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L40015 Anstandsverletzung Ehrenkränkung LärmerregungNorm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des K in B, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 20. September 1995, Zl. UVS-14/138/9-1995, betreffend Übertretung des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 20. September 1995 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Organ der K-Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in B unterlassen, die Räumlichkeiten der "XY-Bar" bzw. des Hauses B 1, die er in der Zeit vom 2. bis 9. März 1993 für die erwerbsmäßige Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt habe, bei der Gemeinde B anzuzeigen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs. 2 lit. d in Verbindung mit § 3 Abs. 1 in weiterer Verbindung mit § 3 Abs. 3 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz begangen, weshalb nach den genannten Bestimmungen über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt werde.
Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, es stehe nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung fest, daß der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der K-Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in B sei, die am Standort B Nr. 1 die "XY-Bar" betreibe. Das Haus habe zwei Stockwerke; im Erdgeschoß befinde sich der Barbereich mit mehreren Barräumen, einer Küche und den Toilettanlagen. In den beiden Stockwerken befänden sich jeweils einzelne Zimmer, nicht jedoch Wohnungen oder Garconnieren. Im zweiten Stock befinde sich außerdem ein Büro. Die Bar sei von ihrem Charakter her ein "Animierlokal", wobei die meisten Animierdamen im Hause wohnten. Mit diesen würden "Werkverträge" abgeschlossen. Diesen Verträgen zufolge sei es Aufgabe der Animierdamen, die Gäste zu unterhalten und den Konsum, an dem sie prozentmäßig beteiligt seien, zu heben. Nach § 2 dieses Vertrages würden sie erklären, sich mit den polizeilichen Ordnungsvorschriften vertraut gemacht zu haben und das Lokal nicht in Herrenbegleitung zu verlassen. Die Animierdamen übten mit den in der Bar befindlichen Gästen in der Regel in den Zimmern des ersten Stockes die Prostitution aus, während sie üblicherweise in den Zimmern des zweiten Stockes unentgeltlich wohnten. Teilweise würden diese Räumlichkeiten bei Platzmangel in ihrer Verwendung auch ausgetauscht. Der Beschwerdeführer halte sich zu Zeiten des Barbetriebes zwar in der Regel nicht in der Bar auf, er wisse jedoch um die Prostitution in den im ersten bzw. im zweiten Stock befindlichen Räumen. Die Animierdamen übten die Prostitution entgeltlich und auch mehrere Male pro Abend aus. Im angeführten Zeitraum habe Manuela Sch. die Prostitution in einem zur "XY-Bar" gehörenden Zimmer mit Ausnahme des 3. März 1993 täglich ein- bis sechsmal ausgeübt. Der Beschwerdeführer habe diese Nutzung der Gemeinde B nicht gemeldet.
Da sämtliche Bemühungen des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg, die Zeugin Manuela Sch. ausfindig zu machen, gescheitert seien, habe eine Verlesung ihrer niederschriftlichen Angaben vor dem Gendarmeriepostenkommando B am 11. März 1993 sowie ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Stadtgemeinde M am 24. März 1994 gemäß § 51g Abs. 3 Z. 1 zweiter Satz VStG erfolgen dürfen. Die getroffenen Feststellungen würden sich im wesentlichen auf diese Aussage und die Aussage der Zeugin G. stützen, die als in sich schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei zu bewerten seien. Was die Feststellung anlange, der Beschwerdeführer habe von der Ausübung der Prostitution gewußt, so könne diese durch den vom Beschwerdeführer vorgelegten Werkvertrag, wonach Sch. unter anderem erklärt habe, sich mit den polizeilichen Ordnungsvorschriften vertraut gemacht zu haben und das Lokal nicht in Herrenbegleitung zu verlassen, nicht entkräftet werden. Seiner gesamten Diktion nach sei der Werkvertrag offenbar lediglich geschlossen worden, "um gesetzliche Hindernisse verschiedensten Inhaltes auszuräumen". Auch wäre die Annahme völlig weltfremd, der Geschäftsführer einer Bar würde die "jahrelangen Gepflogenheiten innerhalb derselben" nicht mitbekommen. Es handle sich bei den diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers um eine Schutzbehauptung. Auch habe die Zeugin G., die die Bar in Abwesenheit des Beschwerdeführers geleitet habe, ausgeführt, daß der Beschwerdeführer von der Ausübung der Prostitution gewußt habe. Der Unabhängige Verwaltungssenat sei daher der Auffassung, daß der Beschwerdeführer angesichts des Umstandes, daß er zumindest im angeführten Zeitraum der in seiner Bar beschäftigten Manuela Sch. Räumlichkeiten zu Zwecken der Ausübung der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung gestellt habe, zur Anzeige im Sinne des § 3 Abs. 3 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz verpflichtet gewesen sei. Diese Anzeige habe er - zumindest fahrlässig - nicht erstattet, sodaß ihm tatbildmäßiges Verhalten vorzuwerfen sei. Die im Sinne des § 44a VStG vorgenommenen Spruchkorrekturen seien notwendig und zulässig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich an öffentlichen Orten in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution abzielt und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei Vorliegen von Erschwerungsgründen können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden.
Ebenso begeht gemäß § 3 Abs. 2 lit. d leg. cit. eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß Abs. 1 zu bestrafen, wer die Anzeige gemäß Abs. 3 nicht erstattet.
Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. hat, wer beabsichtigt, eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeit für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zu nutzen oder zur Verfügung zu stellen, dies der Gemeinde anzuzeigen. Die künftige oder weitere solche Verwendung ist zu untersagen, wenn hiegegen Bedenken der in Abs. 4 genannten Art bestehen.
Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften zunächst vor, die bloße Verlesung der Zeugenaussage der Manuela Sch. sei unzulässig gewesen, weil der Aufenthalt dieser Zeugin der belangten Behörde "durch deren Angaben in den niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Gendarmerieposten bzw. der Stadtgemeinde bekannt sein mußte."
Dieser Vorwurf erweist sich schon deshalb als unberechtigt, weil von der belangten Behörde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten erhoben wurde, daß die genannte Zeugin von der letzten bekannten Adresse seit März 1995 unbekannt verzogen ist, die vom Beschwerdeführer bezogenen Angaben der Zeugin jedoch vom 11. März 1993 bzw. vom 24. März 1994 stammen.
Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, es sei nicht hinreichend erwiesen, daß die in Rede stehenden Räumlichkeiten zu Zwecken der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung gestellt worden seien, zumal es keinerlei Hinweise dafür gebe, daß er davon gewußt habe, vielmehr in den vorgelegten Werkverträgen ein "Prostitutionsausschluß" enthalten gewesen sei, er sich niemals im Lokal aufgehalten habe und sämtliche Abwicklungen des Geschäftsbetriebes durch die Zeugin G. erfolgt seien.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keinen Umstand auf, der die - auf die Zeugenaussagen gestützte - Annahme der belangten Behörde hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten zum Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution als unschlüssig erscheinen ließen. Haben doch weder die Zeugin Sch. noch die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vernommene Zeugin G. einen Zweifel daran gelassen, daß für die Überlassung von Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution an den Beschwerdeführer ein Geldbetrag zu entrichten war. Auch schließt eine Vereinbarung über die Unzulässigkeit der Prostitutionsausübung nicht aus, daß ein dieser Vereinbarung widersprechendes Verhalten tatsächlich gesetzt wurde. Aus welchen Gründen aber die Zeugin G. "als ehemalige Lebensgefährtin des nunmehrigen Beschwerdeführers mit Sicherheit nicht die genügende Objektivität" aufweise, ist in dieser Allgemeinheit nicht einsichtig und wird vom Beschwerdeführer auch nicht näher dargelegt.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, bei der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handle es sich um ein Absichtsdelikt, er habe die Anzeige nach den Feststellungen der belangten Behörde aber lediglich fahrlässig nicht erstattet, ist unzutreffend. Nach dem Gesetzeswortlaut besteht Anzeigepflicht hinsichtlich der beabsichtigten Nutzung oder Zurverfügungstellung einer Räumlichkeit für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution, d.h. die Anzeige ist vor der entsprechenden Nutzung oder Zurverfügungstellung der Räumlichkeit zu erstatten. Über das Verschulden an der Unterlassung einer gebotenen Anzeige ist nichts bestimmt; zur Strafbarkeit genügt daher gemäß § 5 Abs. 1 VStG fahrlässiges Verhalten.
Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Modifizierung der Tatumschreibung (statt Räumlichkeiten zur Ausübung der erwerbsmäßigen Prostitution in der Zeit vom 2. bis 10. März 1993: Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten für die erwerbsmäßige Ausübung der Prostitution in der Zeit vom 2. bis 9. März 1993) mit dem Argument, eine Tatzeitkorrektur sei gemäß § 44a VStG nicht möglich und gegen die zusätzliche Aufnahme des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz in den Spruch des Strafbescheides mit dem Argument, dies sei ebenfalls gemäß § 44a VStG nicht zulässig. Diesem Vorwurf ist entgegenzuhalten, daß die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG ermächtigt ist, im Rahmen ihrer Sachentscheidung sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid - im Verwaltungsstrafverfahren unter Beachtung des Verbotes der reformatio in peius - nach jeder Richtung abzuändern. Weder in der Modifizierung der Tatumschreibung noch in der Ergänzung der als Übertretungs- bzw. Strafnorm herangezogenen Verwaltungsvorschriften liegt jedoch eine Überschreitung dieser Ermächtigung.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995100223.X00Im RIS seit
20.11.2000