Entscheidungsdatum
15.07.2021Index
83 Naturschutz UmweltschutzNorm
ALSAG 1989 §10Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Ebner-Steffler über die Beschwerde der A B GmbH, vertreten durch C D Rechtsanwälte GmbH, M, W, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom 09.04.2021, GZ: 2021-0.231.254,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Vorverfahren:
1. Mit Antrag vom 14.05.2014 begehrte der Bund als Abgabengläubiger, vertreten durch das Zollamt Graz, die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 Abs 1 Z 1, 2, 3 und 4 Altlastensanierungsgesetz (im Folgenden ALSAG) betreffend die bei der Stahlerzeugung im Werk der A B GmbH im Zeitraum 01.01.2008 bis 30.03.2011 angefallenen LD-Schlacken und deren Lagerung, welche auf dem Grundstück Nr. xxx, KG D, vorgenommen wird.
1.1. Begründend führt die Antragstellerin aus, dass es zweifelhaft sei, ob derartige Produktionsrückstände Abfälle im Sinne des AWG darstellen oder Rückstände von vornherein den Abfallbegriff nicht erfüllen würden, weil deren Wiederverwendung als Fortsetzung des ursprünglichen Gewinnungsverfahrens beabsichtigt und gewiss sei, und für diese auch keine weitere Bearbeitung der Rückstände (Nebenprodukt) erforderlich sei.
1.2. Es stelle sich die begründete Zweifelsfrage, ob die gegenständliche LD-Schlacke im genannten Zeitraum Abfall sei, da der subjektive und/oder objektive Abfallbegriff erfüllt sein könnte, oder ob es sich um ein Nebenprodukt gemäß § 2 Abs 3a AWG (allerdings erst seit dem 16.02.2011 in Kraft) handle.
1.3. Es sei dabei auch zu berücksichtigen, zu welchem Zeitpunkt die LD-Schlacke zum Abfall werde (bereits beim Herstellungsprozess im Werk selbst oder erst nach bestimmten Verarbeitungsschritten wie zB. dem „Ausblühen“). Zu beachten sei auch, ob ein Erreichen eines allfälligen Abfallendes gemäß § 5 Abs. 1 letzter Satz AWG durch die „Vorbereitung zur Wiederverwendung iSv § 2 Abs 5 Z 6 AWG mit dem Abschluss des Verwertungsverfahrens“ (Aufbereitung der LD-Schlacke) zu tragen komme. Anzumerken sei auch, dass es für den verfahrensgegenständlichen Antragszeitraum keinen Befreiungstatbestand nach dem ALSAG gebe. § 3 Absatz 1a Z 11 ALSAG sei erst mit 31.03.2011 in Kraft getreten.
1.4. In weiterer Folge sei - bei Abfallbejahung - zu klären, ob dieser dem Altlastenbeitrag unterliege und ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege. Es stelle sich dabei die konkrete Frage, ob beim Lagern der LD-Schlacke zum „Ausblühen“ oder nach dem „Ausblühen“ eine beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen werde. Nach Kenntnis des Zollamtes Graz finde ein Eigentumsübergang der LD-Schlacke von der A B GmbH auf die E F GmbH erst nach dem „Ausblühen“ statt.
1.5. Sachverhaltsmäßig führt die Antragstellerin zum Prozessablauf aus, dass nach Herstellung der LD-Schlacke (Ausgangsmaterial) im Werk selbst diese mittels LKW in ein „Vorlager“, welches zum Betriebsgelände der gewerberechtlich genehmigten Aufbereitungsanlage gehöre, verbracht werde. Diese gewerberechtliche Genehmigung für diese Betriebsanlage wurde der H I GmbH, L erteilt. Vom Vorlager gelange das Ausgangsmaterial in den Vorbrecher und von dort als zerkleinertes Material über ein Fließband in die eigentliche Sortieranlage, wo es je nach Ausgangsmaterial und gewünschter Korngröße die entsprechenden Stufen der Aufbereitung durchlaufe und in Boxen sortenrein zwischengelagert werde. Die LD Schlacke müsse vor der Verarbeitung „ausblühen“ (Abscheiden eines Teiles, des in ihr enthaltenen Kalks an der Oberfläche). Zum „Ausblühen“ werde die Schlacke für ca. 6 Monate auf Halde (Freilager) gelegt, kontrolliert bewässert und danach zu sortenreinen Splitten verarbeitet. Erst nach der Aufbereitung der LD-Schlacke bzw. nach dem „Ausblühen“ finde ein Eigentumsübergang der LD-Schlacke von der A B GmbH im jenes der E F GmbH (Anlageninhaberin des Vorlagers) statt.
2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 23.09.2015, zu GZ: BHLN-15853/2015-18, wurde der Antrag der Republik Österreich, vertreten durch das Zollamt Graz vom 14.05.2014 wegen örtlicher Unzuständigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung zurückgewiesen.
Über die dagegen erhobene Bescheidbeschwerde des Bundes, Zollamtes Graz, vom 21.10.2015 hat das Landesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20.03.2017, GZ: LVwG 46.1-3133/2016-26, den bekämpften Bescheid vom 23.09.2015 behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG zurückverwiesen.
3. Im fortgesetzten Verfahren hat die Bezirkshauptmannschaft Leoben einen abfalltechnischen Amtssachverständigen dem Verfahren beigezogen und um fachliche Beurteilung zu den Fragen, ob es sich bei den gegenständlichen LD Schlacken um Abfall handelt, ob die LD-Schlacken dem Altlastenbeitrag unterliegt bzw. ob bei der Lagerung zum „Ausblühen“ bzw. nach dem „Ausblühen“ eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt und welcher Abfallkategorie vorliegt, ersucht.
3.1. Dazu wurde vom abfalltechnischen Amtssachverständigen das Fachgutachten vom 17.07.2020 erstattet.
3.2. Im Rahmen des Parteiengehörs haben die mitbeteiligte Partei E F GmbH und die Antragstellerin (Bund, Zollamt Graz) Stellungnahmen erstattet. Die Antragstellerin teilt mit, dass Befund und Gutachten des ASV vom 17.07.2020 sich als schlüssig und nachvollziehbar erweisen und zur Kenntnis genommen werden.
4. In der Folge ist der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 11.02.2021, GZ: BHLN-15853/2015-59, ergangen und wurde unter Spruchpunkt I festgestellt, dass die bei der Stahlerzeugung im Werk der A B GmbH im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.03.2011 angefallene LD-Schlacken und deren Lagerung nicht als Abfall anzusehen sind. Unter Spruchpunkt II wurde festgestellt, dass die im Spruch I genannten Schlacken nicht dem Altlastenbeitrag unterliegen und unter Spruchpunkt III wurde festgestellt, dass bei der Lagerung der im Spruch I angeführten Schlacken zum „Ausblühen“ bzw. nach dem „Ausblühen“ keine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt.
Begründend stützte sich die Behörde in erster Linie auf die fachliche Beurteilung des beigezogenen abfalltechnischen Amtssachverständigen und schloss daraus, dass die angefallene LD-Schlacke keinen Abfall darstelle, folglich diese nicht dem Altlastenbeitrag unterliege und bei der Lagerung keine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege. Ein Ausspruch zur Frage der Abfallkategorie sei nicht erforderlich.
II. Beschwerdegegenstand und Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
5. Mit nunmehr bekämpften Bescheid der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (im Folgenden kurz: BMK) vom 09.04.2021 wird der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 11.02.2021 gemäß § 10 Abs 2 ALSAG aufgehoben.
5.1. Begründend führt die belangte Behörde – gestützt auf die fachliche Beurteilung des beigezogenen Amtssachverständigen für Chemie und Abfallwirtschaft Mag. J K, vom 28.02.2021 – aus, dass die den Spruchteil I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Leoben betreffende Frage, ob Abfall vorliegt, „derzeit zu bejahen [ist], da der Feststellungsbescheid nicht fachlich nachvollziehbar begründet ist“. Folglich sei auch der Spruchteil II „aus ho. Sicht derzeit nicht nachvollziehbar“. Im Zusammenhang mit Spruchteil III stelle der beigezogene Amtssachverständige Mag. J K zur Frage, ob bei der Lagerung zum „Ausblühen“ bzw. nach dem „Ausblühen“ keine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege, fest, dass diese Frage „aus ho. Sicht nicht eindeutig zu beantworten [ist]“.
5.2. Aus fachlicher Sicht seien im Bescheid die gemäß § 2 Abs 3a Z 1 – 4 AWG 2002 geforderten Kriterien nicht nachvollziehbar begründet, nämlich inwieweit die tatsächliche Verwertung (und welche Art der Verwertung) sichergestellt sei, ob die gegebenenfalls mehrjährige Bewitterung ein übliches industrielles Verfahren darstelle und ob bei der beabsichtigten Verwendung keine Schutzgüter beeinträchtig und alle einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten werden. Im Spruchteil III werde nicht definiert, inwieweit die Lagerung der Schlacke zum „Ausblühen“ des Freikalkgehaltes als (chemisch-physikalische) Behandlung angesehen werden müsse und ab welchem Zeitpunkt diese Behandlung als beendet anzusehen sei und eine Lagerung der zur Verwertung bestimmten Schlacke beginne. Es würden Ermittlungen zur Frage fehlen, eine Lagerung der Schlacken vor der Verwertung über mehr als drei Jahre ausgeschlossen sei.
5.3. Insofern habe das BMK von der Möglichkeit der Aufhebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 11.02.2021 gemäß § 10 Abs 2 Satz 2 ALSAG Gebrauch gemacht.
6. Dagegen richtet sich die rechtzeitige und in zulässiger Weise vorliegende Bescheidbeschwerde der A B GmbH, mit der im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wird:
? Aufhebung eines rechtskräftigen Feststellungsbescheides
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 11.02.2021 sei gegenüber der E F GmbH sowie gegenüber der Beschwerdeführerin ergangen. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid durch den Bund, vertreten durch das Zollamt Graz sei nicht erhoben worden. Die belangte Behörde habe die Stellungnahme des beigezogenen Amtssachverständigen Mag. J K vom 28.02.2021 im Rahmen des Parteiengehörs an die Beschwerdeführerin, nicht jedoch an die E F GmbH übermittelt. In weiterer Folge sei der nunmehr angefochtene Bescheid vom 09.04.2021 auch nur gegenüber der Beschwerdeführerin, nicht aber auch gegenüber der E F GmbH erlassen worden. Folglich sei der Feststellungsbescheid der BH Leoben gegenüber der E F GmbH mit Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft erwachsen. Es bestehe daher kein weiterer Ermittlungsbedarf zumal bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliege. Eine allfällige Fortsetzung des Verfahrens durch die BH Leoben würde dem Grundsatz der entschiedenen Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG entgegenstehen.
? Beschwerdeführerin sei nicht die in Betracht kommende Beitragsschuldnerin
Gegenstand des Feststellungsverfahrens sei die Lagerung der LD-Schlacken im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.03.2011 auf dem Grundstück Nr. xxx, KG D und deren rechtliche Qualifikation. Bewilligungsinhaberin des auf dem vorgenannten Grundstück befindlichen Vorlagers sei die H I GmbH in U, die die einzige Gesellschafterin der E F GmbH sei. Parteistellung in einem Feststellungsverfahren gemäß § 10 ALSAG habe der in Betracht kommende Beitragsschuldner und der Bund, vertreten durch das jeweilige Zollamt. Beitragsschuldner sei gemäß § 4 Abs. 1 Ziffer 1 ALSAG der Inhaber einer Anlage, in der eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 1 bis 3a ALSAG vorgenommen werde. Die Lagerung der verfahrensgegenständlichen LD-Schlacken erfolgen der Anlage der E F GmbH und sei diese damit in Betracht kommende Beitragsschuldnerin im Sinne des § 4 iVm § 10 ALSAG. Gegenüber der Beschwerdeführerin könne daher keine Beitragspflicht ausgesprochen werden.
? Verjährung
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Lagerung der LD-Schlacken im Zeitraum von 01.01.2008 bis 31.03.2011. Gemäß § 7 ALSAG würde im Falle einer Beitragspflicht die Beitragsschuld mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen worden sei, entstehen, sohin spätestens mit Ablauf des 31.03.2011. Gemäß § 207 Abs. 2 BAO sei die Festsetzung des Altlastensanierungsbeitrages nach Ablauf von 5 Jahren nicht mehr möglich, der Abgabenanspruch sei verjährt. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall auch die 10-jährige absolute Verjährungsfrist des § 209 Abs. 3 BAO abgelaufen. Der angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig, da er auf die Absprache bzw. Fortführung des Verfahrens über eine allfällige Beitragspflicht hinsichtlich verjährter Altlastenbeiträge abziele.
? Zur Frage einer allfälligen Abfalleigenschaft der LD-Schlacken
Die belangte Behörde habe entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 ALSAG den Feststellungsbescheid der BH Leoben aufgehoben. Als Begründung stützte sich die belangte Behörde auf die Stellungnahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen Mag. Moser, der im Wesentlichen zum Ergebnis komme, dass der Feststellungsbescheid im Hinblick auf das Vorliegen der Nebenprodukteeigenschaft im Sinne des § 2 Absatz 3a AWG fachlich nicht nachvollziehbar begründet sei. Zudem können nicht eindeutig beantwortet werden, ob die Lagerung der verfahrensgegenständlichen Schlacken zum bzw. nach dem „Ausblühen“ eine beitragspflichtige Tätigkeit darstelle. Spruchpunkt I des Feststellungsbescheides impliziere, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen LD-Schlacken um ein Nebenprodukt handle. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei die Begründung der BH Leoben für die Nebenprodukteeigenschaft im Sinne des § 2 Absatz 3a AWG und folglich die Nichtabfalleigenschaft der vorliegenden LD-Schlacken vollständig und schlüssig. Dies aus folgenden Gründen:
? Sicherheit der Weiterverwendung gemäß § 2 Absatz 3a Ziffer 1 AWG 2
Im Feststellungsbescheid werde auf die vom beigezogenen abfalltechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung verwiesen und gehe eindeutig daraus hervor, dass die verfahrensgegenständliche LD-Schlacken für den Einsatz im Straßen- und Ingenieurbau verwendet werden und, dass für deren Einsatz ein Qualitätssicherungssystem vorliege, aus dem hervorgehe, dass durch die Verwendung der LD-Schlacken keine öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG beeinträchtigt werden, die Verwendung daher zulässig sei. Die belangte Behörde übersehe, dass der Amtssachverständige des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung seinem Gutachten zahlreiche Unterlagen zugrunde gelegt habe, unter anderem auch die Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertreterin der E F GmbH vom 07.11.2014. Dieser Stellungnahme sei eindeutig zu entnehmen, dass die E F GmbH gesicherte Abnehmerin der LD-Schlacke Beschwerdeführerin sei (Unternehmensgegenstand der E F GmbH ist die Produktion von LD-Splitten aus den LD-Schlacken der Beschwerdeführerin) und diese auch die LD Schlacken übernommen habe. Die E F GmbH sei daher Abnehmerin der von der Beschwerdeführerin produzierten LD-Schlacken. Die verfahrensgegenständlichen LD-Schlacken würden zu rund 99 % der E F GmbH übergeben werden, die diese zu LD-Splitt aufbereitete und schließlich im Straßenbau verwende. Die restlichen 1 % entfalle auf rückgeführte Fe-Fraktionen, dem Hüttenwerk eingesetzt worden seien. Zu Recht sei man daher zum Ergebnis gelangt, dass die LD Schlacken gesichert verwendet werden würden.
? Direkte Verwendung gemäß § 2 Absatz 3a Ziffer 2 AWG
Wenn die belangte Behörde behaupte, dass im Feststellungsbescheid nicht nachvollziehbar begründet sei, dass die mehrjährige Bewitterung der LD-Schlacken ein übliches industrielles Verfahren darstelle, übersehe sie, dass der Amtssachverständige der Steiermärkischen Landesregierung für seine Beurteilung die in der Stellungnahme ausdrücklich angeführten Unterlagen heranziehe, insbesondere die Mitteilung der Beschwerdeführerin vom 03.10.2018 betreffend die rechtliche Qualifikation der Bewitterungsphase von LD-Schlacken. Unter Verweis auf die Leitentscheidung des VwGH vom 30. Juni 2016, 2013/07/0095, werde im Feststellungsbescheid schlüssig dargelegt, dass die Bewitterung der verfahrensgegenständlichen LD-Schlackenteil des Herstellungsprozesses sei und somit noch keinen Verarbeitungsschritt im Sinne des § 2 Absatz 3a Ziffer 2 darstelle. Dies decke sich mit der Rechtsprechung des VwGH wonach unter einer weiteren „Verarbeitung“ nicht der bloße Einfluss von Umgebungsluft und Witterung verstanden werden könne (VwGH 27.11.2019, Ra 2018/05/0271), sodass die Bewitterung keinen Verarbeitungsschritt im Sinne der 2 darstelle. Nach Abschluss der Bewitterung werde die LD Schlacke lediglich zur bautechnischen Verwendung aufbereitet, gesiebt und auf bestimmte Korngrößen gebrochen. Das Brechen und Sieben stellen Verfahren dar, die auch bei Primärprodukt üblich und daher nicht abfallspezifisch seien. Die Verwendung der LD-Schlacken erfolge im Ingenieur- und Straßenbau sohin ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren im Sinne des § 2 Absatz 3a Ziffer 2 AWG hinausgehe.
? Integraler Bestandteil des Herstellungsverfahrens (§ 2 Absatz 3a Z 3 AWG)
Die belangte Behörde sei zu Unrecht der Auffassung, dass die Bewitterung der LD-Schlacke nicht Teil des LD-Prozesses sei. Die LD-Schlacken würden im Rahmen der Produktion von Stahl und daher als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses anfallen. Nach Abkühlung der Schlacken beginne der Prozess des „Abwitterns“. Erst wenn die LD-Schlacke eine gewisse Zeit lang „abgewittert“ worden sei, gelte sie als „raumbeständig“. Diese Raumbeständigkeit werde in eingängigen Normen, in denen Stahlwerkschlacke als Baustoff erwähnt sei, gefordert und mit einem Grenzwert versehen (zum Beispiel Ö-Norm B3132 bzw. Ö-Norm EN13242). Auch im Falle einer allfälligen Deponierung müsse die LD Schlacke einer Abwitterung ausgesetzt werden, um volumenbeständig zu sein – andernfalls die Standfestigkeit des Deponiekörpers gefährdet werden würde. Die Bewitterung der LD-Schlacke sei somit erforderlich, um die für eine Verwertung, aber auch für eine Beseitigung erforderliche Qualität zu erreichen. Die Bewitterung stelle ein für Schlacken übliches Verfahren dar und sei dieser Sichtweise auch der VwGH gefolgt.
Dem BVT-Merkblatt für Eisen und Stahlerzeugung der europäischen Kommission sei zu entnehmen, dass die Bewitterung Teil des Herstellungsprozesses sei. Das BVT-Merkblatt erachte sogar die anschließende Aufbereitung der Schlacke zur bautechnischen Verwendung als Teil des Herstellungsprozesses (BAT Reference Document for Iron and Steel Production, 2013, S 356 und S 360). Die Frage, ob die LD-Schlacke ein Nebenprodukt sei, sei überhaupt erst nach Abschluss des Bewitterungsprozesses, welcher noch zum Herstellungsprozess zähle, zu stellen. Unter Verweis auf eine Entscheidungsanmerkung verfasst von HR Bumberger, in RdU 2017/157, S 225ff, werde ausdrücklich festgehalten, dass vorgelagerte typische Behandlungsverfahren die Abfalleigenschaft nicht begründen könnten; vielmehr könne das Schlackenmaterial unter dem Gesichtspunkt seiner Verwendung für den jeweiligen Zweck als Nebenprodukt angesehen werden.
? Zulässige Verwendung gemäß § 2 Abs 3a Z 3 AWG
Zu Unrecht sei die belangte Behörde der Auffassung, dass im Feststellungsbescheid der BH Leoben nicht nachvollziehbar begründet werde, dass bei der beabsichtigten Verwendung der LD-Schlacken keine Schutzgüter durch die Verwendung beeinträchtigt und alle einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten würden. Der Amtssachverständige des Landes sei – auf Beurteilungsgrundlage der von der Beschwerdeführerin übermittelten Beschreibungen zur Qualitätssicherung betreffend Erzeugung von qualitätsgesicherter Konverterschlacke in den Jahren 2008 bis 2013 vom 05.05.2020 – in nachvollziehbarer Weise zum Ergebnis gelangt, dass für die verfahrensgegenständlichen LD-Schlacken ein geeignetes Qualitätssicherungssystem für die relevanten chemischen und bauphysikalischen Parameter vorgelegen sei und die Verwendung der gegenständlichen LD-Schlacken mangels negativer Auswirkungen auf Schutzgüter im Sinne des § 1 Abs 3 AWG zulässig gewesen sei.
Im Ergebnis sei daher die BH Leoben in zutreffender Weise zum Schluss gekommen, dass die gegenständliche LD-Schlacken Nebenprodukte und keine Abfälle darstellen würden.
? Zur Frage, ob die verfahrensgegenständlichen LD-Schlacken dem Altlastenbeitrag unterliegen
Diese Frage stelle sich grundsätzlich gar nicht, zumal der Altlastenbeitrag gemäß § 3 ALSAG das Vorliegen von Abfällen voraussetze, diese aber wie unter Punkt 4.1.4. der Beschwerde dargelegt, nicht vorliegen würden. Die Bewitterung sei Teil des Herstellungsprozesses und stelle sich die Frage einer Nebenprodukte- oder allfälligen Abfalleigenschaft erst nach Abschluss des Bewitterungsprozesses. Ein beitragspflichtiger Tatbestand könnte frühestens nach Abschluss des Bewitterungsprozesses verwirklicht werden. Der in Frage stehende Beitragstatbestand sei „das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung“ gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit b ALSAG. Dieser Tatbestand sei aber – wie folgt – nicht erfüllt:
? Zur Frage, ob die Lagerung zum „Ausblühen“ bzw. nach dem „Ausblühen“ allenfalls eine beitragspflichtige Tätigkeit darstellt
Die belangte Behörde vergleiche die Bewitterung der LD-Schlacken mit der Lagerung von biologisch abbaubaren Abfällen in einer Kompostmiete als biologische Behandlung. Ein solcher Vergleich sei verfehlt, da die Bewitterung als Teil des Herstellungsprozesses zu betrachten sei und nicht als Behandlungsmaßnahme. Der Amtssachverständige des Landes führt explizit aus, dass die „Bewitterung nicht als Lagerung von Abfällen angesehen werden kann“. Aus diesem Grund könne erst mit Ende der Bewitterungsphase – also mit Ende des Herstellungsprozesses, Feststellungen über eine allfällige Abfalleigenschaft oder Nebenprodukteigenschaft der LD-Schlacken getroffen werden. Folglich könne eine allfällige Beitragspflicht für die Lagerung erst nach Abschluss der Bewitterungsphase beginnen. Die Dauer der Bewitterungsphase sei abhängig von prozesstechnischen und lokalen Gegebenheiten. Bei der Bewitterung werde die flüssige Schlackenphase gezielt mit Wasser und Umgebungsluft in Kontakt gebracht und würden dabei verschiedene Mineralphasen entstehen. Einige Phasen würden in Sekunden entstehen, andere teils mehrere Jahre benötigen, bis die normierten Qualitätsanforderungen erreicht seien. Erst ab Erreichen eines Freikalkgehaltes < 5 % sei eine Freigabe der LD-Schlacke zum Versand als Baustoff möglich. Im Regelfall sei von einer mindestens 1,4 jährigen Bewitterungsdauer auszugehen.
Daraus ergebe sich, dass die im antragsgegenständlichen Zeitraum 01.01.2008 – 31.03.2011 angefallene LD-Schlacken frühestens ab dem 01.05.2009 unter das Abfallregime fallen könnten; zugleich stehe fest, dass die ab 31.11.2009 angefallenden LD-Schlacken bis zum 31.03.2011 noch nicht Abfall sein konnten. Folglich könnten nur Schlackenfraktionen, die sich zwischen 01.05.2009 und 31.11.2009 auf dem Grundstück Nr. xxx KG D befunden haben, als Abfall qualifiziert werden. Damit stehe allerdings fest, dass keine Schlackenfraktion länger als 3 Jahr gelagert gewesen sein könne. Selbst unter der Annahme der Abfalleigenschaft wäre daher die zulässige 3-jährige Lagerdauer vor der Verwertung nicht überschritten worden. Zudem sei den von der Beschwerdeführerin übermittelten Unterlagen vom 03.10.2018 ersichtlich und vom Amtssachverständigen auch bestätigt, dass „bei dem angeführten Abbau der Schlacken aus dem Zischenlager nach dem „first in, first out“ Prinzip eine Lagedauer von über 3 Jahren vor der Verwertung auszuschließen ist“. Im Ergebnis scheide daher eine Beitragspflicht der Schlackenlagerung auf Grundstück Nr. xxx KG D im antragsgegeständlichen Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2011 aus.
? Zur Frage unter welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs 1 ALSAG die verfahrensgegenständlichen LD-Schlacken allenfalls fallen
Der Amtssachverständige habe ausgeführt, dass im Fall einer Beitragspflicht von der Abfallkategorie „alle übrigen Abfälle“ gemäß § 6 Abs 1 ALSAG auszugehen sei. Die Beschwerdeführerin hält nochmal fest, dass sich die Frage nach der Abfallkategorie im gegenständlichen Verfahren nicht stelle, zumal die LD-Schlacken keine Abfälle darstellen würden bzw. keine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs 1 ALSAG vorliege.
Nichtsdestotrotz sei auf die Ausführungen des Amtssachverständigen zu erwidern, dass LD-Schlacken unter den Voraussetzungen des § 10b Deponieverordnung 2008 (DVO), insbesondere bei Einhaltung der Qualitätsklasse D gemäß RBV, auf einer Baurestmassendeponie abgelagert werden dürften. Diese Sonderbestimmung erlaube eine Ablagerung von LD-Schlacken und Elektroofenschlacken ohne analytische Untersuchung auf einer Baurestmassendeponie. Es wäre systemwidrig anzunehmen, dass § 10b DVO ohne Auswirkungen für die Beitragshöhe gemäß ALSAG – insbesondere bei Beurteilung der Abfallkategorie gemäß § 6 Abs 1 ALSAG bliebe. Umso mehr als § 3 Abs 1a Z 11 ALSAG ausdrücklich eine Ausnahme von der Beitragspflicht vorsehe. Es wäre folgewidrig, würde der Gesetzgeber den Einsatz von qualitätsgesicherten Stahlwerkschlacken im Straßen- und Ingenieurbau gleich wie Recycling-Baustoffe durch eine Ausnahmeregelung fördern wollen, andererseits im Falle einer beitragspflichtigen Lagerung von qualitätsgesicherter Stahlwerksschlacken, diese der höchsten Beitragskategorie gemäß § 6 Abs. 1 ALSAG („alle übrigen Abfälle“) zuzuordnen, obwohl die DVO die Ablagerung von qualitätsgesicherten LD-Schlacken auf Baurestmassendeponien bei Einhaltung der Voraussetzungen des § 10b ausdrücklich zulasse. Es sei daher davon auszugehen, dass qualitätsgesicherte LD-Schlacken, die auf einer Baurestmassendeponie abgelagert werden dürfen, im Falle einer Beitragspflicht aufgrund der Überschreitung der zulässigen Lagerdauer von 3 Jahren vor der Verwertung, der Abfallkategorie gemäß § 6 Abs 1 Z 1 lit. c ALSAG zuzuordnen wäre.
? Verletzung von Verfahrensvorschriften
Hätte die belangte Behörde die vorgelegten Beweise rechtsrichtig und sachadäquat gewürdigt, hätte sie feststellen müssen, dass die Bewitterung integraler Bestandteil des Herstellungsprozesses sei und die LD-Schlacken gesichert weiterverwendet würden.
7. Die Beschwerdeführerin beantragt in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung in der Sache selbst sowie die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.
8. Am 24.06.2021 hat eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung der Parteien und Beteiligten statt. DI L M wurde vom Verwaltungsgericht als abfalltechnische Amtssachverständige mit dem Auftrag, sein Gutachten vom 17.07.2020 zu erläutern und allenfalls auch zu ergänzen, beigezogen (mündlich verkündeter Bestellungsbeschluss).
9. Im Anschluss daran wurde die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes mündlich verkündet und niederschriftlich dokumentiert. Innerhalb offener Frist wurden vom Beschwerdeführer und von der belangten Behörde schriftliche Ausfertigungen des Erkenntnisses begehrt.
III. Sachverhalt:
10. Antragsgemäß umfasst das Feststellungsverfahren umfänglich die bei der Stahlerzeugung im Werk der A B GmbH im Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2011 angefallenen LD-Schlacken und deren Lagerung, welche auf dem Grundstück Nr. xxx, KG D, vorgenommen wurde (Antrag des Bundes, vertreten durch das Zollamt Graz, vom 14.05.2014).
11. Zweifelsfrei steht dazu fest, dass die absolute Verjährung gemäß § 209 ABs 3 BAO (10-Jahreszeitraum) hinsichtlich einer allfälligen Beitragsschuld für die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum angefallenen und (auch zum bzw. nach dem Ausblühen) gelagerten LD-Schlacken eingetreten ist.
IV. Beweiswürdigung:
12. Der entscheidungsmaßgebende Sachverhalt hinsichtlich Eintrittes der Verjährung stützt sich auf die Aussage der Vertreterin der mitbeteiligten Partei (Bund, vertreten durch das Zollamt Graz) in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Demnach konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2011 die absolute Verjährung gemäß § 209 Abs 3 BAO (10-Jahreszeitraum) bereits eingetreten ist. Dem wurde auch von den übrigen Parteien und Beteiligten im Beschwerdeverfahren nichts entgegengehalten.
V. Rechtliche Beurteilung:
13. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Altlastensanierungsgesetzes ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten, dass im Verfahren nach § 10 Abs 1 AlSAG jene materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden sind, die im Zeitpunkt der Verwirklichung des möglicherweise beitragspflichtigen Sachverhaltes gegolten haben (vgl. VwGH vom 31.03.2016, 2013/07/0156). Dem Feststellungsantrag des Bundes, vertreten durch das Zollamt Graz, zu Folge ist der Feststellungszeitraum mit 01.01.2008 bis 31.03.2011 umfänglich begrenzt.
14. Die verfahrensrechtrechtliche Bestimmung des § 10 ALSAG, BGBl. Nr. 299/1989, in der bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2019 lautet:
„Feststellungsbescheid
§ 10
(1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,
1. ob eine Sache Abfall ist,
2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,
3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,
4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs.1 vorliegt,
5. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs.2 oder 3 nicht anzuwenden,
6. welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs.4 vorliegt.
(2) Der Bescheid samt einer Kopie der Akten des Verwaltungsverfahrens ist unverzüglich an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu übermitteln. Unbeschadet des §68 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr.51, kann ein Bescheid gemäß Abs.1 vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft innerhalb von sechs Wochen nach Einlangen abgeändert oder aufgehoben werden, wenn
1. der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde oder
2. der Inhalt des Bescheides rechtswidrig ist.
Die Zeit des Parteiengehörs ist nicht in die Frist einzurechnen.
(3) Verfahrensparteien gemäß § 8 AVG sind der Beitragsschuldner und der durch das Zollamt vertretene Bund als Abgabengläubiger.“
15. Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2021:
„E. Verjährung.
§ 207. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.
§ 209. (1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.
(2) Die Verjährung ist gehemmt, solange die Geltendmachung des Anspruches innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist.
(3) Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4). In den Fällen eines Erwerbes von Todes wegen oder einer Zweckzuwendung von Todes wegen verjährt das Recht auf Festsetzung der Erbschafts- und Schenkungssteuer jedoch spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der Anzeige.
(4) Abweichend von Abs. 3 verjährt das Recht, eine gemäß § 200 Abs. 1 vorläufige Abgabenfestsetzung wegen der Beseitigung einer Ungewissheit im Sinn des § 200 Abs. 1 durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen, spätestens fünfzehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches.
(5) In den Fällen, in denen aufgrund der Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 oder des Umgründungssteuergesetzes über die entstandene Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld abgesprochen, aber die Steuerschuld nicht festgesetzt worden ist, verjährt das Recht auf Festsetzung der genannten Abgaben insoweit jedoch spätestens zehn Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist.“
VI. Erwägungen:
16. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Bescheid der Bundesministerin vom 09.04.2021, GZ: 2021-0.231.254, mit dem der Bescheid der BH Leoben, GZ: BHLN-15853/2015-59, vom 11.02.2021, gemäß § 10 Abs 2 ALSAG aufgehoben wurde. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Sache des Beschwerdeverfahrens ist demnach, ob die Bundesministerin ihr Aufsichtsrecht gemäß § 10 Abs 2 ALSAG rechtskonform ausgeübt hat, somit ist eine Beurteilung des Bescheides der Erstbehörde nur in diesem Umfang vorzunehmen. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren kann nicht ein Beschwerdeverfahren gegen den Erstbescheid in seiner Tiefe ersetzen. Beschwerde gegen den Erstbescheid wurde von keiner Partei erhoben.
17. Gemäß § 10 Abs 1 ALSAG hat die Behörde in begründenden Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen, ob die Voraussetzungen der Z 1 bis 6 leg. cit. vorliegen.
17.1. Die Voraussetzung eines begründeten Zweifelsfalles im Sinn des § 10 Abs 1 ALSAG ist vor dem Zweck des Feststellungsverfahrens nach § 10 Abs 1 ALSAG zu sehen. Dieses Feststellungsverfahren hat nämlich vor allem den Zweck, über strittige
(Vor-)Fragen bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die jeweiligen Beitragsfestsetzungen zu klären. Es soll damit zur Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Ein Verfahren nach § 10 ALSAG dient der bescheidmäßigen Klärung und damit der rechtswirksamen Feststellung der Tatbestandvoraussetzungen der Altlastenbeitragspflicht (vgl. etwa VwGH 23.10.2014, Ro 2014/07/0027).
17.2. Die Feststellung, ob es sich bei den im Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2011 angefallenen LD-Schlacken und deren Lagerung um Abfälle handelt, diese dem Altlastenbeitrag unterliegen und eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt, kann für Folgezeiträume bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage zwar keine ausdrückliche Bindung entfalten, jedoch begründete Zweifel ausräumen.
Dies trifft jedoch im gegenständlichen Fall nicht zu. Die Regelung zur Nebenprodukteigenschaft gemäß § 2 Abs 3a AWG ist erst seit dem 16.02.2011 in Kraft und wäre sohin für den antragsgegenständlichen Zeitraum die Frage des Erreichens eines allfälligen Abfallendes gemäß § 5 Abs 1 letzter Satz AWG zu beurteilen. Zudem gab es für den beantragten Zeitraum auch keinen Befreiungstatbestand nach dem ALSAG – § 3 Abs 1a Z 11 ALSAG ist erst am 31.03.2011 in Kraft getreten.
Der Umstand der geänderten Rechtslage kann in verschiedenen Beurteilungszeiträumen (Kalendervierteljahren) zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Ein auf die alte Rechtslage begründeter Feststellungsbescheid hinsichtlich eines bestimmten Zeitraumes kann daher Zweifel für spätere Zeiträume nicht ausräumen, was zur Folge hat, dass das Interesse und der Zweck des Feststellungsverfahrens mit einer solchen Begründung auf den vom Spruch umfassten Zeitraum beschränkt bleibt.
18. Die Beschwerdeführerin wendet im Verfahren die Verjährung gemäß BAO der für den antragsgegenständlichen Zeitraum ein und konnte im verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahren zweifelsfrei und unstrittig festgestellt werden, dass im verfahrensgegenständlichen Fall absolute Verjährung gemäß § 209 Abs 3 BAO eingetreten ist. Es fehlt daher dem Feststellungsbescheid der BH Leoben das Tatbestandsmerkmal des begründeten Zweifels, weil ohne mögliche Abgabenvorschreibung die Frage der Tatbestandsverwirklichung für spätere Zeiträume nicht interessiert.
Der Antrag des Bundes, vertreten durch das Zollamt, hätte daher von der Erstbehörde als unzulässig zurückgewiesen werden müssen (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2017/16/0143).
19. Der belangten Behörde steht das Aufsichtsrecht gemäß § 10 Abs 2 ALSAG zu. Demnach kann sie den Bescheid der Erstbehörde wegen unrichtiger oder aktenwidriger Sachverhaltsfeststellung (§ 10 Abs 2 Z 1 leg. cit.) oder wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (§ 10 Abs 2 Z 2 leg. cit.) abändern oder aufheben. Bei Aufhebung ist die Erstbehörde an die tragenden Gründe der Aufhebung (an die Rechtsansicht) gebunden (VwGH 29.10.2015, 2013/07/0114 ua.).
19.1. Die belangte Behörde stützt die Aufhebung des Bescheides der BH Leoben (erkennbar) auf inhaltliche Rechtswidrigkeit wegen Unvollständigkeit des Sachverhaltes, wohin gegen nunmehr die inhaltliche Rechtswidrigkeit dadurch begründet ist, dass die Erstbehörde inhaltlich über den Antrag des Bundes, vertreten durch das Zollamt, entschieden hat und diesen nicht als unzulässig zurückgewiesen hat.
19.2. Es war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und die Behebung des angefochtenen Bescheides dahingehend zu bestätigen, dass die Erstbehörde im fortzusetzenden Verfahren den Antrag des Bundes, vertreten durch das Zollamt Graz, vom 14.05.2014 wegen Eintritt der absoluten Verjährung und Fehlens eines begründeten Zweifelfalles als unzulässig zurückzuweisen hat.
20. Auf die übrigen Beschwerdegründe muss daher nicht mehr eingegangen werden.
21. Nur der Vollständigkeit halber sei zum Beschwerdeeinwand, gegenüber der E F GmbH sei der erstbehördliche Bescheid in Rechtskraft erwachsen und dürfte die Erstbehörde in Folge Bindungswirkung und entschiedener Sache nicht neuerlich entscheiden, erwähnt, dass für eine Aufhebung auf Grundlage des § 10 Abs 2 ALSAG in Wahrung des Aufsichtsrechtes eine Frist von 6 Wochen ab Übermittlung des Bescheides (samt Verwaltungsakten) zur Verfügung steht und damit auch - wegen ungenützten Verstreichenlassens der 4-wöchigen Beschwerdefrist - rechtskräftig gewordene Bescheide erfassen kann. Die Aufhebung eines bereits rechtskräftigen Bescheides wirkt somit auch gegenüber allen Parteien, unter anderem auch gegenüber allenfalls von der Aufsichtsbehörde übergangene Parteien (hier: gegenüber der E F GmbH).
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abfall, Altlastensanierungsbeitrag, Feststellungsbescheid, begründete Zweifel, Verjährung, absolute Verjährung, Tatbestandsmerkmal, Zurückweisung des AntragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2021:LVwG.46.34.1642.2021Zuletzt aktualisiert am
23.09.2021