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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BAOBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der D GmbH in W, vertreten durch die N & N Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 8010 Graz, Schubertstraße 68, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. November 2018, Zl. RV/2101273/2018, betreffend u.a. Wiederaufnahme der Körperschaftsteuerverfahren 2011 bis 2014 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer 2011 und 2012, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Bei der Revisionswerberin fand eine Betriebsprüfung für die Jahre 2011 bis 2014 statt, im Zuge derer es zu diversen Hinzurechnungen kam. Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers, nahm die Körperschaftsteuerverfahren für die Jahre 2011 bis 2014 wieder auf und erließ neue Sachbescheide. Weiters erließ das Finanzamt Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer für 2011 und 2012.
5 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesfinanzgericht - nach Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag - als unbegründet ab.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2011 bis 2014 macht die Revision als Revisionspunkt folgendes geltend: die Revisionswerberin wurde durch die Abweisung ihrer Beschwerden „in ihren ihr gem §§ 20, 93 und 307 BAO zustehenden Rechten massiv beeinträchtigt“, konkret durch „die Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen“ des § 20 BAO iVm § 307 BAO und des § 93 BAO.
8 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte) zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 12.5.2021, Ra 2021/16/0030, mwN; 30.4.2019, Ro 2018/15/0001).
9 Mit dem wiedergegebenen Vorbringen macht die Revisionswerberin keinen tauglichen Revisionspunkt geltend.
10 Ein abstraktes Recht auf (richtige) Anwendung von durch Paragraphenzahlen bezeichneten Bestimmungen besteht nicht. Bei der behaupteten Verletzung des Rechts auf (richtige) Anwendung einzelner Bestimmungen der BAO handelt es sich nicht um Revisionspunkte, sondern um Revisionsgründe iSd § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG, welche nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. VwGH 12.6.2020, Ra 2019/15/0098, mwN).
11 Hinsichtlich der Haftungsbescheide 2011 und 2012, bei denen einer der geltend gemachten Revisionspunkte als Verletzung des Rechts auf Unterlassung der Heranziehung zur Haftung mangels rechtfertigenden Grundes interpretiert werden kann, wird im Zulässigkeitsvorbringen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht und dabei Folgendes ausgeführt:
12 „Insbesondere wird mit vorgenanntem Erkenntnis [...] im Zusammenhang mit § 93 BAO gegen folgende VwGH Entscheidungen“ - gefolgt von einer tabellarischen Liste mit 24 Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ohne nähere Erläuterungen - „explizit verstoßen und somit die gültige Rechtsprechung des VwGH ausdrücklich missachtet.“ Ein eben solches Vorbringen wird auch zum Abweichen von der Rechtsprechung zu § 20, § 201, § 303, § 307 und § 167 BAO erstattet, wobei weitere tabellarische Auflistungen von VwGH-Entscheidungen ohne nähere Erläuterung erfolgen. In der restlichen Zulässigkeitsbegründung erfolgen keine konkreten Ausführungen zu den Haftungsbescheiden, sondern lediglich Ausführungen zu der Wiederaufnahme der Körperschaftsteuer 2011 bis 2014.
13 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt demnach anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 18.12.2019, Ra 2019/15/0154).
14 In den „gesonderten“ Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG ist daher konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 10.5.2021, Ra 2020/15/0023, mwN). Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. VwGH 26.8.2019, Ra 2018/17/0222, mwN).
15 Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung erfüllt diese Anforderungen nicht. Sie enthält zu den Haftungsbescheiden nur eine abstrakte Behauptung der Abweichung von tabellarisch aufgelisteter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die bloße Nennung von Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Abweichungen zu dieser Rechtsprechung hinzuweisen, reicht aber nicht aus (vgl. für viele z. B. VwGH 7.5.2021, Ra 2021/11/0074, mwN).
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. September 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021150036.L00Im RIS seit
27.09.2021Zuletzt aktualisiert am
14.10.2021