TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/27 96/10/0257

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Veröffentlicht am 27.01.1997
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
NatSchG OÖ 1995 §1 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §1 Abs2;
NatSchG OÖ 1995 §1 Abs3;
NatSchG OÖ 1995 §12;
NatSchG OÖ 1995 §13 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §13 Abs2;
NatSchG OÖ 1995 §5 Abs1 Z1 lita;
NatSchG OÖ 1995 §5 Abs1 Z2 litj;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der A-Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Oktober 1996, Zl. N-104076/1996-Kra, betreffend natur- und landschaftsschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 29. Dezember 1994 beantragte die A.-GesmbH & Co. KG bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (BH) die natur- und landschaftsschutzrechtliche Bewilligung "zur Abänderung eines rechtskräftigen Vorbescheids" der BH vom 21. Oktober 1991. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 1995 wurde noch ein weiterer Bewilligungsantrag gestellt.

Mit Eingabe vom 19. Dezember 1995 gab der Rechtsvertreter der A.-GesmbH & Co. KG der BH bekannt, daß die A.-Holding GesmbH im Einverständnis mit der A.-GesmbH & Co. KG in das bisherige naturschutzbehördliche Bewilligungsverfahren eintrete, die A.-Holding GesmbH nunmehr auch Inhaberin des mit Bescheid der BH vom 21. Oktober 1991 verliehenen Konsenses sei und die begehrte Änderungsbewilligung der A.-Holding GesmbH erteilt werden möge.

In der am 15. Jänner 1996 von der BH durchgeführten mündlichen Verhandlung erhob die beschwerdeführende Partei als vom Vorhaben betroffene Grundeigentümerin eine Reihe von Einwendungen gegen das Vorhaben.

Mit Bescheid vom 8. März 1996 änderte die BH die mit ihrem Vorbescheid vom 21. Oktober 1991 erteilte natur- und landschaftsschutzrechtliche Bewilligung zur Umlagerung von Haus- und Sondermüll ab (Spruchabschnitt I).

Unter Spruchabschnitt II wurde der A.-Holding GesmbH die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Durchführung einer geländegestaltenden Maßnahme erteilt.

Im Spruchabschnitt III wurde der Antrag der A.-GesmbH & Co. KG vom 29. Dezember 1994, modifiziert mit Antrag vom 11. Dezember 1995, soweit er nicht die in Spruchabschnitt I und II enthaltenen Belange betrifft, zurückgewiesen.

Unter Spruchabschnitt IV wurden die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995, LGBl. Nr. 37/1995

(O.ö. NSchG 1995) zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei berief.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 1996 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge, bestätigte den angefochtenen Bescheid und wies die Berufung gegen die Spruchabschnitte I, II und III mangels Parteistellung zurück, hinsichtlich des Spruchabschnittes IV ab.

In der Begründung heißt es, die von der natur- und landschaftsschutzbehördlichen Bewilligung (Sanierung) betroffenen Grundstücke befänden sich mit Ausnahme des Grundstückes Nr. 345/2 der KG A. im Eigentum der Antragstellerin. Das Grundstück Nr. 345/2 gehöre der beschwerdeführenden Partei. Diese verweigere ihre Zustimmung zum Vorhaben. Wie schon die BH festgestellt habe, bestehe allerdings für das beantragte Vorhaben die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten gemäß § 63 lit. b des Wasserrechtsgesetzes 1959. Auf Antrag der Konsenswerberin sei im Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Februar 1996 die Dienstbarkeit für das Ausräumen der Abfälle auf dem Grundstück Nr. 345/2 für die Dauer der Sanierung erteilt worden. Die Zustimmung der beschwerdeführenden Partei als Grundeigentümerin nach § 13 O.ö. NSchG 1995 sei somit nicht mehr erforderlich und die beschwerdeführende Partei habe als Grundeigentümerin durch den erstinstanzlichen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werden können. Weiters bestehe für den Grundeigentümer nur insofern Parteistellung im Verfahren nach dem O.ö. NSchG 1995, als sie sich auf das Grundeigentum beziehe. Es könnten daher nur Einwendungen geltend gemacht werden, die das Grundeigentum betreffen. Solche Einwendungen seien, wie seitens der BH schon festgestellt worden sei, nicht vorgebracht worden, und es sei daher die Berufung der beschwerdeführenden Partei mangels Parteistellung als unzulässig zurück- bzw. abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die A.-Holding GesmbH sei nicht zur Antragstellung berechtigt gewesen und es hätte ihr daher auch keine naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt werden dürfen. Die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Bewilligungen stellten einen Eingriff in den rechtskräftigen Bescheid der BH vom 21. Oktober 1991 dar und seien unzulässig; mit diesen Bewilligungen werde auch in das Grundeigentum der beschwerdeführenden Partei eingegriffen. Die Verwaltungsbehörden hätten es verabsäumt, sich mit den gegen die Erteilung der Bewilligung sprechenden Einwänden der beschwerdeführenden Partei auseinanderzusetzen. Unrichtig sei auch die Behauptung, es bestehe die Möglichkeit einer Zwangsrechtseinräumung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 8 AVG kommt Parteistellung demjenigen zu, der an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt die zitierte Vorschrift selbst keine Auskunft darüber, wann im Einzelfall ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse gegeben ist. Diese Begriffe gewinnen erst durch die im jeweiligen Fall in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften einen konkreten Inhalt, wonach allein die Frage der Parteistellung entschieden werden kann (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 111, angeführte Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall sind zunächst folgende Vorschriften des O.ö. NSchG 1995 von Bedeutung:

Nach Abs. 1 des mit "Zielsetzungen und Aufgaben" umschriebenen § 1 hat dieses Landesgesetz zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz).

Nach § 1 Abs. 2 O.ö. NSchG werden durch dieses Landesgesetz insbesondere geschützt:

1. das ungestörte Wirkungsgefüge des Naturhaushaltes (Ablauf natürlicher Entwicklungen);

2. der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt (Artenschutz) sowie deren natürliche Lebensräume und Lebensgrundlagen (Biotopschutz);

3. die Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der Erholungswert der Landschaft;

4. Mineralien und Fossilien.

Nach § 1 Abs. 3 leg. cit. sind im Sinn des Abs. 1 Eingriffe in die Natur und Landschaft, wie insbesondere Schädigungen des Naturhaushaltes oder der Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten, Beeinträchtigungen des Erholungswertes der Landschaft und Störungen des Landschaftsbildes nach Maßgabe der näheren Bestimmungen dieses Landesgesetzes verboten. Wenn nach diesem Landesgesetz solche Maßnahmen zulässig sind, sind sie jedenfalls so durchzuführen, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Nach § 5 Abs. 1 Z. 1 lit. a bedürfen Bauvorhaben im Sinn des § 24 Abs. 1 Z. 1 bis 4 der O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde, wenn sie im Grünland (§ 30 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993), außerhalb von geschlossenen Ortschaften ausgeführt werden sollen.

Nach § 5 Abs. 1 Z. 2 lit. j O.ö. NSchG 1995 bedarf die Verwendung einer Grundfläche zum Ablagern oder Lagern von Abfall, ausgenommen für die Lagerung von biogenen Abfällen auf Grundflächen von weniger als 1.000 m2, einer naturschutzbehördlichen Bewilligung.

Auf § 5 Abs. 1 Z. 1 lit. a und Z. 2 lit. j O.ö. NSchG stützt sich die der A.-Holding GesmbH erteilte naturschutzrechtliche Bewilligung.

Nach § 12 Abs. 1 O.ö. NSchG 1995 ist eine Bewilligung gemäß den §§ 5, 9 oder 10 oder die in einer auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, zu erteilen,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten in einer Weise schädigt, noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt, noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft oder

2. wenn öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.

Nach § 12 Abs. 2 leg. cit. ist eine Bewilligung unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, wenn dies erforderlich ist, um Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen der im Abs. 1 Z. 1 erwähnten Art auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken.

§ 1 O.ö. NSchG 1995 läßt - auch in Verbindung mit § 12 leg. cit. - klar erkennen, daß Schutzgegenstand des Gesetzes "die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen" ist und der in diesem Gesetz geregelte Natur- und Landschaftsschutz der Abwehr von Eingriffen in jene Güter dient, die in den zitierten Vorschriften erwähnt werden. Aus den Bewilligungstatbeständen des Gesetzes ergibt sich unter Bedachtnahme auf die soeben dargelegte Zielsetzung, daß das Verfahren nach dem O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 dem Schutz des öffentlichen Interesses am Natur- und Landschaftsschutz dient. Privatrechtliche Beziehungen - etwa das Eigentum an einem Grundstück, das von einem bewilligungspflichtigen Vorhaben erfaßt wird - führen nach den hier anzuwendenden materiellen Vorschriften des Naturschutzrechtes weder zu einem rechtlichen Interesse noch zu einem Rechtsanspruch auf Versagung der naturschutzbehördlichen Bewilligung. § 12 Abs. 1 Z. 2 O.ö. NSchG 1995 erwähnt zwar private Interessen, doch handelt es sich dabei nicht um die privaten Interessen des betroffenen Grundeigentümers, sondern um private Interessen desjenigen, der ein naturschutzrechtlich bewilligungspflichtiges Vorhaben verwirklichen will.

Eine Parteistellung des Grundeigentümers ergibt sich auch nicht unter Rechtsschutzaspekten deswegen, weil dem Grundeigentümer infolge der Ausführung von naturschutzbehördlich bewilligten Maßnahmen Verpflichtungen entstehen könnten. Aus der Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung ergibt sich nämlich keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des vom Projektswerber verschiedenen Grundeigentümers, die beabsichtigten Maßnahmen zu dulden. Die Möglichkeit zivilrechtlicher Gegenwehr wird durch die Erteilung der öffentlich-rechtlichen Bewilligung nicht berührt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1985, Slg. N.F. 11.649/A, u.a.).

Aus den materiell-rechtlichen Regelungen des

O.ö. NSchG 1995 ergibt sich die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei im naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren somit nicht.

Es ist daher weiters zu untersuchen, ob eine - allenfalls auf die Durchsetzung prozessualer Rechte beschränkte - Parteistellung etwa aus sonstigen Vorschriften des

O.ö. NSchG 1995 folgt.

Nach Abs. 1 des mit "Form der Anträge" überschriebenen § 13 O.ö. NSchG 1995 ist eine Bewilligung oder eine bescheidmäßige Feststellung bei der Behörde schriftlich zu beantragen.

Nach § 13 Abs. 2 leg. cit. sind im Antrag Art, Umfang sowie Lage des Vorhabens anzugeben, und, wenn von der Behörde bei der Erlassung eines Bescheides eine Interessenabwägung durchzuführen ist, die Interessen am beabsichtigten Vorhaben darzustellen. Weiters hat der Antragsteller sein Eigentum an dem Grundstück glaubhaft zu machen oder, wenn er nicht selbst Eigentümer ist, die Zustimmung des Eigentümers nachzuweisen, es sei denn, daß zu seinen Gunsten für das beantragte Vorhaben die Möglichkeit der Enteignung oder der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Dem Antrag sind die zur Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Pläne oder gleichwertigen zeichnerischen Darstellungen und Beschreibungen anzuschließen. Auch aus dieser Bestimmung läßt sich keine Parteistellung des vom Projektwerber verschiedenen Grundeigentümers ableiten, weil damit nicht der Schutz von Eigentumsrechten bezweckt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 1986, Zl. 86/10/0121, vom 24. Oktober 1988, Slg. N.F. 12.800/A, und vom 6. Mai 1996, Zl. 96/10/0016).

Das Erfordernis des Nachweises der Zustimmung des Grundeigentümers dient dem verwaltungsökonomischen Ziel, landschaftsschutzrechtliche Bewilligungsverfahren nur in den Fällen durchzuführen, in denen sichergestellt erscheint, daß das geplante Vorhaben nicht allein schon wegen der fehlenden Zustimmung des Grundeigentümers zum Scheitern verurteilt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Slg. N.F. 13.481/A). Es soll also vermieden werden, daß unnnötige Verfahren durchgeführt und zwecklose - weil nicht realisierbare - Bewilligungen erteilt werden; nicht aber dient die Bestimmung des § 13 Abs. 2 O.ö. NSchG 1995 der Begründung einer Parteistellung des Grundeigentümers. Für dieses Ergebnis spricht auch die Einordnung dieser Bestimmung unter die Formerfordernisse eines Bewilligungsantrages.

Auch der Umstand, daß eine Zustimmung des Grundeigentümers nicht notwendig ist, wenn für das beantragte Vorhaben die Möglichkeit der Enteignung oder der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist, zeigt, daß mit der Bestimmung des § 13 Abs. 2 O.ö. NSchG 1995 dem Grundeigentümer keine Parteistellung eingeräumt werden sollte.

Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht der Berufung der beschwerdeführenden Partei wegen deren mangelnder Parteistellung keine Folge gegeben.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996100257.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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