TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/30 LVwG 46.34-1169/2020

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Veröffentlicht am 30.11.2020
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Entscheidungsdatum

30.11.2020

Index

L82406 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Steiermark

Norm

AWG Stmk 2004 §6 Abs1
AWG Stmk 2004 §17
AWG Stmk 2004 §4 Abs4
AWG 2002 §16 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Ebner-Steffler über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH, U, W, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 26.03.2020, GZ: A17-ESG-104455/2019/0011,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, wird der Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass der Antrag des Umweltamtes der Stadt Graz auf Untersagung der Sammlung von Altspeisefetten und –ölen aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von G durch die Firma A GmbH gemäß § 17 Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 2004 (im Folgenden StAWG) LGBl. Nr. 65/200 idF LGBl. Nr. 149/2016 vom 11.11.2019 als unzulässig zurückgewiesen wird.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.     Beschwerdevorbringen, Vorverfahren, Sachverhalt:

Mit Eingabe vom 11.11.2019 beantragt das Referat für Abfallwirtschaftscontrolling des Umweltamtes der Stadt Graz die Untersagung der Sammlung von Altspeisefett und –ölen aus privaten Haushalten gemäß § 17 Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 2004 (StAWG) durch die Firma A GmbH (im Folgenden A GmbH) mit Sitz in W, in Kooperation mit C-Filialen (D in G und weiteren 13 Filialen in G). Zur Sammlung werden in den Märkten kostenlos 1l-Kunststoffbehältnisse an die KundInnen ausgegeben und seien die BürgerInnen angehalten, das Altspeiseöl direkt im Markt in einen speziellen Sammelautomaten einzubringen. Dabei erhalten die KundInnen im Gegenzug pro 1 Liter abgeführtem Altspeiseöl 10 Cent via Bon, der als Gutschrift beim Einkauf abgezogen werde.

Aus Sicht der Antragstellerin handle es sich bei der Sammlung von Altspeiseölen und –fetten um verwertbare getrennt zu sammelnde Siedlungsabfälle (andienungspflichtiger Altstoff) und betreibe die Firma A GmbH somit seit 20.05.2019 eine nicht autorisierte Sammlung von Altspeisefetten und –ölen und handle demzufolge gegen die Gebote des StAWG.

Gleichzeitig beantragt die Stadt Graz den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 64 Abs 2 AVG.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 26.03.2020 wird der A GmbH die Sammlung von Altspeisefetten und –ölen aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von der Landeshauptstadt Graz gemäß § 17 StAWG untersagt und die Entfernung der speziellen Sammelautomaten im Stadtgebiet von G aufgetragen.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass sie Stellungnahmen des Umweltministeriums und des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung eingeholt habe und beide Stellungnahmen würden bestätigen, dass Altspeisefette und –öle aus privaten Haushalten Siedlungsabfälle iSd § 4 Abs 4 StAWG darstellen würden und andienungspflichtig seien. Der Bund habe zwar gemäß § 16 Abs 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (im Folgenden AWG) die Trennpflicht geregelt, jedoch sei dies stoffrechtlich bedingt und spreche nicht gegen die Einstufung als Siedlungsabfall. Das AWG treffe keinerlei Regelungen zur Einstufung von Altspeisefetten und –ölen als Abfallart und hätten daher die Länder diesbezügliche Regelungen ergriffen (§ 3 StAWG). Weiters sei in § 4 Abs 4 StAWG klar und eindeutig geregelt, was unter Siedlungsabfall zu verstehen sei und treffe § 4 Abs 4 StAWG keine abschließende Aufzählung. Aus der Gesamtschau gehe für die belangte Behörde hervor, dass sich die Regelung des Bundes nur auf die Trennpflicht beziehe und nicht auf die Festlegung der Abfallart. Damit stehe für die belangte Behörde eindeutig fest, dass es sich bei der Sammlung von Altspeisefetten und –ölen aus Privathaushalten um andienungspflichtige Abfälle gemäß § 4 Abs 4 StAWG handle und diesbezüglich nur die Gemeinde für die Sammlung und Abfuhr gemäß § 6 Abs 1 StAWG zuständig sei. Die Firma A GmbH sei nicht von der Stadt Graz zur Sammlung von Altspeisefetten und –ölen beauftragt worden und liege daher eine unrechtmäßige Sammlung vor und sei diese daher zu untersagen gewesen. Dem Antrag zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung sei nicht stattzugegeben, da dafür keine ausreichenden Gründe iSd § 64 Abs 2 AVG dargelegt hätte werden können (keine hinreichenden öffentlichen Interessen, der öffentliche Erlösentgang sei sehr gering, keine unmittelbare Gefahr in Verzug).

Dagegen hat die A GmbH rechtzeitig und in zulässiger Weise Beschwerde erhoben und im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Dem Bescheid mangle es an einer eigenständigen rechtlichen Würdigung, an Feststellungen bzw. an einer Sachverhaltsgrundlage, die der Entscheidung und der rechtlichen Beurteilung zu Grunde liege und an einer erforderlichen Beweiswürdigung. Zudem sei der Bescheid auch im Hinblick auf den Auftrag zur Entfernung der speziellen Sammelautomaten mangels Konkretisierung (Standorte und Anzahl) nicht vollstreckbar.

Die Beschwerdeführerin moniert die ihrer Ansicht nach unrichtige rechtliche Beurteilung wie folgt:

Zur kompetenzrechtlichen Einordnung des Abfallwesens:

Gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG falle die Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Darüber hinaus aber auch dann, wenn hinsichtlich anderer Abfälle ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden sei (Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes). Den Ländern bleibe somit nur mehr eine Restgröße an Kompetenz – nämlich hinsichtlich der Regelung „anderer“ (nicht gefährlicher) Abfälle, soweit der Bund nicht von seiner Bedarfskompetenz Gebrauch gemacht habe.

Regelungen in den Abfallwirtschaftsgesetzen des Bundes und der Länder:

Gemäß § 16 Abs 6 AWG 2002 sind „Altspeisefette und –öle […] getrennt zu sammeln und einem berechtigten Abfallsammler oder –behandler zu übergeben […]“. Es bestehe also eine Regelung zu Altspeisefetten und –ölen auf Bundesebene. Hingegen finde sich keine Bestimmung oder Definition dazu im StAWG. § 16 Abs 6 AWG bestimme, dass Abfallsammler mit aufrechter Erlaubnis berechtigt sein müsse, Altspeisefette und –öle einzusammeln. Demnach finden sich auch entsprechende Abfallsammler im öffentlich zugänglichen Verzeichnis der befugten Abfallsammler. Eine Andienungspflicht durch die Gemeinden nach dem Landes-AWG könne es daher nicht geben. Dieser Schluss lasse sich auch durch eine verfassungskonforme Interpretation bestätigen (Schutz der Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG).

§ 79 Abs 5 AWG normiere überdies einen Verwaltungsstraftatbestand, wonach derjenige eine Verwaltungsübertretung begehe, der Altspeisefette und –öle, die in privaten Haushalten angefallen sind, entgegen § 16 Abs 6 AWG sammle. Dürften nur Gemeinden Altspeisefette und –öle sammeln, so hätte diese Strafbestimmung keinen Anwendungsbereich und könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er „überflüssige“ Regelungen treffen würde.

Einstufung nach der Abfallverzeichnisverordnung:

Gemäß dem am EDM-Portal veröffentlichten Abfallverzeichnis seien Speiseöle und –fette der Abfallart 92121 bzw. der Abfallart 92403 (mit tierischen Anteilen) zugeordnet. Diese Abfallarten seien der Untergruppe 921 Hochwertige Abfälle für die biologische Verwertung, ausschließlich pflanzlicher Herkunft bzw. der Untergruppe 924 Hochwertige Abfälle für die biologische Verwertung mit tierischen Anteilen zugeordnet. Beide Untergruppen würden der Gruppe 92 Abfälle für die biologische Verwertung angehören. Siedlungsabfälle hingegen seien der Gruppe 91 Feste Siedlungsabfälle einschließlich ähnlicher Gewerbeabfälle bzw. der Gruppe 99 Sonstige Siedlungsabfälle einschließlich ähnlicher Gewerbeabfälle zugeordnet. Bei Altspeiseöl handle es sich daher nicht um Siedlungsabfall.

Regelungen im StAWG:

Im StAWG würden sich keine Regelungen für Altspeisefette und –öle finden. In der Regierungsvorlage zum StAWG sei in den Begriffsbestimmungen § 4 Abs 4 noch von „Speiseöle und –fett“ gesprochen worden, habe jedoch keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber erkannt habe, dass es auf Bundesebene eine einheitliche gesetzliche Regelung hinsichtlich der Sammlung von Altspeisefetten und –ölen gebe und diese Passage in der Regierungsvorlage bewusst gestrichen worden sei. (Beilage 212 XIV.GP 2004, EZ1421/14) Der Gesetzgeber habe dadurch auch zu erkennen gegeben, dass er Speiseöle und –fette nicht unter getrennt zu sammelnde verwertbare Abfälle subsumieren wolle. Das StAWG sei daher dahingehend gar nicht anwendbar – dies ergebe sich auch explizit aus § 3 StAWG, wonach das StAWG nicht anwendbar sei, soweit bundesgesetzliche Bestimmungen entgegenstehen.

Entwicklung des AWG:

Im AWG 1990 habe sich keine Regelung zu Altspeisefetten und –ölen gefunden. In § 12 Abs 1 AWG (eingefügt durch eine spätere Novelle) sei folgende Regelung getroffen worden:

Die Gemeinden (Gemeindeverbände) haben bei Bedarf, jedoch mindestens zweimal jährlich, eine getrennte Sammlung (Abgabemöglichkeit) von

1.   Problemstoffen und

2.   Alt-Speisefetten und Alt-Speiseölen aus privaten Haushalten sowie von allen übrigen Abfallerzeugern, sofern die Alt-Speisefette und Alt-Speiseöle nach der Menge mit privaten Haushalten vergleichbar sind,

durchzuführen oder durchführen zu lassen, für deren Sammlung (Rücknahme) in der Gemeinde (im Verbandsbereich) nicht in anderer Weise Vorsorge getroffen ist. […]

Somit sei schon vor dem AWG 2002 eine getrennte Sammlung von Altspeisefetten und –ölen vorgesehen gewesen, wozu die Gemeinden verpflichtet gewesen seien diese durchzuführen oder durchführen zu lassen. Diese Regelung finde sich im AWG nicht mehr. Dies unterstütze zusätzlich die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass die Sammlung von Altspeisefetten und –ölen auch durch andere befugte Abfallsammler durchgeführt werden dürfe.

Abschließend verweist die Beschwerdeführerin auf zwei höchstgerichtliche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 11.9.1997, 97/07/0135 und 27.1.2010, 2009/04/0319) und sei daraus aus Sicht der Beschwerdeführerin ableitbar, dass der Verwaltungsgerichtshof implizit von der Zulässigkeit der Sammlung von Altspeisefetten und –ölen durch zugelassene Sammler ausgehe.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu den Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird verzichtet, da es sich im Wesentlichen um Rechtsfragen handelt.

Auf Grund des vorliegenden Verfahrensaktes der belangten Behörde, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdevorbringens geht das Landesverwaltungsgericht Steiermark von nachstehendem relevanten Sachverhalt aus:

Die A GmbH mit Sitz in W hat in Kooperation mit C-Filialen in der Stadt Graz (mit Stand 13.10.2019 in 13 Filialen) zur Sammlung von Altspeisfetten und –ölen aus privaten Haushalten spezielle Sammelautomaten aufgestellt. Zur Sammlung werden in den Lebensmittelmärkten kostenlos 1-Liter-Kunststoffbehältnissse an die KundInnen ausgegeben und diese angehalten, das Altspeisefett und –öl in diese Sammelautomaten einzubringen. Dabei erhalten die KundInnen im Gegenzug pro Liter abgeführten Altspeisefett/-öl 10 Cent via Bon, der als Gutschrift beim Einkauf abgezogen wird.

Die Firma A GmbH (GLNr. xx) ist gemäß § 24a AWG befugte und im EDM registrierte Abfallsammlerin und –behandlerin mit einem Berechtigungsumfang nachstehender Schlüsselnummern:

SchlüsselNr.

Bezeichnung

S

B

Behandl.-verf.

92121

Speiseöle und -fette, Fettabscheiderinhalte, rein pflanzlich

?

?

R13*,D15**

92403

Speiseöle und -fette, Fettabscheiderinhalte, tierisch oder tierische Anteile enthaltend

?

?

R13,D15

*        R13 Lagerung von Abfällen bis zur Anwendung eines Verwertungsverfahrens R1 bis R12 (gemäß Anhang 2, 1. zum AWG)

**       D15 Lagerung von Abfällen bis zur Anwendung eines Beseitigungsverfahrens D1 bis D14 (gemäß Anhang 2, 2. zum AWG)

Die gegenständlichen Abfälle (Altspeisefette und –öle) können der Schlüsselnummer 12303 zugeordnet werden, sofern eine biologische Verwertung (z.B. Kompostierung) der Abfälle nicht stattfindet. Bei Behandlung der Abfälle im Sinne einer biologischen Verwertung sind die Nummern der Abfallgruppe 92 zu verwenden – folglich die Schlüsselnummern 92121 und 92403. Altspeisefette und –öle, die (wie im gegenständlichen Fall) in privaten Haushalten anfallen, stellen Siedlungsabfälle im Sinne des § 2 Abs 4 Z 2 AWG und getrennt zu sammelnde Altstoffe gemäß § 2 Abs 4 Z 1 lit a AWG dar.

Mit Schreiben des Umweltamtes der Stadt Graz vom 11.11.2019 stellt diese bei der belangten Behörde einen Antrag auf Untersagung gemäß § 17 StAWG, sowie einen Antrag auf Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 64 Abs 2 AVG.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wurde der A GmbH die Sammlung von Altspeisefetten und –ölen aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von G gemäß § 17 StAWG untersagt und aufgetragen, die speziellen Sammelautomaten im Stadtgebiet von G zu entfernen. Die aufschiebende Wirkung wurde mangels Darlegung ausreichender Gründe nicht aberkannt.

II.    Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen können dem unbedenklichen Akteninhalt des vorliegenden Verfahrensaktes der belangten Behörde - insbesondere dem bekämpften Bescheid und dem Beschwerdeschriftsatz entnommen werden. Der wesentliche Sachverhalt ist unbestritten. Der festgestellte Berechtigungsumfang der Beschwerdeführerin zum Sammlung und Behandlung von Abfällen konnte mittels EDM (Elektronisches Datenmanagement) – ZAReg-Abfrage vom 24.11.2020 ermittelt werden. Die Abfallschlüsselnummer und deren Zuordnung können dem Abfallverzeichnis gemäß Abfallverzeichnisverordnung und ÖNORM S2100 – insbesondere den „Hinweisen und Anmerkungen“ entnommen werden, und ist die Zuordnung einerseits von den Bestandteilen der Abfälle aber auch vom nachfolgenden Behandlungsverfahren abhängig.

Das Verwaltungsgericht kann ungeachtet eines Antrags gemäß § 24 Abs 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass „die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt“ und dem Entfall weder Art 6 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen. Dies ist dann der Fall, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Frage der Beweiswürdigung auftreten können (vgl. VwGH 29.01.2016, Ra 2015/06/0124). Zur Lösung von Rechtsfragen ist eine Verhandlung nicht erforderlich (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/04/0036; 21.12.2016, Ra 2016/04/0117; EGMR 18. 7. 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle; 8. 11. 2016, Nr. 64160/11, Pönkä). Dies trifft im gegenständlichen Fall zu, war doch die Entscheidung nur von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig und ist der wesentliche Sachverhalt unbestritten geblieben. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war daher nicht erforderlich. Im Übrigen hat keine der Verfahrensparteien die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt bzw. hat die Beschwerdeführerin auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung explizit verzichtet.

III.   Rechtliche Beurteilung:

Nachstehende Bestimmungen sind für die gegenständliche Entscheidung maßgeblich:

Art 10 Abs 1 Z 12 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl I Nr. 14/2019:

„Bundessache ist die Gesetzgebung und die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:

1.       […]

12.               Gesundheitswesen mit Ausnahme des Leichen- und Bestattungswesens sowie des Gemeindesanitätsdienstes und Rettungswesens, hinsichtlich der Heil- und Pflegeanstalten, des Kurortewesens und der natürlichen Heilvorkommen jedoch nur die sanitäre Aufsicht; Maßnahmen zur Abwehr von gefährlichen Belastungen der Umwelt, die durch Überschreitung von Immissionsgrenzwerten entstehen; Luftreinhaltung, unbeschadet der Zuständigkeit der Länder für Heizungsanlagen; Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist; Veterinärwesen; Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle; Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Saat- und Pflanzgut, Futter-, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie mit Pflanzenschutzgeräten, einschließlich der Zulassung und bei Saat- und Pflanzgut auch der Anerkennung;

12a.    […]“

Art 15 Abs 1 B-VG:

„Soweit eine Angelegenheit nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, verbleibt sie im selbständigen Wirkungsbereich der Länder.“

Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG), BGBl. Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 24/2020:

§ 15 (4) AWG:

„Abfälle sind gemäß § 16 oder nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 14 Abs.1 oder §23 zu verwerten.“

§ 16 Abs 6 AWG:

„Altspeisefette und -öle sind getrennt zu sammeln und einem berechtigten Abfallsammler oder -behandler zu übergeben. Altspeisefette und -öle sind einer Verwertung zuzuführen, sofern dies ökologisch zweckmäßig und technisch möglich ist und dies nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.“

§ 24a Abs 1 AWG:

„Wer Abfälle sammelt oder behandelt bedarf einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann. Das Anbieten des Sammelns oder des Behandelns von Abfällen gegenüber einem größeren Kreis von Personen ist der Ausübung der jeweiligen Tätigkeit gleichzuhalten. Der Antrag kann, sofern dieser Teilbereich in einem Register gemäß §22 Abs.1 eingerichtet ist, über dieses Register erfolgen.“

§ 28 Abs 1 und 2 AWG:

„(1) Die Gemeinden (Gemeindeverbände) haben bei Bedarf, jedoch mindestens zweimal jährlich, eine getrennte Sammlung (Abgabemöglichkeit) von Problemstoffen, ausgenommen Elektro- und Elektronik-Altgeräte und Altbatterien und -akkumulatoren gemäß einer Verordnung nach §14 Abs.1, durchzuführen oder durchführen zu lassen, sofern für deren Sammlung in der Gemeinde (im Verbandsbereich) nicht in anderer Weise Vorsorge getroffen ist.

(2) Die Gemeinde hat für die Problemstoffsammlungen bestimmte Termine und die Einsammlungsorte festzulegen und auf geeignete Weise rechtzeitig bekannt zu geben. Die Gemeinde darf - sofern die Verordnung gemäß §14 Abs.1 nicht anderes bestimmt - für die Sammlung und Behandlung von Problemstoffen, für die Rücknahmepflichten gemäß einer Verordnung nach §14 Abs.1 bestehen oder die nicht von privaten Haushalten abgegeben werden, ein Entgelt festlegen und hat dieses Entgelt auf geeignete Weise rechtzeitig bekannt zu geben.“

§ 79 Abs 3 Z 6 AWG:

„Wer

1. […]

6. Problemstoffe nicht gemäß §16 Abs.5 sammelt und übergibt, ausgenommen Abfälle aus privaten Haushalten, oder Altspeisefette und -öle entgegen §16 Abs.6 sammelt, ausgenommen Abfälle aus privaten Haushalten,

7. […]“

§ 79 Abs 5 AWG:

„Wer Altspeisefette und -öle, die in privaten Haushalten angefallen sind, entgegen § 16 Abs.6 sammelt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 70 € zu bestrafen ist.“

§ 79 Abs 5a AWG:

„Wer nicht gefährliche Abfälle, die in privaten Haushalten angefallen sind, entgegen § 15 oder § 16 bereithält oder übergibt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 180 Euro zu bestrafen ist.“

Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 2004 (StAWG), LGBl. 65/2004 idF LGBl. Nr. 149/2016

§ 3 StAWG:

„Dieses Gesetz gilt nicht für gefährliche Abfälle. Es ist nicht anzuwenden, soweit bundesgesetzliche Bestimmungen entgegenstehen.“

4 Abs 4 StAWG

„Im Sinne dieses Gesetzes sind Siedlungsabfälle Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind. Bei der Zuordnung ist das Europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABl. Nr.L194 vom 25. Juli 1975 S 39, geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG, ABl. Nr.L78 vom 26. März 1991 S 32 und die Entscheidung 96/350/EG, ABl. Nr.L135 vom 6. Juni 1996 S 32 zu berücksichtigen. Die Siedlungsabfälle werden unterteilt in

1. getrennt zu sammelnde verwertbare Siedlungsabfälle (Altstoffe, wie zB Textilien, Papier, Metalle, Glas - ausgenommen Verpackungsabfälle),

2. getrennt zu sammelnde biogene Siedlungsabfälle (kompostierbare Siedlungsabfälle, wie zB Küchen-, Garten-, Markt- oder Friedhofsabfälle),

3. sperrige Siedlungsabfälle (Sperrmüll, der wegen seiner Beschaffenheit weder in bereitgestellten Behältnissen noch durch die Systemabfuhr übernommen werden kann),

4. Siedlungsabfälle, die auf öffentlichen Straßen, Plätzen und Parkanlagen anfallen (Straßenkehricht, der auf Grund seiner Beschaffenheit der Restmüllbehandlung zuzuführen ist),

5. gemischte Siedlungsabfälle (Restmüll, das ist jener Teil der nicht gefährlichen Siedlungsabfälle, der nicht den Z1 bis 4 zuzuordnen ist).“

§ 6 Abs 1 StAWG:

„Für die Sammlung und Abfuhr der in einem Gemeindegebiet anfallenden Siedlungsabfälle gemäß § 4 Abs. 4 haben die Gemeinden zu sorgen (Andienungspflicht).“

§ 17 StAWG:

„Handlungen gegen Gebote und Verbote dieses Gesetzes und der darauf basierenden Verordnungen sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Bescheid zu untersagen.“

Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003 idF BGBl. II Nr. 409/2020:

§ 1 Abs 1 und 2 AbfallverzeichnisVO:

„(1) Das Abfallverzeichnis umfasst die Abfallarten, die in Punkt 5 Tabelle 1 der ÖNORM S 2100 „Abfallverzeichnis“, ausgegeben am 1. Oktober 2005, aufgelistet sind, mit den in Abschnitt III. der Anlage 5 angeführten Änderungen. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat das Abfallverzeichnis am EDM-Portal, edm.gv.at, zu veröffentlichen.

(2) Die Zuordnung eines Abfalls zu einer Abfallart hat gemäß den Vorgaben der Anlage 5 zu erfolgen. Dabei sind die gefahrenrelevanten Eigenschaften gemäß Anlage 3 zu berücksichtigen. Sofern für die Zuordnung zu einer Abfallart Untersuchungen erforderlich sind, haben diese gemäß Anlage 4 zu erfolgen. Ist für die Zuordnung eines Abfallstroms eine Untersuchung erforderlich, so ist die Ausarbeitung des Probenahmeplans, Durchführung der Probenahme und die Untersuchung durch eine befugte Fachperson oder Fachanstalt vorzunehmen. Die für die Zuordnung notwendigen Beurteilungsunterlagen sind Teil der Aufzeichnungen betreffend die Abfallart.“

 

Abfallverzeichnis gemäß ÖNORM S 2100 entsprechend den Verordnungen BGBl. II Nr. 498/2008, BGBl. II Nr. 160/2012, BGBl. II Nr. 135/2013 und BGBl. II Nr. 181/2015; Stand: Inkrafttreten 1.1.2016

(auszugsweise):

12302

Fette (zB Frittieröle)

Schlüssel-Nummer ist nicht zu verwenden für Abfälle zur biologischen Verwertung – hierfür sind die Nummern der Abfallgruppe 92 zu verwenden

92121

Speiseöle und -fette, Fettabscheiderinhalte, rein pflanzlich

zur Vergärung; auch gebrauchtes Öl oder Fett,

sofern ausgeschlossen werden kann,

dass tierische Anteile vorhanden sind;

Materialien, die nach der Kompostverordnung für die Herstellung von Qualitätskompost geeignet sind

92403

Speiseöle und -fette, Fettabscheiderinhalte, tierisch oder tierische Anteile enthaltend

zur

zur Vergärung; Material gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. l der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002; auch gebrauchtes pflanzliches Öl oder Fett, sofern nicht ausgeschlossen werden kann, dass tierische Anteile enthalten sind; Materialien, die nach der Kompostverordnung für die Herstellung von Qualitätskompost geeignet sind; bei Materialien der Kategorie 2 oder 3 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 erforderlichenfalls hitzebehandelt im Einklang mit dieser Verordnung.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache zu entscheiden und die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren (z.B. wegen Wegfall der Beschwer) einzustellen ist.

„Sache“ des Beschwerdeverfahren ist die Frage, ob es sich bei Altspeisefetten und –ölen um nicht gefährliche Abfälle bzw. Siedlungsabfälle handelt, die in den Anwendungsbereich des Abfallwirtschaftsgesetzes des Landes fällt und sich daraus eine Andienungspflicht an die Gemeinde (hier: Stadt Graz) gemäß § 6 Abs 1 StAWG ergibt und folglich die Untersagung gemäß § 17 StAWG rechtmäßig erfolgte.

IV.  Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht von folgenden Erwägungen aus:

1.                Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen:

Dem Bund ist durch Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG die Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährliche Abfälle zugewiesen. Hinsichtlich anderer Abfälle besteht eine solche Kompetenz des Bundes nur, soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist. Gefährliche Abfälle fallen in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes – landesrechtliche Vorschriften hinsichtlich gefährlicher Abfälle sind daher auch dann unzulässig, wenn bundesrechtliche Regelungen fehlen. Für nicht gefährliche Abfälle besteht eine sog. Bedarfskompetenz des Bundes (Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002, Rz 1 zu § 1).

Mit dem AWG 2002 hat der Bund seine Bedarfskompetenz hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle in wesentlich größerem Umfang als im Vorgängergesetz, dem AWG 1990, in Anspruch genommen (vgl. VwGH 29.01.2004, 2003/07/0101). Den Landesgesetzen verbleibt nur mehr ein sehr eingeschränkter Regelungsbereich, der sich im Wesentlichen auf die kommunale Abfallwirtschaft, Abfallverbände und Abfallgebühren beschränkt (vgl. Kneihs/Weber in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht4 (2019) Abfallwirtschaftsrecht).

Für die rechtmäßige Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz kommt es darauf an, dass der Bundesgesetzgeber für seine Regelung objektive, mithin sachlich nachvollziehbare Gründe ins Treffen führen kann, die seine Annahme eines Bedürfnisses nach Erlassung einheitlicher Vorschriften hinsichtlich anderer (als gefährlicher) Abfälle rechtfertigen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn derartige Gründe für eine gleiche rechtliche Behandlung gefährlicher und nicht gefährliche Abfälle sprechen (vgl VfSlg 13.019/1992). Diesen objektiven Bedarf nach Erlassung einheitlicher Vorschriften begründen die Erläuterungen RV 984 BlgNR 21. GP 83 damit, dass im Hinblick auf ein bundesweit einheitliches Schutzniveau der Umwelt, gleiche Bedingungen hinsichtlich der Erwerbsausübung und des Wettbewerbs sowie im Hinblick auf den Warenverkehr in einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet Österreich die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz für die angeführten Bereiche gegeben ist.

Die Generalklausel zugunsten der Länder (Art 15 Abs. 1 B-VG) fällt aber nicht schon dadurch weg, dass ein Bedürfnis nach einheitlichen Vorschriften tatsächlich besteht, sondern erst dann und insoweit, wenn der Bund von seiner Bedarfskompetenz rechtmäßig Gebrauch gemacht hat (vgl VwGH 25. April 2002,98/07/0097, mwN).

Es ist daher zu prüfen, ob der Bundesgesetzgeber Regelungen hinsichtlich Altspeisefetten und –ölen getroffen hat und bejahendenfalls eine rechtmäßige Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz des Bundes erfolgt ist. Die Abfallwirtschaft verbleibt dann in der Zuständigkeit der Länder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG, soweit Maßnahmen und Regelungen weder gefährliche Abfälle betreffen noch sich auf andere (nicht gefährliche) Abfälle, soweit für diese einheitliche bundesrechtliche Vorschriften bestehen, beziehen.

Der Regelungsbereich des StAWG beschränkt sich im Wesentlichen auf die Gruppe der nicht gefährlichen Siedlungsabfälle. Es ist dennoch im Einzelfall zu prüfen, ob eine bestimmte Siedlungsabfallfraktion dem Kompetenzbereich des Landesgesetzgebers zufällt. Siedlungsabfälle sind nicht per se andienungspflichtig oder unterliegen dem Anwendungsbereich des StAWG, sondern es ist zu prüfen, ob der Bundesgesetzgeber seine Bedarfskompetenz dahingehend (rechtmäßig) in Anspruch genommen hat. Es ist daher die Frage, ob es sich um Siedlungsabfälle handelt strikt von der Frage, ob Abfälle andienungspflichtig sind, zu trennen.

2.                Zur Zuordnung von Altspeisefetten und –ölen gemäß AbfallverzeichnisVO

Die Zuordnung eines Abfalls hat gemäß Punkt I.2. der Anlage 1 zur AbfallverzeichnisVO (Allgemeine Zuordnungskriterien) zu jener Abfallart zu erfolgen, die den Abfall in seiner Gesamtheit am besten beschreibt. Hierbei sind die Herkunft sowie sämtliche stoffliche Eigenschaften des Abfalls einschließlich möglicher gefahrenrelevanter Eigenschaften zu berücksichtigen.

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die zu sammelnden Altspeisefette und –öle aus privaten Haushalten stammen und grundsätzlich keine gefahrenrelevanten Eigenschaften aufweisen. Gemäß Anlage 2 zur Abfallverzeichnisverordnung ist die Abfallart daher dem Abfallcode 20 Siedlungsabfälle (Haushaltsabfälle und ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle sowie Abfälle aus Einrichtungen), einschließlich getrennt gesammelter Fraktionen, konkret 20 01 25 Speisefette und –öle, zuzuordnen.

Entsprechend den Besonderen Zuordnungskriterien gemäß Punkt II.10. der Anlage 1 zur AbfallverzeichnisVO ist im Hinblick auf „Abfälle für die biologische Verwertung“ normiert, dass für die Festlegung der Abfallarten im Rahmen einer Genehmigung von Kompostierungs- und Vergärungsanlagen den Abfallgruppen 921 bis 925 der Anlage 5, die Abfallarten der Anlage 2 unter Heranziehung der Qualitätsanforderungen gemäß Kompostverordnung, BGBl. II Nr. 292/2001, in der jeweils geltenden Fassung (im Folgenden: Kompostverordnung idgF) zuzuordnen sind. Gemäß Anlage 5 zur Abfallverzeichnisverordnung, die die ÖNORM S2100 für verbindlich erklärt, erfolgt die Zuordnung zu den jeweiligen Abfallschlüsselnummern.

Es stellt sich daher die Frage, welchem Behandlungsverfahren die gesammelten Abfälle zu unterziehen sind bzw. unterzogen werden sollen. Dementsprechend sieht das Abfallverzeichnis (gemäß Anlage 5) auch unterschiedliche Zuordnungen zu konkreten Abfallschlüsselnummern vor.

Für Altspeisefette und –öle bietet das aktuelle Abfallverzeichnis (ÖNORM S2100) nachstehende mögliche Abfallschlüsselnummerzuordnungen:

12302

Fette (zB Frittieröle)

Schlüssel-Nummer ist nicht zu verwenden für Abfälle zur biologischen Verwertung – hierfür sind die Nummern der Abfallgruppe 92 zu verwenden

92121

Speiseöle und -fette, Fettabscheiderinhalte, rein pflanzlich

zur Vergärung; auch gebrauchtes Öl oder Fett,

sofern ausgeschlossen werden kann,

dass tierische Anteile vorhanden sind;

Materialien, die nach der Kompostverordnung für die Herstellung von Qualitätskompost geeignet sind

92403

Speiseöle und -fette, Fettabscheiderinhalte, tierisch oder tierische Anteile enthaltend

zur

zur Vergärung; Material gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. l der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002; auch gebrauchtes pflanzliches Öl oder Fett, sofern nicht ausgeschlossen werden kann, dass tierische Anteile enthalten sind; Materialien, die nach der Kompostverordnung für die Herstellung von Qualitätskompost geeignet sind; bei Materialien der Kategorie 2 oder 3 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 erforderlichenfalls hitzebehandelt im Einklang mit dieser Verordnung.

Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin als registrierte, befugte Abfallsammlerin die Behandlungsverfahren R13 und D15 angegeben hat, sind sämtliche Abfallschlüsselnummern anwendbar, da eine Lagerung (vor der Verwertung oder Beseitigung der Abfälle) für alle drei Abfallarten möglich ist.

Sofern die von der Beschwerdeführerin gesammelten Altspeisefette und –öle in der Biodieselproduktion zum Einsatz gelangen sollen, so ist – mangels Zutreffen eines biologischen Verwertungsverfahrens – die Abfallschlüsselnummern 12302 zu verwenden.

Den Ausführungen der Antragstellerin (Umweltamt der Stadt Graz), wonach unter den Schlüsselnummern 92121 und 92403 nur Altspeisefett und –öl aus Fettabscheidern (Fettabscheiderinhalte), welche im Gewerbe anfallen, zu verstehen seien, kann nicht gefolgt werden. Die Bezeichnung der Schlüsselnummern nennt neben Speiseölen und –fetten auch Fettabscheiderinhalte, jeweils getrennt durch einen Beistrich. Eine ausschließlich gewerbliche Herkunft dieser Abfälle ist der Abfallbezeichnung ebenso nicht zu entnehmen.

Im Ergebnis wären daher von der Beschwerdeführerin für die gesammelten Altspeisefette und –öle aus privaten Haushalten die Schlüsselnummer 12302 zu verwenden, wenn diese im Rahmen der Biodieselproduktion zum Einsatz gelangen sollen. Sofern diese einem biologischen Verwertungsverfahren zugeführt werden (z.B. Kompostierung, Vergärung) sind die Schlüsselnummern 92121 und 92403 (je nach Zusammensetzung) zu verwenden.

Es ist jedenfalls unzweifelhaft, dass es sich bei den gegenständlichen Abfällen um Siedlungsabfälle handelt (Abfallcode 20 01 25). Dennoch ergibt sich daraus nicht – wie oben bereits ausgeführt – eine unbedingte Andienungspflicht gemäß StAWG. Im Sinne der kompetenzrechtlichen Regelung (Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG) kommen landesgesetzliche Bestimmungen nur in Betracht, wenn der Bundesgesetzgeber seine Kompetenz, eine für das gesamte Bundesgebiet einheitliche Regelung treffen zu wollen, nicht in Anspruch genommen hat.

3.                Zu den bundesgesetzlichen Bestimmungen im AWG:

§ 16 Abs 6 AWG normiert, dass Altspeisefette und –öle getrennt zu sammeln und einem berechtigten Abfallsammler oder –behandler zu übergeben sind. Altspeisefette und –öle sind einer Verwertung zuzuführen, sofern dies ökologisch zweckmäßig und technisch möglich ist und dies nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.

Damit stellt der Bundesgesetzgeber klar, dass auch nicht gefährliche Altspeisefette und –öle getrennt zu sammeln und einem Berechtigten zu übergeben und grundsätzlich einer Verwertung zuzuführen sind.

Wer als berechtigter Abfallsammler oder –behandler anzusehen ist, ergibt sich aus § 24a AWG, wonach eine Erlaubnispflicht zur Sammlung und Behandlung von Abfällen statuiert wird. Bei Einhaltung der Erteilungsvoraussetzungen kann jedermann eine solche Bewilligung erteilt werden – sofern nicht die Ausnahmetatbestände des Abs 2 leg cit zutreffen.

Eine Einschränkung berechtigter Abfallsammler oder –behandler im Sinne des § 16 Abs 6 AWG auf kommunale Einrichtungen, kann dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnommen werden. Es kommt aus Sicht des erkennenden Gerichtes daher die Beschwerdeführerin als mögliche berechtigte Abfallsammlerin bzw. –behandlerin im Sinne des § 16 Abs 6 AWG jedenfalls in Betracht.

Die Beschwerdeführerin ist laut EDM/ZAReg-Abfrage im Besitz der Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung der Schlüsselnummern 92121 und 92403.

Wenn die belangte Behörde ausführt, dass die Bestimmung des § 16 Abs 6 AWG lediglich stoffrechtlich bedingt eine Trennpflicht regle und nicht gegen die Einstufung als Siedlungsabfall spreche, so ist nochmal darauf hinzuweisen, dass die Einstufung als Siedlungsabfall per se nicht unmittelbar zur Andienungspflicht führt. Auch der Begründung, dass § 16 Abs 6 lediglich eine Trennpflicht regelt, kann nicht gefolgt werden. Dem Wortlaut der Bestimmung ist unmissverständlich zu entnehmen, dass die getrennt zu sammelnden Altspeisefette und –öle einem berechtigten Abfallsammler oder –behandler zu übergeben sind und – unter Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit – einer Verwertung zuzuführen sind. Von einer ausschließlichen Trennpflicht kann daher nicht die Rede sein.

Gemäß § 6 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) darf einem Gesetz in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als jener, der aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorgeht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch im öffentlichen Recht bei einer Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind. Nach § 6 ABGB darf Gesetzen in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als den, welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Diese Bestimmung verweist somit zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Dabei ist grundsätzlich zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Dafür müssen die objektiven, jedermann zugänglichen Kriterien des Verständnisses statt des subjektiven Verständnishorizonts der einzelnen Beteiligten im Vordergrund stehen. Die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art. 18 B-VG bewirkt einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm. Dies bedeutet bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter "korrigierender Auslegungsmethoden" (vgl. näher VwGH 23.2.2001, 98/06/0240).

Bereits aus dem Wortsinn der Regelung des § 16 Abs 6 AWG ergibt sich eindeutig, dass jeder befugte Abfallsammler oder –behandler berechtigt ist, Altspeisefette und –öle zu übernehmen. Eine mengenmäßige Beschränkung ist dieser Bestimmung ebenso nicht zu entnehmen. Es erübrigt sich daher, auf weitere Interpretationsmethoden zurückzugreifen, zumal der Wortlaut der Bestimmung unmissverständlich ist.

Zudem hat der Bundesgesetzgeber auch Verwaltungsstraftatbestände im Zusammenhang mit Übertretungen des § 16 Abs 6 AWG normiert. Bei Zuwiderhandlungen gegen § 16 Abs 6 AWG sind die §§ 79 Abs Z 6, Abs 5 und Abs 5a AWG anzuwenden.

Das Landesverwaltungsgericht hegt auch keine Zweifel an einer rechtmäßigen Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz des Bundes. Den Erläuterungen zum AWG ist zu entnehmen, „dass die Bedarfsgesetzgebung des Bundes für nicht gefährliche Abfälle hinsichtlich der Ziele und Grundsätze, der sonstigen allgemeinen Bestimmungen, der Abfallvermeidung- und -verwertungsbestimmungen, der Behandlungspflichten, der Aufzeichnungspflichten, der Registrierungs- und Meldepflichten für Abfallsammler und –behandler, der Einrichtung und Führung von elektronischen Registern, der Berechtigung zur Sammlung und Behandlung, der Sammel und Verwertungsysteme, des Anlagenrechts, der Verbringung, der Behandlungsaufträge und der Kontrolle gegeben ist. Im Hinblick auf ein bundesweit einheitliches Schutzniveau der Umwelt, gleicher Bedingungen hinsichtlich der Erwerbsausübung und des Wettbewerbs und im Hinblick auf den Warenverkehr in einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet Österreich ist die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der Bedarfskompetenz für die angeführten Bereiche gegeben (vgl. auch die Gesetzesmaterialien zum AWG 1990, Nr. 1274 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVII. GP, Seite 27). Die Zusammenführung zahlreicher Regelungsbereiche betreffend gefährliche und nicht gefährliche Abfälle trägt den Notwendigkeiten in der Praxis Rechnung.

In diesem Zusammenhang wird auch auf andere bundesgesetzliche Regelungen betreffend Altspeisefette und –öle („Rohstoffe“) hingewiesen, wonach ein Bedarf bundeseinheitlicher Regelungen zur Sicherung der Energieversorgung nachvollziehbar angenommen werden kann (z.B. § 3 Abs 2 Z 4 lit b Erdölbevorratungsgesetz 2010, BGBl I Nr. 78/2012 idF BGBl. I Nr. 17/2020; Biokraftstoffbevorratungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 283/2007).

4.                Zu den landesgesetzlichen Regelungen (StAWG)

§ 3 StAWG normiert ausdrücklich, dass dieses Gesetz nicht anzuwenden ist, soweit bundesgesetzliche Bestimmungen entgegenstehen.

Wenn nun – wie § 16 Abs 6 AWG – ausdrücklich eine Übergabe von Altspeisefetten und –ölen an alle berechtigten Abfallsammler und –behandler eröffnet, würde eine Andienungsverpflichtung an die Gemeinden im Sinne des § 6 Abs 1 StAWG der bundesgesetzlichen Bestimmung unzweifelhaft entgegenstehen.

In diesem Sinne enthält das StAWG auch keine Regelung hinsichtlich der Sammlung und Abfuhr von Altspeisefetten und –ölen. Daran kann auch die bloß demonstrative Aufzählung von getrennt zu sammelnden verwertbaren Siedlungsabfällen in § 4 Abs 4 Z 1 StAWG nichts ändern, würde doch eine Subsumtion von Altspeisefetten und –ölen unter die vorgenannte Bestimmung – wie bereits oben ausgeführt – der bundesgesetzlichen Regelung entgegenstehen und wäre im Sinne des § 3 StAWG unanwendbar.

5.                Zur Abfuhrordnung der Stadt Graz 2006 (Grazer AbfO) und zur Praxis:

Gemäß § 11 StAWG hat die Gemeinde auf der Grundlage des regionalen Abfallwirtschaftsplanes gemäß § 15 StAWG über die Besorgung der öffentlichen Abfuhr eine Abfuhrordnung zu erlassen. Wenn auch das Landesverwaltungsgericht von einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die verfahrensgegenständlichen Abfälle ausgeht, so lohnt es sich dennoch einen Blick in die AbfO der Stadt Graz und die wohl „bewährte“ Praxis (siehe dazu auch die Erläuterungen zum AWG 2002 zu § 16 Abs 6: „In Abs 6 wird die getrennte Sammlung für Altspeisefette und –öle normiert. Es wird davon ausgegangen, dass die bewährte Sammlung der Altspeisefette und –öle auch weiterhin aufrechterhalten wird.“) zu werfen.

Gemäß § 5 Abs 1 letzter Satz der Grazer AbfO sind Altspeisefette und –öle, die vom jeweiligen Besitzer/von der jeweiligen Besitzerin an den von der Landeshauptstadt Graz dafür eingerichteten stationären als auch mobilen Sammelstellen abzugeben.

Selbst wenn man nach dieser Diktion annehmen könnte, dass die Abfuhrordnung der Stadt Graz hier eine Andienungspflicht normieren will, so ist dem entgegen zu halten, dass auch im Hinblick auf „Problemstoffe“, die zweifelsohne als gefährliche Abfälle nicht dem Regime des StAWG unterliegen sondern gemäß § 28 AWG die Gemeinden lediglich Abgabemöglichkeiten schaffen müssen, gemäß § 2 des Anhanges zur Grazer AbfO dieselbe Diktion verwendet wird: „Problemstoffe sind vom jeweiligen Besitzer/von der jeweiligen Besitzerin an den von der Landeshauptstadt Graz dafür eingerichteten stationären als auch mobilen Sammelstellen abzugeben.“ Eine Andienungspflicht für Problemstoffe besteht zweifellos nicht, steht es doch den Abfallbesitzern frei, Problemstoffe auch bei anderen Abgabestellen (z.B. in Batterienboxen im Lebensmittelhandel) abzugeben. Es ist daher auch eine Andienungspflicht aus der Diktion des § 5 Abs 1 letzter Satz Grazer AbfO für Altspeisefette und –öle nicht unbeding

Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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