Entscheidungsdatum
23.07.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W212 2244286-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA staatenlos, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2021, Zl.: XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein staatenloser Palästinenser, stellte am 09.11.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet.
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am 10.12.2019 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt wurde.
2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.11.2020 gab der Beschwerdeführer zunächst an, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, die ihn an der Einvernahme hindern würden. Er sei Palästinenser und in Syrien geboren. Vor elf Jahren habe er bereits den Entschluss gefasst seinen Herkunftsstaat zu verlassen. Er habe sich bis vor etwa drei Monaten in Syrien aufgehalten und sei dann illegal in die Türkei gelangt. Nach fünf Tagen sei er mit einem Schlauchboot nach Griechenland weitergereist, wo er sich etwa eineinhalb Monate aufgehalten habe. In Mazedonien sei er etwa drei Tage gewesen, in Serbien zwei Monate. Schließlich sei er nach Durchreise durch Ungarn am 09.11.2020 in Österreich eingereist. In Griechenland sei es nicht gut, er habe dort nicht einmal eine Wohnung bekommen, sondern in einem Zelt leben müssen. Es wisse, dass er in Griechenland in Sicherheit gewesen sei, aber in Österreich funktioniere die Familienzusammenführung am schnellsten. Außer in Österreich habe er noch nie um Asyl angesucht.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, er wäre trotz seines Alters zum Militär einberufen worden. Er wolle aber nicht kämpfen.
3. Mit Schreiben vom 13.11.2020 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Informationsersuchen nach Art. 34 Dublin III-VO an Griechenland. Am 14.04.2021, 29.04.2021, 17.05.2021, 01.06.2021 und am 16.06.2021 wurden Erinnerungsschreiben zum Informationsersuchen nach Art. 34 Dublin III-VO an Griechenland gerichtet. Mit Schreiben vom 07.07.2021 langte ein Antwortschreiben der griechischen Dublinbehörde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, in dem ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer am 11.12.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, welcher am 03.06.2020 positiv entschieden worden sei. Eine Aufenthaltsgenehmigung und ein spezielles Reisedokument für Flüchtlinge (TDV) habe der Beschwerdeführer noch nicht erhalten.
4. Mit Untersuchungsbericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 29.12.2020 wurde festgestellt, dass die ID-Karte des BF, die am 05.12.2005 in Syrien ausgestellt worden ist, nach dem derzeitigen Kenntnisstand authentisch sei. Bei der Untersuchung der eingetragenen Daten (Ausfüllschriften/Lichtbild/Stempelabdrucke) hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung ergeben.
5. Am 11.05.2021 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, bei der der Beschwerdeführer zunächst angab, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Seine Angaben aus der Erstbefragung vom 09.11.2020 würden der Wahrheit entsprechen und halte er diese aufrecht. Er habe einen Bruder und eine Schwester in Deutschland und eine weitere Schwester in Norwegen, in Österreich jedoch keine Familienangehörigen. Befragt zu seinem Aufenthalt in Griechenland, gab der Beschwerdeführer an, dieser hätte von Ende 2019 bis August oder September 2020, also etwa acht oder neun Monate gedauert. Es sei ein Missverständnis gewesen, dass er in der Erstbefragung angab, nur eineinhalb Monate in Griechenland gewesen zu sein, er habe Serbien gemeint. In Griechenland sei er die ganze Zeit im Camp Moria gewesen. Er wolle nach Griechenland auf keinen Fall zurück, alles dort sei schwer. Wenn man einen Aufenthaltsstatus bekomme, müsse man das Camp verlassen und sei auf sich allein gestellt. Man bekomme keine Unterstützung von den Behörden und Flüchtlinge würden im Park schlafen. Es gebe dort keine Arbeit und könne man dort auch keine Familienzusammenführung haben. Außerdem seien die Afghanen sehr aggressiv und sei ihm von ihnen mit Gewalt sein Handy abgenommen worden. Ein anderer Afghane habe ihn an der Hüfte mit einem Messer verletzt. Er sei deswegen auch bei der Polizei gewesen und habe ihnen den Vornamen des Angreifers gesagt. Die Polizei habe aber nichts unternommen. Nachdem er mit einem anderen Syrer, der ebenfalls von einem Afghanen verletzt worden sei, zur Polizei ging, sei er beim Verlassen der Polizeiwache erneut von Afghanen geschlagen worden. Er habe diesbezüglich aus Angst vor den Afghanen keine Anzeige erstattet. Außerdem sei das Camp angezündet worden. Es stimme nicht, dass er in Griechenland Schutzstatus erhalten habe. Die Behörden hätten ihm zwar gesagt, er bekomme Asyl, er habe aber nichts unterschrieben. Er sollte nach Athen kommen, um seine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, was er aber nicht getan habe.
Dem Beschwerdeführer wurden die Länderinformationen zu Griechenland ausgehändigt und ihm eine 14-tägige Frist zur Abgabe einer Stellungahme eingeräumt.
Vorgelegt wurden: Auszug aus dem Personal- und Familienregister; Reisepass; Unrwa-Karte (Auszug aus dem Register für Staatenlose Palästinenser).
6. Am 11.06.2021 langte per E-Mail ein „Einspruchsantrag“ des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, in dem der Beschwerdeführer ausführte, er habe am 08.06.2020 einen negativen Bescheid erhalten und wolle dagegen Einspruch erheben. Er habe sechs Monate in Griechenland gelebt, aber dort kein Asyl beantragt und auch keinen Aufenthalt bekommen. Er habe in einem Flüchtlingslager gewohnt und sei dies sehr schwierig gewesen. In Griechenland würden die grundlegendsten Lebensnotwendigkeiten fehlen. Er habe manchmal im Freien schlafen müssen, niemand habe sich um ihn gekümmert und er habe auch nicht immer etwas zu essen gehabt. Er habe Syrien verlassen, weil dort Krieg herrsche und hoffe in Österreich bleiben zu können.
7. Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2021 wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Griechenland zurückzubegeben habe. In Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt sowie gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.
Zur Lage in Griechenland wurden folgende Feststellungen getroffen:
? Schutzberechtigte
Letzte Änderung: 28.05.2021
Laut Gesetz haben Schutzberechtigte in Griechenland dieselben Rechte wie griechische Staatsangehörige. Im Jahr 2020 ist aufgrund von beschleunigten Asylverfahren im Vergleich zu den Vorjahren die Anzahl international Schutzberechtigter sprunghaft gestiegen: Insgesamt wurde 35.372 Menschen internationaler Schutz zuerkannt (ProAsyl 4.2021). Das sind mehr als doppelt so viele Menschen als 2019 (AIDA 6.2020).
Anerkannte Flüchtlinge erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre, subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr. Ein Recht auf Familienzusammenführung besteht zwar formal (allerdings nur für anerkannte Flüchtlinge), ist aber aufgrund der Auflagen in der Praxis nur schwer zu erreichen. Wird dieses innerhalb von drei Monaten ab Statuszuerkennung beantragt, entfallen Einkommenserfordernisse. Anerkannte Flüchtlinge haben das Recht auf ein Reisedokument. Das gilt auch für subsidiär Schutzberechtigte, wenn sie einen Nachweis ihrer diplomatischen Vertretung vorlegen können, dass es ihnen nicht möglich ist, einen nationalen Reisepass zu erhalten. Diese Voraussetzung ist für viele äußerst schwierig zu erfüllen und überdies von der diplomatischen Vertretung des Herkunftslandes abhängig (AIDA 6.2020).
Residence Permit Card
Eine Residence Permit Card (RPC) ist Voraussetzung für den Erhalt finanzieller Unterstützung, einer Wohnung, einer legalen Beschäftigung, eines Führerscheins und einer Steuer- bzw. Sozialversicherungsnummer, für die Teilnahme an Integrationskursen, für den Kauf von Fahrzeugen, für Auslandsreisen, für die Anmeldung einer gewerblichen oder geschäftlichen Tätigkeit und – abhängig vom jeweiligen Bankangestellten - oftmals auch für die Eröffnung eines Bankkontos (VB 19.3.2021).
Der Erhalt einer RPC dauert jedoch in der Praxis Monate und die Behördengänge sind für Personen ohne Sprachkenntnisse und Unterstützung äußerst schwierig zu bewerkstelligen. Zur Beantragung der RPC reicht in Griechenland ein bestandskräftiger Anerkennungsbescheid der Asylbehörde, mit dem einer Person internationaler Schutz zuerkannt wurde, nicht aus. Zusätzlich wird ein sogenannter „ADET-Bescheid“ benötigt. Bei diesem handelt es sich um einen Bescheid des zuständigen Regionalbüros der Asylbehörde, durch den die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis angewiesen wird. Der ADET-Bescheid wird nicht immer zusammen mit dem Anerkennungsbescheid zugestellt. In diesem Fall müssen Schutzberechtigte einen Termin beim zuständigen Regionalbüro vereinbaren, um sich den ADET-Bescheid aushändigen zu lassen (ProAsyl 4.2021).
Nach dem Erhalt des positiven Asylbescheides kann der Asylberechtigte zwei Ansuchen einreichen: eines für die Residence Permit Card (RPC) und ein weiteres für ein Reisedokument. Die Anträge erfolgen beim Asylservice. Mit dem Asylbescheid und dem Ansuchen für die RPC kann man per E-Mail einen Fingerabdruck-Termin beantragen. Die Antwort hierauf dauert zwischen zwei Wochen und zwei Monaten, COVID-bedingt oftmals länger. Von der Antwort bis zum Fingerabdruck-Termin dauert es in der Regel neuerlich mehrere Wochen, woraufhin bis zum tatsächlichen Erhalt der RPC nochmals drei bis acht Monate (COVID-bedingt teilweise länger) vergehen. Die Ausstellung der RPC erfolgt durch die griechische Polizei (VB 1.3.2021). Die Gültigkeit der RPC beträgt für Asylberechtigte drei Jahre (um weitere drei Jahre verlängerbar) und für subsidiär Schutzberechtigte ein Jahr (um ein weiteres Jahr verlängerbar) und geht durch Ausreise und spätere Wiedereinreise nach Griechenland nicht verloren (VB 12.4.2021).
Reisedokument
Um ein Reisedokument beantragen zu können, bestehen folgende Voraussetzungen:
- Wenn die betreffenden Schutzberechtigten in einem Camp oder in einer anderen staatlichen Unterkunft untergebracht und dort registriert sind, können sie unmittelbar nach Erhalt des positiven Asylbescheides parallel die Residence Permit Card (RPC) und ein Reisedokument beantragen. Sie werden hierbei aktiv vom Management des Camps bzw. der Unterkunft unterstützt (VB 12.4.2021).
- Wenn anerkannte Schutzberechtigte hingegen nicht in einem Camp oder einer staatlichen Einrichtung untergebracht und registriert sind, ist für den Antrag eines Reisedokumentes eine RPC erforderlich (VB 12.4.2021).
Das Ausstellungsdatum des Asylbescheids darf nicht länger als sechs Monate zurückliegen; andernfalls muss beim Asylservice eine Neuausstellung des Bescheides erwirkt werden. Der Asylbescheid und die RPC müssen eingescannt und bei der Fremdenpolizei online eingegeben werden. Die Gebühr hierfür beträgt derzeit 84,- Euro. Danach muss wiederum per E-Mail um einen Fingerabdruck-Termin angesucht werden (Wartezeit: eine Woche bis zwei Monate). Die Ausfolgung eines Reisedokuments erfolgt dann nach drei bis acht Monaten (COVID-bedingt auch länger) durch die griechische Polizei (VB 1.3.2021).
Nach Erfahrung des letzten Jahres suchen fast alle anerkannten Flüchtlinge um ein Reisedokument an (VB 24.2.2021). Syrische Schutzberechtigte werden hierbei in der Praxis bevorzugt behandelt; für andere Nationalitäten kann das Prozedere Monate dauern (VB 12.4.2021).
HELIOS Programm („Hellenic Support for Beneficiaries of International Protection“)
Nach Ausfolgung des Asylbescheides erhält der Asylberechtigte eine SMS-Mitteilung, dass er nun vom Cash Card Programm für Asylwerber abgemeldet wird und dass er die zur Verfügung gestellte Unterkunft sofort verlassen muss (das Gesetz sieht hier eine Frist von einem Monat vor). Nur Schwangere ab dem 7. Schwangerschaftsmonat bekommen inkl. Familie einen Aufschub von 2 Monaten (VB 1.3.2021). Der Verbleib mehrerer tausend Menschen in diversen Camps und Flüchtlingsunterkünften wird von der griechischen Regierung aufgrund fehlender Alternativen und der auch für Griechen schwierigen Situation einstweilen toleriert, allerdings ist nicht absehbar, für wie lange. Die Versorgung dieser in den Unterkünften noch geduldeten Flüchtlinge wird zum größten Teil von NGOs und Freiwilligen übernommen, wobei offensichtlich die jeweiligen Camp- oder Sitemanager eher willkürlich über Verfügbarkeit und Vergabe entscheiden (VB 19.3.2021).
Die griechische Regierung verweist anerkannte Schutzberechtigte für Unterstützungsmaßnahmen bei der Integration meist auf das Programm HELIOS. Zusätzlich hat die griechische Regierung im September 2020 mit IOM ein ergänzendes Programm ins Leben gerufen, das anerkannten Schutzberechtigten eine zweimonatige Unterbringung in Hotels ermöglichen soll. Gedacht ist dieses Programm als eine Art Puffer für Schutzberechtigte von den Inseln, die auf das Festland verbracht wurden und sich noch nicht bei Helios einschreiben konnten. Geplant war dieses Programm für 1.500 bis 2.000 Personen. Laut IOM haben insgesamt 2.504 Personen von dieser Maßnahme profitiert. Das Programm lief regulär Ende 2020 aus, wurde einmal bis Ende Februar 2021 verlängert. Anfang März hat Griechenland bei der EU-Kommission einen Antrag auf Weiterfinanzierung gestellt (VB 12.4.2021).
Bei HELIOS handelt sich um ein Projekt von IOM zur Integration von Schutzberechtigten, die in einer offiziellen Unterbringungseinrichtung leben (AIDA 6.2020; vgl. IOM o.D.).
Helios ist das einzige aktuell in Griechenland existierende offizielle Integrationsprogramm für internationale Schutzberechtigte. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des europäischen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF); Umgesetzt wird das Programm von IOM in Zusammenarbeit mit verschiedenen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Das Programm wurde im Juli 2019 gestartet und hat eine Laufzeit bis Juni 2021. Neben Integrationskursen sowie einzelnen Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration beinhaltet es Unterstützung bei der Anmietung von Wohnraum (ProAsyl 4.2021).
Voraussetzungen für den Zugang zu den Fördermaßnahmen von Helios:
- Zugang haben Schutzberechtigte, denen nach dem 1.1.2018 internationaler Schutz zuerkannt wurde sowie deren Familienangehörige, die mittels Familienzusammenführung nach Griechenland gekommen sind (solange ihre Angehörigen Helios-berechtigt sind) (VB 12.4.2021; vgl. ProAsyl 4.2021).
- Die betreffenden Schutzberechtigten müssen darüber hinaus zum Zeitpunkt der Zustellung ihres Anerkennungsbescheids offiziell in einem Flüchtlingslager, einem Empfangs- und Identifikationszentrum (RIC), einem Hotel im Rahmen des IOM-Programms FILOXENIA oder einer Wohnung des ESTIA-Programms registriert gewesen sein und tatsächlich dort gelebt haben (VB 12.4.2021; vgl. ProAsyl 4.2021).
- Die Anmeldung zu Helios darf nicht später als 12 Monate nach Anerkennung des Schutzstatus erfolgen. Das Mindestalter beläuft sich auf 16 Jahre (VB 12.4.2021; vgl. ProAsyl 4.2021).
- Es erfolgt eine Beitrittserklärung (Declaration of Participation) mit Unterschrift aller volljährigen Familienangehörigen und Kenntnisnahme aller Rechte und Pflichten aus dem Helios Programm. Diese ist nicht bindend und kann jederzeit widerrufen werden (VB 12.4.2021; vgl. ProAsyl 4.2021).
- Zudem benötigen die Teilnehmer zumindest Residence Permit Card (RPC), Steuernummer, Bankkonto, Sozialversicherungsnummer und Wohnungsnachweis. Diese sind schwierig zu erlangen, der Erhalt dauert Wochen bis Monate (VB 19.3.2021) .
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Keinen Zugang zu Fördermaßnahmen aus dem HELIOS-Programm haben demzufolge international Schutzberechtigte, die entweder vor dem 1. Januar 2018 internationalen Schutz erhalten haben oder die zwar nach dem 1. Januar 2018 anerkannt wurden, jedoch zum Zeitpunkt ihrer Anerkennung nicht in einer offiziellen Unterkunft in Griechenland gelebt haben, oder die sich nicht innerhalb eines Jahres nach Anerkennung für HELIOS registriert haben. Somit besteht in aller Regel für Schutzberechtigte, die aus anderen Ländern nach Griechenland zurückkehren, keine Möglichkeit, von Helios zu profitieren (ProAsyl 4.2021).
Helios bietet folgende Leistungen an:
- Durchführung von Integrationskursen in Integrationslernzentren, die in ganz Griechenland eingerichtet wurden. Jeder Kurszyklus dauert sechs Monate und besteht aus Modulen zum Erlernen der griechischen Sprache, zur kulturellen Orientierung, zur Berufsvorbereitung und zu Lebenskompetenzen (IOM o.D.).
- Unterstützung der Begünstigten auf dem Weg zu einer eigenständigen Unterkunft in Wohnungen, die auf ihren Namen angemietet wurden, u. a. durch die Bereitstellung von Beiträgen zu den Miet- und Einzugskosten und die Vernetzung mit Wohnungseigentümern.
d.h. es erfolgt keine Beistellung von Wohnraum, es können aber Mietzuschüsse gewährt werden (IOM o.D.).
- Bereitstellung von individueller Unterstützung u.a. durch Berufsberatung, Zugang zu berufsbezogenen Zertifizierungen und Vernetzung mit privaten Arbeitgebern (IOM o.D.).
- Regelmäßige Bewertung des Integrationsfortschritts der Begünstigten, um sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, sich sicher bei griechischen öffentlichen Dienstleistern zurechtzufinden, sobald sie das HELIOS-Projekt verlassen und anfangen, unabhängig in Griechenland zu leben (IOM o.D.).
- Organisation von Workshops, Aktivitäten und Veranstaltungen sowie Erstellung einer landesweiten Medienkampagne, um den Wert der Integration von Migranten in die griechische Gesellschaft hervorzuheben (IOM o.D.).
Für anerkannte Schutzberechtigte in den Camps erfolgt die Einschreibung in Helios relativ rasch. Wenngleich die Schutzberechtigten dann das Camp verlassen müssen, werden viele nach wie vor geduldet. Anschließend gibt es zwei Mal pro Woche Sprach- und Ethikunterricht sowie eine finanzielle Unterstützung in Höhe von etwa 390 Euro/Monat als Mietzuschuss (VB 12.4.2021). Bedingung für den Mietenzuschuss ist die Vorlage eines Mietvertrags mit einer Laufzeit von mehr als sechs Monaten sowie ein griechisches Bankkonto und eine Steueridentifikationsnummer. Die Zuschüsse werden immer nur rückwirkend ausgezahlt (ProAsyl 4.2021). Das bedeutet, dass Schutzberechtigte bereits eine Wohnung gefunden und in der Praxis auch die erste Monatsmiete sowie die Mietkaution aus eigenen Mitteln bezahlt haben müssen. Zudem findet eine Wohnung in der Praxis nur, wer einen festen Job hat. Das ist für Flüchtlinge in einem Land mit 16% Arbeitslosigkeit nahezu aussichtslos (PNP – 8.3.2021). Zudem sind die Mieten vor allem in Athen in den vergangenen beiden Jahren um bis zu 30% gestiegen. Die Zuschüsse reichen daher zur Begleichung der Miete oftmals nicht aus. Nur etwa 16% aller international Schutzberechtigten haben Mietbeihilfen aus dem Helios-Programm erhalten (ProAsyl 4.2021). Laut IOM haben bis 26.02.2021 7.571 Personen im Rahmen von Helios Mietbeihilfe in Anspruch genommen (VB 12.4.2021).
Das Programm endet nach sechs Monaten (VB 12.4.2021). Je nach Unterkunft beginnt der Start der Ausbildung (Bildungsprogramme; vor allem Sprachen) unterschiedlich – es kann sein, dass erst zwei Monate nach der Einschreibung mit der Ausbildung begonnen wird – dann bleiben noch 4 Monate Nettozeit; derzeit werden viele Unterrichtseinheiten online unterrichtet, was Probleme mit Internet, Technik, Übersetzern usw. verursacht. Ist während der Laufzeit Unterricht aus verschiedenen Gründen nicht möglich, werden die 390 Euro an finanzieller Unterstützung pro Monat nicht ausbezahlt. Aus genannten Gründen wird das Helios Programm von den Betroffenen nur in wenigen Fällen als wirkliche Unterstützung wahrgenommen (VB 1.3.2021).
Phase zwischen positivem Bescheid und dem tatsächlichen Erhalt der RPC-Card
Tatsächlich gibt es bis zum Erlangen der RPC oder bis zur Teilnahme am Helios Programm keinerlei finanzielle oder anderweitige Unterstützung. Ohne gültige Aufenthaltserlaubnis können international Schutzberechtigte keine Sozialversicherungsnummer (AMKA) erhalten und diese wiederum ist Voraussetzung für den Zugang zu Sozialleistungen, zum Arbeitsmarkt und zur Gesundheitsversorgung. Ärztliche Untersuchungen und Behandlungen sowie ggf. benötigte Medikamente müssen ohne Vorliegen einer Sozialversicherungsnummer privat bezahlt werden (VB 12.4.2021; vgl. ProAsyl 4.2021).
Wohnungsmöglichkeiten
Ab Juni 2020 sind alle Schutzberechtigten gesetzlich verpflichtet, die Flüchtlingslager beziehungsweise Unterkünfte, in denen sie während des Asylverfahrens untergebracht waren, innerhalb von 30 Tagen ab Schutzzuerkennung zu verlassen. Verlängerungen des Aufenthalts in den Unterkünften sind nur in außergewöhnlichen Fällen möglich. In der Folge mussten in den vergangenen Monaten Tausende Menschen ihre Unterkünfte räumen, auch wenn eine Verlängerung des Aufenthalts in diversen Camps und Flüchtlingsunterkünften von der griechischen Regierung aufgrund fehlender Alternativen und der auch für Griechen schwierigen Situation toleriert wurde. Jedenfalls gab es zahlreiche Berichte über obdachlose Flüchtlinge. Medien und NGOs dokumentierten, dass viele von ihnen Schwierigkeiten beim Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen auf dem Festland hatten und in Athen im Freien schliefen (AI 7.4.2021, vgl. ProAsyl 4.2021, VB 19.3.2021).
In Griechenland existiert keine staatliche Unterstützung für international Schutzberechtigte beim Zugang zu Wohnraum, es wird auch kein Wohnraum von staatlicher Seite bereitgestellt (ProAsyl 4.2021). Auch gibt es keine Sozialwohnungen (VB 12.4.2021) und auch keine Unterbringung dezidiert für Schutzberechtigte. Laut einer Webseite der Stadt Athen gibt es vier Unterbringungseinrichtungen mit insgesamt 600 Plätzen, die jedoch bei weitem nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. Viele Betroffene sind daher obdachlos, leben in besetzten Gebäuden oder überfüllten Wohnungen (AIDA 6.2020; vgl. VB 12.4.2021). Legale Unterkunft ohne RPC zu finden, ist fast nicht möglich. Da z.B. bei Arbeitssuche, Bankkontoeröffnung, Beantragung der AMKA usw. oftmals ein Wohnungsnachweis erforderlich ist, werden oft Mietverträge für Flüchtlinge gegen Bezahlung (300-600 Euro) temporär verliehen: d.h., der Mieter wird angemeldet, ein Mietvertrag ausgestellt und nach kurzer Zeit wieder aufgelöst. Wohnbeihilfe bekommt man erst, wenn man per Steuererklärung seinen Wohnsitz über mehr als 5 Jahre in Griechenland nachweisen kann (VB 1.3.2021). NGOs wie etwa Caritas Hellas bieten gemischte Wohnprojekte an. Die Zahl der Unterkünfte in Athen – auch der Obdachlosenunterkünfte - ist jedoch insgesamt nicht ausreichend (VB 1.3.2021). Dass trotz dieses Umstandes Obdachlosigkeit unter Flüchtlingen in Athen kein augenscheinliches Massenphänomen darstellt, ist auf die Bildung von eigenen Strukturen und Vernetzung innerhalb der jeweiligen Nationalitäten zurückzuführen, über die auf informelle Möglichkeiten zurückgegriffen werden kann. Wo staatliche Unterstützung fehlt, ist die gezielte Unterstützung der NGOs von überragender Bedeutung für Flüchtlinge und Migranten, wenngleich auch diese Organisationen nicht in der Lage sind, die erforderlichen Unterstützungen flächen- und bedarfsdeckend abzudecken (VB 12.4.2021; vgl. ProAsyl 4.2021).
Lebenshaltung
Auch die tägliche Lebenshaltung stellt viele Schutzberechtigte vor große Probleme. Da sie griechischen Staatsbürgern gleichgestellt sind, gibt es von offizieller Seite kaum Unterstützung für diesen Personenkreis. Einige NGOs in Athen (wie etwa KHORA, Network for Refugees, Hope Cafe, …) stellen kostenlos – aber bei weitem nicht in ausreichendem Maße, um alle Bedürftigen zu versorgen - Essen zur Verfügung. Die Bereitstellung von zB Hygiene- und Toilettenartikel gestaltet sich sehr schwierig; hierfür gibt es nur sehr wenige Anlaufstellen. Einige Gemeinden in Griechenland bieten anerkannten Schutzberechtigten auf freiwilliger Basis bzw. mittels Abkommen mit der griechischen Regierung monatliche Unterstützung für Essenszuteilungen an (nur Essen, kein Geld). Voraussetzungen hierfür sind das Vorliegen von RPC, AMKA-Nummer, Steuernummer, Bankkonto, Mietvertrag und Telefonvertrag für eine gültige SIM-Karte. Jede einzelne dieser Voraussetzungen ist schwierig zu erfüllen und mit mit großem Zeitaufwand verbunden. Somit kommen nur sehr wenige Berechtigte in den Genuss derartiger Unterstützungsleistungen (VB 12.4.2021).
Medizinische Versorgung
Schutzberechtigte haben grundsätzlich Zugang zu medizinischer Versorgung wie griechische Staatsangehörige, in der Praxis schmälert aber der Ressourcenmangel im griechischen Gesundheitssystem diesen Zugang, was aber in gleichem Maße auch für griechische Staatsbürger gilt. Bei Flüchtlingen kommen jedoch auch Verständigungsschwierigkeiten und Probleme beim Erlangen der Sozialversicherungsnummer (AMKA) hinzu (AIDA 6.2020).
Die AMKA kann bei der Gesundheitsbehörde (EKKA) elektronisch beantragt werden, man braucht dazu aber eine RPC und ein Jobangebot einer Firma. Ohne Jobangebot können Flüchtlinge eine PAAYPA (vorläufige AMKA für Fremde) beantragen. Mit AMKA ist voller Zugang zu öffentlichen Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, usw. möglich, mit PAAYPA hingegen nur beschränkt. Manche Einrichtungen akzeptieren eine PAAYPA nicht. Jene Personen wären dann auf Privatärzte oder NGOs angewiesen (VB 1.3.2021). Zudem gibt es in Athen einige „Sozial-Apotheken“ wo billige oder sogar kostenlose Medikamente und medizinische Artikel erhältlich sind – diese unterstützen auch einkommenslose Griechen (VB 12.4.2021).
Um die Spitäler als erste Anlaufstelle für gesundheitliche Probleme zu entlasten, wurde mit dem Gesetz 4486/2017 24 die Grundlage für die Einführung eines medizinischen Erstversorgungsnetzwerkes (TOMY) geschaffen. Dieses Netzwerk orientiert sich an den Prinzipien der WHO, die seit 2018 in Griechenland ein Country Office unterhält (WHO 2019, WHO 20.6.2021). Das Team der Erstversorgung besteht aus Allgemeinmedizinern, Kinderärzten, Pflegefachpersonen und Sozialarbeitern und ist nun erste Anlaufstelle für Gesundheitsfragen der Menschen in den Regionen abseits der großen Ballungszentren. Sie übernehmen Behandlung und Pflege sowie die Überwachung von Krankheiten und arbeiten im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung. Bei Bedarf werden Patienten dann an andere Gesundheitszentren und städtische Tageskliniken überwiesen, wo spezialisierte und diagnostische Abklärungen, ein 24-Stunden-Betrieb und ambulante Behandlungen angeboten werden. Zudem übernehmen diese Zentren die Koordination der TOMYs ihres Sektors, die ambulante Pflege der Patienten, die Überweisungen an übergeordnete Spitäler und die Verantwortung für die psychologische und psychiatrische Gesundheitsversorgung in den Gemeinden. Im Sommer 2019 waren 120 solcher TOMY-Zentren in Betrieb (WHO 2019, vgl. OECD o.D.).
Durch die massiven Einsparungen am Gesundheitspersonal in den Jahren der Wirtschaftskrise kann der Zugang zum Gesundheitssystem mit langen Wartezeiten verbunden sein (AI 3.3.2021).
Für den Bezug von Medikamenten ist ein Rezept eines Arztes einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung erforderlich. Rezepte werden über das Online-Portal https://www.e-prescription.gr elektronisch ausgestellt und können unter Angabe der AMKA dann in jeder Apotheke eingelöst werden (AI 3.3.2021). Handgeschriebene Rezepte werden nur von Sozialapotheken entgegen genommen. Ohne AMKA können Rezepte in der Krankenhausapotheke jenes Spitals, wo der betreffende Arzt praktiziert, eingelöst werden (UNHCR 4.3.2021). Die Kosten für verschreibungsfreie Medikamente müssen zur Gänze vom Patienten getragen werden; für verschreibungspflichtige Medikamente sind entsprechende Zuzahlungen erforderlich (WHO 2018).
Arbeitsmarkt
Anerkannte Schutzberechtigte und deren Familienangehörige mit gültiger Aufenthaltserlaubnis haben unter den gleichen Bedingungen wie griechische Staatsangehörige Zugang zu einer Beschäftigung im Angestelltenverhältnis, zur Erbringung von Dienstleistungen oder Arbeit sowie das Recht, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Wichtig für eine legale Beschäftigung ist der Nachweis einer gültigen Aufenthaltserlaubnis. Allenfalls ist darauf zu achten, dass diese rechtzeitig verlängert wird (UNHCR o.D.).
Voraussetzungen ist u.a. der Nachweis der Unterkunft: Wenn der Schutzberechtigte in einer offenen Unterkunft, einer Wohnung oder einer Aufnahmeeinrichtung einer NGO oder eines anderen Akteurs wie z. B. einer Gemeinde wohnt, kann er von der die Unterkunft verwaltenden Stelle eine Bescheinigung zum Nachweis der Adresse anfordern. Bei Miete ist der Mietvertrag oder eine entsprechende Stromabrechnung vorzulegen. Bei Beherbergung durch eine griechische Person oder einen anderen Migranten oder anerkannten Flüchtling muss der Schutzberechtigte von eben dieser Person eine offizielle, schriftliche Beherbergungsbestätigung vorlegen, die zudem die Steuernummer und die in einem Bürgerzentrum beglaubigte Unterschrift des Unterkunftsgebers enthält (UNHCR o.D., vgl. ProAsyl 4.2021).
Eine weitere Voraussetzung ist das Vorliegen einer Sozialversicherungsnummer (AMKA). Diese ist auch erforderlich, um versichert zu sein und von den Sozialversicherungsbestimmungen für Arbeitsunfall, Mutterschaft, Krankheit, Behinderung, Arbeitslosigkeit und Familienpflichten zu profitieren. Die ???? sichert die Rechte des Schutzberechtigten in Bezug auf Arbeit und Rente und erleichtert auch den Zugang zu Krankenhaus- und pharmazeutischer Versorgung. Den Antrag auf eine AMKA kann in einem AMKA-Büro der Sozialversicherungsanstalt oder in einem Bürgerservicezentrum (KEP) gestellt werden. An manchen Orten wird die AMKA schnell an Asylbewerber vergeben, an anderen Orten verlangen die Behörden zusätzliche Unterlagen (UNHCR o.D.).
Tatsächlich aber behindern die hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Sprachkenntnisse und bürokratische Hindernisse diesen Zugang, außer im informellen Sektor. Die meisten Schutzberechtigten sind daher auf Unterstützung angewiesen. Zugang zu Sozialhilfe ist gegeben, bürokratische Hürden stellen aber ein Problem dar (AIDA 6.2020).
Sechs Monate nach Einbringung eines Asylantrags ist legale Arbeit erlaubt, in Ausnahmefällen (Hochsaison Landwirtschaft oder Tourismus) kann bei Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes und Garantiestellung durch den Arbeitgeber schon ab acht bis zehn Wochen legal einer Beschäftigung nachgegangen werden. Allerdings wollen Arbeitgeber ohne vorhandene AMKA (permanente Sozialversicherungsnummer) keine Arbeitnehmer einstellen. Es ist keine Residence Permit Card (RPC) für die legale Ausübung einer selbstständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit erforderlich (VB 12.4.2021).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (6.2020): Country Report: Greece, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2020/07/report-download_aida_gr_2019update.pdf, Zugriff 1.5.2021
- AI – Amnesty International (7.4.2021): Greece 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048689.html, Zugriff 12.5.2021
- AI – Amnesty International (3.3.2021): Resuscitation required. The Greek Health System after a decade of austerity, https://www.amnesty.org/download/Documents/EUR2521762020ENGLISH.PDF, Zugriff 13.5.2021
- OM – International Organisation for Migration (o.D.): Hellenic Integration Support for Beneficiaries of International Protection (HELIOS), https://greece.iom.int/en/hellenic-integration-support-beneficiaries-international-protection-helios, Zugriff 1.5.2021
- MIT – Mobile Info Team (2.2021): The living conditions of applicants and beneficiaries of international protection, https://www.antigone.gr/wp-content/uploads/library/selected-publications-on-migration-and-asylum/greece/en/Accommodation_report_MIT_2021_small.pdf, Zugriff 1.5.2021
- OECD - European Observatory on Health Systems and Policies (o.D.): State of Health in the EU, 2019. Greece: Country Health Profile, https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/state/docs/2019_chp_gr_english.pdf, 13.5.2021.
- Pro Asyl/RSA (4.2021): Zur aktuellen Situation von international Schutzberechtigten in Griechenland, https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/Stellungnahme-International-Schutzberechtigt-Griechenland-PRO-ASYL_RSA-April-2021.pdf, Zugriff 1.5.2021
- UNHCR – The UN Refugee Agency (o.D.): Living in Greece, https://help.unhcr.org/greece/living-in-greece/, Zugriff 10.5.2021
- VB des BM.I Griechenland (24.2.2021): Bericht des VB, per E-Mail
- VB des BM.I Griechenland (1.3.2021): Bericht des VB, per E-Mail
- VB des BM.I Griechenland (19.3.2021): Bericht des VB, per E-Mail
- VB des BM.I Griechenland (12.4.2021): Bericht des VB, per E-Mail
- WHO – World Health Organization (20.6.2018): WHO eröffnet neues Länderbüro in Griechenland, https://www.euro.who.int/de/media-centre/sections/press-releases/2018/who-opens-new-country-office-in-greece, Zugriff 13.5.2021
- WHO – World Health Organization (2018): Medicines Reimboursement Policies in Europe, https://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0011/376625/pharmaceutical-reimbursement-eng.pdf, Zugriff 10.5.2021
- WHO – World Health Organization (2019): Monitoring and documenting systemic and health effects of health reforms in Greece, https://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0011/394526/Monitoring-Documenting_Greece_eng.pdf, Zugriff 14.5.2021
? COVID-19
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Griechenland wurden bisher 420.905 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 12.655 Personen verstorben sind.
Quellen:
- https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 28.06.2021
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind.
Quellen:
- https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 28.06.2021
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass dem Beschwerdeführer in Griechenland Schutz gewährt worden sei und somit feststehe, dass in Griechenland Verfolgungssicherheit und Drittstaatssicherheit vorliege. Im Verfahren seien keine Hinweise hervorgekommen, dass der BF an einer lebensbedrohenden Erkrankung leiden würde oder immungeschwächt sei und habe er dies auch nicht behauptet. Sofern der Beschwerdeführer anführte, er habe mehrmals Probleme mit Afghanen gehabt, sei festzuhalten, dass ihm jedenfalls die Möglichkeit offenstehe sich an die dortigen Sicherheitsbehörden zu wenden, um Schutz zu erhalten. Es könne von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Sicherheitskräfte in Griechenland jedenfalls ausgegangen werden. Außerdem sei Griechenland ein Rechtsstaat mit ausreichenden Rechtsschutzeinrichtungen, um sich gegen behördliches Fehlverhalten zur Wehr setzen zu können. Es bestehe kein Grund daran zu zweifeln, dass Griechenland seine sich aus der Genfer Konvention und der Statusrichtlinie ergebenden Verpflichtungen nicht erfülle. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG sei nicht zu erteilen. Hinderungsgründe an der Außerlandesbringung seien im Hinblick auf das Fehlen familiärer Anknüpfungspunkte und die kurze Aufenthaltsdauer nicht gegeben.
Vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurden auch Feststellungen in Zusammenhang mit der aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus getroffen.
7. Mit Schriftsatz vom 08.07.2021 wurde gegen den Bescheid fristgerecht das Rechtmittel der Beschwerde erhoben. Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die belangte Behörde nicht ausreichend mit den geschilderten Problemen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe. Der angefochtene Bescheid lasse eine nachvollziehbare und ausreichende Begründung für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Überstellung nach Griechenland im Hinblick auf Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK vermissen. Die Abschiebung nach Griechenland würde eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung iSd Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC bedeuten, weiters würde sie den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein Privat- und Familienleben verletzten, weshalb die belangte Behörde vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO hätte Gebrauch machen müssen. Es sei bereits vom EGMR festgestellt worden, dass hinsichtlich der Aufnahmebedingungen von Asylwerbern systemische Mängel im griechischen Asylverfahren bestünden. Die tägliche Lebenserhaltung stelle viele Schutzberechtigte vor große Probleme, denn da sie griechischen Staatsbürgern gleichgestellt seien, gebe es von offizieller Seite kaum Unterstützung für diesen Personenkreis. In der Beschwerde wurde weiters ein Beschluss des VG Berlin vom 07.03.2019 zitiert, wo ausgesprochen wurde, dass anerkannten Flüchtlingen in Griechenland aufgrund der dortigen Aufnahmebedingungen unabhängig von ihrem Alter oder Gesundheitszustand eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung iSd Art. 3 EMRK drohe.
9. Die Beschwerdevorlage langte am 12.07.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
10. Während der Dauer des anhängigen Beschwerdeverfahrens wurden die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begleitend beobachtet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein gemäß UNRWA-Karte staatenloser Palästinenser, reiste über Griechenland in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte dort laut EURODAC-Treffermeldung am 10.12.2019 einen Antrag auf internationlen Schutz. Am 03.06.2020 wurde ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Eine Aufenthaltsberechtigung und ein Reisedokument für Flüchtlinge (TDV) hat er noch nicht erhalten, weil der Beschwerdeführer über Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich weiterreiste und hier am 09.11.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Situation von Schutzberechtigten im Mitgliedstaat Griechenland an.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im Zielstaat sprechen würden, liegen keine vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Griechenland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 16.07.2021, 647.930 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.518 Todesfälle; in Griechenland wurden zu diesem Zeitpunkt 447.718 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 12.813 Todesfälle bestätigt (WHO, 16.07.2021).
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
Da sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat, wurden – neben anderen Lockerungen der Corona-Maßnahmen – die Reisebeschränkungen, die eingeführt worden waren, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, wieder schrittweise aufgehoben.
Die Einreise nach Griechenland für EU-Bürger ist grundsätzlich erlaubt, wobei folgende Schritte zu beachten sind: Es ist eine verpflichtende Registrierung mittels „Passenger Locator Form“ (kurz „PLF“ auf der Homepage https://travel.gov.gr/#/ mindestens 24 Stunden vor der Einreise vorzunehmen. Daraufhin wird ein QR-Code zugesandt, der bei der Einreise und von Flug- und Fährgesellschaften beim Check-In/Boarding kontrolliert wird. Zudem müssen alle Reisenden mindestens 14 Tage zuvor die Impfung gegen COVID-19 abgeschlossen haben – eine Teilimpfung ist nicht ausreichend – und ein Impfzertifikat oder einen nicht mehr als 72 Stunden alten negativen PCR-Test vorlegen. Für das ganze Land gilt die Sicherheitsstufe 2 (Sicherheitsrisiko) (BMEIA, 16.07.2021).
Der 51-jährige Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohenden Krankheiten oder gesundheitlichen Problemen und nimmt keine Medikamente. Er fällt somit nicht unter die oben angeführten Risikogruppen.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis beziehungsweise eine besonders enge Beziehung besteht und hat er auch sonst keine sozialen Kontakte, die ihn im besonderen Maße an Österreich binden.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sind nicht hervorgekommen.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen über die Einreise des Beschwerdeführers und die Asylantragstellung in Griechenland ergeben sich aus der diesbezüglichen EURODAC-Treffermeldung. Die Festellungen hinsichtlich des geführten Konsultationsverfahren mit Griechenland ergeben sich aus dem hierzu geführten Schriftwechsel, der im Verwaltungsakt enthalten ist. Die Feststellung hinsichtlich des Bestehens des Flüchtlingsstatus in Griechenland beruht auf der diesbezüglichen Information der griechischen Behörden.
Die Feststellungen zur Gesamtsituation von subsidiär Schutzberechtigten und anerkannten Flüchtlingen in Griechenland resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Bei diesen vom BFA herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagne ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zur Situation von Asylberechtigten in Griechenland geben. Insbesondere werden auch die Rechte und Versorgungsleistungen, die Schutzberechtigten in Griechenland zukommen, umfassend dargelegt. Allerdings wird durchaus auch auf Schwierigkeiten, die auf anerkannte Flüchtlinge in Griechenland unter Umständen zukommen können, verwiesen, sodass gesagt werden kann, dass die Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden ein durchaus differenziertes Bild der Situation Schutzberechtigter in Griechenland zeichnen. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausbilität der Aussagen besteht kein Grund an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Gesundheits- und Sozialversorgung auch Feststellungen zur Lage bezüglich Unterbringung und Arbeitsmarktsituation von Personen mit Schutzstatus getroffen.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das griechische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Griechenland den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.
Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings – angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 – naturgemäß ein Bild der Versorgung von Schutzberechtigten in Griechenland, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Fall bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen sowie mit der Europäischen Kommission. Mittlerweile haben zahlreiche Mitgliedstaaten die Überstellungen aber wieder aufgenommen, wobei der Großteil der Mitgliedstaaten derzeit um einen Verweis zum Gesundheitszustand (keine COVID-Symptome) ersucht und die Fristen für die Bekanntgabe der Überstellungen zum Teil geringfügig erweitert wurden.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage und seinen eigenen Angaben. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren. Es wurden keine ärztlichen Befunde vorgelegt, der Beschwerdeführer gab selbst an, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden und keine Medikamente einzunehmen.
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte im Österreich ergeben sich aus der Aktenlage und den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er keine Familienangehörigen in Österreich habe. Hinweise auf eine fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers in Österreich haben sich im Verfahren nicht ergeben und ist eine solche angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auch nicht zu erwarten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:
„§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.
…
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. …
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
…
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1.wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2.zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3.wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
…
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
…“
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.der Grad der Integration,
5.die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
„§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1.dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
….
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
(5) Eine Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung ist binnen einer Woche einzubringen.“
Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.
Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung.
Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072, 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016). Eine Anwendung von Art. 16 und Art. 17 der Dublin III-VO kommt sohin nicht in Betracht.
3.2.1. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Griechenland aufgrund einer dort erfolgten Asylantragstellung bereits am 03.06.2020 den Status des Asylberechtigten zuerkannt bekommen und somit in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden hat, ging das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend davon aus, dass sich sein nunmehr in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 4a AsylG wegen Unzuständigkeit Österreichs aus unzulässig erweist.
3.3.1. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat kann jedoch ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden, rechnen muss. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf