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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AufG 1992 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,
Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. A in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1995, Zl. 105.891/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 27. Oktober 1993 beim Landeshauptmann von Wien die Verlängerung einer im Antrag nicht näher dargelegten Aufenthaltsbewilligung durch Ankreuzen der Alternative "Verlängerungsantrag" im Antragsformular. Als Aufenthaltszweck gab er die Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit als Tellerwäscher an. In seiner niederschriftlichen Einvernahme am 13. Juni 1994 vor der erstinstanzlichen Behörde bekräftigte der Beschwerdeführer seine Absicht, in Österreich als Tellerwäscher zu arbeiten. Mit dem am 27. Juli 1994 zugestellen Bescheid vom 18. Juli 1994 wies der Landeshauptmann von Wien den Antrag des Beschwerdeführers "auf Änderung des in der Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992, i.d.F. BGBl. Nr. 314/1994, angegebenen Aufenthaltszweckes" im Hinblick auf § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Begründend führte der Landeshauptmann von Wien aus, das zuständige Landesarbeitsamt habe die Unbedenklichkeit der Aufnahme der vom Beschwerdeführer angestrebten Beschäftigung nicht bestätigt, weshalb in Anwendung des § 5 Abs. 2 AufG spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1995 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes" abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 27. Oktober 1993 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt habe, welchem eine beabsichtigte Beschäftigung in Österreich zu Grunde gelegen sei. Die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe die Unbedenklichkeit für die vom Beschwerdeführer angestrebte Beschäftigung nicht bestätigt. Daraus habe sich für die Behörde die gesetzliche Verpflichtung ergeben, den Antrag des Beschwerdeführers abzulehnen. Selbst wenn im gegebenen Falle eine Ermessensentscheidung zulässig wäre, könnte die Behörde zu keinem anderen Ergebnis gelangen, denn der Beschwerdeführer habe keine nennenswerten persönlichen Interessen vorgebracht, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeiführen hätten können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Spricht - wie hier - die Berufungsbehörde bloß aus, daß die Berufung als unbegründet abgewiesen wird, so ist dies als ein mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmender Bescheid zu betrachten, der an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides tritt (vgl. die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6 Rz 543 wiedergegebene Judikatur). Ist aber damit der Inhalt des Spruches des Berufungsbescheides eindeutig, ermöglicht auch eine allenfalls damit in Widerspruch stehende Begründung keine Umdeutung desselben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1986, Zlen. 85/05/0005, 85/05/0006, 84/05/0039). Daraus folgt, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene Abweisung eines Antrages des Beschwerdeführers auf "Änderung des in der Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992, i.d.F. BGBl. Nr. 314/1994 angegebenen Aufenthaltszweckes" bestätigte.
Ein solcher Antrag auf Änderung des Aufenthaltszweckes einer BESTEHENDEN Bewilligung wurde vom Beschwerdeführer jedoch im Verwaltungsverfahren nicht gestellt, sondern ein solcher auf VERLÄNGERUNG einer Bewilligung (allenfalls UNTER Änderung des Aufenthaltszweckes), bzw. auf Erteilung einer solchen unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Bestimmungen im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG. Die erstinstanzliche Behörde, die einen antragsbedürftigen Bescheid erließ, obwohl kein diesbezüglicher Antrag der Partei vorlag, verletzte auf einfachgesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1996, Zl. 93/17/0200, mwN). Die hier erfolgte Abweisung eines Antrages ist jedenfalls insoweit antragsbedürftig, als sie das Vorliegen eines solchen voraussetzt. Diese Zuständigkeitsverletzung besteht unabhängig davon, ob die "Änderung des Aufenthaltszweckes" einer bestehenden Bewilligung nach der im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (5. Mai 1995) anzuwendenden Rechtslage VOR Inkrafttreten der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, überhaupt zulässig gewesen wäre (vgl. hiezu die ausdrückliche Regelung des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG in der hier nicht anzuwendenden Fassung dieser Novelle), weil für die Zuständigkeit der Behörde auch dann nichts gewonnen wäre, wenn die nach ihrer Auffassung beantragte Rechtsgestaltung im Gesetz gar nicht vorgesehen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 94/17/0300). Daraus folgt, daß die erstinstanzliche Behörde zur Erlassung ihres Bescheides unzuständig war.
Die belangte Behörde als zuständige Berufungsbehörde wäre verpflichtet gewesen, den erstinstanzlichen Bescheid infolge Unzuständigkeit des Landeshauptmannes von Wien ersatzlos zu beheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/11/0076).
Indem sie dies unterließ, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und verletzte den Beschwerdeführer hiedurch in dem auch als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Bemerkt wird, daß der Landeshauptmann von Wien mit der Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Oktober 1993 nach der Aktenlage nach wie vor säumig ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995190871.X00Im RIS seit
02.05.2001