TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/24 LVwG-2021/27/2173-1

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Veröffentlicht am 24.08.2021
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Entscheidungsdatum

24.08.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §33 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde des Herrn AA, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, vertreten durch Herrn BB, Verein CC, **** Z, Adresse 2, (ohne Zustellvollmacht), gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 26.03.2021, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz (TMSG),

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und wesentlicher Sachverhalt:

Mit Verlängerungsantrag vom 09.03.2020, eingebracht von BB, Verein CC, als Vertreter des nunmehrigen Beschwerdeführers, wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass Herr A mit 01.04.2020 seinen Zivildienst antreten wird. Beigelegt wurde ein Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 13.01.2020, aus dem die Zuweisung an das allgemeine öffentliche Landeskrankenhaus Z – Universitätskliniken zu entnehmen war. Ebenfalls beigelegt wurde ein Bescheid des Heerespersonalamts vom 10.02.2020, in welchem die Wohnkostenbeihilfe für die Wohnung Adresse 1 in **** Z in der Höhe von Euro 387,82 bewilligt wurde. Diese sei zu Beginn eines jeden Kalendermonats auszuzahlen.

 

Mit Schreiben vom 16.03.2020 gab Herr B der belangten Behörde bekannt, dass er für seinen Zivildienst ab dem 01.04.2020 eine Grundentschädigung in Höhe von Euro 346,70 und zusätzlich Verpflegungsgeld in Höhe von Euro 408,00, das heißt in Summe Euro 754,70 erhalten wird und dass dieser Geldbetrag am Ende des Monats bzw zu Beginn des Folgemonats ausbezahlt wird. Dies, so der Vertreter des Antragstellers, würde bedeuten, dass Herr A Anfang April 2020 seinen ALVG-Bezug erhält und sonst über kein Einkommen verfügt, sodass die Aufstockung für Lebensunterhalt im April 2020 unverändert bliebe und von der belangten Behörde im April 2020 die volle Miete und die Aufstockung zum Lebensunterhalt zu übernehmen wäre.

Aufgrund dieses Parteienvorbringens wurde Herrn A auf (in der Folge: Beschwerdeführer) mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.03.2020, GZ ***, für den Monat April 2020 eine Unterstützung für Miete in der Höhe von Euro 250,00 und eine Unterstützung für Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in der Höhe von Euro 323,53 an Mindestsicherungsleistungen gewährt.

Mit E-Mail vom 21.01.2021 wurde der belangten Behörde von Herrn B eine Kontoumsatzliste des Beschwerdeführers vom 30.11.2020 bis 19.01.2021 übermittelt. Daraus war ersichtlich, dass die Grundvergütung und das Verpflegungsgeld am 15.12.2020 zugeflossen waren.

In der Beschwerde vom 05.02.2021 gegen den Bescheid vom 13.01.2021, GZ ***, führte der Beschwerdeführer außerdem an, dass er vorher eine vergleichbare Auszahlung am 15.11.2020 erhalten habe.

Infolge dieser Beschwerde wurde Herrn A im Jänner 2021 mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.03.2021, Zahl ***, eine höhere Leistung zugesprochen, weil Einkünfte aus dem Monat Dezember 2020 nicht zur Gänze, sondern nur zur Hälfte in die Berechnung für den Folgemonat berücksichtigt wurden. Damit wurde er im Vergleich zu anderen Mindestsicherungsbeziehern bessergestellt, weil zu Beginn seiner Tätigkeit als Zivildiener, im April 2020, nicht die Hälfte seiner Einkünfte bei der Anspruchsberechnung seiner Einkünfte berücksichtigt wurde. Dies geschah aufgrund seines Vorbringens, dass die Einkünfte erst am Ende des Monats bzw am Beginn des Folgemonats zufließen würden.

In weiterer Folge wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 26.03.2021, Zahl ***, gegenüber AA nach den Bestimmungen des TMSG in Verbindung mit dem AVG wie folgt entschieden:

„1. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 AVG werden

Spruchpunkt 1 (Unterstützung für Miete iHv € 250,00 für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.04.2020) und

Spruchpunkt 2 (Unterstützung für Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes iHv € 323,53 für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.04.2020)

des Bescheides vom 18.03.2020, GZ. ***, aufgehoben und das Ermittlungsverfahren zur Feststellung des Mindestsicherungsanspruches für den Monat April2020 wieder aufgenommen.

2. Gemäß § 33 TMSG werden Sie aufgefordert binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides dem Amt für Soziales folgende Urkunden vorzulegen:

- Kontoumsatzliste für den Zeitraum 01.03.2020 bis 30.04.2020

- Lohnzettel für den Monat März 2020

widrigenfalls Ihr Antrag auf Gewährung einer Mindestsicherung für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.04.2020 gemäß §§ 1 Abs. 2 iVm. 33 TMSG abzuweisen und die für den Monat April 2020 gewährte Mindestsicherung in Gesamthöhe von € 573,53 gemäß § 20 Abs. 1 lit. a TMSG zurückzuerstatten ist.“

Gegen diesen Bescheid wurde von AA, vertreten durch BB, Verein CC (ohne Zustellvollmacht), binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs 1 Z 2 iVm Abs 3 AVG nicht vorliegen würden. In der Beschwerde betreffend den Anspruch vom Jänner 2021 sei dargelegt worden, dass er seinen Lebensunterhalt beim Zivildienst am 15. des jeweiligen Monats erhalten habe. Als er im März 2020 die Leistung für April 2020 geltend gemacht habe, sei von ihm die Zivildienstserviceagentur und die Klinik Z im Vorfeld kontaktiert worden, um den genauen Betrag, den er während des Zivildienstes erhalten werde, in Erfahrung zu bringen. Dies sei auch gelungen und sei diese Information per E-Mail an die Behörde übermittelt worden. Der genaue Zeitpunkt, wann welche Leistung bei ihm am Konto einlangen werde, habe im Vorfeld nicht in Erfahrung gebracht werden können. Daher sei er davon ausgegangen, dass die Leistung, wie ein Gehalt am Ende des Monats eintreffen würde. Er habe nichts verschwiegen bzw erschlichen. Er sehe auch nicht, dass sich die Behörde auf neue Tatsachen oder Beweise berufe. Im Mai 2020 sei ein Verlängerungsantrag gestellt worden, ebenso für September 2020. Die Behörde habe seine Gehaltszettel erhalten und habe er immer alle Unterlagen, wie es ihm aufgetragen worden sei, geliefert. Nach rechtskräftigem Abschluss entstandene Tatsachen würden die Wiederaufnahme nicht rechtfertigen. Der Umstand, dass die Behörde im April 2020 keine Erhebungen durchgeführt habe, wann genau denn die Auszahlung der Zivildienstvergütung erfolge, rechtfertige keine Wiederaufnahme. Im Zeitpunkt der Bescheiderstellung sei ihm der Auszahlungszeitpunkt genauso ungewiss gewesen wie der Behörde. Dass eine Auszahlung stattfinden werde, sei aber bekannt gewesen und sei nicht verheimlicht worden. Die von der Behörde angefragten Unterlagen seien also keine „nova reperta“. Das Vertrauen in die Rechtskraft eines behördlichen Verwaltungsaktes sei ein hohes Rechtsgut und dürfe nicht leichtfertig von der Behörde aufs Spiel gesetzt werden.

Es wurde der Antrag gestellt, das Landesgericht Tirol möge entscheiden, dass die Wiederaufnahme zu Unrecht erfolge und dass die im angefochtenen Bescheid angedrohten Nachteile zu Unrecht ausgesprochen wurden. Die Aufforderung der Rückerstattung der Mindestsicherung für April 2020 erfolge zu Unrecht und wäre außerdem viel zu hoch bemessen.

Diese Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom 12.05.2021 samt schriftlicher Stellungnahme dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

II.      Beweiswürdigung:

Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17.08.2021, zu welcher der Beschwerdeführer trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen ist und in welcher der Sachverhalt ausführlich erörtert wurde. Dieser ist aufgrund des Akteninhaltes unstrittig.

III.     Rechtslage:

Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 in der Fassung BGBl I Nr 57/2018, lautet wie folgt:

„Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69.   (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1.   der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.   neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.   der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4.   nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.“

Mit E-Mail vom 16.03.2020 teilte Herr BB, Verein CC, in Vertretung des nunmehrigen Beschwerdeführers der belangten Behörde mit, dass dieser in Ausübung des Zivildienstes beim Allgemeinen Öffentlichen Landeskrankenhaus Z – Universitätskliniken eine Grundvergütung in der Höhe von Euro 346,70 und eine Verpflegungsgeld in der Höhe von Euro 408,00, sohin insgesamt Euro 754,70 bekommen wird und dass dieser Geldbetrag am Ende des Monats bzw zu Beginn des Folgemonats ausbezahlt werden wird, sodass dem Beschwerdeführer im April 2020 nur Leistungen gemäß dem Arbeitslosenversicherungsgesetz zufließen werden.

Aufgrund dieser Angaben wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.03.2020 die Leistung für April 2020 berechnet und Euro 250,00 als Unterstützung für Miete sowie Euro 323,53 als Unterstützung für die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes bewilligt und in der Folge auch ausbezahlt.

Mit E-Mail vom 21.01.2021 wurde über Herrn B eine Kontoumsatzliste des Kontos des Beschwerdeführers vom 30.11.2020 bis 19.01.2021 vorgelegt, aus welcher ersichtlich war, dass ihm die Grundvergütung und das Verpflegungsgeld am 15.12.2020 zugeflossen waren. In der Beschwerde vom 05.02.2021 gegen den Bescheid der belangten Behörde, GZ ***, führte der Beschwerdeführer außerdem an, dass er auch am 15.11.2020 eine vergleichbare Auszahlung erhalten hätte. Infolge dieser Beschwerde wurde Herrn B im Jänner 2021 mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.03.2021, GZ ***, eine höhere Leistung zugesprochen, weil Einkünfte aus dem Monat Dezember 2020 nicht zur Gänze, sondern nur zur Hälfte in die Berechnung für den Folgemonat berücksichtigt wurden. Der Beschwerdeführer wurde damit, wie bereits oben erwähnt, im Vergleich zu anderen Mindestsicherungsbeziehern bessergestellt, weil zu Beginn seiner Tätigkeit als Zivildiener im Monat April 2020 nicht die Hälfte der Einkünfte bei der Anspruchsberechnung berücksichtigt worden war. Dies geschah aufgrund seines Vorbringens, dass die Einkünfte erst am Ende des Monats bzw am Beginn des Folgemonats zugeflossen sind.

Die belangte Behörde hat den Wiederaufnahmegrund nicht auf § 69 Abs 1 Z 1 AVG gestützt, wonach der wieder aufgenommene Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden wäre. Nach der Bestimmung des § 69 Abs 1 Z 2 AVG ist dem Antrag auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einem im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Voraussetzung für das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes des § 69 Abs 1 Z 2 in Verbindung mit § 69 Abs 3 AVG ist, dass neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind, welche die Behörde ohne ihr Verschulden im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht berücksichtigen konnte (vgl VwGH vom 24.05.2016, Zl Ra 2016/07/0001). Bei der Entscheidung, ob ein Verfahren von amts wegen wiederaufzunehmen ist, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl VwGH vom 19.09.1990, Zl 89/13/0245).

Insofern der Beschwerdeführer argumentiert, dass im beschwerdegegenständlichen Fall die neuen Tatsachen und Beweise erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens (Bescheid der belangten Behörde vom 18.03.2020, GZ I-S-33312/1/1-44) entstanden sind und zudem die Behörde im April 2020 keine Erhebungen durchgeführt hat, wann genau denn die Auszahlung der Zivildienstvergütung erfolgt, ist in Übereinstimmung mit der belangten Behörde Folgendes festzuhalten:

Unter Tatsachen iSd § 69 Abs. 1 Z 2 AVG sind Geschehnisse im Seinsbereich gemeint (VwGH 19.4.1994, 90/07/0124; 24.4.2007, 2005/11/0127;21.9.2009, 2008/16/0148; vgl auch Schimetschek, FJ 1972, 74; Wiederin, ecolex 1999, 371). Dazu zählen auch innere Vorgänge (VwGH 19.2.1992, 90/12/0224; 15.12.1994, 93/09/0434), soweit sie rational feststellbar sind, wie zB Ansichten, Absichten oder Gesinnungen, die - wie etwa die Zahlungswilligkeit - der Beobachtung eines anderen zugänglich sind (VwGH 14. 6. 1982, 82/12/0056). Der Zeitpunkt des Zuflusses der Vergütungen bzw. die innere Absicht des Arbeitgebers, diese zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen, ist jedenfalls eine neue Tatsache, die bereits vor Bescheiderlassung bestanden hatte und stellt somit einen tauglichen Wiederaufnahmegrund dar. Da die Vergütungen im November und Dezember 2020 jeweils Mitte des Monats zugeflossen waren, ist mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch im Monat April 2020 bereits Geldbeträge zugeflossen waren und somit die belangte Behörde bei Kenntnis über diese Tatsache einen anderen Spruch in der Hauptsache erlassen hätte.

Da vom Beschwerdeführer bzw von seinem Vertreter mit E-Mail vom 16.03.2020 der Zeitpunkt des Zuflusses – Auszahlung der Grundvergütung und des Verpflegungsgeldes am Ende des Monats bzw zu Beginn des Folgemonats – schriftlich bekannt gegeben worden war, bestanden zum damaligen Zeitpunkt keine Zweifel über die Richtigkeit dieser Angabe und kann der Behörde kein Verschulden in Bezug auf eine fehlende Sachverhaltsermittung angelastet werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 16.04.1991, Zahl 90/08/0182, inhaltlich ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, welchen Anlass zu Zweifeln gegen seine Angaben die Behörde gehabt hätte und dass die Unterlassung einer weiteren Befragung des Beschwerdeführers bzw von weiteren Erhebungen kein Verschulden der Behörde im Sinne des § 1294 ABGB darstellt. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass aus verfahrensökonomischen Gründen und vor dem Hintergrund der Ziele des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes das Ermittlungsverfahren nicht in dem Maße ausgeweitet werden kann, dass jede Angabe der Parteien überprüft wird.

Wenn die belangte Behörde im Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides den Beschwerdeführer nach § 33 TMSG auffordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides eine Kontoumsatzliste für den Zeitraum 01.03.2020 bis 30.04.2020 und einen Lohnzettel für den Monat März 2020 vorzulegen, wird damit im konkreten Fall gegenüber dem Beschwerdeführer das Parteiengehör gewahrt und wird er aufgefordert, im Zuge seiner Mitwirkungspflicht eine Neuberechnung des Mindestsicherungssicherungsanspruches für den Monat April 2020 zu ermöglichen.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

Schlagworte

Rechsmittelfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.27.2173.1

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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