TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/22 W220 2215792-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.06.2021
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Entscheidungsdatum

22.06.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W220 2215792-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Sri Lanka, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2019, Zl.: 449839905/181228187, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein sri-lankischer Staatsangehöriger, heiratete im Februar 2008 in Sri Lanka eine österreichische Staatsangehörige. In der Folge reiste der Beschwerdeführer im Juni 2008 nach Österreich und erhielt eine in weiterer Folge regelmäßig verlängerte Aufenthaltsberechtigung in Österreich; derzeit verfügt der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde im Jänner 2010 geschieden.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich straffällig.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18.01.2019 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer mit, dass die Erlassung einer mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung gegen ihn beabsichtigt sei und forderte den Beschwerdeführer zur Beantwortung näher angeführter Fragen und zur Vorlage entsprechender Belege im Wege einer schriftlichen Stellungnahme auf.

Zu dieser Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30.01.2018 Stellung.

Mit oben zitiertem Bescheid vom 07.02.2019 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Sri Lanka zulässig sei (Spruchpunkt II.), erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.) und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben.

Seit 01.09.2020 verfügt der Beschwerdeführer über keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet mehr und ist unbekannten Aufenthalts.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Sri Lankas und führt die im Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Personalien; seine Identität steht fest. Er verfügt über einen gültigen sri-lankischen Reisepass.

Der Beschwerdeführer ist gesund, alleinstehend und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer ist in XXXX , in Sri Lanka geboren und lebte dort bis zu seiner Reise nach Österreich im Juni 2008. Er absolvierte in Sri Lanka Schulbildung im Umfang von zwölf Jahren und arbeitete als Sales Representative. In XXXX leben nach wie vor die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers; die Eltern des Beschwerdeführers führen ein Geschäft und verfügen über eigenes Einkommen.

Im Februar 2008 heiratete der Beschwerdeführer in Sri Lanka eine österreichische Staatsangehörige. In der Folge reiste er im Juni 2008 nach Österreich, wo er seitdem durchgehend auf Basis von Aufenthaltstiteln nach dem NAG lebte; derzeit verfügt der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde im Jänner 2010 geschieden.

Von 20.06.2008 bis 31.08.2020 war der Beschwerdeführer in Österreich durchgehend meldebehördlich erfasst. Er ging in Österreich von Juli 2008 bis September 2017 durchgehend Erwerbstätigkeiten als Küchenhilfe und als Rezeptionist nach und war sozialversichert. Er verfügt in Österreich über soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Freundeskreises und spricht Deutsch. Familienangehörige in Österreich hat er nicht.

Seit 01.09.2020 verfügt der Beschwerdeführer über keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet mehr und ist unbekannten Aufenthalts.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 15.11.2018, GZ.: XXXX , wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB und der Vergehen der sexuellen Belästigung nach §§ 218 Abs. 1 Z 1, 15 StGB sowie der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs. 1 und 2 Z 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten, davon sechzehn Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 28.06.2018 drückte der Beschwerdeführer S. J. gegen eine Hauswand und betastete sie über der Kleidung kräftig im Vaginalbereich. Am 19.05.2018 wollte der Beschwerdeführer Z. N. mit der Hand in ihren Intimbereich greifen; Z. N. konnte jedoch abblocken. Am 02.07.2018 umarmte der Beschwerdeführer F. S. von hinten und strich ihr mit den Händen über das Gesäß. Im Zeitraum von Anfang Mai 2017 bis 05.12.2017 übermittelte der Beschwerdeführer A. S. ca. 1.000 E-Mails, kontaktierte sie wiederholt über ein Alias-Facebook-Profil und begab sich zweimal zu ihrer Wohnadresse. Bei der Strafbemessung wurden mildernd der bisher ordentliche Lebenswandel, das Geständnis und der teilweise Versuch, erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen gewertet.

Der Beschwerdeführer befand sich von 02.09.2018 bis 02.05.2019 in Strafhaft.

Der Beschwerdeführer ist in Sri Lanka nicht bedroht oder verfolgt und läuft nicht konkret Gefahr, in Sri Lanka der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten.

Zur Lage in Sri Lanka wird unter auszugsweiser Heranziehung der seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffenen Länderfeststellungen nachfolgend festgestellt:

„Sicherheitslage

Das staatliche Gewaltmonopol ist unangefochten. Allerdings gibt es in Teilen des Nordens und Ostens ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit einigen gewalttätigen Zwischenfällen. Im April 2014 erschoss das sri-lankische Militär drei mutmaßliche tamilische Nationalisten in Nedunkerni (Distrikt Vavuniya). Im Oktober 2016 wurden zwei tamilische Studenten von der Polizei an einem Kontrollpunkt in Kokuvil (Bezirk Jaffna) erschossen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Vorfall wurden fünf Polizisten verhaftet (BTI 2018).

Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 haben in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr stattgefunden. Militär und Polizei sind weiterhin sichtbar präsent (AA 8.5.2018).

Die Landrückgabe wird fortgesetzt – nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km2 bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll. Der umfassende Sicherheits- und Überwachungsapparat dürfte insbesondere im Norden und Osten noch intakt sein, tritt aber nach außen nicht mehr so häufig wie früher in Erscheinung (AA 16.12.2017).

Am 1.3.2018 ist Sri Lanka der Konvention über Streumunition von 2008 beigetreten, weniger als drei Monate nachdem das Land dem Minenverbotsvertrag von 1997 beigetreten ist (HRW 14.3.2018). Bis auf kleine noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne „Hochsicherheitszonen“ um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Sri Lanker im ganzen Land frei bewegen und niederlassen (AA 16.12.2017). Im Juni 2017 betrug die verbliebene verminte Gesamtfläche 25,5km2, die sich über zehn Distrikte verteilt, was eine deutliche Reduktion gegenüber 68km2 im Jahr 2014 darstellt. Bei der derzeitigen Rate könnte Sri Lanka bis Ende 2021 frei von Landminen sein (MAG 2.4.2018).

Folter und unmenschliche Behandlung

Das Verbot der Folter ist in Art. 11 der Verfassung verankert. Internationalen Organisationen und Presseberichten zufolge ist Folter durch Polizisten weiterhin verbreitet, um Geständnisse zu erpressen. Dies hat auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter Méndez nach seinem Besuch im April/Mai 2016 festgestellt und darauf hingewiesen, dass 90% der Verurteilungen in Sri Lanka aufgrund von Aussagen in Polizeigewahrsam erfolgten (AA 16.12.2017).

Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (HRCSL) berichtet, dass Folter im ganzen Land Routine ist und weiterhin angewandt wird. Bis September 2017 wurden 271 Foltervorwürfe staatlicher Akteuren gemeldet. Viele Berichte beziehen sich auf Polizeibeamte, die angeblich Verdächtige "aufmischen", um Geständnisse zu erhalten (USDOS 20.4.2018). UNHRC Sri Lanka verzeichnete für die ersten acht Monate 2016 208 Beschwerden aufgrund von Folter (2015: 420; 2014: 489; 2013: 600, jeweils gesamtes Jahr). Während Folter früher vor allem Tamilen betraf, stellen jüngere Berichte von Human Rights Watch (HRW) sowie lokalen Menschenrechtsorganisationen heraus, dass Singhalesen in gleichem Maße betroffen sind (AA 16.12.2017).

Das Gesetz macht Folter strafbar und schreibt eine Freiheitsstrafe von nicht weniger als sieben Jahren und nicht mehr als zehn Jahren vor. Die Regierung unterhält einen Ausschuss zur Verhütung von Folter, der den Vorwurf der Folter prüft und vorbeugende Maßnahmen ergreift (USDOS 20.4.2018). Die gerichtliche Verfolgung von Folter ist mit enormen Zeit- und Geldaufwand für die Opfer verbunden, so dass in der Realität kaum ein Fall zur Anzeige kommt. HRW zufolge haben auch Fälle, die vor Gericht behandelt werden, auf Grund langer Verfahren, hoher Gerichtskosten und Einflussnahme durch die Polizei kaum eine Chance auf Verurteilung der Täter (AA 16.12.2017).

Polizei- und Militärkräfte setzten unter dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) Folter und sexuellen Missbrauch ein, um Geständnisse zu erwirken (USDOS 20.4.2018). Auf Grundlage des PTA können Verdächtige – unter Hinweis auf die angeblich noch andauernde Bedrohung der inneren Sicherheit – bis zu 18 Monate in Administrativhaft gehalten werden (AA 16.12.2017; vgl. AI 22.2.2018). Die Polizei darf körperlichen Zwang ausüben, um Aussagen zu erhalten. Gemäß PTA sind diese Aussagen grundsätzlich vollständig verwertbar (AA 16.12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Der den PTA ablösende Counter Terrorism Act (CTA) wurde noch nicht verabschiedet (AA 16.12.2017).

Der PTA wurde 1979 als Reaktion auf separatistische Aufstände, insbesondere der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), erlassen und während der 26 Jahre des Bürgerkriegs weitreichend eingesetzt. Doch während andere Notfallregelungen mit dem Ende des Konflikts im Mai 2009 ausgelaufen sind, blieb der PTA in Kraft. Noch 2016 wurden mindestens elf Personen im Rahmen des PTA wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten verhaftet (HRW 29.1.2018). Im Februar 2017 verkündigte der damalige Justizminister Wijedayasa Rajapakshe, dass die Regierung weitere Verhaftungen im Rahmen des PTA ausgesetzt habe. Schätzungsweise 70 bis 130 Personen befanden sich noch wegen PTA-Verhaftungen in Gewahrsam (USDOS 20.4.2018). Das Anti-Terrorgesetz „Prevention of Terrorism Act“ (PTA) ist trotz umfassender Kritik aus dem In- und Ausland noch in Kraft, neue Fälle werden jedoch seit Ende 2016 nicht mehr unter dem PTA behandelt (AA 16.12.2017). Sri Lanka hat es versäumt, seine Verpflichtung von 2015 zu erfüllen, den PTA aufzuheben und durch Rechtsvorschriften, die den internationalen Standards entsprechen, zu ersetzen (AI 22.2.2018; vgl. HRW 29.1.2018).

Die „International Truth und Justice Project“ und Associated Press berichten über Anschuldigungen von Entführungen und Folter, sowie sexuellem Missbrauch durch Sicherheitskräfte. Die meisten Opfer waren tamilische Männer, die beschuldigt wurden Verbindungen zur LTTE zu haben (USDOS 20.4.2018).

Es git in Sri Lanka keine Körperstrafen und unverhältnismäßige Strafen. Misshandlungen bei der Festnahme von Tatverdächtigen sowie in den Gefängnissen kommen aber weiterhin vor (AA 16.12.2017).

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind in der sri-lankischen Verfassung geschützt. Sri Lanka hat zudem zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert, darunter den Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte, den Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Anti-Folter-Konvention (jedoch nicht das Zusatzprotokoll CAT-OP) und die Kinderrechtskonvention (AA 16.12.2017).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehörten unrechtmäßige Tötungen, Folter, sexueller Missbrauch, willkürliche Verhaftungen, langwierige Inhaftierungen, fehlende Rückgabe von Eigentum durch das Militär sowie Überwachung und Belästigung von zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Journalisten. Die Diskriminierung von Tamilen und nichtkonfessionellen christlichen Gruppen durch die Regierung und die Sicherheitskräfte hielt an. Gleichgeschlechtliches Sexualverhalten ist gesetzlich verboten, wird aber selten strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.4.2018).

Zahlreiche NGOs engagieren sich aktiv für ärmere Bevölkerungsschichten und die neue Regierung ist viel offener für ihre Aktivitäten als die frühere Regierung, die eine restriktive Politik verfolgte. Prominente Akteure, die mit zivilgesellschaftlichen Organisationen verbunden sind, sind heute in Regierungskommissionen tätig (z.B. Bestechungs-, Polizei- und Justizkommissionen). Das gesamte zivilgesellschaftliche Umfeld unterscheidet sich stark von dem, was Gruppen während der Mahinda-Rajapaksa-Jahre erlebten. Auch internationale NGOs werden nun von der neuen sri-lankischen Regierung, die internationale Organisationen zur Lösung von Menschenrechtsproblemen verpflichtet hat, als Entwicklungspartner gesehen. Auch die Einstellung des Staates gegenüber extern finanzierten Institutionen innerhalb des Landes hat sich verändert und unterliegt nicht mehr der Verunglimpfung durch staatliche Akteure (BTI 2018).

Die Human Rights Commission of Sri Lanka (HRCSL) hat das Recht, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die HRCSL nimmt Beschwerden entgegen, kann aber auch selbständig Untersuchungen einleiten. Nachdem eine Anschuldigung vorgebracht wurde, macht die HRCSL einen Vorschlag zur finanziellen Entschädigung des Opfers und leitet den Fall zur Vollziehung disziplinärer Maßnahmen weiter und/oder übergibt ihn an den Generalstaatsanwalt zur weiteren Strafverfolgung. Wenn die Regierung einem HRCSL-Antrag nicht nachkommt, kann die HRCSL den Fall an den Obersten Gerichtshof verweisen. Die HRCSL hat per Gesetz weitreichende Befugnisse und Ressourcen und kann nicht als Zeuge vor Gericht geladen oder wegen seiner Amtspflichten verklagt werden. Die HRCSL arbeitete in der Regel unabhängig und ohne Einmischung der Regierung (USDOS 20.4.2018)

Das Center for Human Rights Development (CHRD) berichtet, dass die Behörden mehr als 130 politische Gefangene im Land festhalten und weitere 24 gegen Kaution freigelassen haben. Die Regierung hat keine politischen Gefangenen anerkannt und darauf bestanden, dass diese Personen wegen krimineller Handlungen inhaftiert wurden. Die Regierung erlaubte der HRCSL, Richtern und der Prison Welfare Society regelmäßig Zugang zu den Gefangenen und erlaubte dem IKRK, die Haftbedingungen zu überwachen. Die Behörden gewährten Rechtsberatern nur unregelmäßigen Zugang (USDOS 20.4.2018).

Als Folge dess Bürgerkrieges mit den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gelten schätzungsweise noch 20.000 Menschen als verschwunden, einschließlich derer, die in den ersten Jahren des Konflikts verschwunden waren, sowie jener, die erst 2016 und 2017 entführt wurden. Im Jahr 2016 verabschiedete das Parlament einen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Behörde für vermisste Personen (Office of Missing Persons, OMP), die mit der Untersuchung der Fälle von vermissten Personen beauftragt ist. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International äußerten jedoch Bedenken bezüglich des Gesetzes, einschließlich der Tatsache, dass die Regierung die betroffenen Familien während des gesamten Prozesses nicht konsultiert hat. Im vergangenen März verabschiedete die Regierung ein Gesetz, das zum ersten Mal in der Geschichte des Landes das Verschwindenlassen von Personen kriminalisiert (IPS 30.4.2018). Vor, während und nach dem bewaffneten Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), der 2009 endete, waren Menschenrechtsverletzungen wie das Verschwindenlassen, außergerichtliche Tötungen, Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen und -verletzungen straflos. Die von Sri Lanka im Jahr 2015 eingegangenen Verpflichtungen zur Schaffung von Wahrheits-, Gerechtigkeits- und Wiedergutmachungsmechanismen und zu Reformen zur Verhinderung, dass sich diese Verbrechen wiederholen, wurden bis Ende des Jahres 2017 nicht umgesetzt (AI 22.2.2018).

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte wies in seinem Bericht an die 37. Sitzung des UNHRC darauf hin, dass die Behörden Sri Lankas noch nicht die Fähigkeit oder Bereitschaft gezeigt haben, sich mit Straflosigkeit bei schweren Verstößen gegen das internationale Menschenrechtsgesetz und schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu befassen. Er äußerte seine Besorgnis darüber, dass sein Büro auch nach zweieinhalb Jahren des Versöhnungsprozesses weiterhin Berichte über Schikanen oder die Überwachung von Menschenrechtsverteidigern und über Opfer von Menschenrechtsverletzungen erhält (IFJ 9.5.2018).

Religionsfreiheit

Die in Sri Lanka vertretenen Religionen sind Buddhismus (70,2%), Hinduismus (12,6%), Muslime (9,7%), Katholiken (6,1%), andere Christen (1,3%) und Sonstige (0.05%) - Zahlenangaben gemäß Volkszählung 2012 (CIA 1.5.2018).

Die sri-lankische Verfassung gibt keine Staatsreligion vor und garantiert Religionsfreiheit, weist aber dem Buddhismus eine herausgehobene Rolle zu. Die Religionen begegnen sich in Sri Lanka traditionell mit Respekt und Toleranz. Auch der Staat achtet auf eine Nichtdiskriminierung der Religionen und die neue Regierung betont ausdrücklich ihren Willen zur religiösen Toleranz. Zum Ausdruck kam dies bei einer Attacke von buddhistischen Mönchen auf 31 Rohingya-Flüchtlinge im September 2017 – die Regierung reagierte hier konsequent zum Schutz der Flüchtlinge und brachte sie in Zusammenarbeit mit der UN in einer bewachten Unterkunft unter (AA 16.12.2017; vgl. USDOS 15.8.2017). Die Behörden schränkten "Hassrede", einschließlich der Beleidigung von Religion oder religiösen Überzeugungen durch die Polizeiverordnung und das Strafgesetzbuch ein (USDOS 20.4.2018).

Rechtliche Einschränkungen für andere Religionen oder Ideologien, einschließlich der Freiheit zum Religionsübertritt, gibt es nicht (AA 16.12.2017). Religiöse Gruppen müssen sich registrieren, um die Genehmigung zum Bau neuer Gotteshäuser zu erhalten. Eine Registrierung als Treuhandgesellschaft, Verein oder NGO ist notwendig, um finanzielle Transaktionen durchführen, ein Bankkonto eröffnen oder Eigentum besitzen zu können. Religiöse Organisationen können auch durch ein vom Parlament mit einfacher Mehrheit verabschiedetes Gesetz staatliche Anerkennung und die Erlaubnis zum Betrieb von Schulen beantragen (USDOS 15.8.2017).

Immer wieder kommt es zu lokalen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit und anderer Religionsgemeinschaften (AA 8.5.2018). Quellen berichten von regelmäßigen Versuchen buddhistischer Mönche christliche und muslimische Kultstätten zu schließen, denen die Zustimmung des Ministeriums von Buddha Sasana fehlte. Die Nationale Christliche Evangelische Allianz von Sri Lanka dokumentierte bis November 2017 79 Fälle von Übergriffen auf Kirchen, Einschüchterung und Gewalt gegen Pastoren und deren Gemeinden sowie Behinderung von Gottesdiensten (USDSO 20.4.2018).

Die Behörden verhafteten im November 2016 Führer militanter buddhistischer und muslimischer Organisationen wegen Hassreden und Gewaltandrohungen (USDOS 15.8.2017). Zuletzt kam es am 3.3.2018 in der Provinz Kandy zu Ausschreitungen gegen muslimische Einrichtungen und zur Errichtung willkürlicher Barrikaden/Straßensperren, die erst nach dem Ausruf eines zehntägigen Ausnahmezustandes und durch den Einsatz von Sondereinheiten und Ausgangssperren unter Kontrolle gebracht werden konnten (AA 8.5.2018; vgl. HRW 7.3.2017).

Ethnische Minderheiten

Nach dem 14. Zensus im Jahr 2011/2012 stellen die Singhalesen mit 74,9% die Bevölkerungsmehrheit, gefolgt von 11,2% Tamilen, 4,2% sog. Indian Tamils (Einwanderung während der britischen Kolonialzeit als Plantagenarbeiter) und 9,2% sog. Moors muslimischen Glaubens (AA 16.12.2017; vgl. CIA 1.5.2018).

Es gibt keine diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis. Allerdings gibt es weiterhin soziale Missstände insbesondere im Norden und Osten des Landes, die vom Bürgerkrieg am stärksten betroffen waren. Zudem sind Menschenrechtsverletzungen noch nicht völlig abgestellt (AA 16.12.2017).

Die soziokulturelle Struktur des politischen Lebens ist in erster Linie durch die Werte der singhalesischen (überwiegend theravada-buddhistischen) Mehrheit bestimmt. Die Singhalesen empfinden sich - unter Einrechnung der 65 Mio. Tamilen im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu - indes selbst als Minderheit in einer tamilisch dominierten Region, während sich viele der (ganz überwiegend hinduistischen) Tamilen als unterdrückte Minderheit auf einer singhalesisch dominierten Insel betrachten. Angehörige christlicher Religionen gibt es in beiden Ethnien. Die muslimische Bevölkerungsgruppe hat sich in Colombo und in den singhalesischen Landesteilen unter Wahrung ihrer religiösen Prinzipien weitgehend eingepasst, während das Zusammenleben von Muslimen und Tamilen im Norden und Osten nicht immer spannungsfrei war. Dem früheren Präsidenten Rajapaksa nahestehende Kräfte ermutigen radikale nationalistische buddhistische Organisationen auch heute noch zu Angriffen auf Moslems im Süden des Landes. Anfang März wurde deswegen sogar für sieben Tage ein landesweiter Ausnahmezustand verhängt (AA 3.2018a).

Singhalesisch und Tamilisch sind Amtssprachen in Sri Lanka (CIA 1.5.2018).

Bewegungsfreiheit

Gesetzlich sind die Rechte auf Freizügigkeit, Auslandsreisen, Auswanderung und Repatriierung gewährleistet, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Die Regierung arbeitete mit dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen, Staatenlosen oder anderen Betroffenen Schutz und Hilfe zu gewähren (USDOS 20.4.2018).

Bis auf kleine, noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne Hochsicherheitszonen (HSZs) um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Personen im ganzen Land frei bewegen und niederlassen. Es wird erwartet, dass das Land innerhalb der nächsten drei Jahre komplett frei von Landminen sein könnte (AA 16.12.2017).

Wirtschaft/ Grundversorgung

Die sri-lankische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt. Nach dem Ende der weltweiten Rezession und des Bürgerkriegs kam es zu einem positiven Bruttoinlandsprodukt (BIP) und einem Wachstum, das 2011 mit 8,2% seinen Höhepunkt erreichte. Nach einem Rückgang auf 3,4% im Jahr 2013 stabilisierte sich die Wachstumsrate 2014 und 2015 bei 4,8% (BTI 2018). Für 2018 wird mit einem Wachstum von 4,8% gerechnet. 2017 betrug das BIP 83,6 Mrd. USD, das waren pro Kopf der Bevölkerung 3.906 USD. Für 2018 wird ein BIP von 87,2 Mrd. USD und ein BIP pro Kopf von 4.049 USD prognostiziert (AA 3.2018b). Das Wachstum wurde sowohl durch staatlich geförderte große Bauprojekte, als auch durch verbesserte Erträge für Reis, Tee und andere Produkte, sowie durch die Wiederbelebung der Fischerei (2010-2014) gefördert. Im vergangenen Jahr ging die Teeproduktion jedoch leicht zurück und ungünstige Witterungsverhältnisse dürften die Reiserträge im Jahr 2017 reduzieren (BTI 2018)

Die Arbeitslosigkeit lag 2017 bei 4,0 %. Problematisch ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die im Jahr 2016 bei 21,6% lag und im dritten Quartal von 2017 auf 18,3 % abgesunken ist. Die wirtschaftliche Entwicklung Sri Lankas weist große regionale Unterschiede auf. Wirtschaftliches Zentrum ist die Region um Colombo, die fast die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung erbringt. Die öffentliche Verschuldung lag Ende 2017 bei 79,6% des BIP; Für 2018 wird ein Wert von 77,6% des BIP erwartet. Der IWF bewilligte Sri Lanka im Juni 2016 einen Kredit i.H.v. 1,5 Mrd. USD (Extended Fund Facility) (AA 3.2018b).

Im „Doing Business Index“ der Weltbank erlebte Sri Lanka 2017 einen Abstieg von Rang 109 von 190 Ländern auf Rang 111. 80% des Bruttoinlandsproduktes werden von der privaten Wirtschaft erbracht. Allerdings stellen eine nach wie vor sozialistisch geprägte Arbeitsgesetzgebung und unklare bürokratische Entscheidungsabläufe für ausländische Investoren ein Hindernis dar. 2016 sind über die Investitionsbehörde, Board of Investment, 801 Mio. USD an ausländischen Investitionen zugeflossen (Vorjahr 970 Mio USD) (AA 3.2018b).

Rückkehrer sind auf sich allein gestellt bzw. von der Unterstützung durch Verwandte oder Bekannte abhängig. Ohne solche Unterstützung ist es für Rückkehrer nach wie vor schwierig, in angemessener Zeit wirtschaftlich und sozial wieder in Sri Lanka Fuß zu fassen. Die in der Vergangenheit große Beteiligung des Militärs am privatwirtschaftlichen Sektor, insbesondere in der Fischerei und in Form von „Army Shops“, erschwerte Heimkehrern im Norden die Wiederaufnahme ihres Gewerbes. Durch den angekündigten Rückzug des Militärs aus kommerziellen Aktivitäten ist jedoch in dieser Hinsicht Besserung zu erwarten. Eine Grundversorgung von staatlicher Seite gibt es nicht (AA 16.12.2017).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung in Sri Lanka ist landesweit gut. Es gibt kostenlose staatliche Krankenhäuser und staatliche ambulante Behandlungsstellen, die Krankenbehandlungen vornehmen und notwendige Medikamente gratis zur Verfügung stellen (AA 16.12.2017; vgl. DÄ 2016). Dies gilt auch für die Behandlung der Insassen von Vertriebenen- und Rehabilitationslagern sowie, wenn auch mit Wartezeiten verbunden, für Haftanstalten. Daneben gibt es, vor allem in Colombo, einige Privatkrankenhäuser mit gutem medizinischem Standard. Psychiatrische Betreuung von Rückkehrern kann durch staatliche Krankenhäuser gewährleistet werden (AA 16.12.2017).

Die medizinische Versorgung in Sri Lanka ist zweigeteilt. Auf dem Land wird Medizin oft noch nach alter Tradition praktiziert. Angewendet wird vor allem die jahrtausendealte Heilkunst Ayurveda, für die Sri Lanka berühmt ist. In vielen Dörfern gibt es einen Arzt und eine Hebamme, die sich um die Primärversorgung der Bevölkerung kümmern. Schlangenmedizinmänner versorgen Menschen nach Bissen von giftigen Reptilien. In den städtischen Gebieten dominiert dagegen westliche Medizin, die als Überbleibsel aus der Kolonialzeit, auf den Grundpfeilern des britischen Gesundheitswesens fußt (DÄ 2016). Die medizinische Versorgung ist in den großen Städten und Tourismuszentren ausreichend bis gut, entspricht aber nicht überall europäischem Standard. Im Colombo ist die medizinische Versorgung in einzelnen Fachbereichen durchaus auch auf einem hohen bis sehr hohen Niveau (AA 8.5.2018).

In Sri Lanka gibt es auf 1.000 Einwohner 0.881 Mediziner und 2.794 Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte (WHO 5.2017).

Trotz niedriger Investitionen von lediglich 3,2% des Bruttoinlandsprodukts (Stand 2012) sind entscheidende Kennziffern im Gesundheitssektor vergleichbar oder gar besser als in weiter entwickelten Ländern der Region. Zum Beispiel beim Blick auf die Lebenserwartung wird deutlich, welche Fortschritte das Land trotz seiner schwierigen Geschichte macht. Im Jahr 1960 wurden die Bewohner Sri Lankas im Durchschnitt 62 Jahre alt. 2013 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung 72 Jahre bei Männern und 78 Jahre bei Frauen. Ein weiteres Beispiel: Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren ist innerhalb von 20 Jahren von 38 Todesfällen bei 1.000 Geburten auf zehn gesunken. Beeindruckend ist die Dichte von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen und Kliniken im Land (DÄ 2016).

Die Regierung setzt sich für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung und eine nachhaltige Entwicklung ein. Im Jahr 2017 startete die Regierung die Vision 2025, die vorrangige Reformen unterstreicht, um das Land wettbewerbsfähiger zu machen und den Lebensstandard aller Einwohner Sri Lankas anzuheben. Es erkannte auch die Notwendigkeit an, die ungleiche sozioökonomische Entwicklung in den Provinzen und die rasch alternde Bevölkerung zu behandeln. Als Teil dieser Vision verabschiedete die Regierung den Sri Lanka Sustainable Development Act, Nr. 19 von 2017, um die Verwirklichung zu beschleunigen und sektorübergreifende und integrierte Ansätze zur Gewährleistung der Gesundheit und des Wohlergehens der Bevölkerung zu verfolgen (WHO 5.2017).

Es gibt 23 UN-Organisationen, darunter auch die WHO, die eng mit der Regierung Sri Lankas zusammenarbeiten und sich dabei vom Rahmen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung 2018-2022 leiten lassen (WHO 5.2017).

Personen, die HIV-Präventionsdienste angeboten haben, und Gruppen mit hohem Infektionsrisiko wurden Berichten zufolge diskriminiert. Darüber hinaus haben Krankenhausbeamte Berichten zufolge den HIV-positiven Status ihrer Klienten veröffentlicht und sich gelegentlich geweigert, HIV-positive Personen zu behandeln (USDOS 20.4.2018).

Rückkehr

Rückkehrer müssen grundsätzlich keine staatlichen Repressalien fürchten, jedoch müssen sie sich nach der Rückkehr Vernehmungen durch das National Bureau of Investigation und das Criminal Investigation Department stellen. Ob es dabei zur Anwendung von Gewalt kommt, ist nicht bekannt. Spezielle Einrichtungen für unbegleitete Minderjährige bestehen nicht (AA 16.12.2017).

Bei der Einreise am Flughafen von Colombo mit gültigem sri-lankischem Reisepass werden die Einreiseformalitäten zumeist zügig erledigt. Dies gilt auch für Zurückgeführte (AA 16.12.2017).

Anders verhält es sich jedoch, wenn Rückkehrer keinen sri-lankischen Reisepass vorlegen können, sondern nur ein von einer sri-lankischen Auslandsvertretung ausgestelltes Reisedokument zur einmaligen Rückkehr nach Sri Lanka (Identity Certificate Overseas Missions, ICOM, auch Emergency-Passport genannt) vorweisen. In diesen Fällen werden die betroffenen Personen regelmäßig von der Einreisebehörde sowie von der Kriminalpolizei (CID) einer Personenüberprüfung unterzogen und zu Identität, persönlichem Hintergrund und Reiseziel befragt. Es ist nicht auszuschließen, dass von den sri-lankischen Auslandsvertretungen im Datensatz der betreffenden Personen ein entsprechender Vermerk veranlasst oder im Reisedokument angebracht wird. Den sri-lankischen Staatsangehörigen wird seitens der sri-lankischen Behörden kommuniziert, dass sie nur mit einem sri-lankischen Pass wieder ausreisen dürften. Fälle diskriminierender Behandlung auf diese Weise Einreisender (auch bei Tamilen) sind nicht bekannt. Ohne Vorlage eines Ausweisdokuments können Rückkehrer nicht einreisen (AA 16.12.2017).

Die Abteilung Operations & Migrant Services (OMS) von IOM Sri Lanka ist verantwortlich für die Bereitstellung von Lösungen zur Wiederansiedlung und Visumunterstützung für Einwanderer, Flüchtlinge, Einwanderungs- und Konsularabteilungen, diplomatische Missionen, Wiederansiedlungsstellen und Visumantragsteller im Zusammenhang mit temporärer oder permanenter Migration (IOM o.D.)“

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität und dem Reisepass des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen in seinen bisherigen Verfahren vorgelegten Dokumenten (Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister).

Die Feststellungen zum Familienstand und den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben (AS 99 und 101). Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen und sind auch der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Die Feststellungen zum Herkunftsort, den Aufenthaltsorten, der Schulbildung, der Berufsausübung und den Familienangehörigen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Ehe des Beschwerdeführers und dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers (AS 99 und 101) in Verbindung mit Einsichtnahmen in das Zentrale Fremdenregister und das Zentrale Melderegister.

Die Feststellungen zur Wohnsitzmeldung, den Erwerbstätigkeiten, der Sozialversicherung und den sozialen sowie den nicht bestehenden familiären Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers in Österreich und den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers (AS 99 und 101), einem Sozialversicherungsdatenauszug (AS 103ff) und einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Vom festgestellten Sachverhalt ging bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen aus; ein darüberhinausgehendes integrationsrelevantes Vorbringen wurde in der Beschwerde nicht erstattet.

Die Feststellungen zur nicht mehr bestehenden Wohnsitzmeldung sowie dem unbekannten Aufenthalt des Beschwerdeführers ergeben sich aus Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Verurteilung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Urteil (AS 77ff) in Verbindung mit einer Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft ergibt sich aus der Verurteilung in Verbindung mit den Angaben des Beschwerdeführers (AS 101) und einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Anhaltspunkte, aus denen zu schließen wäre, dass der im erwerbsfähigen Alter befindliche, gesunde Beschwerdeführer, der in Sri Lanka aufgewachsen ist, wo nach wie vor seine Schwester und seine Eltern, die ein eigenes Einkommen erzielen, leben, in Sri Lanka umfangreiche Schulbildung absolviert hat und über langjährige Berufserfahrung sowohl in Sri Lanka als auch in Österreich verfügt, im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat bedroht oder verfolgt wäre oder Gefahr liefe, der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten, wurden im gesamten Verfahren nicht einmal ansatzweise vorgebracht und sind auch sonst – vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Sri Lanka – nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer führte in seiner schriftlichen Stellungnahme selbst aus, in Sri Lanka weder strafrechtlich noch politisch verfolgt zu werden und äußerte weder auf die entsprechende Frage hin noch sonst Rückkehrbefürchtungen (AS 93 iVm AS 101). Im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie ist darauf hinzuweisen, dass auch diesbezüglich kein Rückkehrhindernis ersichtlich ist. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf (vgl. zur notorischen Lage in Sri Lanka betreffend die COVID-19-Pandemie sowie die Definition von Risikogruppen allgemein zugängliche, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO – https://www.who.int, und CDC – https://www.cdc.gov/, Informationen der österreichischen Bundesregierung – https://www.oesterreich.gv.at/?gclid=EAIaIQobChMI0ZWfp52a6QIVRaqaCh2o2gR4EAAYASAAEgL9NfD_BwE und unbedenkliche tagesaktuelle Berichte). Da der Beschwerdeführer körperlich gesund ist und im Hinblick auf sein Alter sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 angehört, besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer in Sri Lanka eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde. Auch ist nicht zu erkennen, dass sich die Wirtschafts- und Versorgungslage in einem Ausmaß verschlechtert hätte, dass die grundlegende Versorgung der sri-lankischen Bevölkerung aktuell nicht mehr gewährleistet wäre. Den Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers noch sonst im Verfahren eine Gefährdung ergebe, die einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde, ist sohin nicht entgegenzutreten; Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Die – bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid getroffenen – Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht (wesentlich) geändert haben.

Diesen Feststellungen zur Lage in Sri Lanka wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Erlassung einer Rückkehrentscheidung):

3.2.1.1. Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

Gemäß § 53 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 leg.cit. für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere – sofern im gegenständlichen Fall maßgeblich – zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 53 Abs. 3 Z 1 FPG).

Bei der Prüfung, ob die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, muss nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten unter Berücksichtigung seiner Art und Schwere eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. dazu VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rn. 7 und 8, mwN; 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

3.2.1.2. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner sri-lankischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er war vor Verwirklichung des mit der gegenständlichen Entscheidung festgestellten maßgeblichen Sachverhaltes seit Juni 2008 und somit auf Dauer rechtmäßig in Österreich niedergelassen und verfügt derzeit über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“.

Mit Urteil eines österreichischen Landesgerichtes für Strafsachen vom 15.11.2018 wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB und der Vergehen der sexuellen Belästigung nach §§ 218 Abs. 1 Z 1, 15 StGB sowie der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs. 1 und 2 Z 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten, davon sechzehn Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ist damit erfüllt, was eine vom Beschwerdeführer ausgehende schwerwiegende Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert.

Angesichts des vom Beschwerdeführer gesetzten Fehlverhaltens kann der Ansicht der Behörde, dass ein weiterer Aufenthalt seiner Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, nicht entgegengetreten werden:

Der Verurteilung des Beschwerdeführers liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 28.06.2018 drückte der Beschwerdeführer S. J. gegen eine Hauswand und betastete sie über der Kleidung kräftig im Vaginalbereich. Am 19.05.2018 wollte der Beschwerdeführer Z. N. mit der Hand in ihren Intimbereich greifen; Z. N. konnte jedoch abblocken. Am 02.07.2018 umarmte der Beschwerdeführer F. S. von hinten und strich ihr mit den Händen über das Gesäß. Im Zeitraum von Anfang Mai 2017 bis 05.12.2017 übermittelte der Beschwerdeführer A. S. ca. 1.000 E-Mails, kontaktierte sie wiederholt über ein Alias-Facebook-Profil und begab sich zweimal zu ihrer Wohnadresse.

Zwar handelt es sich um die erste Verurteilung des Beschwerdeführers und ergab sich bei der Strafbemessung ein Überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe; zudem bewegt sich die konkret verhängte Freiheitsstrafe gerade noch in der unteren Hälfte des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von fünf Jahren (§§ 202 Abs. 1 iVm 28 StGB). Der Verurteilung liegen jedoch mehrere, über einen Zeitraum von insgesamt einem Jahr hinweg gesetzte Tathandlungen zugrunde. In seinem Erkenntnis vom 03.07.2018, GZl.: Ra 2018/21/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof zudem erkannt, dass auch aus einem einmaligen Fehlverhalten – entsprechende Gravidität vorausgesetzt – eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden kann. Im Hinblick darauf seien die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 29.06.2017, Ra 2016/21/0338; VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0021). Gleichermaßen bestehen gewichtige öffentliche Interessen an der Verhinderung von Gewalt- und Sexualdelikten.

Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren seine Reue betonte und auch im Zuge der Strafbemessung das Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd berücksichtigt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters jedoch grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (VwGH 15.02.2021, Ra 2021/17/0006, mwN). Da der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von insgesamt einem Jahr wiederholt straffällig wurde, sowie angesichts der konkreten, der Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Tathandlungen liegt gegenständlich seit der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 02.05.2019 noch keine ausreichend lange Phase des Wohlverhaltens vor. Dem Beschwerdeführer waren die Gefährlichkeit und das Unrecht der Taten jedenfalls bewusst und er hat einen möglichen Eingriff in sein im Bundesgebiet geführtes Privatleben bereits angesichts der für solche Delikte bestehenden Strafdrohung bewusst in Kauf genommen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Eine positive Zukunftsprognose kann derzeit nicht getroffen werden. Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Gewalt- und Sexualdelikten, stellt ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar.

3.2.1.3. Gemäß § 9 Abs. 1 ist, wenn durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben ist nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt, sondern erfasst auch faktische Familienbindungen, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Auch eine aufrechte Lebensgemeinschaft fällt unter das von Art. 8 EMRK geschützte Familienleben (VwGH 09.09.2013, 2013/22/0220 mit Hinweis auf E vom 19.03.2013, 2012/21/0178, E vom 30.08.2011, 2009/21/0197, und E vom 21.04.2011, 2011/01/0131). Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer (VwGH 17.10.2016 Ro, 2016/22/0005; 23.02.2017 Ra2016/21/0340).

Ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale können gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden; dazu zählt etwa das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. VwGH 30.06.2016).

3.2.1.4. Im vorliegenden Fall fällt die gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu Lasten des Beschwerdeführers aus:

Zunächst ist zum Familienleben des Beschwerdeführers festzuhalten, dass der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen in Österreich verfügt und auch kein Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Personen hervorgekommen ist. Das Bestehen eines nach Art. 8 EMRK geschützten Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich ist somit zu verneinen.

Zum Privatleben des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer sich bereits seit Juni 2008 in Österreich aufhält demnach jedenfalls vom Bestehen eines schützenswerten Privatlebens in Österreich auszugehen ist.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers war auch auf Basis von Aufenthaltstiteln nach dem NAG stets rechtmäßig. Zudem war der Beschwerdeführer in Österreich von Juli 2008 bis September 2017 durchgehend erwerbstätig. Der Beschwerdeführer verfügt schließlich in Österreich auch über soziale Anknüpfungspunkte in Form eines Freundeskreises und spricht Deutsch. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einer Aufrechterhaltung seines Privatlebens in Österreich sind daher stark ausgeprägt, wenngleich jedoch der Beschwerdeführer seit 01.09.2020 über keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet mehr verfügt und unbekannten Aufenthaltes ist.

Den Interessen des Beschwerdeführers an einer Aufrechterhaltung seines Privatlebens in Österreich steht allerdings das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten gegenüber. Der Beschwerdeführer hat, wie oben dargelegt, die österreichische Rechtsordnung missachtet und wurde mit Urteil eines österreichischen Landesgerichtes für Strafsachen vom 15.11.2018 rechtskräftig wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB und der Vergehen der sexuellen Belästigung nach §§ 218 Abs. 1 Z 1, 15 StGB sowie der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs. 1 und 2 Z 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vierundzwanzig Monaten, davon sechzehn Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Wie bereits aufgezeigt, ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und kann derzeit auch keine positive Zukunftsprognose getroffen werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erweist sich der Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers als zulässig und erforderlich.

Es ist dem Beschwerdeführer jedenfalls möglich und zumutbar, den Kontakt zu seinen sozialen Bezugspunkten in Österreich mittels elektronischer Kommunikationsmittel aufrechtzuerhalten; auch Besuche im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind möglich. Dem Beschwerdeführer ist es überdies auch nicht verwehrt, nach Ablauf des gegen ihn erlassenen Einreiseverbotes unter neuerlicher Einhaltung der niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen in das österreichische Bundesgebiet zurückzukehren.

In die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.4.2015, Ra 2014/18/0146; VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0199) auch die Rückkehrsituation des Fremden (insbesondere Gesundheitszustand, Existenzgrundlage, Lage im Herkunftsstaat). Wie zur Person des Beschwerdeführers festgestellt, ist dieser gesund und ergaben sich im gesamten Verfahren keinerlei Hinweise auf allfällige medizinische Probleme, die sich im Fall einer Rückkehr ergeben könnten. Es ergaben sich weiters keine Anhaltspunkte, dass dem Beschwerdeführer die Schaffung einer Existenzgrundlage in Sri Lanka nicht möglich wäre und er insofern in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde (siehe oben). In Sri Lanka leben nach wie vor die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers; der Beschwerdeführer verfügt insofern immer noch über starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und umfangreiche Schulbildung absolviert sowie Berufserfahrung erworben hat. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer problemlos wieder in die dortige Gesellschaft eingliedern können wird.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Kriminalität sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 12.03.2002, Zl. 98/18/0260, VwGH vom 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365, VwGH vom 03.05.2005, Zl. 2005/18/0076 und VwGH vom 09.09.2014, Zl. 2013/22/0246).

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und demnach durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist daher im vorliegenden Fall geboten und verhältnismäßig und stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

3.2.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Zulässigkeit der Abschiebung):

3.2.2.1. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg. cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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