TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/28 96/04/0212

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Veröffentlicht am 28.01.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1994 §356 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Mag. I in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. August 1996, Zl. 318.914/3-III/A/2a/96, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Zustellung eines gewerberechtlichen Genehmigungsbescheides (mitbeteiligte Partei: X-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den

21. Bezirk vom 22. August 1966 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung ihrer Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort in Wien erteilt. Am 16. November 1995 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Zustellung dieses Genehmigungsbescheides mit der Begründung, sie sei Rechtsnachfolgerin der Frau A, welche im damaligen Genehmigungsverfahren Parteistellung erlangt habe, der der Genehmigungsbescheid in der Folge aber nicht zugestellt worden sei. Dieser Antrag wurde mit Punkt I. des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 21. Bezirk in Wien vom 12. Jänner 1996 mangels Parteistellung im Genehmigungsverfahren gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 356 Abs. 3 GewO 1994 zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 28. Mai 1996 wies der Landeshauptmann von Wien die dagegen von der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid in diesem Umfang. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Berufung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. August 1996 wurde diese Berufung "aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides" abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides kommt der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges in Würdigung der vorliegenden Ermittlungsergebnisse zu dem Ergebnis, Frau A habe an der über den Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Partei am 27. Jänner 1965 abgehaltenen Augenscheinsverhandlung nicht teilgenommen, keine Einwendungen erhoben und damit auch nicht Parteistellung in diesem Genehmigungsverfahren erlangt. Die Beschwerdeführerin, die selbst Nachbar der Betriebsanlage sei, habe über Jahrzehnte hinweg keine Schritte unternommen, die Parteistellung im Grundgenehmigungsverfahren zu erlangen. Es sei daher aus Gründen der Rechtssicherheit und der Zumutbarkeit für den Betrieb an die Einräumung einer Parteistellung nach 30 Jahren nicht zu denken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Gegenschrift, der unbegründeten Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem ihr gemäß § 8 AVG zustehenden Recht auf Zuerkennung ihrer Parteistellung und auf Zustellung des Bescheides vom 22. August 1966, mit welchem die gegenständliche Betriebsanlage genehmigt worden sei, verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes nimmt sie zu der von der belangten Behörde angestellten Beweiswürdigung Stellung, mit dem Ergebnis, bei richtiger Würdigung der Ermittlungsergebnisse und Durchführung weiterer, von der Beschwerdeführerin gestellter Beweisanträge hätte die belangte Behörde aus näher dargestellten Gründen zu dem Ergebnis gelangen müssen, A habe im zugrunde liegenden Genehmigungsverfahren im Rahmen der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz gegen die projektierte Betriebsanlage wegen der von ihr ausgehenden Gefährdungen und Belästigungen durch Lärm und Geruch Einwendungen erhoben und damit in diesem Verfahren Parteistellung erlangt. Diese Parteistellung sei auf die Beschwerdeführerin als die Rechtsnachfolgerin nach A im Besitz der näher bezeichneten Nachbarliegenschaft übergegangen.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0269, zur diesbezüglich durch die Gewerberechtsnovellen 1988 und 1992 unverändert gebliebenen Rechtslage ausgeführt hat, das Gesetz keine Regelung über eine "Rechtsnachfolge" in eine im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1994 durch entsprechend qualifizierte Einwendungen - bezogen auf Sachverhaltsumstände, die den Eintritt einer persönlichen Gefährdung oder Belästigung möglich erscheinen lassen - erworbene Parteistellung kennt. In diesem Umfang kommt somit der Beschwerdeführerin in dem in Rede stehenden Genehmigungsverfahren selbst dann Parteistellung nicht zu, wenn A tatsächlich in der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz die von der Beschwerdeführerin behaupteten Einwendungen erhoben haben sollte. Daß aber A auch Einwendungen betreffend eine Gefährdung des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte erhoben hätte, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Erweist sich aber solcherart die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin komme im zugrunde liegenden Genehmigungsverfahren Parteistellung nicht zu, im Ergebnis als frei von Rechtsirrtum, so ist auch die von der belangten Behörde darauf gestützte Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Zustellung des in diesem Verfahren ergangenen Genehmigungsbescheides nicht als rechtswidrig erkennbar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Gewerberecht Nachbar Rechtsnachfolger Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040212.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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