschaftsbehörde in der Gesamtschau als negativ zu werten, weil der Erstmitbeteiligte dieses gerichtliche Strafverfahren im Rahmen seiner Antragseinbringung bei der Amtsrevisionswerberin am 15. Mai 2018 verschwiegen und sich das begangene „qualifizierte“ Urkundsdelikt (besonders geschützte Urkunde) gegen ein hohes Schutzgut gerichtet habe. Da der Erstmitbeteiligte belehrt worden sei, dass sowohl getilgte als auch mittels Diversion, Ermahnung oder Ähnlichem abgeschlossene gerichtlich oder verwaltungsbehördliche Straftaten ein Verleihungshindernis darstellen könnten, werde das Verschweigen des aktenkundigen Strafverfahrens gegenüber der Staatsbürgerschaftsbehörde als Verantwortungslosigkeit und Missachtung gegenüber den Bestimmungen des StbG gewertet.

9        Neben dem Urkundsdelikt nach § 224a StGB habe der Erstmitbeteiligte drei Übertretungen im Straßenverkehr nach der StVO (Übertretung nach § 24 Abs. 3 lit. a StVO am 21.7.2016 wegen Parken im Parkverbot, Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO am 30.11.2017 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 24 km/h und Übertretung des § 52 lit. a Z 3a StVO am 1.6.2018 wegen Nichtbeachtung des Verbotszeichens „Einbiegen nach links verboten“) sowie eine Übertretung des Art. III Abs. 1 Z 2 EGVG (am 10.2.2014, weil der Erstmitbeteiligte einen näher bezeichneten Autobus benützt habe, ohne das nach dem Tarifbestimmungen festgesetzte Entgelt ordnungsgemäß zu entrichten) und eine Übertretung nach der Gewerbeordnung (Nichterstattung der Anzeige über die Bestellung eines gewerblichen Geschäftsführers nach § 39 Abs. 2 GewO 1994 im Zeitraum vom 3.8.2018 bis 7.8.2018) begangen. Die massive Überschreitung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h im Salzburger Stadtgebiet sei negativ zu werten, zumal gerade von einem Berufskraftfahrer (der Erstmitbeteiligte sei seit dem 3. Juli 2017 gewerblich selbständiger Taxiunternehmer) zu verlangen sei, dass er bei der Einhaltung der für die Sicherheit im Straßenverkehr erlassenen Vorschriften besondere Sorgfalt an den Tag lege.

10       Durch die genannten Vormerkungen habe der Erstmitbeteiligte gezeigt, dass er keine ausreichende Gewähr dafür biete, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit zu bilden. Der seit der rechtskräftigen Bestrafung wegen dieser Vormerkungen vergangene Zeitraum (knapp mehr als ein Jahr) sei noch zu kurz, um verlässlich auf ein zukünftiges Wohlverhalten schließen zu können. Daher liege das Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z 6 zweiter Fall StbG vor und seien der Antrag des Erstmitbeteiligten auf Verleihung und auch die Anträge auf Erstreckung der Verleihung abzuweisen.

11       Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht).

Angefochtenes Erkenntnis

12       Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Erstmitbeteiligten gemäß § 11a Abs. 4 Z 1 StbG idF vor BGBl. I Nr. 56/2018 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen (1.), gemäß § 17 Abs. 1 StbG die Verleihung auf die (minderjährigen) Zweit- bis Viertmitbeteiligten erstreckt (2.) und ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision zulässig sei (3.).

13       Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst im Wesentlichen fest, der Erstmitbeteiligte sei Staatsangehöriger von Somalia und am 14. Mai 1992 in Baraawe, Somalia, geboren. Seine Geburt sei über Antrag nachbeurkundet worden (Verweis auf die Geburtsurkunde des Standesamtsverbands Salzburg vom 1. September 2015, Zl. 036031/2015), weil der Erstmitbeteiligte über keine somalische Geburtsurkunde verfüge. Nach seiner schulischen Laufbahn habe der Erstmitbeteiligte als selbständiger Journalist bei zwei näher bezeichneten Radiosendern in Somalia gearbeitet. Am 4. Juni 2010 habe der Erstmitbeteiligte seine (näher bezeichnete) Ehegattin geheiratet.

Am 7. Jänner 2012 sei der Erstmitbeteiligte nach Österreich geflüchtet, weil er in seinem „Heimatland“ wegen seiner Reportagen von der islamistischen Al-Shabaab-Miliz verfolgt worden sei. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. September 2012 sei seinem am 14. Mai 2012 gestellten Antrag auf internationalen Schutz stattgegeben und ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden.

14       Im Hinblick auf den gesicherten Lebensunterhalt des Erstmitbeteiligten stellte das Verwaltungsgericht fest, die Ehegattin des Erstmitbeteiligten habe im Jahr 2017 vom Land Salzburg eine Förderung (einmalige „Hilfe für werdende Mütter“) in der Höhe von € 600,00 bezogen.

15       Sodann traf das Verwaltungsgericht Feststellungen zum gerichtlichen Strafverfahren wegen § 224a StGB und einem weiteren Strafverfahren wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung, der versuchten Nötigung, der Sachbeschädigung und der versuchten Körperverletzung, bei dem der Erstmitbeteiligte mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 27. März 2017 von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen worden sei. Darüber hinaus traf das Verwaltungsgericht Feststellungen zu den bereits von der Amtsrevisionswerberin im angefochtenen Bescheid genannten rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen.

16       Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, es habe in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Erstmitbeteiligten gewinnen können. Bis auf ein Verwaltungsdelikt (welches er nicht zuordnen habe können) habe der Erstmitbeteiligte „nach kritischer Analyse“ die Verantwortung übernommen und so glaubhaft gemacht, aus seinen Fehlern gelernt zu haben. Im Gesamteindruck habe der Erstmitbeteiligte die Bereitschaft vermittelt, sich sowohl am gesellschaftlichen (Vereinstätigkeit, Mitarbeit in einem Ehrenamtsprojekt der Diakonie, Dolmetschertätigkeit und Transportdienste für die Caritas), wirtschaftlichen (selbständiger Taxiunternehmer, der drei Mitarbeiter in Vollzeit beschäftige) und kulturellen (Besuch von Museen und Veranstaltungen im Rahmen des Familienpasses Salzburg) Leben in Österreich zu beteiligen und sich auch zu den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft zu bekennen.

17       Im Hinblick auf die Identitätsfeststellung habe sich das Ermittlungsverfahren sehr umfangreich gestaltet. Im Asylverfahren sei beim Erstmitbeteiligten eine „Verfahrensidentität“ (Personenstandsdaten nach eigenen Angaben ohne entsprechende Nachweise) verwendet worden, weil der Erstmitbeteiligte über keinen amtlichen Lichtbildausweis verfügt habe. Ob der Erstmitbeteiligte in Somalia tatsächlich über einen somalischen Reisepass verfügt habe, habe nicht festgestellt werden können. Ebenso habe der Erstmitbeteiligte keine somalische Geburtsurkunde vorlegen können. Im Verfahren vor der Amtsrevisionswerberin habe der Erstmitbeteiligte allerdings seine Geburtsurkunde des Standesamtsverbandes Salzburg vom 1. September 2015 vorlegen können. Diese habe der Erstmitbeteiligte erhalten, nachdem er unter Vorlage seiner somalischen Heiratsurkunde, seines Konventionsreisepasses, seines Asylbescheides und einer Geburtsurkunde der Ehegattin, einen Antrag gemäß § 36 Abs. 2 und 4 Personenstandsgesetz 2013 - PStG 2013 (Antrag auf nachträgliche Beurkundung: Beurkundung der Geburt des Erstmitbeteiligten mit 14. Mai 1992 in Baraawe, Somalia) gestellt habe. Das einzige amtliche somalische Dokument, das der Erstmitbeteiligte vorlegen habe können, sei die Originalheiratsurkunde der Demokratischen Republik Somalia vom 5. Juni 2010. Diesem Dokument habe die österreichische Botschaft in Nairobi im Verfahren vor der Amtsrevisionswerberin (mit Schreiben vom 6. November 2019, unter anderem aufgrund des Umstandes, dass die Beglaubigung von Urkunden aus Somalia seit 1. Jänner 2013 auf Basis des Konsularbeglaubigungsgesetzes [KBeglG] und der Konsularbeglaubigungsverordnung ([KBeglV] ausgesetzt werde) keinen Glauben geschenkt.

18       In weiterer Folge habe die Verhandlungsrichterin überprüft, ob dem Erstmitbeteiligten die Beschaffung eines gültigen Reisedokumentes sowie einer Geburtsurkunde möglich sei. Zu diesem Zweck habe sie die österreichische Botschaft in Nairobi kontaktiert. Diese habe sodann den Asyl-Länder-Bericht (Stand: März 2020) übermittelt, wonach die meisten Personen, die nach 1991 in Somalia geboren worden seien, nie offiziell registriert worden seien. Bis vor wenigen Jahren habe es keine Behörden gegeben, die Ausweisdokumente ausstellen haben können. Somit besitze der Großteil der Bevölkerung in Somalia keine Papiere. Würden Dokumente ausgestellt, erfolge dies allein aufgrund der mündlichen Angaben der antragstellenden Person und möglicherweise anwesenden Zeugen oder Verwandten, da kein zentrales Personenstandverzeichnis existiere. Den Dokumenten mangle es daher an nachweisbaren Grundlagen und Verlässlichkeit der Angaben. Dieser Umstand „öffnet die Tür für Betrug und Missbrauch“. Die verlässliche Feststellung von Identitäten erfolge oft nur durch die Ältesten eines Dorfes oder durch Verwandte bzw. Bekannte. Personen mit fünf verschiedenen Reisedokumenten und jeweils anderslautenden Namen seien keine Seltenheit. Hinzu kämen erschwerend die häufige Namensgleichheit bzw. verschiedene Schreibweisen. Die Echtheit von Dokumenten sowie Urkundenüberprüfungen hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit bzw. der Wahrheitsgehalt von Dokumenten könne somit von den österreichischen Vertretungsbehörden keinesfalls überprüft werden. Zuletzt anhand dieses Asyl-Länder-Berichtes sei im vorliegenden Fall klar gewesen, dass die Auflösung des somalischen Staatswesens am 26. Jänner 1991 zu einem vollständigen Stillstand der staatlichen Rechtspflege geführt habe und es dem nach 1991 geborenen Erstmitbeteiligten nachweislich nicht möglich sei, seine Identität durch die Vorlage eines gültigen somalischen Reisedokumentes oder einer somalischen Geburtsurkunde zu belegen.

19       So habe die Verhandlungsrichterin den Erstmitbeteiligten im Rahmen ihrer amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung aufgefordert, seine Identität anhand anderer unbedenklicher Dokument nachzuweisen. Der Erstmitbeteiligte habe sodann neben der bereits erwähnten Heiratsurkunde weitere Unterlagen vorgelegt, einen Familienstammbaum der nächsten Verwandten, drei näher bezeichnete Referenzschreiben, eine Fotodokumentation (private und berufliche Fotos), auf zwei näher bezeichneten Fotos werde der Erstmitbeteiligte von zwei Personen, einem freien Fotojournalisten und einer ehemaligen Mitarbeiterin eines näher bezeichneten Radiosenders, identifiziert, ein Abschlusszeugnis der Ridwan Primary School in Baraawe, ein USB-Stick mit drei MP3-Dateien und eine „notariell beglaubigte Erklärung“ von einer näher bezeichneten Person, dass der Erstmitbeteiligte ihr Bruder sei.

20       Daraufhin habe die Verhandlungsrichterin zu den angeführten Radiosendern, zum Dachverband der somalischen Journalisten (FESOJ-Federation of Somali Journalists) und dem ehemaligen Schulleiter der Ridwan Primary School Kontakt mittels Email-Nachricht aufgenommen. Vom ehemaligen Schulleiter habe die Verhandlungsrichterin eine Rückmeldung bekommen, wonach dieser den Erstmitbeteiligten als sehr guten Schüler in Erinnerung habe. Darüber hinaus habe sich von sich aus ein ehemaliger langjähriger Journalistenkollege des Erstmitbeteiligten per Email-Nachricht gemeldet und bestätigt, dass der Erstmitbeteiligte ein sehr fleißiger und engagierter Journalist gewesen sei. Dass der Erstmitbeteiligte vor seiner Flucht aus Somalia als Journalist tätig gewesen sei, sei bereits durch die im Asylverfahren im Jahr 2012 vorgelegten Referenzschreiben belegt und werde aktuell auch von der FESOJ bestätigt und durch zahlreiche berufliche Fotos und schriftliche Erklärungen belegt. Sodann führte das Verwaltungsgericht näher zum vorgelegten Abschlusszeugnis des Erstmitbeteiligten und dem vom Erstmitbeteiligten erstellten Familienstammbaum aus.

21       Abschließend habe die Verhandlungsrichterin den Erstmitbeteiligten zur Eheschließung am 4. Juni 2010 befragt und hätte sich nach dieser Einvernahme für die Verhandlungsrichterin ohne Zweifel ergeben, dass der Erstmitbeteiligte am 4. Juni 2010 vor einem näher bezeichneten Richter mit seiner Ehegattin die Ehe geschlossen habe. Aus diesem Grund habe sie auch von einer zusätzlichen Einvernahme der Ehegattin Abstand genommen. Im Übrigen seien in dem Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte vorgekommen, wonach es sich bei der Heiratsurkunde um eine Fälschung gehandelt habe.

22       Dass der Erstmitbeteiligte am 14. Mai 1992 in Baraawe in Somalia als S M (in der hier gebräuchlichen Schreibweise) geboren worden sei, ergebe sich für die Verhandlungsrichterin neben den glaubwürdigen Angaben des Erstmitbeteiligten und dem Schulzeugnis auch aus der Heiratsurkunde und dem Umstand, dass der eheschließende Richter die Personenstandsdaten des Erstmitbeteiligten in die Heiratsurkunde aufgenommen habe.

23       Im Hinblick auf die Feststellung der Identität sei es dem Erstmitbeteiligten somit gelungen, die Verhandlungsrichterin davon zu überzeugen, dass er „S M in Baraawe, Somalia“ sei.

24       In rechtlicher Hinsicht verwies das Verwaltungsgericht zur Identität des Erstmitbeteiligten zunächst auf § 5 StbG und weiter auf § 2 Abs. 2 Staatsbürgerschaftsverordnung 1985 und das dort geregelte Absehen von der Vorlage von Urkunden und Nachweisen gemäß Abs. 1 Z 1, 2 und 4 leg. cit. Sodann führte das Verwaltungsgericht aus, der Erstmitbeteiligte habe seine Identität im Beschwerdeverfahren weder durch einen somalischen Reisepass noch durch eine somalische Geburtsurkunde nachweisen können. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die meisten Personen die nach 1991 in Somalia geboren worden seien, nie offiziell registriert worden seien und daher keine Papiere hätten.

25       Der Erstmitbeteiligte habe jedoch eine mit 5. Juni 2010 datierte Heiratsurkunde der Demokratischen Republik Somalia, Ministerium für Justiz und religiöse Angelegenheiten, im Original vorgelegt. Als ausländische Urkunde bedürfe diese grundsätzlich der Beglaubigung (Verweis auf § 311 Abs. 2 ZPO). Aufgrund § 9 der KBeglV, BGBl. II Nr. 467/2012, sei jedoch die Beglaubigung von Urkunden aus Somalia seit 1. Jänner 2013 ausgesetzt. Für die Dauer der Aussetzung unterlägen die Urkunden aus den in dieser Bestimmung angeführten Staaten der freien Beweiswürdigung.

26       Ausgehend von den Feststellungen auf Basis der durchgeführten Beweiswürdigung habe der Erstmitbeteiligte durch Vorlage der Heiratsurkunde (die unter anderem auch die Basis der am 1. September 2015 ausgestellten Geburtsurkunde des Standesamtsverbandes Salzburg sei) bewiesen, dass er S M, geboren 1992, sei. Zahlreiche weitere näher angeführte Dokumente (Abschusszeugnis der Ridwan Primary School, drei näher bezeichnete Referenzschreiben, eine Fotodokumentation, eine Identifizierung durch einen ehemaligen Journalistenkollegen und eine ehemalige Mitarbeiterin jenes Radiosenders, bei dem auch der Erstmitbeteiligte beschäftigt gewesen sei, USB-Stick mit zwei MP3-Dateien, eine notariell beglaubigte Erklärung, die Email-Nachricht eines ehemaligen Journalistenkollegen, Email-Nachricht des ehemaligen Schulleiters, Email-Nachricht der FESOJ) und seine persönliche Einvernahme hätten dieses Beweisergebnis noch erhärtet.

27       Zu § 10 Abs. 1 Z 6 StbG führte das Verwaltungsgericht aus, es sei unstrittig, dass der Erstmitbeteiligte mit einem gefälschten belgischen Reisepass ins österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Dass der Erstmitbeteiligte jedoch niemals beabsichtigt habe, die Alias-Identität auch im Asylverfahren zu verwenden, ergebe sich für die Verhandlungsrichterin daraus, dass sein Fluchtgrund und die auf seine wahre Identität lautenden - den Fluchtgrund beweisenden - Referenzschreiben keine Übereinstimmung mit der Alias-Identität auf der Totalfälschung des belgischen Reisepasses aufwiesen. Somit sei der hier vorliegende Sachverhalt mit jenem, der der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 30.4.2018, Ra 2017/01/0417, zu Grunde gelegen sei, nicht unmittelbar zu vergleichen. Dass die Persönlichkeitsprüfung zugunsten des Erstmitbeteiligten ausfalle, habe dieser nur dem Umstand zu verdanken, dass seit diesem Vorfall mehr als acht Jahre vergangen seien und er keine weiteren gerichtlich strafbaren Handlungen mehr begangen habe.

28       Zu den Übertretungen bleibe insgesamt festzuhalten, dass der Erstmitbeteiligte keine schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen mit besonderem Unrechtsgehalt (Verweis auf § 10 Abs. 2 Z 2 StbG) zu verzeichnen habe. Schwer ins Gewicht falle allerdings die Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit von 30 km/h um 24 km/h am 30. November 2017. Nachdem seit der Tat allerdings fast drei Jahre verstrichen seien und der Erstmitbeteiligte trotz seiner Tätigkeit als Taxifahrer seither keine derartigen strafbaren Verhaltensweisen mehr gesetzt habe, gehe die Verhandlungsrichterin davon aus, dass der Erstmitbeteiligte aus dem Vorfall „seine Lehren gezogen hat“ (der Erstmitbeteiligte habe sich von einem Fahrgast zum Überschreiten der höchstzulässigen Geschwindigkeit verleiten lassen, weil dieser ansonsten sein Flugzeug verpasst hätte).

29       Dies gelte auch dafür, dass man ein öffentliches Verkehrsmittel nur benützen dürfe, wenn man dafür ein gültiges Ticket gelöst habe und seinen Pkw nicht im Parkverbot abstellen dürfe. Dass der Erstmitbeteiligte am 1. Juni 2018 das Verbotszeichen „Einbiegen nach links verboten“ in der Nähe des Hauptbahnhofes Salzburg „nicht bemerkte“, sei darauf zurückzuführen gewesen, dass dieses Verkehrsschild zum Tatzeitpunkt erst seit kurzem dort angebracht gewesen sei. Dieser Umstand sei im Verwaltungsstrafverfahren berücksichtigt worden, in dem es zu einer Ermahnung gekommen sei. Der Unrechtsgehalt bzw. die Eingriffsintensität sei auch hier als gering einzustufen. Vom Verwaltungsgericht eingeholte Abfragen zeigten im Ergebnis, dass der Erstmitbeteiligte seine in der Vergangenheit aufgezeigten Defizite im Hinblick auf die Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften nachhaltig korrigiert habe. Zum Umstand, dass der Erstmitbeteiligte im Zeitraum 3. August 2018 bis 7. August 2018 das „Taxigewerbe mit 2 Personenkraftwagen“ ausgeübt habe, ohne nach dem Ausscheiden des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers innerhalb eines Monates eine ordnungsgemäße Anzeige eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers bei der Gewerbebehörde zu erstatten, hielt das Verwaltungsgericht fest, „diese Form der Sorglosigkeit“ (der Erstmitbeteiligte habe „die Verantwortung an den Steuerberater ausgelagert“) stelle noch kein Indiz für ein erhöhtes Gefahrenpotential dar. Dazu komme, dass der Erstmitbeteiligte seit der verfahrensgegenständlichen Antragstellung nur mehr diese Verwaltungsvormerkung zu verzeichnen habe. Im Übrigen werde es zu keiner gleichgelagerten Verwaltungsübertretung mehr kommen, weil der Erstmitbeteiligte nunmehr einen „eigenen“ Gewerbeschein besitze. Anders als noch zum Entscheidungszeitpunkt der Amtsrevisionswerberin betrage der Wohlverhaltenszeitraum nunmehr 26 Monate.

30       Daher komme das Verwaltungsgericht einzelfallbezogen zum Ergebnis, dass der Erstmitbeteiligte die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG erfülle. Dies insbesondere deshalb, weil dieser „aus seinen in der Vergangenheit begangenen Fehlern gelernt hat“, zudem seien im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die auf eine negative Einstellung des Erstmitbeteiligten gegenüber den zum Schutz vor Gefahren für die Sicherheit sowie die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassenen Gesetzen hindeute.

31       Hinweise, wonach sich der Erstmitbeteiligte entgegen § 11 StbG nicht am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich beteilige und sich nicht zu den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft bekenne, hätten sich nicht ergeben.

32       Zum gesicherten Lebensunterhalt nach § 10 Abs. 1 Z 7 StbG führte das Verwaltungsgericht - soweit vorliegend maßgeblich - aus, die Amtsrevisionswerberin habe eingewendet, dass der Erstmitbeteiligte und seine Ehegattin insgesamt dreimal um die „Hilfe für werdende Mütter“ angesucht hätten und in der Folge mit finanziellen Mitteln des Landes Salzburg unterstützt worden seien. Dazu sei festzuhalten, dass ausschließlich der Bezug der „Hilfe für werdende Mütter“ im Jahr 2017 von rechtlicher Relevanz sei, weil die anderen Bezüge außerhalb der Durchrechnungszeiträume lägen. Die „Hilfe für werdende Mütter“ werde als einmalige Förderung [„Sozialer Dienst“ gemäß § 22 Abs. 2 Z 5 Salzburger Sozialhilfegesetz, LGBl. 19/1975 idgF (SHG)] in der Höhe von € 600,00 oder bei laufendem Bedarfsorientiertem Mindestsicherungsbezug in der Höhe von zumindest vorläufig € 300,00 ausgezahlt. Da der Erstmitbeteiligte und seine Ehegattin zum Zeitpunkt, als sie die materielle Förderung gemäß § 22 Abs. 2 Z 5 SHG beantragt und ausbezahlt bekommen hätten, keine Bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen hätten, könnten die bezughabenden Bestimmungen des SHG bzw. des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. 63/2010 idgF (MSG), bzw. die diversen Mindestsicherungsverordnungen außer Betracht bleiben. Gemäß § 22 Abs. 1 SHG seien „Soziale Dienste“ Leistungen zur Befriedigung gleichartiger, regelmäßig auftretender persönlicher, familiärer oder sozialer Bedürfnisse von Hilfesuchenden. Nach § 23 SHG erbringe und sichere diese sozialen Dienste das Land Salzburg als Träger von Privatrechten; auf die Leistungen bestehe kein Rechtsanspruch. Sodann erfolgt die Wiedergabe einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.9.2015, Ra 2015/10/0103).

33       Nach weiteren Ausführungen zu den sonstigen Verleihungsvoraussetzungen und der Erstreckung führte das Verwaltungsgericht zu § 10 Abs. 3 StbG aus, dem Erstmitbeteiligten sei es aufgrund des Umstandes, dass er niemals offiziell registriert worden sei, nicht möglich gewesen, aus dem bisherigen Staatsverband auszuscheiden. Das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband sei dem Erstmitbeteiligten allerdings auch unzumutbar, weil er als Asylwerber in diesem asylrelevant verfolgt werde.

34       Da sämtliche Verleihungsvoraussetzungen erfüllt, keine Erteilungshindernisse festgestellt worden seien und den Mitbeteiligten das Ausscheiden aus ihrem bisherigen Staatsverband nicht möglich und zumutbar sei, sei dem Erstmitbeteiligten die Staatsbürgerschaft unmittelbar zu verleihen und die Staatsbürgerschaft auf die Zweit- bis Viertmitbeteiligten zu erstrecken. Der Erstmitbeteiligte habe am 15. Oktober 2020 vor dem erkennenden Gericht das Gelöbnis gemäß § 21 StbG mündlich abgelegt.

35       Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Verwaltungsgericht aus, die ordentliche Revision sei zulässig, „weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der entscheidungsrelevanten Rechtsfrage, ob es sich bei der Leistung gemäß § 22 Abs 2 Z 5 SHG (‚Hilfe für werdende Mütter‘) um eine Sozialhilfeleistung im Sinne des § 10 Abs 5 StbG handelt, bislang fehlt. Darüber hinaus kommt der Beantwortung dieser Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.“

36       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 6 VwGG mit der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei (samt Antrag auf Kostenersatz) unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit der Revision

37       Die Amtsrevision schließt sich zunächst der Auffassung des Verwaltungsgerichtes zur Zulässigkeit der Revision an. Dazu führt die Amtsrevision aus, der Bezug der „Hilfe für werdende Mütter“ im entscheidungsrelevanten Durchrechnungszeitraum vor Antragstellung (November 2017) in der Höhe von € 600,00 durch den Verleihungswerber und seine Ehegattin stelle eine Inanspruchnahme einer Sozialhilfeleistung gemäß § 10 Abs. 5 StbG dar, zumal dieser Anspruch im SHG geregelt sei und seit 2012 insgesamt dreimal gewährt worden sei.

38       Darüber hinaus bringt die Amtsrevision zu ihrer Zulässigkeit weiter vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 3 StbG und zur Rechtsfrage, ob und inwieweit ungeprüfte Identitätsfeststellungen der Asylbehörde in den Staatsbürgerschaftsverleihungsbescheid übernommen werden dürften.

39       Zu dieser Rechtsfrage bringt die Amtsrevision vor, mit der Aushändigung des Verleihungsbescheides werde einer bestimmten Person mit einer in der Urkunde festgehaltenen Identität eine neue Staatsbürgerschaft verliehen. Schon das öffentliche Interesse daran, dass die Einbürgerungsurkunde auch im Hinblick auf die beurkundeten Personendaten richtig sei, mache eine Überprüfung der diesbezüglichen Identitätsangaben - auch unter erschwerten Bedingungen - erforderlich. Ein Absehen von den angeführten Dokumenten bedinge, dass die Identität des Verleihungswerbers anhand anderer unbedenklicher Dokumente festgestellt werde.

40       Vorliegend habe der Verleihungswerber im Staatsbürgerschaftsverfahren versucht, seine Identität durch den vom Bundesasylamt ausgestellten Konventionsreisepass sowie eine Geburtsurkunde des Standesamtes Salzburg auf Grundlage des § 35 Abs. 2 Z 3 PStG 2013 nachzuweisen. Diese (von österreichischen Behörden ausgestellten) Identitätsdokumente basierten jeweils auf jener Verfahrensidentität, welche im Asylverfahren mangels nachgewiesener Identität auf Grundlage der Angaben des Verleihungswerbers angenommen worden sei. Der somalischen Heiratsurkunde des Verleihungswerbers habe die Österreichische Botschaft Nairobi (mit Stellungnahme vom 6. November 2019) anders als das Verwaltungsgericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung keinen Glauben geschenkt. Nach Ansicht der Amtsrevisionswerberin bildeten diese Dokumente im Verfahren zur Verleihung der Staatsbürgerschaft ohne Hinzutreten weiterer geeigneter Beweismittel keinen ausreichenden Identitätsnachweis. So auch nicht das Schulzeugnis des Verleihungswerbers, zumal er im Lebenslauf zum Staatsbürgerschaftsantrag zu seinen besuchten Schulen andere Angaben als im Asylverfahren gemacht habe. Das Eheschließungsjahr in der somalischen Heiratsurkunde (2010) korrespondiere nicht mit den Angaben des Verleihungswerbers im Asylverfahren (dort 2011). In den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen bestehe keine Grundlage dafür, dass von der Vorlage von diesen Dokumenten abgesehen werden könne (Verweis auf ein näher bezeichnetes Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg). Das Verwaltungsgericht nehme auch aufgrund eines Asyl-Länder-Berichtes als erwiesen an, dass auch der Verleihungswerber aufgrund des Fehlens eines zentralen Personenstandsregisters nicht registriert sei, obwohl ihm in Mogadischu-Hamar ein Reisepass für seine journalistische Tätigkeit ausgestellt worden sei.

41       Aus den Erläuterungen (zum FPG, NRG und StbG) gehe hervor, dass es oft Fremden in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz nicht gelinge, ihre Identität durch unbedenkliche Urkunden nachzuweisen. § 5 Abs. 3 StbG solle ausschließlich für diese Fälle den Behörden die Möglichkeit geben, die Papillarlinienabdrücke abzunehmen, da die Identität für die Verleihung der Staatsbürgerschaft zweifelsfrei feststehen solle. Das Verwaltungsgericht habe die Identität des Verleihungswerbers im Staatsbürgerschaftsverfahren trotz hoher Dokumentenunsicherheit in Somalia als freibewiesen festgestellt, unter anderem aufgrund diverser Referenzschreiben und anhand eigener Email-Anfragen nach Somalia „mittels von Verleihungswerber ausgewählten Zeugen“, deren Identität selbst nicht durch das Verwaltungsgericht entsprechend geprüft worden sei bzw. geprüft hätten werden können.

42       Insbesondere sei auffällig, dass bislang keine eidesstattliche Erklärung und Identitätsprüfung des Vaters des Verleihungswerbers, geboren vor 1991, vorliege, der die Reise des Erstmitbeteiligten nach Österreich organisiert habe und bei der traditionellen Hochzeit anwesend gewesen sei, wovon es keine Fotodatei gebe. Dem Akt der Amtsrevisionswerberin sei zu entnehmen, dass der Verleihungswerber die Staatsbürgerschaft für den Besuch seines Vaters in Somalia dringend benötigt habe und selbst angegeben habe, wieder in sein Heimatland reisen zu wollen.

43       Darüber hinaus sei die Amtsrevision auch zulässig, weil das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 1 Z 6 StbG abweiche. So habe das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens des Erstmitbeteiligten, der erst seit 12. Mai 2012 im Bundesgebiet lebe, die Art und Schwere der nach Auffassung der Amtsrevisionswerberin schwerwiegenden, gravierenden Übertretungen nicht berücksichtigt. Bei einer verkürzten Einbürgerungsdauer von sechs Jahren, die am 12. Mai 2012 mit einer strafbaren Handlung begonnen habe, seien „keine Begünstigungen in der Gesamtprognose“ zulässig, auch wenn sich der Erstmitbeteiligte nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich „überaus“ beteilige und in der Rechtsberatung auf Werkvertragsbasis arbeite. Vielmehr dürften keine Zweifel im Lichte des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG vorliegen.

44       Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass „ehrliches Bereuen“ des Einbürgerungswerbers an der Notwendigkeit eines längeren Wohlverhaltens nichts zu ändern vermöge (Verweis auf VwGH 23.12.2019, Ra 2019/01/0397). Von dieser Rechtsprechung sei das Verwaltungsgericht vorliegend abgewichen, wenn es zugunsten des Verleihungswerbers angeführt habe, es habe „einen persönlichen Eindruck vom Verleihungswerber gewinnen können, dass er nach kritischer Analyse die Verantwortung für seine Verwaltungsdelikte übernahm und dem Verwaltungsgericht sohin glaubhaft machte, aus seinen Fehlern gelernt zu haben“.

45       Auch sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Berufskraftfahrer besondere Sorgfalt bei der Einhaltung der für die Sicherheit im Straßenverkehr erlassenen Vorschriften an den Tag zu legen hätten, abgewichen (Verweis auf VwGH 22.7.2019, Ra 2019/01/0248).

46       Aufgrund der Art, Schwere und Häufigkeit der begangenen Übertretungen widerspreche auch deshalb ein Wohlverhaltenszeitraum von 26 Monaten der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und sei ein längerer Wohlverhaltenszeitraum zu verlangen. Die Amtsrevision sei aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Ansicht, dass in diesem Fall ein Wohlverhaltenszeitraum von zumindest 36 bis 48 Monaten als angemessen zu betrachten wäre. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, seit der vom Erstmitbeteiligten begangenen gerichtlich strafbaren Handlung seien mehr als acht Jahre vergangen, verkenne, dass dem Erstmitbeteiligten in weiterer Folge auch fünf Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt worden seien und dieser die letzte Verwaltungsübertretung erst am 7. August 2018 beendet habe (Verweis auf VwGH 9.9.2003, 2002/01/0469).

47       Zudem komme nach Ansicht der Amtsrevisionswerberin dem vom Verleihungswerber begangenen Vergehen nach § 224a StGB unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der öffentlichen Ordnung insbesondere dadurch Bedeutung zu, dass durch den gefälschten belgischen Reisepass vorgetäuscht werden sollte, er sei im rechtmäßigen Besitz der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates des EWR. Wenngleich die Tathandlung vor mehr als nunmehr acht Jahren „gewesen sei“, das Gericht seine Schuld „nicht als schwer ansah“ und es zu einer Einstellung des Strafverfahrens nach Erbringung gemeinnütziger Leistungen gekommen sei, sei dieser Vorfall in der Gesamtschau als negativ zu werten, zumal das Verwenden einer falschen Identität bei der Einreise ins Bundesgebiet sich gegen ein hohes Schutzgut in Bezug auf den Erwerb der Staatsbürgerschaft und gegen öffentliche Interessen gerichtet habe. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit befasst, dass durch den gefälschten belgischen Reisepass vorgetäuscht werden sollte, der Verleihungswerber sei im rechtmäßigen Besitz der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates des EWR. Somit habe der Verleihungswerber auch bei seiner Einreise gegen grenzüberschreitende Normen verstoßen und bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass ein- und dieselbe Person auch im internationalen Rechtsverkehr mit unterschiedlichen amtlichen Ausweispapieren auftreten könne. Der Eurodac-Treffer der Kategorie 2 vom 6. April 2012 in Griechenland (ersichtlich im IAP-Web / vormals EKIS-Web) sei vom Verwaltungsgericht nicht geprüft worden. Damit bleibe offen, welche Identitäten der Verleihungswerber bis zum 14. Mai 2012 verwendet habe.

48       Die Revision ist insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen der Amtsrevision zum Identitätsnachweis nach § 5 Abs. 3 StbG zulässig.

Identitätsnachweis nach § 5 Abs. 3 StbG

Grundsätzliche Rechtsfrage

49       In der vorliegenden Revisionssache stellt sich zunächst die grundsätzliche Rechtsfrage, in welcher Weise ein Fremder in einem Verleihungsverfahren nach dem StbG seine Identität nachzuweisen bzw. wie die Staatsbürgerschaftsbehörde auf dieser Grundlage die Identität eines Verleihungswerbers festzustellen hat. Zum diesbezüglich maßgeblichen § 5 Abs. 3 StbG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 (FrÄG 2009), BGBl. I Nr. 122, besteht noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Rechtslage

50       Diesbezüglich normiert § 5 StbG idF des FrÄG 2009 Folgendes:

ABSCHNITT I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

...

§ 5. (1) Gelingt es dem Fremden nicht, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, kann die Behörde im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen. Jede Untersuchungsmethode hat mit dem geringst möglichen Eingriff zu erfolgen. Die Mitwirkung des Fremden an einer radiologischen Untersuchung ist nicht mit Zwangsmittel durchsetzbar. Bestehen nach der Altersdiagnose weiterhin begründete Zweifel, so ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen.

(2) Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm die Behörde auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DANN-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DANN-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen.

(3) Gelingt es dem Fremden nicht, seine Identität, auf die er sich in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so kann die Behörde die Abnahme der Papillarlinienabdrücke der Finger anordnen. Die Weigerung des Fremden, an der Abnahme mitzuwirken, ist von der Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.“

51       Die Erläuterungen zu Abs. 3 (vgl. RV 330 BlgNR 24. GP, 55) führen aus:

„Oft gelingt es Fremden in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz nicht ihre Identität durch unbedenkliche Urkunden nachzuweisen. Abs. 3 soll ausschließlich für diese Fälle den Behörden die Möglichkeit geben, die Papillarlinienabdrücke abzunehmen, da die Identität für die Verleihung der Staatsbürgerschaft zweifelsfrei feststehen soll. Eine Weigerung des Fremden hierbei mitzuwirken, ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigten [sic!]. Siehe dazu auch die korrespondierenden Bestimmungen im § 39a und die Erschleichungstatbestände des § 64.“

52       § 19 StbG idF des FrÄG 2009 lautet auszugsweise:

§ 19. ...

(2) Der Fremde hat am Verfahren mitzuwirken und der Behörde alle notwendigen Unterlagen und Beweismittel sowie ein Lichtbild zur Verfügung zu stellen. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Beweismittel jedenfalls vorzulegen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art der Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.“

53       Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung führen (unter anderem) aus:

„Die Regelungen zur Antragstellung auf Verleihung und Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft werden radikal vereinfacht und an die bewährte Bestimmung des NAG (§ 19 Abs. 1) angeglichen.

... Die Ausübung der Verordnungsermächtigung hat sich selbstverständlich am Sinn des Gesetzes zu orientieren und somit kann nur die Vorlage von Dokumenten vorgeschrieben werden, die in jedem Fall benötigt werden. Dem Erfordernis des § 13 Abs. 3 AVG wird durch diese Regelung genüge getan. Diese Bestimmung entspricht im Übrigen dem geltenden § 19 Abs. 3 NAG und hat sich dort bewährt.“

54       § 39a StbG idF des Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018, BGBl. I Nr. 32, lautet auszugsweise:

§ 39a. (1) Die Behörden nach diesem Bundesgesetz dürfen personenbezogene Daten nur verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten nach diesem Bundesgesetz besteht kein Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 DSGVO sowie kein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung gemäß Art. 18 DSGVO. Darüber sind die Betroffenen in geeigneter Weise zu informieren.

...

(5) Die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden und Berufsvertretungsbehörden sind ermächtigt, Fremde, die die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen, gemäß § 5 Abs. 3 erkennungsdienstlich zu behandeln. Zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung dürfen nur geeignete und besonders geschulte Bedienstete, welche der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, ermächtigt werden. Die erkennungsdienstliche Behandlung hat unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu erfolgen.

(6) Die §§ 64 Abs. 1 bis 5, 65 Abs. 4 und 73 Abs. 7 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, gelten mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Sicherheitsbehörden die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden und Berufsvertretungsbehörden treten.

(7) Die Behörde hat einen Fremden, den sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen hat, unter Bekanntgabe des maßgeblichen Grundes formlos hiezu aufzufordern. Kommt der Betroffene der Aufforderung nicht nach, ist er schriftlich, unter Hinweis auf die Folgen einer mangelnden Mitwirkung, ein weiteres Mal zur Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung aufzufordern.

...“

55       Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung (vgl. RV 65 BlgNR 26. GP, 114) führen unter anderem aus:

„ ... Im Hinblick auf die zahlreichen Rechte und Pflichten, die an die österreichische Staatsbürgerschaft anknüpfen, insbesondere das Wahlrecht, die Berechtigung zur Teilnahme an Volksbegehren und Volksabstimmungen sowie die Wehrpflicht, liegt es stets im überwiegenden öffentlichen Interesse, dass das Bestehen oder Nichtbestehen der österreichischen Staatsbürgerschaft zu jeder Zeit richtig und zweifelsfrei, also unter Berücksichtigung der vollständigen dafür maßgeblichen Datenlage beauskunftet werden kann. ...“

56       § 2 der Verordnung des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1985 zur Durchführung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 329 idF BGBl. II Nr. 87/2017 (Staatsbürgerschaftsverordnung 1985), lautet auszugsweise:

Zu § 19 StbG

...

§ 2. (1) Dem Antrag auf Verleihung oder Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft sind folgende Urkunden und Nachweise anzuschließen:

1.   gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 4 Z 4 und 5 FPG);

2.   Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3.   aktuelles Lichtbild des Antragstellers (von 3,5 x 4,5 cm bis 4,0 x 5,0 cm);

4.   erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Nachweis über die Anerkennung oder gerichtliche Feststellung der Vaterschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde, Nachweis über Namensänderung;

...

(2) Von der Vorlage von Urkunden und Nachweisen gemäß Abs. 1 Z 1, 2 und 4 kann abgesehen werden, wenn deren Beschaffung nachweislich nicht möglich ist und die Identität des Antragstellers anhand anderer unbedenklicher Dokumente festgestellt werden kann, wobei zur Beurteilung der Unbedenklichkeit insbesondere Verfahren gemäß § 5 StbG herangezogen werden können.

...

(4) Eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden nach Abs. 1 besteht nicht, wenn die zu beweisenden Tatsachen oder Rechtsverhältnisse durch Einsicht in das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister (ZSR, § 56a StbG), oder in andere den Behörden zur Verfügung stehende Register festgestellt werden können.“

57       Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Identität im Staatsbürgerschaftsverfahren grundsätzlich festgehalten (vgl. VwGH 30.4.2018, Ra 2017/01/0417, mwN):

„62 Auch staatsbürgerschaftsrechtlich ist die Bekanntgabe der wahren Identität von wesentlicher Bedeutung.

63 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass unrichtigen Namensangaben im Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahren wesentliche Bedeutung zukommt, geht es doch in diesem Verfahren darum, einer ganz bestimmten, durch ihren Namen identifizierbaren Person die Staatsbürgerschaft zu verleihen und insofern ihren rechtlichen Status zu gestalten. Von daher kann jedenfalls nicht gesagt werden, es sei belanglos, auf welchen Namen ein Verleihungsbescheid ausgestellt wird (vgl. VwGH 8.6.2006, 2004/01/0470).

64 Daher ist die Staatsbürgerschaftsbehörde auch bei Vorlage eines Lichtbildes nicht ihrer Verpflichtung enthoben, sich von der Identität des Verleihungswerbers auf geeignete Weise zu überzeugen (vgl. VwGH 20.9.2011, 2008/01/0777).

65 Der Antragssteller ist wiederum verpflichtet, der Staatsbürgerschaftsbehörde seine persönlichen Umstände im Verleihungsverfahren vollständig darzulegen (vgl. VwGH 25.2.2014, 2012/01/0156, mwN). Auf diese Verpflichtung hat der Verwaltungsgerichtshof auch in einer Rechtssache hingewiesen, in der ein Verleihungsverfahren nach StbG wiederaufgenommen wurde, weil hervorgekommen sei, dass der (dortige) Beschwerdeführer auf Grund falscher Angaben über seine Identität in Österreich unter verschiedenen Namen registriert worden sei und ein unter einer Alias-Identität erlassenes Aufenthaltsverbot verschwiegen habe (vgl. VwGH 29.1.2014, 2012/01/0064). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die Mitwirkungspflicht nach § 4 StbG auch umfasst, dass die diesbezüglichen Angaben wahrheitsmäßig erfolgen.“

58       Im Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahren geht es darum, einer ganz bestimmten, durch ihren Namen identifizierbaren Person die Staatsbürgerschaft zu verleihen und insofern ihren rechtlichen Status zu gestalten. Daher ist die Staatsbürgerschaftsbehörde auch bei Vorlage eines Lichtbildes nicht ihrer Verpflichtung enthoben, sich von der Identität des Verleihungswerbers auf geeignete Weise zu überzeugen. Der Antragssteller ist wiederum verpflichtet, der Staatsbürgerschaftsbehörde seine persönlichen Umstände im Verleihungsverfahren vollständig darzulegen (vgl. zu allem VwGH 2.9.2020, Ra 2020/01/0263-0264, mwN).

Feststellung der Identität nach § 5 Abs. 3 StbG

59       Nach dieser Rechtslage ist die grundsätzliche Rechtsfrage, in welcher Weise ein Fremder in einem Verleihungsverfahren nach dem StbG seine Identität nachzuweisen bzw. wie die Staatsbürgerschaftsbehörde auf dieser Grundlage die Identität eines Verleihungswerbers festzustellen hat, wie folgt zu beantworten:

60       Grundsätzlich hat der Fremde gemäß § 19 StbG am Verfahren mitzuwirken und der Behörde alle notwendigen Unterlagen und Beweismittel sowie ein Lichtbild zur Verfügung zu stellen.

61       § 5 StbG sieht unterschiedliche Untersuchungsmethoden vor, welche die (Staatsbürgerschafts)Behörde in bestimmten Fällen anordnen kann. Neben der Feststellung zur Minderjährigkeit des Fremden (Abs. 1) und zu einem behaupteten Verwandtschaftsverhältnis (Abs. 2) betrifft § 5 Abs. 3 StbG Feststellungen betreffend die Identität des Fremden (vgl. auch Eberwein/Schwarzenbacher in: Plunger/Esztegar/Eberwein [Hrsg], StbG [2017] § 5 Rz. 1).

62       Zunächst hat der Fremde gemäß § 5 Abs. 3 StbG seine Identität, auf die er sich in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen.

63       Unter „Identität“ wird die einwandfreie Feststellung jedenfalls des Namens und Geburtsdatums des Fremden zu verstehen sein. Dem Fremden obliegt diesbezüglich zunächst die Beweislast (arg. „nachzuweisen“ in § 5 Abs. 3 StbG; vgl. zu allem auch VwGH 7.9.2020, Ra 2020/01/0250, mwN, zu § 14 Abs. 1 Z 1 Passgesetz 1992), wenn seine Identität nicht bereits durch Einsicht in das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister (ZSR) oder in andere den Behörden zur Verfügung stehende Register unzweifelhaft festgestellt werden kann (vgl. § 2 Abs. 4 Staatsbürgerschaftsverordnung 1985).

64       Dieser Nachweis hat gemäß § 5 Abs. 3 StbG „durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel“ zu erfolgen. Eine Urkunde ist dann unbedenklich, wenn sie die gehörige äußere Form aufweist (vgl. so aus der ständigen Rechtsprechung zur Hinterlegungsanzeige nach § 17 Abs. 2 ZustG etwa VwGH 30.7.2020, Ra 2019/07/0036, mwN). Zu diesem Nachweis kommen nur amtliche Lichtbildausweise (z.B. Reisepass oder Führerschein) in Betracht (vgl. zum Reisepass nach Passgesetz 1992 als Identitätsdokument VwGH 4.7.2016, Ra 2016/04/0014, Rn. 16, mwN). Die Vorlage anderer amtlicher Dokumente (z.B. Staatsbürgerschaftsnachweis, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde etc.) genügen mangels eines Lichtbildes oder anderer Identitätsmerkmale für den gemäß § 5 Abs. 3 StbG zunächst vorgesehen Nachweis der Identität durch den Fremden nicht (vgl. Kind in Ecker/Kind/Kvasina/Peyerl, StbG 1985 [2017], § 5 Rz. 18). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass eine Meldebestätigung nach § 19 MeldeG nicht als Identitätsdokument angesehen werden kann (vgl. VwGH 4.7.2016, Ra 2016/04/0014). Insoweit fordert das Gesetz, dass Nachweise vorgelegt werden, deren Nachprüfung in Österreich möglich sein muss (vgl. Kind in Ecker/Kind/Kvasina/Peyerl, StbG 1985 [2017], § 5 Rz. 23).

65       Gelingt dies dem Fremden nicht, so kann die Behörde gemäß § 5 Abs. 3 StbG die Abnahme der Papillarlinienabdrücke der Finger anordnen. Diese Maßnahme gemäß § 5 Abs. 3 StbG stellt eine erkennungsdienstliche Behandlung dar, zu der die nach dem StbG zuständigen Behörden und Berufsvertretungsbehörden gegenüber Fremden, die die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen, ermächtigt sind (vgl. § 39a Abs. 5 StbG).

66       Die Abn

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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