Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §74 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des K in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. Oktober 1996, Zl. 318.928/1-III/A/2a/96, betreffend Feststellung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. Oktober 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, daß der Gastronomiebetrieb "S" nicht der Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 GewO 1994 unterliege, gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994 in Verbindung mit § 74 leg. cit. zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, nach den auf das Gutachten eines gewerbetechnischen Sachverständigen gestützten Feststellungen der Erstbehörde handle es sich bei dem gegenständlichen Lokal um ein Pub, welches von 21.00 Uhr bis 2.00 Uhr geöffnet sei. An Freitagen und Samstagen werde bis 3.00 Uhr offengehalten, am Sonntag sei Ruhetag. Das Lokal sei im Erdgeschoß eines Hauses in der Innenstadt von F gelegen und werde vom Hausgang des Gebäudes betreten. Der Gastraum weise eine Größe von 28 m2 auf, wovon etwa die Hälfte von der Bar eingenommen werde. Einschließlich der Barbestuhlung seien 18 Sitzplätze vorhanden. Über Fenster verfüge der Raum nicht, die Lüftung erfolge mechanisch über den Innenhof. Für Musikdarbietungen kämen zwei Plattenspieler, zwei CD-Player, ein Doppelkassettendeck sowie ein Mischpult zum Einsatz. Die Leistung der Anlage sei nicht bekannt, es handle sich jedoch um eine solche, wie sie auch im privaten Bereich zum Einsatz gelange. Die Musikwiedergabe erfolge über zwei kleine Boxen im Bord über der Theke, eine Box neben dem Plattenspieler sowie einen Baßwürfel am Boden unter der Theke. Vor dem Lokal auf der Straße werde ein kleiner Gastgarten mit sieben bis acht Sitzplätzen betrieben. Musik werde im Gastgarten nicht gespielt. Direkt im angebauten Nebenhaus sowie über dem Lokal im 2. Stock sowie im gegenüberliegenden Haus im 2. und 3. Stock befänden sich Wohnungen von Nachbarn. Diese fühlten sich durch den aus dem Lokal dringenden Musiklärm gestört. Die Frage, ob das Gastlokal geeignet sei, Belästigungen bzw. nachteilige Einwirkungen hervorzurufen, habe der Sachverständige mit einem eindeutigen Ja beantwortet. Die Eignung ergebe sich in erster Linie durch den Betrieb der Musikanlage im Lokal, aber auch der über die Öffnungszeiten gemäß § 148 Abs. 1 GewO 1994 hinaus betriebene Gastgarten sowie die mechanische Lüftung seien anzuführen. Nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage führte der Bundesminister weiter aus, von einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage spreche man dann, wenn sie geeignet sei, Gefährdungen, Belästigungen bzw. nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 hervorzurufen. Es genüge die bloße Eignung einer Betriebsanlage, solche Einwirkungen verursachen zu können; nicht gefordert werde hingegen der mit Sicherheit feststehende tatsächliche Eintritt von Gefährdungen, Belästigungen etc. Die Genehmigungspflicht liege bereits dann vor, wenn das Auftreten nachteiliger Auswirkungen auf Personen sowie den Tätigkeits- und Sachbereich im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 GewO 1994 nicht ausgeschlossen werden könne. Bestünden auf Grund des festgestellten Sachverhaltes keine Zweifel daran, daß Immissionen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 nicht auszuschließen seien, sei die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig. Wie aus dem Verwaltungsakt eindeutig hervorgehe, sei der Beschwerdeführer mehrmals wegen Lärmerregung durch die gegenständliche Betriebsanlage von seiten der Anrainer angezeigt worden und es seien auch durch die Sicherheitswacheorgane Lärmbelästigungen durch die im Lokal befindliche Musikanlage vor Ort festgestellt worden. Diese Umstände sowie das Gutachten des technischen Sachverständigen ließen keinen Zweifel an der Genehmigungspflicht der gegenständlichen Anlage bestehen, es liege also Offenkundigkeit vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem Recht auf meritorische Erledigung seines Feststellungsantrages nach § 358 Abs. 1 GewO 1994 verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er geltend, bei Beurteilung der Frage, ob eine Betriebsanlage geeignet sei, Belästigungen bzw. nachteilige Einwirkungen hervorzurufen, sei davon auszugehen, daß das Gastlokal ordnungsgemäß betrieben werde. In diesem Zusammenhang habe der Amtssachverständige festgestellt, daß solche Gefährdungen bei ordnungsgemäßem Betrieb eher nicht zu erwarten seien. Es bestehe daher bei Bedachtnahme auf den vorliegenden Sachverhalt kein Zweifel daran, daß solche Immissionen auszuschließen seien. Ausgehend von der Beschaffenheit der in Rede stehenden Betriebsanlage könnten Beeinträchtigungen lediglich vom Betrieb der Musikanlage entstehen. Dazu habe der Sachverständige festgestellt, daß ihre Leistung nicht bekannt sei, es handle sich jedoch um eine solche, wie sie auch im privaten Bereich zum Einsatz gelange. Die Verwendung einer solchen Anlage sei in keinem Fall geeignet, betriebsanlagenspezifische Belästigungen, insbesondere nachteilige Auswirkungen auf Personen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 GewO 1994 herbeizuführen. Die Wahrnehmung von Musik als solche könne keinesfalls als Belästigung angesehen werden. Davon könnte nur dann gesprochen werden, wenn bei objektiver Betrachtung der Betrieb zu einer Minderung der Lebensqualität der betroffenen Personengruppen führen könne. Eine Genehmigungspflicht könne nicht schon angenommen werden, wenn sich vereinzelt Nachbarn über Lärmbeeinträchtigungen beschweren. Das würde zum Resultat führen, daß sämtliche Gastbetriebe bewilligungspflichtig wären. Bei konsequenter Einhaltung der von der Behörde vertretenen Rechtsauffassung wäre jeder Privathaushalt, in welchem eine Hi-Fi-Anlage installiert sei, geeignet, die Nachbarn zu belästigen. Auch jeder noch so kleine Gewerbebetrieb - um einen solchen handle es sich bei dem gegenständlichen Lokal -, welcher über eine Hi-Fi-Anlage verfüge, müßte der Genehmigung unterworfen werden. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, der Amtssachverständige habe in seinem Gutachten festgestellt, es sei die Leistung der Musikanlage nicht bekannt. Verläßliche Aussagen zur tatsächlichen Leistungsstärke hätten daher erst nach Durchführung entsprechender Messungen oder einer Hörprobe durch den Amtsarzt getroffen werden können. Tatsächlich seien solche Feststellungen unterblieben.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit einer Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1.
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn gefährden; ...
2.
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen,
3.
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4.
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5.
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 358 Abs. 1 leg. cit. hat der Landeshauptmann, wenn Umstände bekannt werden, die die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des § 74 begründen könnten, aber der Inhaber der Anlage in Zweifel zieht, daß die Voraussetzungen für die Genehmigungspflicht gegeben seien, auf Antrag des Inhabers der Anlage die Anlage oder das Vorhaben zu prüfen und durch Bescheid festzustellen, ob die Errichtung und der Betrieb der Anlage der Genehmigungspflicht bedürfen. Ein Feststellungsbescheid ist jedoch nicht zu erlassen, wenn die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig ist.
Wie die belangte Behörde bereits zutreffend dargelegt hat, kommt es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf an, ob von der Betriebsanlage tatsächlich im Gesetz näher bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen auf bestimmte Personen im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 1 und 2 oder auf bestimmte Tätigkeits- oder Sachbereiche im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 3 bis 5 nicht auszuschließen sind. Tatbestandselement nach § 74 Abs. 2 ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen (vgl. die in Kobzina/Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, S. 239, zitierte hg. Judikatur).
Ausgehend von dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, es sei im konkreten Fall die Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Anlage gegeben, schon im Hinblick auf das Vorhandensein eines, wenn auch kleinen Gastgartens in Verbindung mit den Öffnungszeiten des Gasthauses in der Nacht, fallweise bis 3.00 Uhr früh, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Denn unter diesen Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Nachbarn vor allem in der warmen Jahreszeit durch die Unterhaltung der Gäste in ihrem Schlaf gestört und dadurch einer Gefährdung ihrer Gesundheit oder zumindest einer Belästigung durch Lärm ausgesetzt sind.
Ob es darüber hinaus auch zu derartigen Einwirkungen auf die Nachbarn durch den Betrieb der Musikanlage kommen kann, ist in diesem Zusammenhang daher nicht von Bedeutung, sodaß es eines Eingehens auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht bedarf.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996040283.X00Im RIS seit
20.11.2000