TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/6 W202 2243897-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2021
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Entscheidungsdatum

06.07.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch


W202 2243897-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Schlaffer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Rechtsanwälte Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2021, Zl. 648660200/200867651, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird teilweise Folge gegeben und die Dauer des Einreiseverbotes auf sieben Jahre herabgesetzt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß den §§ 46, 52 Abs. 1 Z 1 und 9, 53 Abs. 3 Z 1 und 55 Abs. 4 FPG i.d.g.F. und §§ 9, 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 19.10.2013 wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung die Schubhaft verhängt. Begründend wurde festgehalten, dass der BF sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und bei einem Ladendiebstahl auf frischer Tat betreten worden sei.

2. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 24.10.2013 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG und gemäß § 53 Abs. 1 iVm § Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

3. Am 07.11.2013 wurde der BF per Flugzeug aus Österreich abgeschoben.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erließ am 15.09.2020 einen Festnahmeauftrag über den BF, nachdem es seitens des Landesgerichts für Strafsachen Wien von der Verhängung der Untersuchungshaft über den BF wegen des Verdachts der Begehung von Delikten nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) verständigt wurde.

5. Mittels Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 19.11.2020 wurde der BF vom BFA darüber informiert, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots gegen ihn beabsichtigt sei. Dem BF wurde Parteiengehör gewährt und ihm eine Frist von zehn Tagen zum Einreichen einer Stellungnahme gegeben.

6. Mit Schriftsatz seiner rechtsanwaltlichen Vertretung vom 03.12.2020 bezog der BF wie folgt zum Verfahren Stellung: Der BF sei im Februar 2020 letztmals nach Österreich eingereist und wegen der Covid-19-Pandemie nicht mehr ausgereist. Er verfüge über einen serbischen Reisepass, aber nicht über einen Aufenthaltstitel für Österreich. In Österreich habe der BF keine Verwandten, lediglich seine Lebensgefährtin XXXX lebe in Wien, welche ihn auch versorgte, da er keiner Arbeit nachgehe. Er strebe einen weiteren Aufenthalt in Österreich an und er wolle seine Lebensgefährtin heiraten. In Serbien werde er weder strafrechtlich noch politisch verfolgt.

7. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15.04.2021 zu Zahl 043 Hv 73/20y wurde der BF wegen der Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 5. Fall und 6. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt, wobei 24 Monate davon unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden.

8. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.05.2021 hat das BFA dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Zur Begründung der Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der BF als serbischer Staatsangehöriger lediglich für 90 Tage ohne einen Aufenthaltstitel einreisen habe dürfen. Wegen der Begehung seiner Straftaten und mangels eines Aufenthaltstitels sei sein Aufenthalt unrechtmäßig geworden. Der BF habe zwar eine Lebensgefährtin in Österreich, diese Beziehung sei jedoch zweifelsohne zu einem Zeitpunkt entstanden, als sich der BF der zeitlich befristeten Natur seines Aufenthalts bewusst habe sein müssen, da er keinen Aufenthaltstitel gehabt habe. Der Lebensgefährtin sei es auch möglich, postalisch oder über das Internet Kontakt zu halten. Unter Berücksichtigung der schweren Suchtgiftdelinquenz und des bereits im Jahr 2013 verhängten dreijährigen Einreiseverbots zeigte sich, dass die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des BF bei Weitem überwiegen würden, weshalb von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung keineswegs Abstand genommen werden könne.

Zum Einreiseverbot wurde dargelegt, dass gegen den BF bereits einmal ein Einreiseverbot verhängt worden sei und dies zu keinem Gesinnungswandel geführt habe. Wie aus der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hervorgehe, handle es sich bei Suchtgiftkriminalität um besonders verwerfliche Taten, deren Hintanhaltung ein wesentliches öffentliches Interesse zukomme. In Gesamtbetrachtung stelle der BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, weshalb die Erlassung eines zehnjährigen Einreiseverbots geboten sei.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz seiner rechtsanwaltlichen Vertretung vom 16.06.2021 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt den Namen XXXX , ist serbischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in Serbien geboren. Er ist gesund und arbeitsfähig.

Am 19.10.2013 wurde der BF bei einem Ladendiebstahl in Österreich auf frischer Tat betreten, weshalb gegen ihn erstmals eine Rückkehrentscheidung und ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen wurden.

Im Februar 2020 reiste der BF wieder in den Schengen-Raum bzw. nach Österreich ein und befindet sich noch heute im Bundesgebiet. Am 10.09.2020 wurde der BF zunächst in Untersuchungs- und später in Strafhaft genommen, er befindet sich noch heute im Gefängnis. Der BF hält sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, da er als Drittstaatsangehöriger die in der Verordnung 2016/399 des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (im Folgenden: Schengener Grenzkodex) normierte Aufenthaltsdauer von maximal 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen seit seiner Einreise im Februar 2020 überschritten hat.

Der BF verfügte nie über einen Aufenthaltstitel für Österreich oder einen anderen Staat des Schengen-Raums.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15.04.2021 zu Zahl 043 Hv 73/20y wurde der BF wegen der Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 5. Fall und 6. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt, wobei 24 Monate davon unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Der BF hat vorschriftswidrig versucht, Cannabiskraut mit zumindest 7,2 Prozent Reinsubstanz HCA und 0,56 Prozent Delta-9-THC einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamts über einen WickrMe Account zu verkaufen, indem er das Suchtgift zum Verkauf anbot und anschließend die Übergabe des Suchtgifts am 08.09.2020 organisierte. Tatsächlich hat der BF vorschriftswidrig Heroin mit zumindest 10 Prozent Reinsubstanz Diacetylmorphin sowie Kokain mit zumindest 20 Prozent Cocain ausgeforschten und unausgeforschten Abnehmern überlassen, wobei es insgesamt zumindest 41 Übergabetreffen gegeben hat.

Als strafmildernd wurden beim BF der bisher ordentliche Lebenswandel, das sichergestellte Suchtgift, das teilweise Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet. Erschwerend wurde berücksichtigt, dass die Tatbegehung in einer Vielzahl von Angriffen stattgefunden hat.

1.3. In Österreich führt der BF eine Beziehung zur serbisch-rumänischen Doppelstaatsbürgerin XXXX , die hier lebt und Vollzeit arbeitet. Es bestand bis zur Inhaftierung des BF ein gemeinsamer Haushalt und sie planen zu heiraten. Die beiden werden von der Mutter der Lebensgefährtin (finanziell) unterstützt.

Der BF war in Österreich bis zu seinem Haftantritt nie aufrecht gemeldet, ging nie einer Erwerbstätigkeit nach und war nie krankenversichert. Er spricht weder Deutsch noch kann er eine Integration in die österreichische Gesellschaft vorweisen.

Der BF hat nicht vorgebracht, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankungen, er ist erwerbsfähig bzw. zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts im Zielstaat in der Lage. Auch lebte er bis vor ungefähr einem Jahr, in Serbien und ging insgesamt 12 Jahre in Serbien zur Schule, wobei er auch eine höhere Schule erfolgreich abschloss.

1.4. Zum Herkunftsstaat Serbien wird festgestellt:

Sicherheitslage

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019)

Grundversorgung / Wirtschaft

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05% geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2% gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Sozialbeihilfen

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

Rückkehr

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es bisher weder de iure noch de facto. Besondere staatliche Auffang- bzw. Aufnahmeorganisationen für zurückkehrende Bedürftige gibt es nicht; grundsätzlich sind die Sozialämter in den einzelnen Städten und Gemeinden mit der Wahrnehmung solcher Aufgaben betraut. Im Bedarfsfall kann bei rechtzeitiger Ankündigung (auf Zeit oder auf Dauer) eine Unterbringung in staatlichen Waisenhäusern erfolgen. Faktisch setzt die Regierung (inoffiziell) auf die im Allgemeinen funktionierenden verwandtschaftlichen Beziehungen der Betroffenen im Gastland. In Erfüllung der im Rahmen des im Jahr 2008 in Kraft getretenen Rückübernahmeabkommens mit der EU übernommenen Verpflichtungen verabschiedete die serbische Regierung im Februar 2009 die „Strategie zur Reintegration von Rückkehrern im Rahmen eines Rückführungsabkommens“. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält (AA 19.11.2017).

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein “Build Your Future”-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM Country Fact Sheet 2018).

In Zusammenarbeit mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen werden Hilfsleistungen und Unterstützung für intern Vertriebene (Kosovo), Flüchtlinge, Asylwerber, Staatenlose und andere hilfsbedürftige Personen bereitgestellt (USDOS 20.4.2018).

Die Situation der 200.000 innerhalb Serbiens lebenden Flüchtlinge (Kosovovertriebene) ist weiterhin nicht die Beste. Es gibt zwar nur mehr ein Erstaufnahmelager in Serbien selbst mit 52 dort aufhältigen Personen, aber noch fünf im Nordkosovo. Von den 200.000 Vertriebenen wird die Unterbringungs- und Wirtschaftssituation von ungefähr 1/3 - genannt wurde die Zahl 70.000 - als sehr schlecht beschrieben. Ihre Integration in Gemeinden in Serbien ist vor allem dann, wenn sie der ROMA Minderheit angehören, schwierig und langwierig (VB 3.11.2018).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF gründen auf der im Akt einliegenden Kopie seines serbischen Reisepasses. Dass er gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus den Angaben des BF. Die Feststellungen zu seinem erstmaligen, aktenkundigen Aufenthalt und zur Erlassung eines dreijährigen Einreiseverbots im Jahr 2013 beruhen auf dem unzweifelhaften Inhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Die Wiedereinreise des BF nach Österreich im Februar 2020 und sein seitdem durchgehender Aufenthalt im Bundesgebiet konnten aufgrund der diesbezüglichen Angaben des BF im behördlichen Verfahren festgestellt werden. Dass der BF jemals einen Aufenthaltstitel für Österreich oder einen anderen Staat des Schengen-Raums innegehabt hat, ist im Verfahren nicht hervorgekommen und wurde vom BF auch nicht behauptet. Aus diesen Feststellungen folgt das Überschreiten der visumsfreien Zeit von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen und die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet.

Die Feststellungen zur Inhaftierung des BF beruhen auf dem unzweifelhaften Inhalt des Verwaltungsaktes.

2.2. Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF ergeben sich unzweifelhaft aus der im Akt einliegenden Urteilsausfertigung zu Zahl 043 Hv 73/20y.

2.3. Die Feststellungen zum Familienleben des BF und seinem sonstigen Leben in Österreich beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes und insbesondere den Angaben des BF vor der belangten Behörde.

Der BF hat im Verfahren keine Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien, einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), geäußert. Da es sich beim BF um einen volljährigen Mann handelt, welcher grundsätzlich seinen Lebensmittelpunkt in Serbien hat und arbeitsfähig ist, können keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass er zur eigenständigen Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes in Serbien nicht in der Lage sein und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Insbesondere lebte der BF bis vor einem Jahr noch in Serbien, ist dort geboren sowie aufgewachsen und ging zwölf Jahre zur Schule, wobei er eine höhere Schule erfolgreich abschloss. Es ist nicht ersichtlich, wieso der BF nach einer bloßen Abwesenheit von etwa einem Jahr bei einer Rückkehr nicht mehr im Stande sein sollte, für sich in Serbien zu sorgen und eine Erwerbstätigkeit zu finden. Auch geht aus den Länderfeststellungen hervor, dass es in Serbien Sozialbeihilfen für serbische Staatsangehörige gibt, welche der BF in Anspruch nehmen kann.

2.4. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Herkunftsstaat Serbien vom 09.07.2020 und auf die darin zitierten Quellen, welche nicht in Zweifel gezogen wurden. Der BF ist den Feststellungen, demzufolge in Serbien eine unbedenkliche Sicherheitslage sowie eine ausreichende Grundversorgung besteht, nicht konkret entgegengetreten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Serbien um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht - etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde. Letztlich ist abermals darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 1 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu A):

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Nicht-Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“:

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird (Z1), der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z2), einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z3), einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z4) oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z5).

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der BF ist serbischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Wie unter Punkt 3.2. dargelegt wird, befindet sich der BF unrechtmäßig im Bundesgebiet. Da auf den BF auch das 6. Hauptstück des FPG nicht anzuwenden ist, hat das BFA zutreffender Weise im Sinne des § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG geprüft.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen jedoch - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid korrekt ausführte - gegenständlich nicht vor. Gegenteiliges wurde seitens des BF auch nie behauptet.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 FPG idgF hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z2).

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1); wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2); wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen (Z 3); solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt (Z 4); bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet (Z 5); wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind (Z 6); wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind (Z 7); wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind (Z 8), oder soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt (Z 9).

Gemäß 31 Abs. 1a FPG hält sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn kein Fall des Abs. 1 vorliegt.

Art. 6 (1) des Schengener Grenzkodex mit der Überschrift „Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige“ lautet:

„Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt und folgende Anforderungen erfüllt:

i) Es muss mindestens noch drei Monate nach der geplanten Ausreise aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gültig. In begründeten Notfällen kann von dieser Verpflichtung abgesehen werden.

ii) Es muss innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre ausgestellt worden sein.

b) Er muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates (1) vorgeschrieben ist, außer wenn er Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder eines gültigen Visums für den längerfristigen Aufenthalt ist.

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

d) Er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.“

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Übereinkommens - Durchführung (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Gemäß Art. 5 (1) SDÜ kann für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten einem Drittausländer die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien gestattet werden, wenn er die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt:

a) Er muß im Besitz eines oder mehrerer gültiger Grenzübertrittspapiere sein, die von dem Exekutivausschuß bestimmt werden.

b) Er muß, soweit erforderlich, im Besitz eines gültigen Sichtvermerks sein.

c) Er muß gegebenenfalls die Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben.

d) Er darf nicht zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen.

Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex (EU Verordnung 2016/399), genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sogenannten Visumpflicht-Verordnung (Verordnung Nr. 539/2001) vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Der BF ist Staatsangehöriger Serbiens und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Dass er über einen österreichischen Aufenthaltstitel verfügt, kam im Verfahren nicht hervor. Der Herkunftsstaat des BF, Serbien, ist im Anhang I der Verordnung 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 aufgelistet, weshalb für die Einreise in den Schengen-Raum für bis zu 90 Tage kein Visum erforderlich ist.

Der BF reiste zwar mit einem gültigen serbischen Reisepass im Februar 2020 in den Schengen-Raum ein, er überschritt jedoch die erlaubte visumsfreie Zeit bei Weitem, da er sich laut eigenen Angaben seit seiner Einreise durchgehend im österreichischen Bundesgebiet aufhält. Diese Überschreitung führt zur Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des BF, da auch ein sonstiges Aufenthaltsrecht des BF in Österreich oder einem anderen Staat des Schengen-Raums nicht dargetan wurde. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die die Erfüllung eines Tatbestandes des § 31 Abs. 1 FPG nahelegen bzw. behauptete dies der BF auch nicht.

Daher befindet sich der BF unrechtmäßig in Österreich.

3.2.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Wie der VwGH in seiner Entscheidung vom 24.06.2019 (Ra 2019/20/0101) festhielt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, Zl. 2011/23/0097, und vom 8. September 2010, Zl. 2008/01/0551, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. dazu etwa das Urteil des EGMR vom 2. November 2010, Serife Yigit gegen die Türkei (Große Kammer), Beschwerde Nr. 3976/05, Rdnr. 93 und 96).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Betreffend seine familiären und privaten Interessen an einem Weiterverbleib in Österreich brachte der BF im Wesentlich lediglich vor, dass seine Lebensgefährtin in Wien lebe, bis zu seiner Inhaftierung ein gemeinsamer Haushalt bestanden habe und geplant sei, bald zu heiraten. Wie aus der obzitierten Rechtsprechung des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des Familienlebens nicht auf verheiratete Paare beschränkt, sondern können auch nichteheliche Lebensgemeinschaften davon umfasst sein. Im Sinne der vom EGMR dargelegten Umstände, welche eine enge persönliche Bindung zwischen solchen Lebenspartnern anzeigen, ist im Fall des BF und seiner Lebensgefährtin ein schützenswertes Familienleben nach Art. 8 EMRK zu erkennen. So haben sie zwar keine gemeinsamen Kinder, doch führen sie seit dem Jahr 2019 eine gemeinsame Beziehung und der BF zog nach seiner Einreise ins Bundesgebiet in den gemeinsamen Haushalt. Sie wohnten bis zur Inhaftierung des BF gemeinsam, dieser würde weiterhin bestehen, wenn es nicht zur Haft gekommen wäre. Dies legte der BF ebenso glaubhaft dar wie die Heiratspläne des Paares. Folglich sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts unter Berücksichtigung der Leitlinien des EGMR zwischen dem BF und seiner Lebensgefährtin solch enge persönliche Bindungen zu erkennen, sodass ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt.

Sonstige - besonders schützenswerte - privaten Interessen des BF an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet konnten nicht festgestellt werden. Der BF verfügte bis zur seiner Inhaftierung nie über eine aufrechte Meldeadresse und war auch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels. Er ist der deutschen Sprache nicht mächtig, ging in Österreich nie einer erlaubten Erwerbstätigkeit nach und ist nicht sozialversichert. Seitens des BF wurden keine Anhaltspunkte ins Treffen geführt, die für ein schützenswertes Privatleben sprechen.

Diesen familiären und - nicht sehr ausgeprägten - privaten Interessen sind die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung des BF gegenüberzustellen.

So liegt die Erlassung einer Rückkehrentscheidung im öffentlichen Interesse, da eine genaue Betrachtung der Tatumstände, die zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung führen, eine Gefährdung der Allgemeinheit durch einen weiteren Aufenthalt des BF nahelegen. Der BF verkaufte - teilweise blieb es beim Versuch - über einen längeren, aber nicht genau feststellbaren Zeitraum Suchtgift an verschiedene Abnehmer, wobei es zu zumindest 40 Treffen gekommen ist, bei denen es zum Verkauf und zur Übergabe von Suchtgift von Suchtmitteln gekommen ist. Verkauft wurde nicht „nur“ Cannabis, sondern auch die viel stärkeren Suchtgifte Heroin und Kokain. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 26.05.2021, Ra 2021/01/0159; 8.7.2020, Ra 2019/14/0272, mwN; vgl. auch die Rechtsprechung des EGMR, der Drogenhandel als Plage [„scourge“] bezeichnet und daher hartes Vorgehen nationaler Behörden dagegen billigt, jüngst EGMR 15.10.2020, Akbay u.a./Deutschland, 40495/15, Z 110).

Der BF zeigte sich aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts in genauer Betrachtung der diesbezüglichen Strafurteilsausfertigung vor dem Strafgericht nicht gänzlich reumütig. So gestand er zwar den Verkauf des Heroins und Kokains, betreffend den Verkauf von Cannabiskraut über eine Internetplattform leugnete der BF jedoch seine Verantwortung und behauptete, nicht hinter dem Account gesteckt zu haben. Dies wurde durch die Angaben der Mitangeklagten widerlegt, weshalb er auch wegen diesem Verbrechen verurteilt wurde. Da es sich bei Suchtmitteldelikten - wie auch in der obzitierten Rechtsprechung - um solche Delikte handelt, bei denen eine hohe Wiederholungsgefahr besteht, verstärkt die fehlende Einsicht in sein Fehlverhalten die Gefahr von weiteren Taten im Bereich der Suchtgiftkriminalität. Wenn der BF schon nach der ersten Tatbegehung das Unrecht seines Handelns nicht erkennen will, ist es wahrscheinlich, dass ihn deswegen nichts von einer weiteren Begehung abhält.

Betreffend eine vorliegende Tatbegehungsgefahr ist anzufügen, dass der BF über keinen rechtmäßigen Aufenthalt verfügt, keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, nicht sozialversichert ist und nicht in die österreichische Gesellschaft integriert ist. All diese Umstände sprechen dafür, dass der BF zur weiteren Versorgung wieder im Suchtgifthandel tätig werden wird. Wenn diesbezüglich seitens des BF ausgeführt wird, dass der BF von seiner Lebensgefährtin und deren Mutter versorgt wird und somit keine finanzielle Not hat, ist dem entgegenzuhalten, dass laut seinen Angaben er schon seit Februar 2020 bei seiner Lebensgefährtin lebt und diese ihn versorgt. Dennoch ist er straffällig geworden und hat Suchtgift in Verkehr gesetzt. Wieso sich die Situation nunmehr anders darstellte, wurde nicht substantiiert vorgebracht.

Aus dem Verwaltungsakt wird auch ersichtlich, dass der BF bereits im Jahr 2013 nach Österreich einreiste und bei der Begehung eines Ladendiebstahls betreten wurde. Es erfolgte zwar keine Verurteilung, es wurde aber ein dreijähriges Einreiseverbot gegen den BF erlassen. Dennoch kam der BF (erlaubterweise) zurück nach Österreich und verstieß wieder gegen fremdenrechtliche Bestimmungen, indem er die erlaubte visumsfreie Zeit bei Weitem überschritt und noch dazu Straftaten beging. Damit legte der BF ein krasses Fehlverhalten an den Tag, das seinen Unwillen, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, aufzeigt. Dem BF muss auf jeden Fall bewusst gewesen sein, dass er sich nur für drei Monate in Österreich aufhalten und er sich in Österreich nicht niederlassen darf. Dennoch verblieb er im Bundesgebiet und versuchte, sich ein Leben mit seiner Freundin aufzubauen; zudem war er im Bereich des Suchtgifthandels tätig, weshalb die öffentlichen Interessen an seiner Aufenthaltsbeendigung besonders hoch einzustufen sind.

Gegenständlich ist es auch relevant, dass der BF sein in Österreich schützenswertes Familienleben in einer Zeit begründet hat, in der er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich bewusst sein musste. So wurde die Beziehung im Jahr 2019 eingegangen und durch den gemeinsamen Haushalt in Österreich im Jahr 2020 intensiviert, wodurch starke persönliche Bindungen und folglich ein Familienleben entstanden. Zu keiner dieser Zeiten war der BF dazu berechtigt, sich in Österreich niederzulassen; er durfte lediglich aus touristischen Zwecken für je drei Monate in einem halben Jahr einreisen. Er hatte auch noch nie einen österreichischen Aufenthaltstitel. Dieser unsichere bzw. gegenständlich sogar gänzlich unrechtmäßige Aufenthalt des BF zu der Zeit, als er sein Familienleben in Österreich begründete, ist maßgeblich in die Interessensabwägung miteinzubeziehen (VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003) und relativiert im Fall des BF auch seine familiären Interessen wesentlich, weshalb ein schlussendlich klares Überwiegen der öffentlichen Interessen an seiner Aufenthaltsbeendigung gegeben ist.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des BF sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die angeordnete Rückkehrentscheidung jedenfalls im Sinne des Art. 8 Abs.2 EMRK gerechtfertigt ist.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung war im gegenständlichen Fall dringend geboten.

3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides - Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0234).

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Der BF hat im gegenständlichen Verfahren kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung relevanter Grundrechte (insb. Art. 3 EMRK) erstattet und ist Derartiges auch sonst nicht zu erkennen. Er ist gesund sowie arbeitsfähig und hat die meiste Zeit seines Lebens in Serbien verbracht.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID 19-Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die eine Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK erkennen lässt. Hinweise, wonach der junge und gesunde BF in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in relevanter Weise gefährdet wäre, haben sich nicht ergeben.

Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.

3.4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides - Erlassung eines zehnjährigen Einreiseverbots:

Die relevanten Bestimmungen des § 53 FPG lauten:

„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

[…]
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

[…]

3.4.1. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien wurde der BF wegen der Begehung des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 5. Fall und 6. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt, wobei 24 Monate davon unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, weswegen gegenständlich - wie vom BFA zutreffend ausgeführt – der Tatbestand der Z 1 des § 53 Abs. 3 FPG erfüllt ist.

3.4.2. Ein Einreiseverbot ist zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt eines Fremden stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/ Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH Ra 2016/21/0289).

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegenden Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Der BF legte während seines Aufenthalts ein massives Fehlverhalten an den Tag. So wurde er im Bereich des Suchtgifthandels aktiv und wurde deswegen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Insbesondere handelte es sich bei der Tatbegehung nicht um eine einmalige Sache, sondern er ging organisiert vor und es kam zu über 40 Treffen mit Abnehmern, bei denen Suchtgift übergeben wurde. Er arbeitete auch mit drei weiteren Personen zusammen, die im selben Gerichtsprozess wie er verurteilt wurden. Das Suchtgift wurde - wie aus dem Strafurteil hervorgeht - aus Serbien herbeigeschafft. Die genaue Planung der Taten zeigt der Sachverhaltskomplex zum Verkauf von Cannabiskraut an einen verdeckten Ermittler, da der BF über eine Internetplattform die Abnahme von 10 Kilogramm des Suchtgifts organisierte und die Übergabe über Hinterleute abwickelte. Die vielen Tatbegehungen seitens des BF wurden vom Strafgericht auch entsprechen erschwerend in die Strafbemessung miteinbezogen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 26.05.2021, Ra 2021/01/0159; 8.7.2020, Ra 2019/14/0272, mwN; vgl. auch die Rechtsprechung des EGMR, der Drogenhandel als Plage [„scourge“] bezeichnet und daher hartes Vorgehen nationaler Behörden dagegen billigt, jüngst EGMR 15.10.2020, Akbay u.a./Deutschland, 40495/15, Z 110).

Dieser Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist insoweit zuzustimmen, dass im konkreten Fall des BF tatsächlich eine erhebliche Wiederholungsgefahr gegeben ist. Der BF befindet

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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