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L40015 Anstandsverletzung Ehrenkränkung LärmerregungNorm
PolStG Slbg 1975 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der G in S, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 14. August 1996, Zlen. UVS-5/458/1-1996, UVS-14/168/2-1996, betreffend Übertretung des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 8. Jänner 1995 um 22.20 Uhr in S, I-Straße gegenüber dem Objekt Nr. 79, durch Auf- und Abgehen sich in einer Weise verhalten, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution abgezielt habe. Sie habe hiedurch die Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs. 1 des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt. Begründend wurde dargelegt, der Meldungsleger habe glaubwürdig dargetan, daß er die Beschwerdeführerin von mehreren Amtshandlungen persönlich kenne. Im Tatzeitpunkt sei sie in milieubedingter Kleidung am Tatort auf- und abgegangen und ihr Verhalten sei zur Anbahnung der Prostitution geeignet gewesen. Besondere Milderungsgründe seien im Berufungsverfahren nicht hervorgekommen. Als besonders erschwerend erweise sich eine Unzahl von einschlägigen rechtskräftigen Vormerkungen. Mit der Geldstrafe sei bloß ein Drittel des vorgesehenen Strafrahmens ausgeschöpft worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Insbesondere wird die Auffassung vertreten, der angefochtene Bescheid entspreche nicht dem §§ 44 a lit. a (richtig: Z 1) VStG.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 3 Abs. 1 des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes, LGBl. 1975/58, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich an öffentlichen Orten in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution abzielt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur zitierten Vorschrift ist unter "Anbahnung" von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution jedes erkennbare Sichanbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs in der Absicht zu verstehen, sich hiedurch eine Einnahmequelle zu verschaffen. Sie umfaßt auch das Herumstehen in der erkennbaren Absicht, "Kunden" anzulocken, die Kontaktaufnahme oder das Treffen von Preisabsprachen für den Vollzug eines Geschlechtsverkehrs. Die Subsumtion eines konkreten Verhaltens unter dem Begriff der "Anbahnung" setzt voraus, daß das jeweilige Verhalten die Absicht, sich gegen Entgelt fremden Personen hinzugeben, allgemein erkennbar zum Ausdruck bringt; es muß allgemein und nicht nur von einem eingeweihten Personenkreis als Anbieten zum entgeltlichen Geschlechtsverkehr verstanden werden. Allerdings bedeutet diese allgemeine Erkennbarkeit nicht, daß dieses Verhalten auch im konkreten Fall von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden konnte. Vielmehr kommt es darauf an, ob ein bestimmtes Verhalten, wäre es wahrgenommen worden, nicht nur von einem eingeweihten Personenkreis der gewerbsmäßigen Unzucht zugeordnet worden wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 5. Dezember 1988, Zl. 87/10/0145, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im Spruch des angefochtenen Bescheides ist das konkrete Verhalten (vgl. § 44 a Z. 1 VStG), durch das die Anbahnungshandlung (die auf das Sichanbieten zur Prostitution gerichtete Absicht) allgemein erkennbar zum Ausdruck gebracht wurde, lediglich dahingehend umschrieben, daß die Beschwerdeführerin zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort auf- und abgegangen sei. Es bedarf keiner näheren Erörterung, daß mit "Auf- und Abgehen" alleine - ohne Hinzutreten weiterer Merkmale - kein Verhalten umschrieben wird, das dem Begriff der "Anbahnung" im oben dargelegten Sinn subsumiert werden könnte. Umstände, die die Beurteilung tragen könnten, es habe das Verhalten der Beschwerdeführerin die Absicht, sich gegen Entgelt fremden Personen hinzugeben, allgemein erkennbar zum Ausdruck gebracht, werden im angefochtenen Bescheid nicht genannt. Das festgestellte Verhalten alleine kann den Schuldspruch nicht tragen; der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil für die erforderlichen drei Ausfertigungen der Beschwerde und die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides lediglich Stempelgebühren von insgesamt S 390,-- zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996100207.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011