TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/8 W192 2242694-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2021
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Entscheidungsdatum

08.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch


W192 2242694-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2021, Zahl: 1277565503-210573299, zu Recht:

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., V., und VI. wird gemäß den §§ 10 Abs. 2, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., §§ 9, 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG i.d.g.F., §§ 46, 52 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 9, 55 Abs. 4 FPG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG stattgegeben und dieser ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Kosovo, reiste am 29.04.2021 mit dem Zug von Tschechien kommend in das Bundesgebiet ein wurde an diesem Datum an der versuchten Weiterreise nach Italien aufgrund eines fehlenden Covid-19-Tests gehindert. Am 30.04.2021 wurde er wegen eines fehlenden Visums abermals an der Weiterreise nach Italien gehindert. Anlässlich einer am gleichen Datum durchgeführten polizeilichen Personenkontrolle wies der Beschwerdeführer sich mit einem kosovarischen Reisepass aus, in welchem ein nicht mehr gültiges polnisches Visum aufschien. Wegen des Verdachts eines unrechtmäßigen Aufenthalts wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verständigt, welches gegen den Beschwerdeführer in der Folge einen – am gleichen Daum vollzogenen – Festnahmeauftrag nach § 34 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erließ. Eine durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers ergab das Vorliegen von EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie 1 für Deutschland (13.04.2015) und Ungarn (08.04.2013 und 22.04.2013).

Anlässlich einer ebenfalls am 30.04.2021 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer über Befragen zusammengefasst an, er habe nach Italien reisen wollen, um seine dort lebende Frau zu besuchen. Nach der Stellung und Ablehnung eines Asylantrages in Deutschland im Jahr 2015 habe er sich bis 28.02.2020 im Kosovo aufgehalten. Seit 04.03.2020 lebe und arbeite er in Polen, er habe dort einen Aufenthaltstitel beantragt. Der Beschwerdeführer stehe nicht in ärztlicher Behandlung und habe keine Verwandten oder Bekannten in Österreich. An Geldmitteln besitze er das mit sich geführte Bargeld und sein Telefon; er wolle nicht in Österreich bleiben und würde im Fall einer Entlassung aus der Haft zurück nach Polen gehen.

Mit Mandatsbescheid vom 30.04.2021 verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über den Beschwerdeführer die Schubhaft.

Am 03.05.2021 erfolgte eine neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, anlässlich derer er zusammengefasst angab, er sei lediglich durch Österreich durchgereist; er habe eine Personalnummer in Polen und arbeite dort, weshalb er gedacht hätte, dass er während seines Urlaubs seine in Italien lebende Frau besuchen dürfte. Im Anschluss habe er zurück nach Polen gewollt; es sei richtig, dass sein polnisches Visum am 28.02.2021 abgelaufen sei; dieses sei jedoch verlängert worden, was durch einen Stempel in seinem Reisepass ersichtlich wäre; deshalb habe er gedacht, dass er zu seiner Frau, einer näher bezeichneten italienischen Staatsbürgerin, reisen dürfe. Mit jener Frau sei er nicht verheiratet, sondern lediglich in einer Beziehung. Er habe einen Arbeitsvertrag und eine gemeldete Wohnadresse sowie eine Versicherung. Am 14.04.2021 habe er die Gebühr für den Aufenthaltstitel eingezahlt. In Polen arbeite er als Bauarbeiter bzw. Installateur als Leiharbeiter über eine Firma, welche Arbeitskräfte vermitteln würde. In Österreich sei er zum ersten Mal, er habe hier keine Bekannten, spreche jedoch ein wenig Deutsch. An Geldmitteln besitze er noch EUR 90,-. Ein Bankkonto oder eine Kreditkarte besitze er nicht; er habe eine Bankomatkarte aus dem Kosovo, könne aber in Österreich kein Geld beheben oder bezahlen, dies sei ihm lediglich über Western Union möglich. Er habe keine Unterkunftsmöglichkeit in Österreich und könne hier nicht auf legalem Weg für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass die von ihm gewünschte Ausreise nach Polen mangels eines derzeitigen Nachweises für ein dortiges Aufenthaltsrecht nicht in Betracht kommen würde. Dazu gab der Beschwerdeführer an, dass er, wenn es nicht anders ginge, auch zur Rückkehr in den Kosovo bereit wäre, jedoch müsste er dort erneut ein Visum zur Einreise nach Polen beantragen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und eine Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität und Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers fest und erwog weiters, dass der Beschwerdeführer als kosovarischer Staatsangehöriger der Visumspflicht unterliege, ein solches jedoch bei seiner polizeilichen Kontrolle nicht habe vorweisen können. Dieser sei zuvor in Polen aufhältig gewesen, wo er am 03.02.2021 einen Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis zu Arbeitszwecken gestellt hätte. Am 02.03.2021 sei diesem in Polen eine befristete Arbeitserlaubnis erteilt worden. Ein polnischer Aufenthaltstitel sei ihm jedoch nicht erteilt worden. Der Beschwerdeführer habe sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und verfüge mit Ausnahme von Barmitteln in Höhe von EUR 90,- über keine legale Einkommensquelle sowie keinen Krankenversicherungsschutz in Österreich. Schützenswerte familiäre oder private Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich seien nicht festzustellen. Der Beschwerdeführer halte sich ohne ordentlichen Wohnsitz in Österreich auf, sei mittellos und wäre von der Unterstützung Dritter oder der Verschaffung einer unrechtmäßigen Einnahmequelle abhängig.
Da ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu erteilen sei und eine Interessensabwägung im Sinne des § 9 Abs. 3 BFA-VG zu dessen Lasten ausginge, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen.

Mangels Vorliegens einer relevanten Gefährdung sei unter Bedachtnahme auf die Lage im Herkunftsstaat die Abschiebung in den Kosovo, einen sicheren Herkunftsstaat, zulässig.

Zur Begründung des Einreiseverbotes wurde erwogen, der Beschwerdeführer habe die Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts nicht nachgewiesen. Aus der Mittellosigkeit resultiere die Gefahr der Mittelbeschaffung aus illegalen Quellen respektive einer finanziellen Belastung von Gebietskörperschaften. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände, sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der ausgesprochenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung zu begegnen.

Aus dem gleichen Grund sei die sofortige Ausreise des Genannten im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, sodass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei.

Jener Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 04.05.2021 persönlich übernommen.

Am 12.05.2021 reiste der Beschwerdeführer nach Entlassung aus der Schubhaft unter Gewährung von finanzieller Rückkehrhilfe auf dem Luftweg in den Kosovo aus.

3. Gegen den dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation am 19.05.2021 fristgerecht eingebrachte vollumfängliche Beschwerde, in welcher begründend ausgeführt wurde, die Behörde habe die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren verletzt, da sie Ermittlungen zur Arbeitsstelle des Beschwerdeführers in Polen und seinem dortigen Einkommen, den von ihm angegebenen Bemühungen zur Verlängerung seines polnischen Visums sowie den im Gebiet der Mitgliedstaaten bestehenden verwandtschaftlichen Bindungen unterlassen habe. Die Behörde habe den angefochtenen Bescheid, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit der Verhängung eines dreijährigen Einreiseverbotes, unzureichend begründet. Lediglich die Behauptung, der Beschwerdeführer könne sich in Österreich nicht legal versorgen, sei hierzu unzureichend, zumal in diesem Zusammenhang unberücksichtigt geblieben sei, dass der Beschwerdeführer nie die Absicht gehabt habe, sich in Österreich aufzuhalten, sondern sich lediglich auf der Durchreise zu seiner in Italien lebenden Lebensgefährtin befunden habe. Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt rechtfertige die Verhängung eines Einreiseverbotes nicht und es hätte zudem auch die familiäre und private Situation des Beschwerdeführers in anderen Mitgliedstaaten in den Blick genommen werden müssen. Der Beschwerdeführer sei bereits seit über einem Jahr in Polen erwerbstätig gewesen und habe bis zum 28.02.2021 auch über ein Visum verfügt; dass dieses noch nicht effektiv verlängert worden wäre, sei dem Beschwerdeführer nicht anzulasten, zumal er sich rechtzeitig um die Verlängerung desselben bemüht hätte. Der Beschwerdeführer sei unbescholten und habe sich zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhaltes sowie zur freiwilligen Ausreise bereit gezeigt. Das Einreiseverbot stelle für den Beschwerdeführer, welcher Familienangehörige und Verwandte sowie eine Beschäftigung im Schengenraum habe, einen gravierenden Eingriff dar, und sei daher zu beheben, jedenfalls aber zu hoch bemessen worden. Auch seien die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und damit zusammenhängend die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise im vorliegenden Fall zu Unrecht erfolgt.

Beiliegend übermittelt wurden Unterlagen zum Beleg des (bisherigen) Aufenthaltsrechts und der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in Polen, deren Übersetzung ins Deutsche beantragt wurde.

4. Mit Schreiben vom 20.05.2021 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor und merkte an, dass es sich bei dem der Beschwerde zuletzt angeschlossenen Beweismittel nicht um eine Zahlungsbestätigung für eine Visaverlängerung, sondern um eine Fahrpreisnachforderung wegen Schwarzfahrens handeln würde.

Durch das Bundesverwaltungsgericht wurde in der Folge die Übersetzung der vorgelegten polnischen Arbeitserlaubnis ins Deutsche veranlasst.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Kosovo und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht aufgrund der Vorlage eines kosovarischen Reisepasses fest.

Zum Beschwerdeführer liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie 1 zu Deutschland (vom 13.04.2015) sowie zu Ungarn (vom 08.04.2013 und vom 22.04.2013) vor. In Folge der Ablehnung seines Asylantrages in Deutschland kehrte der Beschwerdeführer in den Kosovo zurück, wo er bis Anfang des Jahres 2020 verblieb. Ende Februar/Anfang März 2020 ließ sich der Beschwerdeführer zu Arbeitszwecken in Polen nieder.

Der Beschwerdeführer war im Besitz eines von 28.02.2020 bis 28.02.2021 gültigen, zur mehrfachen Einreise berechtigenden, polnischen Visums der Kategorie D. Der Beschwerdeführer hat in Polen am 04.02.2021 um die Verlängerung seines Visums angesucht.

Durch Polen wurde an den Arbeitgeber des Beschwerdeführers eine Arbeitserlaubnis für die Person des Beschwerdeführers als Monteur der Baukonstruktion im Umfang von 40 Wochenstunden mit einer Gültigkeit von 02.03.2021 bis 01.03.2024 ausgestellt.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels für Polen ist.

Mit Bescheid einer deutschen Polizeibehörde vom 02.04.2021 wurde der Beschwerdeführer zur nachweislichen Ausreise aus dem deutschen Bundesgebiet bis 09.04.2021 aufgefordert, wobei festgehalten wurde, dass er die Ausreisepflicht auch mit der Einreise in die Republik Polen erfülle, da er dort über einen längerfristigen Aufenthaltsstatus verfügen würde. Am 09.04.2021 reiste der Beschwerdeführer von Deutschland nach Polen aus und ließ die erfolgte Rückkehr nach Polen am 26.04.2021 durch ein Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Polen bestätigen. In der Folge reiste er am 29.04.2021 von Tschechien kommend in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 29.04.2021 und am 30.04.2021 versuchte er jeweils, nach Italien weiterzureisen, woran er aufgrund eines fehlenden Covid-Testnachweises bzw. eines gültigen Visums gehindert wurde. Schließlich wurde er am 30.04.2021 im Bundesgebiet infolge seines unrechtmäßigen Aufenthalts nach den Bestimmungen des BFA-VG festgenommen und es wurde mit Mandatsbescheid vom gleichen Datum die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Abschiebung verhängt.

1.2. Der in Österreich strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und spricht Albanisch. Der Beschwerdeführer hat sich lediglich zur Durchreise in Österreich aufgehalten und plante keinen längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Dieser hat in Österreich nie einen Wohnsitz besessen, er hat hier keine zum Aufenthalt berechtigten Angehörigen oder sonstigen sozialen Bindungen, ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erbrachte keinen Nachweis über vorhandene Deutschkenntnisse. Eine Integration im österreichischen Bundesgebiet wurde nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer war seit rund einem Jahr in Polen erwerbstätig und plante eine Fortsetzung seiner beruflichen Tätigkeit in Polen. Er führt eine Beziehung mit einer in Italien lebenden italienischen Staatsbürgerin und hat einen in Deutschland lebenden Bruder.

1.3. Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt seines Aufgriffs im Bundesgebiet über EUR 90,- an Bargeld und keine legalen Möglichkeiten zur Erlangung darüberhinausgehender finanzieller Mittel.

Der Beschwerdeführer reiste am 12.05.2021 unter der Gewährung finanzieller Rückkehrhilfe in den Kosovo aus. Ein aktueller Inlandsaufenthalt liegt nicht vor.

1.4. Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, dass ihm im Kosovo eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts im Kosovo in der Lage.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Inhalt der entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf den im Veraltungsakt in Kopie einliegenden kosovarischen Reisepass und Führerschein des Beschwerdeführers (AS 17 ff). Die zu seiner Person aufscheinenden EURODAC-Treffermeldungen ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt dokumentierten Ergebnis eines EURODAC-Abgleichs (AS 7 f). Die Feststellungen zu seinen Reisebewegungen im Vorfeld der Einreise nach Österreich und der in Deutschland festgestellten Ausreisepflicht ergeben sich aus den im Verwaltungsakt diesbezüglich in Kopie einliegenden Unterlagen, insbesondere dem Bericht einer Landespolizeidirektion vom 30.04.2021 (AS 3 ff), den Zugfahrkarten (AS 11 ff), der Grenzübertrittsbescheinigung vom 26.04.2021 sowie dem Bescheid einer deutschen Behörde vom 02.04.2021 (AS 13 ff); aus dem letztgenannten Schriftstück ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer sein unrechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland zu Kenntnis gebracht und dieser zum Verlassen des Schengengebietes aufgefordert wurde, wobei angemerkt wurde, dass die Ausreisepflicht auch durch die Einreise in die Republik Polen erfüllt werden könne. Die Feststellungen über das abgelaufene polnische Visum D des Beschwerdeführers, die beantragte Verlängerung sowie die gültige polnische Arbeitserlaubnis ergeben sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Kopien jener Dokumente sowie der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung über die beantragte Verlängerung. Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, zum Zeitpunkt seiner Reisebewegung und Festnahme im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels für Polen oder eines Visums gewesen zu sein, welches ihn zur Reise innerhalb der Schengen-Staaten berechtigte. Der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich wurde auch in der Beschwerde nicht bestritten und es wurde auch im Beschwerdeschriftsatz nicht vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aktuell im Besitz eines gültigen polnischen Aufenthaltstitels sei.

Dass dieser sich lediglich zur Durchreise in Österreich befunden hat und keinen längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet plante, ergibt sich aus seinen nachvollziehbaren Angaben anlässlich seiner Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 30.04.2021 und am 03.05.2021. Die Feststellungen über seine Beziehung mit einer italienischen Staatsbürgerin beruhen ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers, welcher vor dem Bundesamt nähere Aussagen zu Personalien und Wohnort seiner Freundin erstattete (AS 158). Der Aufenthalt eines Bruders in Deutschland ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen.

Die Feststellungen zu den fehlenden Bindungen des Beschwerdeführers zu Österreich ergeben sich aus seinen ausdrücklichen diesbezüglichen Angaben im Verfahren vor dem Bundesamt und in der Beschwerde (vgl. etwa AS 158).

Seine Festnahme im Bundesgebiet und die Verhängung von Schubhaft ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung über die nicht vorhandene behördliche Wohnsitzmeldung in Österreich ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Aus der Aktenlage geht nicht hervor, dass der Beschwerdeführer jemals über eine Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet verfügt hätte. Im Zentralen Fremdenregister scheinen keine diesbezüglichen Vermerke auf und wurde vom Beschwerdeführer auch nichts Gegenteiliges vorgebracht. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers wird durch die Einsicht in das Strafregister belegt. Mangels eines entsprechenden Vorbringens respektive der Vorlage medizinischer Unterlagen war festzustellen, dass der Beschwerdeführer an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, welche ihn in seiner Möglichkeit zur Teilnahme am Erwerbsleben maßgeblich einschränken würden.

Seine Ausreise unter Gewährung finanzieller Rückkehrhilfe ist aufgrund der Ausreisebestätigung vom 14.05.2021 belegt.

Die Feststellung über seine finanziellen Verhältnisse resultiert aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, anlässlich derer er festhielt, im Besitz von lediglich EUR 90,- zu sein und keine Möglichkeiten zur Erlangung darüberhinausgehender finanzieller Mittel zu haben (AS 159). Eine finanzielle Unterstützung durch Familienangehörige oder eine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers wurde im Verfahren auch nicht behauptet oder nachgewiesen. Der Beschwerdeführer hielt ausdrücklich fest, dass er in Österreich auch nicht auf anderem Weg (etwa durch Zugriff auf ein Bankkonto bzw. eine Kreditkarte) an zusätzliche finanzielle Mittel gelangen könnte und es bestätigte auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer für die freiwillige Ausreise in den Kosovo finanzielle Rückkehrhilfe in Anspruch genommen hat, die im angefochtenen Bescheid festgestellte Mittellosigkeit. Die Beschwerde hat lediglich pauschal auf fehlende Ermittlungen zu einem allfälligen Einkommen aus der beruflichen Tätigkeit in Polen hingewiesen, jedoch selbst kein Vorbringen zum tatsächlichen Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel und deren Höhe erstattet. Zudem wurde der Beschwerdeführer, wie angesprochen, anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 03.05.2021 zu seiner finanziellen Situation befragt, ohne jedoch ein aktuelles Einkommen oder Ersparnisse aus einer früheren beruflichen Tätigkeit anzuführen.

2.4. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine Rückkehrbefürchtungen bezogen auf den Kosovo, einen sicheren Herkunftsstaat im gemäß § 1 Z 2 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), geäußert. Da es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Mann handelt, welcher an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet und dessen Lebensmittelpunkt bis Anfang des Jahres 2020 im Kosovo gelegen hat, der mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und muttersprachlich Albanisch spricht, können keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass er zur Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes im Kosovo nicht in der Lage sein und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Im Kosovo herrschen zudem keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Demnach konnte auch von Amts wegen kein Hinweis auf eine im Fall einer Abschiebung drohende Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers erkannt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellen sich die maßgeblichen Rechtsgrundlagen wie folgt dar:

3.2.1.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise:

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung‘ zu erteilen.

[…]

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) – (4) […]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) – (13) […]“

Die maßgeblichen Bestimmungen des 7. und 8. Hauptstücks des FPG lauten:

„Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.       die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.       sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.       sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) – (6) [...]

[...]

Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

[...]

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) – (5) […]

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) [...]

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) – (11) […]

[...]

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) – (3) […]

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) […]“

§ 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) – (6) [...]“

3.2.1.2. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner kosovarischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1.       wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.       wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.       wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.       solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;

5.       bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;

6.       wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;

7.       wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;

8.       wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind, oder

9.       soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

3.2.1.3. Der Beschwerdeführer ist als kosovarischer Staatsbürger nicht von der Visumpflicht befreit. § 31 Abs. 1 Z 3 FPG iVm Art. 21 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) und Art. 6 Abs. 1 lit. b Schengener Grenzkodex (SGK) verlangen im fallbezogenen Zusammenhang für die rechtmäßige Einreise und den rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, dass der Beschwerdeführer entweder über einen gültigen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates (vgl. § 2 Abs. 4 Z 7 FPG) verfügte oder dass er im Besitz eines gültigen Visums war. Beides traf nicht zu. Wie angesprochen, legte der Beschwerdeführer im Verfahren lediglich eine an seinen Arbeitgeber erteilte (gültige) polnische Arbeitserlaubnis vor, in welcher diesem eine Beschäftigung des Beschwerdeführers als Monteur der Baukonstruktion im Zeitraum von 02.03.2021 bis 01.03.2024 erlaubt wird, aus welcher sich jedoch kein Recht des Beschwerdeführers zum Aufenthalt in Polen ableiten lässt. Sein Visum D, auf welchem sein früherer Aufenthalt in Polen offensichtlich beruhte, besaß einen Gültigkeitszeitraum von 28.02.2020 bis 28.02.2021 und war damit zum Zeitpunkt der Einreise und des Aufgriffs des Beschwerdeführers im Bundesgebiet am 29./30.04.2021 bereits abgelaufen, sodass dieses eine rechtmäßige Einreise nicht begründen konnte. Auch führt der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Antrag auf Verlängerung jenes Visums nicht zur Berechtigung einer Einreise und einem Aufenthalt in anderen Vertragsstaaten und – unter Berücksichtigung der Liste von Aufenthaltstiteln gemäß Art. 2 Abs. 16 SGK – auch zu keinem aktuellen Aufenthaltsrecht in Polen. Demnach erwies sich die Feststellung des BFA, der Beschwerdeführer habe sich im Bundesgebiet unrechtmäßig aufgehalten, als zutreffend.

Da sich nicht ergeben hat, dass der Beschwerdeführer im Sinn des § 52 Abs. 6 FPG im Besitz eines gültigen polnischen Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates ist, hat die Erlassung einer auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gegründeten Rückkehrentscheidung (und damit auch eines Einreiseverbotes) nicht vorausgesetzt, dass dieser (erfolglos) aufgefordert worden wäre, sich unverzüglich nach Polen zu begeben, oder seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

3.2.1.4. Gemäß dem vom BFA als Rechtsgrundlage für die Rückkehrentscheidung herangezogenen § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung - zu ergänzen: vorbehaltlich ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt des § 9 BFA-VG - zu erlassen, wenn ihm von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird. Ergänzend ermöglicht § 52 Abs. 1 Z 2 FPG unter der Voraussetzung, dass das Verfahren binnen sechs Wochen ab der Ausreise eingeleitet wird, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auch gegen Drittstaatsangehörige, die sich im Bundesgebiet unrechtmäßig aufgehalten haben, die also nach einem unrechtmäßigen Aufenthalt bereits ausgereist sind oder abgeschoben wurden. Die Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG ist somit die Reaktion auf den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen (vgl. dazu VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0128; sowie VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rn. 10; zum Zweck des Tatbestandes der Z 2 siehe im Übrigen noch Rn. 11 und zur Frage der Bedachtnahme auf eine während des Verfahrens erfolgte Ausreise/Abschiebung Rn. 12 sowie Rn. 18 bis 21).

Mit dem gegenständlichen Bescheid, welcher durch persönliche Ausfolgung an den Beschwerdeführer am 04.05.2021 erlassen wurde, wurde demnach zulässigerweise eine Rückkehrentscheidung auf Grundlage des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG beurteilt. Der Beschwerdeführer ist in der Folge am 12.05.2021 in den Kosovo ausgereist und hält sich seither nicht mehr in Österreich auf.

Da das Rückkehrentscheidungsverfahren bereits vor der Ausreise eingeleitet war, sind zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung die Voraussetzungen nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gegeben. Wegen der mittlerweile erfolgten Ausreise des Beschwerdeführers aus Österreich ist gegenständlich die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage, zu prüfen (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Wie sogleich aufzuzeigen sein wird, haben im Falle des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt – weder bei Erlassung des angefochtenen Bescheides, noch zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt – Umstände vorgelegen, die im Sinne des § 9 Abs. 3 BFA-VG zu einer Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung führen würden.

3.2.2. Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

3.2.3. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 lagen zu keinem Zeitpunkt vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig war noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor. Die Behörde hat daher zu Recht ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Zeitpunkt der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht vorgelegen haben. Aktuell liegen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 bereits mangels eines aktuellen Inlandsaufenthaltes nicht vor.

3.2.4. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

3.2.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.2.4.2. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keine familiären Bindungen. Die ausgesprochene Rückkehrentscheidung ist demnach nicht geeignet, einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Familienlebens zu begründen.

3.2.4.3.1 Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216, mwH).

3.2.4.3.2. Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig, er verfügt hier über keine engen sozialen Bindungen, hat sich keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet oder sonstige Ausbildungen absolviert. Es wurden im gesamten Verfahren keine Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in gesellschaftlicher, sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht ersichtlich. Dieser brachte vor, sich erstmals und lediglich kurzfristig zur Durchreise in Österreich aufgehalten zu haben und keinen längerfristigen Verbleib beabsichtigt zu haben. Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich nannte er im gesamten Verfahren nicht.

Der Beschwerdeführer hatte seinen Lebensmittepunkt laut seinen Angaben seit dem Jahr 2020 in Polen, zudem hat er eine Freundin in Italien, sodass eine Rückkehrentscheidung einen Eingriff in dessen dort geführtes Privatleben begründet, welcher sich jedoch im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen als gerechtfertigt erweist. Dem Beschwerdeführer musste bewusst sein, dass er nicht zum Aufenthalt und Reisebewegungen im Bereich der Schengen-Staaten berechtigt war, zumal ihm der Ablauf der Gültigkeit seines polnischen Visums D bekannt war und er bereits von Deutschland mit Bescheid vom 02.04.2021 über die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthalts und seine Verpflichtung zur Ausreise informiert worden war. Nichtsdestotrotz setzte er bereits wenige Tage nach der Rückkehr nach Polen eine neuerliche illegale Reisebewegung ohne vorherige Erlangung des hierfür erforderlichen Visums. Dem Beschwerdeführer steht es offen, sich vom Herkunftsstaat aus um die neuerliche Erlangung eines Einreise- und Aufenthaltstitels für Polen zu bemühen.

Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, in welchem er bis zum Jahr 2020 gelebt hat, bestehen nach wie vor enge Bindungen, er verfügt über Kenntnisse der Amtssprache sowie Berufserfahrung und es wird ihm daher als volljährigem gesundem Mann ohne besonderen Schutzbedarf auch problemlos möglich sein, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen.

3.2.4.4. Allfälligen privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Aufenthalt in Österreich und anderen Mitgliedstaaten stehen im Übrigen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3.2.5. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung in den Kosovo:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234). Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren, wie dargelegt, kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des Covid-19-Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt. Der Kosovo hat Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gesetzt und es ist eine Einreise aktuell bei Erfüllung der „3-G-Regel“ möglich. Seit 13.07.2020 gilt ein allgemeines Gebot, außerhalb seines Eigenheimes, einen Gesichtsschutz (Maske) zu tragen sowie eine Distanz von 2m zu anderen Personen einzuhalten (vgl. https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kosovo/). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer, welcher bereits im Mai 2021 in den Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, bei einer allfälligen Covid-19-Infektion einer Hoch-Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde.

Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.

3.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und Nichtfestlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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