Entscheidungsdatum
06.05.2021Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W205 2169327-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Äthiopien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2021, Zl. 1110454103/210264185, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VI. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf ein Jahr herabgesetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz:
Der Beschwerdeführer ist äthiopischer Staatsangehöriger und stellte erstmals am 05.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdiensts die niederschriftlichen Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er eine Apotheke in der Stadt XXXX gehabt habe und immer wieder Regierungssoldaten zu ihm gekommen seien, wenn sie Medikamente gebraucht hätten. Diese Medikamente seien nicht bezahlt worden. Auch die rebellische Gruppe ONLF, die für die Unabhängigkeit in dieser Region kämpfen würde, sei zu ihm gekommen und hätte ohne Bezahlung Medikamente mitgenommen. Wenn er nein gesagt habe, sei er von diesen Leuten bedroht und geschlagen worden. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab der Beschwerdeführer an, dass die Regierungssoldaten ihn einsperren würden.
Am 02.08.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er in XXXX seine eigene Apotheke gehabt habe und zu ihm immer wieder Polizisten gekommen seien, die ihn geschlagen hätten. Diese würden zwar behaupten, dass sie für Sicherheit sorgen, sie seien jedoch tatsächlich eine Terrorbande. Sie hätten Medikamente und auch Geld von ihm genommen. Auch die ONLF habe ihn bedroht, damit er diesen Medikamente gebe. Er sei von allen bedroht worden, beide hätten Medikamente und Geld bei ihm gestohlen. Er sei von der Regierung auch dahingehend verdächtigt worden, dass er die ONLF unterstütze, auch diese würden ihn verfolgen. Er hätte weder mit den einen, noch mit den anderen zu tun gehabt, sei aber von beiden Seiten bedroht worden. Er sei dann in den Sudan gegangen, da er in XXXX nicht mehr leben hätte können. Er sei auch von der Regierung gesucht worden, daher habe er nicht in Äthiopien bleiben können. Seine Familie habe mit ihm Kontakt aufgenommen und ihm gesagt, dass die Regierung nach ihm suche. Er habe gewusst, dass ihn die Behörden suchen würden.
Mit Bescheid vom 13.08.2017 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Äthiopien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen aufgrund seiner widersprüchlichen, nicht plausiblen sowie wenig lebensnahen und wenig detailreichen Angaben nicht habe glaubhaft machen können. Das Bundesamt gelangte zudem zu dem Schluss, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Äthiopien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt zu sein. Zudem liege kein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich gemäß Art. 8 EMRK vor.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Am 17.09.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch.
Mit Erkenntnis vom 10.11.2020, Zl. W251 2169327-1/13E, (im Folgenden: Vergleichserkenntnis) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Beweiswürdigend wurde nach durchgeführter Verhandlung detailliert beweiswürdigend dargelegt, warum dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Vorbringens, ihm drohe Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die äthiopische Regierung, die Liyu Police oder die ONLF, weil diese ihm Medikamente sowie Geld gestohlen hätten und die Regierung ihn bezichtigt habe, der ONLF anzugehören, sowie umgekehrt, keine Glaubhaftigkeit zukomme. Es wurde unter jeweiliger Anführung der Aussagen erhebliche Widersprüche gegenübergestellt und unter näherer Beschreibung des Aussageverhaltens des Beschwerdeführers in der Verhandlung ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den Eindruck erweckt, dass es sich bei seinem Vorbringen lediglich um eine auswendig gelernte konstruierte Geschichte handle.
Zur Rückkehrmöglichkeit des Beschwerdeführers wurde im Vergleichserkenntnis ua ausgeführt, es sei dem Beschwerdeführer möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten bei einer Rückkehr nach Äthiopien in der Stadt XXXX oder in der Stadt Addis Abeba Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.
Das hg Vergleichserkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 16.12.2020 wirksam zugestellt.
2. Verfahren über den vorliegenden Folgeantrag:
Der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde in Österreich am 24.02.2021 eingebracht.
Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer zu seinem Folgeantrag erstbefragt. Angemerkt wurde, dass der Dolmetscher vorzeitig gegangen ist. Befragt, was sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber seinem bereits entschiedenen Verfahren – in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat – verändert habe, gab der Beschwerdeführer an:
„Ich kann nicht zurück nach Äthiopien oder Somalia, weil ich noch immer politische Probleme habe ich Äthiopien. Da meine Familie nach Äthiopien ausgewandert ist, habe ich keine sozialen oder sonst irgendwelche Kontakte in Somalia und kann deshalb nicht zurück. Meine Familie hat Asyl in Äthiopien.“
Haben Sie alle Ausreise-, Flucht-, oder Verfolgungsgründe genannt?
„Ja, aber in Äthiopien haben Somalia keine Gerechtigkeit.“
Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?
„Die äthiopische Regierung, speziell die Polizei (Liyu Police) dort, behandelt uns Somalia schlecht im Bundesland „Somali regenal State“. Sie unterstellen mir gegen die dortige Partei (ONLF) ein Attentat ausgeübt zu haben, daraufhin haben sie mich festgenommen und geschlagen. Ich kann nicht überall hingehen, weil ich dort geschlagen werde, in gewisse Bezirke. Meine Volksgruppe ist eine Minderheit und werde von der Mehrheit des Volkes schlecht behandelt und kann nicht wohnen wo ich will, oder einkaufen was und wo ich will.
Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe droht, oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben)
„Ich werde wieder von der Liyu Police geschlagen, festgenommen und wenn ich frei wäre trotzdem eingeschränkt.“
Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihre Fluchtgründe bekannt?
„Die gab es schon damals und gibt es noch immer.“
Am 19.03.2021 wurde der Beschwerdeführer vor einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an:
„LA: Welche ist Ihre Muttersprache und welche Sprachen sprechen Sie sonst noch?
VP: Meine Muttersprache ist Somali, ich spreche Deutsch und ein wenig Englisch. Ich bin damit einverstanden, dass die Einvernahme in der Sprache Somali, welche ich ausreichend beherrsche, durchgeführt wird.
LA: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?
VP: Ja
LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?
VP: Nein
LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?
VP: Ja
LA: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?
VP: Nein, ich bin gesund und nehme auch keine Medikamente zu mir.
Aufforderung:
Sie werden aufgefordert, sämtliche in Ihrem Besitz befindlichen und auch während der Dauer dieses Verfahrens zukünftig in Ihrem Besitz befindlichen medizinischen Unterlagen umgehend und unaufgefordert dieser Behörde zu übermitteln.
F: Haben Sie dies verstanden?
VP: Ja, ich habe das verstanden.
LA: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.
VP: Ja.
LA: Es wurde Ihnen das Info- und Belehrungsblatt zum Ermittlungsverfahren (Wahrheits- und Mitwirkungspflicht, vertrauliche Behandlung, Konsequenzen von Falschaussagen, Rechtsberater, Ablauf der Niederschrift, Meldepflichten, etc.) in einer verständlichen Sprache bereits im Zuge der Erstbefragung zur Kenntnis gebracht und mit Ihnen gemeinsam erläutert. Haben Sie den Inhalt verstanden und sind Ihnen die damit verbundenen Rechte und Pflichten bewusst?
VP: Ja.
LA: Sind Sie in diesem Verfahren vertreten?
VP: Ich werde von „We move together – Beratung und Hilfe für Migranten“, Schönbrunnerstraße 213/508, 1120 Wien unterstützt.
Anmerkung:
Die VP legt eine Vollmacht vom 06.03.2021 des oa. Vereins vor.
Die Vollmacht wird kopiert und dem Akt beigelegt.
LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 24.02.2021 durch die PI Klagenfurt Fremdenpolizei erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?
VP: Ich habe die Wahrheit gesagt und habe nichts zu ergänzen. Ich habe die Dolmetscherin aber nicht verstanden und gab den Rest in der deutschen Sprache an, dies wurde auch in der Niederschrift der Erstbefragung protokolliert.
LA: Haben Sie in Österreich, im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?
VP: Ich habe keine Verwandte.
LA: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?
VP: Ich habe Freunde die mich finanziell unterstützt haben. Ich habe auch eine Freundin, mit welcher ich bereits seit 4 bis 5 Jahre zusammen bin und wir haben auch geplant zu heiraten.
LA: Wie heißt Ihre Freundin?
VP: Sie heißt XXXX .
LA: Wie lautet das Geburtsdatum?
VP: Das genaue Alter weiß ich nicht.
LA: Wo lebt Ihre Freundin?
VP: Sie lebt in Salzburg.
LA: Haben Sie bereits mit Ihrer Freundin in einem gemeinsamen Haushalt gelebt?
VP: Nein, ich war im Asylheim.
LA: Hat sich seit Rechtskraft der letzten Entscheidung zu Ihrem Vorverfahren etwas an Ihrem hier von Ihnen geführten Privatleben bzw. zu Ihrer Freundin verändert?
VP: Nein, es ist alles gleichgeblieben.
LA: Haben Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?
VP: Nein, ich habe aber bereits in meinem Vorverfahren Dokumente und Schulzeugnisse der Behörde vorgelegt.
LA: Wieviel Geld haben Sie von Ihren Freunden bzw. Ihrer Freundin bis dato erhalten?
VP: Ich habe damals von der Grundversorgung hier gelebt, das hat auch gereicht. Als ich nicht mehr in der Grundversorgung war haben Freunde mir geholfen.
LA: Sie stellten bereits unter der Zahl: 160485403 in Österreich einen Antrag auf int. Schutz. Dieses Verfahren wurde auch bereits schon rechtskräftig abgeschlossen. Zu diesem Verfahren wurden Sie auch niederschriftlich einvernommen. Können Sie sich noch an diese Einvernahmen erinnern?
VP: Ja ich kann mich noch daran erinnern, ich habe viel Probleme erlebt und bin seit 5 Jahren in Österreich. Ich habe keinen Asylstatus bekommen und jetzt bin ich hier in Schubhaft, aber trotzdem kann ich mich noch daran erinnern was mir passiert ist.
LA: Stimmen Ihre damaligen Angaben und gelten diese auch für gegenständlichen Antrag auf int. Schutz?
VP: Ja das stimmt. Ich habe aber zusätzlich noch Probleme.
LA: Welche Probleme meinen Sie?
VP: Ich bin in Äthiopien zur Welt gekommen bin aber Somali. Meine Eltern sind aus Somalia Richtung Äthiopien geflüchtet. Wir gehören nicht zu Äthiopien. Wenn ich zurückkehre nach Äthiopien habe ich dort keine Familie die mich unterstützt ich habe dort auch keinen Clan mehr. Die Menschen aus Somalier unterstützen sich zugehörig des Clanes und mein Clan ist schwach und kann mir nicht helfen. Ich weiß nicht wo meine Familie ist. Die Probleme mit „Liyu Police“ besteht noch immer. Sie werden mich umbringen oder inhaftieren. Mein Leben wird dort in Gefahr sein. Ich bin geflüchtet, um mein Leben zu retten.
LA: Seit wann sind Ihnen diese Gründe bekannt?
VP: Ich habe meine Probleme bereits vor dem BFA und vor dem Gericht geschildert. Ich bin geflüchtet damit ich nicht getötet oder inhaftiert werde.
LA: Das heißt die Gründe die Sie in dieser Einvernahme angegeben, sind dieseleben die Sie bereits in Ihrem Vorverfahren angegeben haben?
VP: Ja, es ist aber noch dazu gekommen, dass mein Wohngebiet in Äthiopien in XXXX herrschen ethnische Konflikte zwischen den Somaliern und Oromo. Meine Familie war zuletzt noch dort und die Oromo haben damals die Somalier dort verfolgt und umgebracht, deshalb musste meine Familie fliehen.
LA: Seit wann herrschen diese Konflikte in Äthiopien?
VP: Diese Konflikte gibt es schon immer. Der schlimmste Fall war aber im Jahr 2018, da wurden viele Somalier vertrieben und umgebracht.
LA: Würden Sie sich in einem anderen Teil in Äthiopien aufhalten können?
VP: Nein, als Somali kann ich nirgends in Äthiopien leben.
LA: Gibt es noch weitere oder andere Gründe, welche Sie in diesem Verfahren geltend machen möchten?
VP: In Äthiopien gibt es nun eine Kampffront gegen die Tigre (ethnische Gruppe). Diese kämpfen gegen die Regierung und ich habe Angst gegen eine Rekrutierung.
LA: Sind die Tigre mit Ihrer Volksgruppe in irgendeiner Art verbunden?
VP: Nein.
LA: Warum sollten Sie dann rekrutiert?
VP: Ich habe Angst das ich von der Regierung rekrutiert werde, damit ich gegen die Tigre kämpfe.
LA: Warum sollte die Regierung Sie rekrutieren, wenn laut Ihren Aussagen die Volksgruppe der Somali in Äthiopien nicht respektiert und auch verfolgt werden?
VP: Es ist der Regierung lieber das die Somali im Kampf sterben, bevor die Äthiopier sterben.
LA: Seit wann herrscht dieser Kampf der Regierung gegen die Tigre?
VP: Dieser Krieg herrscht seit Ende 2020.
LA: Warum haben Sie Ihre diesbezüglichen Befürchtungen nicht bereits in Ihrem Vorverfahren angegeben?
VP: Diese Konflikte haben erst nach der BVwG Entscheidung begonnen.
LA: Seit wann wissen Sie nun konkret von diesen Konflikten?
VP: Das wurde Weltweit ausgestrahlt und da habe ich das nach der BVwG Verhandlung im November gesehen.
LA: Warum haben Sie dann bis Ende Februar 2021 gewartet um einen neuen Asylantrag zu stellen?
VP: Nach dem BVwG Erkenntnis habe ich 14 Tage Zeit bekommen um ein Rechtsmittel einzureichen. Ich habe eine Verfahrenshilfe beim Verfassungsgerichtshof beantragt, welche abgelehnt wurde. Ich habe 6 Wochen Zeit gehabt um die Rechtsmittel einzureichen. Bevor diese zu Ende war wollte ich mir eine Adresse besorgen. Ich wollte das vorher alles Erledigen bis ich meinen neuen Asylantrag einbringe. Ich wurde aber vorher bereits von der Polizei aufgegriffen.
LA: Durch welche Medien haben Sie von dem Konflikt der Regierung und der Tigre erfahren?
VP: Ich habe das bei BBC London und Facebook gesehen, sowie US Internetseiten.
LA: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat (Äthiopien) zurückkehren müssten?
VP: Ich bin ein Somali der in Äthiopien gelebt hat. Ich kann auf keine Hilfe von meinem Clan zugreifen, weil mein Clan schwach ist. Ich weiß auch nicht wo meine Familie nun ist. Ich habe auch Angst das die Oromo mich umbringen, sie haben dort viele Somali getötet. Ich kann nicht von XXXX in einen anderen Teil des Landes kommen ohne das ich von der Oromo umgebracht werde. Ich habe zudem Angst Zwangsrekrutiert zu werden, um im Kampf gegen die Tigre teilzunehmen. Auch wegen meiner alten Probleme werde ich von der Liu Police umgebracht oder verhaftet werde.
LA: Welchen Teil Ihres Landes meinen Sie, wenn Sie angeben, dass Sie von XXXX nicht in einen anderen Teil Ihres Landes kommen können, bevor Sie von den Oromo umgebracht werden?
VP: ich meine damit zb. Addis Abeb oder Jiggiga.
LA: Haben Sie seit der erstmaligen Antragstellung das österr. Bundesgebiet wieder verlassen?
VP: Nein.
LA: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, gegenständlichen Antrag zu stellen, vollständig geschildert?
VP: Ich habe hier eine Freundin, mit welcher ich schon lange zusammen bin und möchte mit ihr hier eine Zukunft aufbauen. Ich habe hier in Österreich meinen Schulabschluss gemacht und habe auch Deutschkurse besucht. Ich habe auch nie eine Straftat begangen.
LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrer Freundin?
VP: Ich habe momentan telefonisch mit ihr Kontakt, zuletzt hatte ich am Mittwoch den 17.03.2021 Kontakt zu ihr.
V: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückzuweisen. Ebenso ist beabsichtigt, im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG iVm einem Einreiseverbot gem. § 53 FPG zu erlassen.
LA: Möchten Sie dazu Stellung nehmen?
VP: Ich habe viele Probleme. Ich habe auch Stress und habe auch um psychologische Betreuung gefragt. Ich habe auch Albträumen.
Anmerkung: Ihnen wird nun zur Kenntnis gebracht, dass Sie nach einer Frist von mindestens 24 Stunden im Zuge einer niederschriftlichen Befragung im Beisein eines Rechtsberaters die Möglichkeit haben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu beziehen. Von diesem Termin werden Sie schriftlich in Kenntnis gesetzt.
Anmerkung: Dem ASt. werden die Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z. 5 AsylG und § 52a BFA-VG gegen eigenhändige Unterschriftsleistung ausgefolgt. Der Inhalt der Verfahrensanordnung wird dem ASt. durch den anwesenden Dolmetscher zur Kenntnis gebracht.
Anmerkung: Ihnen wird nun zur Kenntnis gebracht, dass Sie nach einer Frist von mindestens 24 Stunden im Zuge einer niederschriftlichen Befragung im Beisein eines Rechtsberaters die Möglichkeit haben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu beziehen. Von diesem Termin werden Sie schriftlich in Kenntnis gesetzt. Sollten Sie diesen Termin nicht wahrnehmen, müssen Sie damit rechnen, dass das Verfahren in Ihrer Abwesenheit
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja
LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Nein.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja
LA: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?
VP: Ja
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Keine Einwände“
Am 25.03.2021 wurde der Beschwerdeführer neuerlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen Folgendes an:
LA: Verstehen Sie die anwesende Dolmetscherin?
VP: Ja.
LA. Sind Ihnen die Belehrungen aus der letzten Einvernahme noch bekannt?
VP: Ja ich kann mich daran erinnern.
LA: Haben Sie in Ihrer letzten Einvernahme am 19.03.2021 die Wahrheit gesagt?
VP: Ja ich habe die Wahrheit gesagt.
LA: Hat sich seit der letzten Einvernahme etwas an Ihrem Familienleben verändert?
VP: Nein.
Anmerkung:
Ihnen wurde in der Einvernahme am 19.03.2021 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückzuweisen. Ebenso ist beabsichtigt, im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG iVm einem Einreiseverbot gem. § 53 FPG zu erlassen.
LA: Möchten Sie noch etwas vorbringen was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Ich habe hier einen Asylantrag gestellt und sie haben die Entscheidung. Die Probleme die ich hatte habe ich noch immer, wenn ich zurückkehre dann werde ich sterben. Es ist für mich dort kein Leben mehr und deshalb habe ich mich entschieden lieber hier zu sterben als zurückzukehren. Der Staat Österreich hat die Entscheidung, ich kann sie nicht zwingen mir Asyl zu gewähren.
LA: Ihnen wurden bereits am 16.03.2021 die aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Äthiopien ausgefolgt. Möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme zu dieser Länderfeststellung abgeben?
VP: Ich konnte leider aufrgund der Sprache nicht viel verstehen. Aber ich habe verstanden, dass es um Information über das Land Äthiopien geht.
LA: Ihnen wurden die Länderinformationsblätter bereits am 16.03.2021 ausgefolgt. Heute haben wird den 25.03.2021. Weiters sind Sie im AHZ Vordernberg untergebracht. Haben Sie sich hinsichtlich der Ihnen übergebenen Länderinformationsblätter nie an die im AHZ Vordernberg tätigen Mitarbeiter, Sozialarbeiter, Rechtsberater, etc. gewandt, damit Ihnen jemand den Inhalt dieser Informationsblätter näher bringt?
A: Es gibt niemanden der auf somalisch sprechen kann.
LA: Haben Sie sich an jemanden gewandt, der Ihnen das übersetzen würde?
VP: Hier in Haft nicht, ich habe kein Geld um jemanden zu bitten der mir dies übersetzt.
Anmerkung:
Die VP hat noch eine Bitte.
LA: Was möchten Sie noch vorbringen?
VP: Ich bin hierhergekommen, um in Sicherheit zu sein und um mein Leben zu retten. Ich möchte mir ein neues Leben aufbauen. Ich bin bereits seit 5 Jahren hier in Österreich. Ich habe 5 Jahre im Flüchtlingsheim gelebt, ich ersuche um eine Chance um hier arbeiten zu können. Ich war nie im Gefängnis, es ist sehr schwer hier für mich. Ich bin geflüchtet, um nicht in ein Gefängnis zu kommen.“
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30.03.2021 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.02.2021 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) jeweils gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Äthiopien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.) und gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Die Behörde stellte fest, im neuerlichen Asylverfahren habe der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht bzw. habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Zum Einreiseverbot wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer der Rückkehrverpflichtung, die ihm im Rahmen des ersten Verfahrens auferlegt worden sei, nicht nachgekommen sei. Er habe somit behördliche Anordnungen nicht Folge geleitstet und diese gröblich missachtet.
Begründend wurde weiter ausgeführt, Der Beschwerdeführer habe im gegenständlichen Verfahren dieselben Ausreisegründe – er habe in Äthiopien keine Familie und keinen Clan sowie die Probleme mit der Liu Police, der Regierung und der ONLF – an, die er bereits im Erstverfahren angegeben gehabt habe. Damit decke sich sein Parteibegehren im gegenständlichen Antrag mit dem im ersten.
Weiters wurde ua. Folgendes angeführt:
„Ihre weiteren Angaben betreffend, dass Sie nun Angst hätten rekrutiert zu werden, da die Regierung eine Kampffront gegen die Tigray führen würde, ist festzuhalten, dass diese Ereignisse sehr allgemein gehalten sind. So weisen diese keinen konkreten Bezug zu Ihrer Person auf. Abgesehen davon haben Sie diesbezüglich auch keine konkret gegen Sie gerichtete Verfolgungshandlung vorgebracht. So haben Sie dazu lapidar angeführt, dass Sie Ende 2020 aus den Medien erfahren hätten, dass die Gruppe der Tigray gegen die Regierung kämpfen würde.
Die Behörde verkennt dabei nicht, dass die Kampfhandlungen seit Rechtskraft der letzten Entscheidung in der Region Tigray zugenommen haben, dennoch haben Sie die Möglichkeit in einem anderen Teil Ihres Herkunftsstaates zu leben. Wie bereits im Vorverfahren durch das BVwG dezidiert festgehalten wurde, haben Sie einige Jahre in Jijiga gelebt, sodass Sie mit städtischen Strukturen in Äthiopien vertraut sind, zudem besitzen Sie Ortskenntnisse in der Stadt XXXX (siehe Seite 28 und 29 des Erkenntnisses vom 10.11.2020, GZ. W251 2169327-1/13E).
Des Weiteren bezieht sich die von Ihnen angeführte Kampffront auf eine lokale Region bzw. auf einen lokalen Konflikt zwischen dortigen Bevölkerungsgruppen bzw. der Regierung (siehe Seite 12, 13, 14, 23 und 24 des gegenständlichen Bescheides – neueste Kurzinformation und allgemeine Sicherheitslage in Äthiopien).
Bezüglich Ihres Vorbringens, dass Sie Angst vor einer Rekrutierung aufgrund der lokalen Konflikte im Bundesstaat Tigray hätten, wird hierbei zudem auf die Länderinformationsblätter verwiesen, aus denen klar hervorgeht, dass die äthiopische Armee eine Freiwilligenarmee ist.“
Zur allgemeinen Situation in Äthiopien traf das BFA im angefochtenen Bescheid folgende -zeitlich nach Erlassung des hg. Vergleicherkenntrnisses verfasste - Länderfeststellungen:
Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen
KI vom 25.1.2021: Bundesstaat Tigray vor Hungersnot, Menschenrechtsverbrechen, Internationalisierung des Konflikts (betrifft: Abschnitt 3. Sicherheitslage, 13. Ethnische Minderheiten, 17. Grundversorgung)
Laut UNO brauchen mindestens 2,3 Millionen Menschen im Bundesstaat Tigray dringend Hilfe. Erreichen konnte sie in den Monaten November 2020 bis Jänner 2021 aber lediglich 77.000 (Spiegel 24.1.2021). Nach anderen Angaben sind sogar 4,5 Millionen Menschen dringend auf Hilfe angewiesen (TG 24.1.2021) – das sind nahezu alle Bewohner von Tigray (DF 21.1.2021). Zwei Millionen Menschen gelten als vertrieben, nur rund 60.000 gelang die Flucht in den Sudan (BBC 25.1.2021).
Einerseits gilt: Wenn keine sofortige Nothilfe mobilisiert wird, könnten Hunderttausende verhungern. Andererseits ist es aber gerade die äthiopische Regierung selbst, die derartige Hilfe verhindert (Spiegel 24.1.2021; vgl. TG 24.1.2021). Lebensmittellieferungen für den Bundesstaat Tigray werden entweder geplündert oder zerstört. Andere Lieferungen werden durch die Bundesregierung in den Bundesstaat Amhara umgeleitet (Spiegel 24.1.2021). Nach Meldungen aus Tigray verhungern bereits Menschen, z.B. im Bezirk Adwa (TG 24.1.2021; vgl. DF 21.1.2021). Der von Addis Abeba für Tigray eingesetzte Übergangspräsident Mula Nega ist derweil zurückgetreten, da man seiner Meinung nach die Menschen in Tigray zu Tode hungern lasse und gegen die durch ausländische Truppen verübte sexuelle Gewalt nichts getan werde (EEPA 25.1.2021).
Tausende sind bislang im Konflikt in Tigray ums Leben gekommen (Spiegel 24.1.2021). Die Leiterin der Notfallabteilung von Ärzte ohne Grenzen sagt, dass die Zahl an zivilen Opfern extrem hoch ist (Spiegel 24.1.2021). Laut Augenzeugen plündern eritreische Soldaten – die zu tausenden an der Seite der äthiopischen Bundesregierung gegen die Tigray People’s Liberation Front (TPLF) kämpfen – und sie töten in Tigray Männer und Buben. Die Plünderungen haben zur Entstehung von Hunger beigetragen (AP 25.1.2021). Immer wieder gibt es – unbestätigte – Berichte über Massaker, Folter, Vergewaltigung und Entführung (TG 24.1.2021; vgl. Spiegel 24.1.2021; EEPA 25.1.2021) – zuletzt etwa hinsichtlich hunderter Morde beim Weltkulturerbe St. Maria von Zion (TG 24.1.2021). Allerdings dürfen nach wie vor kaum Journalisten nach Tigray, Versorgungs- und Kommunikationswege sind eingeschränkt (AP 25.1.2021).
Eritreische Flüchtlinge in den Lagern Mai Aini und Adi Harush werden nicht versorgt, von Bewaffneten belästigt und manche auch zwangsweise nach Eritrea gebracht. Der Zugang zu den Lagern Shimbela und Hitsats ist weiterhin gar nicht möglich (TG 24.1.2021; vgl. UNN 19.1.2021), zumindest Teile dieser Lager sind in Brand gesetzt worden (TG 24.1.2021).
Insgesamt ist ein typischer Guerillakrieg entstanden (Spiegel 24.1.2021). In einigen Gebieten kommt es zu Kampfhandlungen (DW 19.1.2021). Gemäß dem Experten Martin Plaut hat sich der Krieg in Tigray zu einem uneingeschränkten Konflikt ausgeweitet. Die TPLF kämpft nicht nur gegen die Bundesarmee und Milizen aus dem Bundesstaat Amhara, sondern auch gegen eritreische und somalische Soldaten (Plaut 21.1.2021; vgl. Spiegel 24.1.2021). Letztere sind aber vermutlich nicht freiwillig am Kriegsschauplatz und dienen Eritrea als Kanonenfutter (TG 24.1.2021). Jedenfalls ist die TPLF bisher trotzdem in der Lage, größere Teile des Bundesstaates Tigray zu halten (Plaut 21.1.2021).
Eritrea hat derweil in Teilen der besetzten Gebiete (z.B. in Irob) die eigene Fahne gehisst und Menschen angewiesen, sich eritreische Papiere zu besorgen. Menschen werden angewiesen, die eritreische Herrschaft zu akzeptieren oder das Land zu verlassen. Dabei besetzt Eritrea auch Teile tief in äthiopischem Gebiet – etwa Sheraro (EEPA 25.1.2021).
Gleichzeitig kommt es auch in anderen äthiopischen Bundesstaaten immer öfter zu schweren, ethnisch motivierten Auseinandersetzungen (Spiegel 24.1.2021). Und auch regional zieht der Krieg immer weitere Kreise. Die Spannungen mit dem Sudan eskalieren zunehmend (Spiegel 24.1.2021; vgl. DW 19.1.2021). Die Grenze war immer schon umstritten. Bereits im November waren Truppen tief auf äthiopisches Territorium vorgedrungen. Berichtet wird in diesem Zusammenhang von Plünderungen, Morden und dem Verbrennen von Ernten (DW 19.1.2021). Die äthiopische Luftwaffe hat begonnen, Angriffe gegen die sudanesische Armee zu fliegen (EEPA 25.1.2021). Immer öfter wird über einen möglichen Krieg zwischen beiden Ländern spekuliert (Spiegel 24.1.2021).
Generell ist die Angst vor einem Bürgerkrieg und dem Zerfall Äthiopiens groß (Spiegel 24.1.2021; vgl. TAR 20.1.2021) – etwa bei Experten des US Institute for Peace (Plaut 21.1.2021). Derweil ist der äthiopische Premier Abiy seit 23.12.2020 nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten (EEPA 25.1.2021).
Quellen:
AP – Associated Press (25.1.2021): Witnesses: Eritrean soldiers loot, kill in Ethiopia’s Tigray, https://apnews.com/article/international-news-eritrea-ethiopia-only-on-ap-kenya-2bdd10888f7717690847ad117f09f2d4, Zugriff 25.1.2021
BBC – BBC News / Yahoo! News (25.1.2021): Ethiopia's Tigray conflict: 'My wife died giving birth to twins while we hid', https://news.yahoo.com/ethiopias-tigray-conflict-wife-died-000929639.html?guccounter=1, Zugriff 25.1.2021
DF – Deutschlandfunk (21.1.2021): Caritas befürchtet Hungersnot in Tigray, https://www.deutschlandfunk.de/aethiopien-caritas-befuerchtet-hungersnot-in-tigray.1939.de.html?drn:news_id=1218607, Zugriff 25.1.2021
DW – Deutsche Welle (19.1.2021): Tensions escalate between Ethiopia and Sudan, https://www.dw.com/en/tensions-escalate-between-ethiopia-and-sudan/a-56272954, Zugriff 25.1.2021
EEPA – European External Programme Africa / Plaut, Martin (25.1.2021): Situation Report EEPA HORN No. 65 – 24 January 2021, https://martinplaut.com/2021/01/25/situation-report-eepa-horn-no-65-24-january-2021-2/, Zugriff 25.1.2021
Plaut – Plaut, Martin / Eritrea Hub (23.1.2021): What are the war aims of Ethiopia, Eritrea and Somalia in Tigray? https://eritreahub.org/what-are-the-war-aims-of-ethiopia-eritrea-and-somalia-in-tigray, Zugriff 25.1.2021
Spiegel – Der Spiegel Online (24.1.2021): »Hunderttausende könnten verhungern«, https://www.spiegel.de/politik/ausland/aethiopien-humanitaere-katastrophe-in-der-region-tigray-weitet-sich-aus-a-aa677066-26fc-44be-99a7-3d98d2ec78f5, Zugriff 25.1.2021
TAR – The Africa Report (20.1.2021): Is Ethiopia coming together or falling apart? https://www.theafricareport.com/60027/is-ethiopia-coming-together-or-falling-apart/, Zugriff 25.1.2021
TG – The Guardian (24.1.2021): Ethiopia’s leader must answer for the high cost of hidden war in Tigray, https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/jan/24/ethiopias-leader-must-answer-for-the-high-cost-of-hidden-war-in-tigray, Zugriff 25.1.2021
UNN – UN News (19.1.2021): ‘Swift action’ needed in Tigray to save thousands at risk, UNHCR warns, https://news.un.org/en/story/2021/01/1082492, Zugriff 25.1.2021
KI vom 9.11.2020: Kämpfe in Tigray (betrifft: Abschnitt 3. Sicherheitslage und 13. Ethnische Minderheiten)
Aus mehreren Teilen des äthiopischen Bundesstaates Tigray werden schwere Kämpfe gemeldet (RE 9.11.2020). An mindestens acht Orten ist es zu Kampfhandlungen zwischen äthiopischer Armee und Kräften von Tigray gekommen. Seit 4.11.2020 gab es dabei Dutzende Todesopfer, es kam und kommt auch zu Luftschlägen durch die äthiopische Luftwaffe (BBC 8.11.2020). Alleine in ein Spital in Sanja wurden fast 100 verwundete Bundessoldaten eingeliefert (TG 8.11.2020).
Allerdings wurden am 4.11.2020 auch alle Kommunikationskanäle in und nach Tigray abgeschaltet (IPAI 5.11.2020; vgl. BBC 8.11.2020) und der Bundesstaat abgeriegelt (BBC 8.11.2020). Dadurch bleibt weitgehend unklar, was in Tigray tatsächlich gerade geschieht (AJ 8.11.2020).
Zwischen der Bundesregierung und Tigray herrscht seit Monaten ein (politischer) Konflikt (AJ 8.11.2020), u.a. um den potentiellen Rückzug äthiopischer Kräfte von der eritreischen Grenze (gleichzeitig Nordgrenze von Tigray). Der Bundesstaat fürchtet eine eritreische Aggression (IPAI 5.11.2020). Außerdem verweigert die Regierung von Tigray Premierminister Abiy die Anerkennung, da aus ihrer Sicht seine Amtszeit abgelaufen ist. Tatsächlich hätten 2020 eigentlich Wahlen stattfinden sollen, diese sind aber aufgrund der Covid-19-Pandemie verschoben worden (IPAI 5.11.2020; vgl. BBC 8.11.2020). Tigray hat aber im September 2020 trotzdem wählen lassen, diese Wahl wurde wiederum von der Bundesregierung für illegal erklärt. Das Bundesparlament hat derweil für die Auflösung der Regierung von Tigray gestimmt (BBC 8.11.2020; vgl. TG 8.11.2020).
In einer außerordentlichen Sitzung des äthiopischen Ministerkabinetts wurde am 4.11.2020 über den Bundesstaat Tigray ein sechsmonatiger Ausnahmezustand verhängt (IPAI 5.11.2020; vgl. BBC 8.11.2020). Zusätzlich wurde eine Task Force der äthiopischen Armee geschaffen. Diese darf Gewalt anwenden, um „das Land und die Region vor dem Abgleiten in die Instabilität zu bewahren“ (IPAI 5.11.2020). Zusätzliche Truppen der äthiopischen Armee und der Luftwaffe wurden bereits nach Tigray verlegt (TG 8.11.2020). Die Operationen, bei welchen es auch zu Luftschlägen kommt, werden von Premierminister Abiy als „law enforcement operation“ bezeichnet (RE 9.11.2020).
Als direkter Auslöser für die militärische Intervention wird – von der Bundesregierung – der Versuch von Kräften von Tigray angegeben, das Northern Command der Bundesarmee in Mekele zu übernehmen (STRATFOR 5.11.2020; vgl. IPAI 5.11.2020) bzw. dort Ausrüstung zu stehlen (RE 9.11.2020). Laut der Regierung von Tigray sei das Northern Command hingegen ohnehin auf die Seite des Bundesstaates übergelaufen. Dies ist insofern relevant, als dieser Armeeteil über knapp die Hälfte der Ausrüstung und Mannstärke der Bundesarmee verfügt und viele der Angehörigen ethnische Tigray sind bzw. mit Tigray sympathisieren (STRATFOR 5.11.2020). Zusätzlich verfügt Tigray über eigene, kampfgeprüfte Truppen und über bedeutende Mittel an Waffen. Die Rede ist von bis zu 250.000 Mann (RE 9.11.2020).
Analysten gehen davon aus, dass die Situation für das zweitbevölkerungsreichste afrikanische Land in einen langen blutigen Bürgerkrieg münden könnte (TG 8.11.2020; vgl. BBC 8.11.2020; STRATFOR 5.11.2020). Der Regierungschef von Tigray, Debretsion Gebremichael hat derweilen angekündigt, dass sich sein Land solange verteidigen werde, bis die Bundesregierung verhandlungsbereit sei (BBC 8.11.2020). Unklar ist außerdem die Rolle Eritreas – Erzfeind von Tigray. Berichten zufolge werden in Eritrea aktuell intensiv Rekruten eingezogen und Truppenteile in Richtung Grenze verlegt (AJ 8.11.2020).
In Äthiopien besteht zusätzlich die Gefahr, dass Tigrayer außerhalb des eigenen Bundesstaates vom Mob angegriffen werden könnten. Premierminister Abiy hat daher auf Twitter bereits vorausschauend dazu aufgerufen, von derartigen Übergriffen abzulassen (TG 8.11.2020). Auch die UN warnt vor derartigen Übergriffen. In Addis Abeba sind derweil mehr als 160 Personen verhaftet worden, da sie der Unterstützung für Tigray verdächtigt werden (RE 9.11.2020).
Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass in anderen Landesteilen ein Sicherheitsvakuum entstehen könnte, da Sicherheitskräfte und Armee von dort abgezogen werden (RE 9.11.2020).
Quellen:
AJ - Al Jazeera (8.11.2020): Eritrea, Tigray and Ethiopia’s brewing civil war, https://www.aljazeera.com/news/2020/11/8/fears-on-eritreas-secret-role-in-ethiopias-brewing-civil-war, Zugriff 9.11.2020
BBC (8.11.2020): Ethiopia's army chief sacked as Tigray fighting continues, https://www.bbc.com/news/world-africa-54864868, Zugriff 9.11.2020
IPAI - Indigo Publications / Africa Intelligence (5.11.2020): Why Tigray is challenging Abiy, verfügbar mit Abonnement auf: https://www.africaintelligence.com/eastern-and-southern-africa_politics/2020/11/05/why-tigray-is-challenging-abiy,109619191-ar1, Zugriff 9.11.2020
RE - Reuters (9.11.2020): Concern of outright war in Ethiopia grows as PM presses military offensive, https://ca.reuters.com/article/topNews/idCAKBN27P0M7, Zugriff 9.11.2020
STRATFOR (5.11.2020): Conflict in Tigray Has Major Implications for Ethiopia, and the Region, https://worldview.stratfor.com/article/conflict-tigray-has-major-implications-ethiopia-and-region?id=87179e919a&e=43cabd063c&uuid=761e669b-061f-4cef-933d-77b8c099f4c6&utm_source=Daily+Brief&utm_campaign=b19f238546-EMAIL_CAMPAIGN_2020_11_06_02_55&utm_medium=email&utm_term=0_87179e919a-b19f238546-54071629&mc_cid=b19f238546&mc_eid=43cabd063c, Zugriff 9.11.2020
TG - The Guardian (8.11.2020): Ethiopia: reports of heavy casualties in fighting in Tigray, https://www.theguardian.com/world/2020/nov/08/ethiopia-reports-of-heavy-casualties-in-fighting-in-tigray, Zugriff 9.11.2020
……….
COVID-19
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Ihrem Herkunftsstaat Äthiopien wurden bisher 200.563 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 2.801 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.
Quellen:
https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 29.03.2021
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind.
Quellen:
https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 29.03.2021“
Mit Schriftsatz vom 12.04.2021 erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde. Ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer sei „Staatsangehöriger von Somalia“. Der Beschwerdeführer habe als neuen Fluchtgrund angegeben, dass seit Ausfertigung des Erkenntnisses ein Krieg in Äthiopien ausgebrochen sei und er befürchte in die Kriegswirren verwickelt zu werden. Außerdem gebe er an, dass er somalischer Staatsangehöriger sei und dass er weder in Somalia noch in Äthiopien ein soziales oder familiäres Netzwerk habe, weil er noch nie in Somalia aufhältig gewesen sei und in Äthiopien als Kind von somalischen Flüchtlingen zur Welt gekommen sei und auch dort aufgewachsen sei und die Schule besucht habe. Er habe nie um die äthiopische Staatsbürgerschaft angesucht. In der Erstbefragung sei abermals nicht festgehalten worden, dass der Beschwerdeführer angegeben habe somalischer Staatsbürger zu sein. Die Dolmetscherin habe die Erstbefragung vorzeitig verlassen und sei die Erstbefragung zum großen Teil ohne Übersetzung in Deutsch geführt worden, das Protokoll sei nicht rückübersetzt worden. Es sei dem Beschwerdeführer in der Einvernahme Länderinformationen zu Äthiopien in deutscher Sprache ausgefertigt worden. Im Anhaltezentrum habe es niemanden gegeben, der dem Beschwerdeführer behilflich sein hätte können.
Das BFA schließe aufgrund des Geburtsortes und des Schulbesuchs auf die Staatsangehörigkeit Äthiopien. Die Staatsangehörigkeit sei in der Erstbefragung des Vorverfahrens falsch aufgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe wiederholt versucht, diesen Irrtum klarzustellen; sowohl in den mündlichen Einvernahmen als auch mittels schriftlicher Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht. In der mündlichen Verhandlung am 10.03.2021 habe der Beschwerdeführer erneut vorgebracht, dass er somalischer und nicht äthiopischer Staatsbürger sei; es müsse dem Beschwerdeführer jedenfalls in dieser Verhandlung gelungen sei, dies glaubwürdig vorzutragen, da sowohl im mündlich verkündeten Erkenntnis vom 20.03.2021 als auch in der Ausfertigung zumindest eine alias Staatsangehörigkeit „Somalia“ festgehalten worden sei. Die Fragestellungen bei den Einvernahmen seien suggestiv und irreführend gewesen. Der Beschwerdeführer sei nicht über die Möglichkeit aufgeklärt worden, dass er das Protokoll nicht oder nur „mit Vorbehalt“ unterschreiben könne. Die persönliche Situation des Beschwerdeführers sei eine völlig andere, da er nunmehr in Österreich stärker verwurzelt sei. Es gebe weder in Äthiopien noch in Somalia eine Fluchtalternative für den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer habe nach jahrelangen Aufenthalt in Österreich ein umfangreiches soziales Netzwerk an Freunden, die bereit seien, für die Kosten des Beschwerdeführers aufzukommen. Der Beschwerdeführer sei auch mit einer somalischen Frau mit Konventionspass, verlobt. Das Einreiseverbot sei jedenfalls überzogen. In Österreich, wo es ein förderndes Umfeld für den Beschwerdeführer gebe, würden seine Rechte mit Füßen getreten werden und ihm eine falsche Staatsangehörigkeit zugeschrieben. Hinsichtlich des aufschiebenden Wirkung sei zu berücksichtigen, dass bei Nichtgewährung ein effektiver Rechtsschutz nicht gegeben wäre. Unverständlich sei, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erlassen worden sei ohne, dass dies auf den konkreten Einzelfall des Beschwerdeführers hin geprüft worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Äthiopien und bekennt sich zum sunnitisch- muslimischen Glauben. Er spricht Somali als Muttersprache sowie etwas Englisch und etwas Deutsch.
Der erste Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.11.2020, Zl. W251 2169327-1/13E, rechtskräftig abgewiesen, neue individuelle Fluchtgründe bzw. Gefährdungsmomente, die im gegenständlichen Zweitverfahren behauptet wurden, werden nicht festgestellt. Auch kann keine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage in Äthiopien seit rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens festgestellt werden, die die individuelle Situation des Beschwerdeführers betreffen könnten, auch die aktuelle Covid-19-Pandemie hat nicht derartige Auswirkungen, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat in der Zwischenzeit unzumutbar machen würden.
Zur allgemeinen Lage in Äthiopien werden die Länderfeststellungen des BFA der gegenständlichen Entscheidung zugrundegelegt.
Festgestellt wird, dass sich seit Rechtskraft des ersten Verfahrens keine entscheidungsrelevanten Änderungen hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers ergeben haben.
Der Beschwerdeführer ist gesund und benötigt keine Medikamente.
2. Beweiswürdigung:
Zur festgestellten Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers wird auf die diese Frage betreffende Feststellung und Beweiswürdigung des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.11.2020 verwiesen. Hierzu wird im Vergleichserkenntnis Folgendes ausgeführt:
„2.2.2. Zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist anzumerken, dass im Protokoll der Erstbefragung Somalia als seine Staatsangehörigkeit vermerkt wurde (AS 1). In seiner niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesamt erklärte der Beschwerdeführer jedoch, dass es sich dabei um einen Fehler gehandelt habe und er tatsächlich äthiopischer Staatsbürger sei (AS 45). Zudem legte der Beschwerdeführer im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme eine Geburtsurkunde vor, der zu entnehmen ist, dass er im Ethiopian Somali Regional State geboren ist (AS 63).
Zudem gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, dass er zwar keinen Reisepass, aber einen äthiopischen Personalausweis, genauer eine äthiopische ID Card gehabt habe, was zusätzlich als Nachweis für seine äthiopische Staatsangehörigkeit gesehen werden kann. Er sei auch an der Universität als äthiopischer Staatsbürger zugelassen worden (OZ 12, S. 7). Er betonte auch nochmals, dass es sich in der Erstbefragung um einen Fehler gehandelt habe und er ethnischer Somali, aber äthiopischer Staatsbürger sei (OZ 12, S. 6).
Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer äthiopischer Staatsbürger ist“.
Soweit der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zweitverfahren auf die bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe (Verfolgung von Regierungssoldaten, Liyu Police oder ONLF) Bezug nimmt, wird auf die rechtliche Beurteilung (Punkt 3.unten) verwiesen.
Bei der Beurteilung der nunmehr im Zweitverfahren vorgebrachten „neuen“ Gründe stimmt das Bundesverwaltungsgericht dem BFA uneingeschränkt zu, dass diesem Vorbringen der glaubhafte Kern fehlt:
Bei der Erstbefragung am 24.02.2021 bezog sich der Beschwerdeführer lediglich auf die bereits im Erstverfahren angegebenen Fluchtgründe („politische Probleme“ vgl. AS 28). Auf die Frage, seit wann ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt ist, antwortete er: „Die gab es schon damals und gibt es noch immer.“ (vgl. AS 28).
In der Einvernahme am 19.03.2021 brachte der Beschwerdeführer zusätzlich zu den bisherigen Fluchtgründen vor, dass in seinem Wohngebiet in Äthiopien ethnische Konflikte zwischen Somaliern und Oromo herrschen würden. Weiters erklärte er allerdings, dass es diesen Konflikt schon immer gegeben habe (vgl. AS 78). Zudem brachte er als Fluchtgrund vor, Angst zu haben, von der Regierung rekrutiert zu werden, damit er gegen die ethnische Gruppe Tigray kämpfe (vgl. AS 78). Diesbezüglich ist dem BFA zu folgen, wenn es ausführt, dass diese Angaben lediglich sehr allgemein gehalten sind und keinen konkreten Bezug zum Beschwerdeführer bzw. Bedrohung erkennen lässt. Auch machte die Behörde den Beschwerdeführer auf die Möglichkeit in einem anderen Teil seines Herkunftsstaates zu leben aufmerksam. Zur Rekrutierung wurde von der belangten Behörde zu Recht darauf hingewiesen, dass sich den Länderfeststellungen entnehmen lässt, dass die äthiopische Armee eine Freiwilligenarmee ist (vgl. AS 168f.).
Insgesamt kommt das Bundesverwaltungsgericht daher – wie auch das BFA – zu dem Ergebnis, dass den im Zweitverfahren erstatteten Vorbringen zu einer tatsächlich konkret individuell drohenden Gefahr des Beschwerdeführers im Falle einer aktuellen Rückkehr nach Äthiopien der glaubhafte Kern fehlt.
Sofern der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbrachte, dass der Dolmetscher in seiner Erstbefragung frühzeitig entlassen worden ist und ihm die Einvernahme nicht rückübersetzt worden wäre, ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer nach der Erstbefragung zweimal einvernommen wurde (am 19.03.2021 und am 25.03.2021), diese Einvernahmen rückübersetzt wurden und er jeweils mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und der erfolgten Rückübersetzung bestätigte. In den Einvernahmen gab er jeweils an, dass seine bisherigen Angaben der Wahrheit entsprächen. Explizit zur Erstbefragung befragt, gab er Folgendes an: „Ich habe die Wahrheit gesagt und habe nichts zu ergänzen. Ich habe die Dolmetscherin aber nicht verstanden und gab den Rest in der deutschen Sprache an, dies wurde auch in der Niederschrift der Erstbefragung protokolliert.“ (vgl. AS 77). Korrekturen bzw. Ergänzungen tätigte er somit nicht.
Die Feststellungen zum Privatleben ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus der Einvernahme am 19.03.2021, bei der der Beschwerdeführer, befragt, ob sich seit Rechtskraft der letzten Entscheidung zu seinem Vorverfahren etwas an seinem hier geführten Privat- bzw. Familienleben verändert hat Folgendes zu Protokoll gab: „Nein, es ist alles gleichgeblieben.“ (vgl. AS 77). Diese Angabe bekräftige er in der Einvernahme am 25.03.2021 wo er abermals angab, dass sich an seinem Familienleben nicht verändert hat (vgl. AS 112).
Dass der Beschwerdeführer gesund ist und keine Medikamente benötigt, hat er in der Einvernahme vom 19.03.2021 selbst ausgesagt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) 1. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):
a) Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).
In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des BFA wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN, VwGH 25.02.2016, Ra 2015/19/0267). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN). Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN).
Dem neuen Tatsachenvorbringen muss also eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zuko