RS Vwgh 2021/3/15 Ra 2021/01/0051

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Veröffentlicht am 15.03.2021
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Index

E6J
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
StbG 1985 §28 Abs1 Z1
StbG 1985 §28 Abs2
VwGG §34 Abs1
62017CJ0221 Tjebbes VORAB

Hinweis auf Stammrechtssatz

GRS wie Ra 2020/01/0354 B 8. Oktober 2020 RS 3

Stammrechtssatz

Der VfGH hat klargestellt (Hinweis 17.6.2019, E 1832/2019 = Vfslg 20.330), dass dem Verfahren zur Bewilligung der Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 28 StbG insofern grundrechtliche Bedeutung zukommt, als die Behörde anlässlich eines Antrages auf Beibehaltung der Staatsbürgerschaft die Folgen eines allfälligen Verlustes auf ihre Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf Art. 8 MRK prüfen kann und muss und dabei auch die unionsrechtlich gebotene Abwägung der Folgen des Verlustes der Unionsbürgerschaft nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache C-221/17, Tjebbes ua, durchführen kann und muss. Dieser verfassungskonformen Auslegung des VfGH hat sich der VwGH bereits angeschlossen (vgl. VwGH 12.12.2019, Ra 2019/01/0437, mwN). Diese Rechtsprechung zeigt auch, dass ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" (nach § 28 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StbG) auch dann gegeben ist, wenn der gesetzlich angeordnete Verlust der Staatsbürgerschaft eine Verletzung des durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens und damit einen Verstoß gegen die Verpflichtung der Republik Österreich zur Gewährleistung dieses Konventionsrechts bedeuten würde (vgl. VfGH 17.6.2019, E 1832/2019, VfSlg. 20.330). Demnach ist die unionsrechtlich gebotene Abwägung vor dem Hintergrund von Art. 8 EMRK zu betrachten. Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist jedoch im Allgemeinen nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG und daher vom VwGH im Revisionsmodell nur aufzugreifen, wenn das Verwaltungsgericht die vom VwGH aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet hat und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten hat oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalls vorgenommen hat bzw. die Entscheidung auf einer verfahrensrechtlich nicht einwandfreien Grundlage erfolgte (vgl. VwGH 28.1.2020, Ra 2019/01/0466, mwN).

Gerichtsentscheidung

EuGH 62017CJ0221 Tjebbes VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021010051.L01

Im RIS seit

28.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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