Entscheidungsdatum
06.05.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W144 2239557-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistans, vertreten durch RA Dr. Astrid WAGNER, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 20.01.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF) ist Staatsangehörige Afghanistans und stellte persönlich am 31.10.2019 bei der österreichischen Botschaft in Islamabad (ÖB Islamabad) einen Antrag auf Ausstellung eines zur mehrfachen Einreise berechtigenden Visums der Kategorie D für die Gültigkeitsdauer von 170 Tagen.
Begründend erklärte die BF im Antragsformular, dass der Hauptzweck der Reise der Besuch von Familienangehörigen und eines Deutschkurses sei. Die einladende Person sei ihr Ehemann XXXX .
Die ÖB Islamabad erteilte der BF am 13.11.2019 einen Verbesserungsauftrag, der am 18.11.2019 zugestellt wurde und in dem die Vorlage weiterer Unterlagen gefordert wurde. Weitere Unterlagen wurde am 20.11.2019 vorgelegt.
Im niederschriftlichen Fragenkatalog vom 21.11.2019 machte die BF nähere Angaben zur Eheschließung, wobei sie angab, dass die Ehe am XXXX .09.2019 traditionell geschlossen und registriert worden wäre.
Mit Schreiben vom 27.11.2019 wurde die BF aufgefordert Stellung zu nehmen, bezüglich der Bedenken der ÖB Islamabad, wonach Zweifel am Wahrheitsgehalt des Inhalts der vorgelegten Belege und an der Glaubwürdigkeit der Angaben der BF bestünden und die Ansicht bestehe, dass die Ehe gegen den Grundsatz der ordre public verstoße.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2019 erstattete die BF eine diesbezügliche Stellungnahme und brachte im Wesentlichen vor, dass der Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts ausreichend begründet seien. Eine elektronische Verpflichtungserklärung werde vorgelegt.
Mit Bescheid vom 20.01.2020, zugestellt am 05.02.2020, verweigerte die ÖB Islamabad das Visum mit der Begründung, dass der Zweck und die Bedingungen des beabsichtigen Aufenthalts nicht ausreichend begründet seien. Das Bestehen eines aufrichtigen Familienverhältnisses sei nicht feststellbar. Zudem habe die BF den Nachweis über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und die Rückkehr in Heimatstaat nicht erbracht.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 21.02.2020/Email vom 25.02.2020 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher sie im Wesentlichen vorbrachte, dass die Ablehnungsgründe der belangten Behörde inhaltlich unrichtig wären, da sehr wohl ein aufrichtiges Familienverhältnis bestünde als auch ausreichende finanzielle Mittel vorhanden seien.
Mit Schreiben der ÖB Islamabad vom 28.01.2021 wurde dem Bundesministerium für Inneres der Verwaltungsakt übermittelt.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 12.02.2021, eingelangt am 15.02.2021, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt übermittelt und mitgeteilt, dass von einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen werde.
Mit Schreiben vom 19.03.2021 wurde die BF vom Bundesverwaltungsgericht ausgefordert Stellung zu dem Umstand zu nehmen, dass auf der vorgelegten Heiratsurkunde der Fingerabdruck des Ehegatten fehle, was eine im Bundesgebiet nicht anzuerkennende Stellvertreterehe nahelege. Zudem bestünden Zweifel an der gesicherten Wiederausreise der BF, da sie davon ausgehe verheiratet zu sein und über keine nennenswerte Bindung zum Heimatstaat verfüge.
Die BF führte in der Stellungnahme vom 02.04.2021 aus, dass beide Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung anwesend waren. Es habe ein Fehler auf der Übersetzung der Urkunde bezüglich der Umrechnung der Jahreszahl bestanden. Die Fingerabdrücke des Ehemannes und der Ehefrau wären nicht vorhanden, da eine erneute Abgabe der ohnehin im System gespeicherten Fingerabdrücke bei der Ausstellung der berichtigten Urkunde nicht notwendig gewesen sei. Die Zweifel hinsichtlich der gesicherten Wiederausreise der BF wären nicht nachvollziehbar, zumal sämtliche Verwandte der BF im Heimatstaat leben würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.) Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.
Die BF gab in dem von ihr gestellten Antrag auf Ausstellung eines Visums der Kategorie D an, ihren angeblichen Ehemann – einen österreichischen Staatsbürger – in Österreich besuchen und an einem Deutschkurs teilnehmen zu wollen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF mit ihrem angeblichen Ehemann in Afghanistan eine rechtsgültige, dem österreichischen ordre public entsprechende Ehe geschlossen hat.
Die BF geht in Afghanistan keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie lebt bei ihrer Familie, da sich ihre Schwiegerfamilie in Österreich befindet. Eine wirtschaftliche und/oder familiäre bzw. soziale Verwurzelung der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat ist nicht erkennbar. Die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf des Visums wieder aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, kann nicht festgestellt werden.
2.) Beweiswürdigung:
Die Festgestellungen zur Antragstellung und zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB Islamabad.
Die Negativ-Feststellung zur Ehe der BF ergibt sich aus der diesbezüglichen Unglaubwürdigkeit und verschiedenen Ungereimtheiten des Vorbringens der BF, konkret aus nachstehenden beweiswürdigenden Erwägungen:
1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das auf der vorgelegten Heiratsurkunde angegebene (konvertierte) Datum der Eheschließung ( XXXX .09.2019) mit jenem, das die BF in ihrer Befragung am 21.11.2019 nannte, übereinstimmt, was den Schluss zulässt, dass es sich dabei um das tatsächliche Datum der Eheschließung handelt. Die religiöse Eheschließung ist gemäß den Angaben der BF am selben Tag erfolgt wie die Registrierung. Aus dem Reisepass des vermeintlichen Ehemannes geht allerdings aufgrund der auf Seite 34 des Passes befindlichen Stempeln hervor, dass dieser erst am XXXX .09.2019 und somit nach Eheschließung in Kabul einreiste. Dass er somit am XXXX .09.2019 bei der Eheschließung anwesend war, ist demnach auszuschließen.
2. Rechnet man das in der Urkunde angegebene afghanische Datum ( XXXX .06.1398) in ein gregorianisches um, ergäbe dies den XXXX .09.2019, was immer noch vor der Einreise des Ehegatten läge und dann wiederum im Widerspruch mit der Angabe der BF in der Befragung vom 21.11.2019 stünde.
3. Die BF gab in ihrer Befragung am 21.11.2019 ebenfalls an, dass das erste Treffen zwischen ihr und ihrem vermeintlichen Ehegatten bei der Eheschließung stattfand. Das angegebene Datum der Eheschließung liegt jedoch – wie bereits angeführt – vor dem Datum der Einreise des Gatten.
4. Aus dem Inhalt der Heiratsurkunde geht nicht hervor, dass beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung anwesend waren.
5. In der Stellungnahme vom 02.04.2021 erklärte die BF, dass die auf der Heiratsurkunde ursprünglich angegebene Jahreszahl unrichtig gewesen wäre und sie sich mit ihrem Gatten gemeinsam an das Gericht gewandt habe, um dies berichtigen zu lassen. Die vorgelegte Urkunde enthalte die richtige Jahreszahl. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass erneut ein Fehler beim Datum in der Urkunde vorliegen würde und dies nicht beanstandet worden wäre. Zudem stünde die Annahme, dass die Ehe nach der Einreise des vermeintlichen Ehemannes stattfand im Widerspruch zur Aussage der BF im Zuge der Befragung am 21.11.2019.
6. Die BF erklärte das Fehlen der Fingerabdrücke der Eheleute damit, dass die Heiratsurkunde zunächst eine falsche Jahreszahl enthalten habe und bei der Ausstellung der vorgelegten berichtigten Urkunde wäre eine erneute Abgabe der Finderabdrücke der Eheleute nicht mehr notwendig gewesen, da diese bereits gespeichert wären. Dabei übersieht die BF jedoch, dass sich ihr eigener Fingerabdruck sehr wohl auf der Urkunde befindet. Somit steht die Stellungnahme im Widerspruch zur vorgelegten Urkunde selbst, auf der sich nicht nur die Fingerabdrücke aller Zeugen, sondern auch jener der BF befinden. Lediglich der Fingerabdruck des Ehegatten fehlt. Die dargelegte Argumentation vermag daher nicht davon zu überzeugen, dass beide Eheleute bei Eheschließung anwesend waren. Im Gegenteil, sie unterstreicht die Widersprüche hinsichtlich der Eheschließung weiter und lässt einzig den Schluss zu, dass der Ehegatte zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht anwesend war.
Insgesamt ist aufgrund der zeitlichen Diskrepanz, des fehlenden Fingerabdrucks des Ehemannes und des Inhalts der Heiratsurkunde nicht anzunehmen, dass die BF und der vermeintliche Ehemann bei der Eheschließung anwesend waren.
Die Feststellung hinsichtlich der nicht erkennbaren Verwurzelung in ihrem Herkunftsstaat und die Negativ-Feststellung zum Ausreisewillen der BF beruhen auf ihren eigenen Angaben einerseits auf dem Fragebogen, der dem Antrag beiliegt, und andererseits bei der Befragung am 21.11.2019.
3.) Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) idgF lauten wie folgt:
„§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“
§§ 11, 11a, 21 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung von Visa D
§ 21. (1) Visa gemäß § 20 Abs. 1 Z 1, 3 bis 5 und 8 bis 10 können einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn
1. dieser ein gültiges Reisedokument besitzt;
2. kein Versagungsgrund (Abs. 2) vorliegt und
3. die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint.
In den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 4 und 5 hat die Vertretungsbehörde von der Voraussetzung der Z 3 abzusehen.
(2) Die Erteilung eines Visums ist zu versagen, wenn
1. der Fremde den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
2. begründete Zweifel im Verfahren zur Erteilung eines Visums an der wahren Identität oder der Staatsangehörigkeit des Fremden, an der Echtheit der vorgelegten Dokumente oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhaltes oder am Vorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen bestehen;
3. der Fremde nicht über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder er im Gesundheitszeugnis gemäß § 23 eine schwerwiegende Erkrankung aufweist;
4. der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 bis 10 für die Wiederausreise verfügt;
5. der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs;
6. der Fremde im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
7. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
8. gegen den Fremden ein rechtskräftiges Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, außer im Fall des § 26a (Visa zur Wiedereinreise) oder des § 27a (Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes);
9. der Aufenthalt des Fremden die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat beeinträchtigen würde;
10. Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde außer in den Fällen des § 24 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;
11. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB), eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
12. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
13. der Fremde öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
14. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 2 Z 3, 4 oder 5 ein Visum erteilen, wenn auf Grund einer im öffentlichen Interesse eingegangenen Verpflichtung eines Rechtsträgers im Sinn des § 1 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz – AHG, BGBl. Nr. 20/1949, oder auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten.
(4) Wird einer Aufforderung zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 99 Abs. 1 Z 7 und Abs. 4 nicht Folge geleistet, ist der Antrag auf Erteilung eines Visums zurückzuweisen.“
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 16 und 6) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-G) idgF lauten wie folgt:
„Form der Eheschließung
§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.
(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Vorbehaltsklausel (ordre public)
§ 6 Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.“
Die maßgebliche Bestimmung (§ 17) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:
„Form der Eheschließung
§ 17 (1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.
(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.“
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 21 Abs. 2 Z 1 FPG ist das Visum zu verweigern, wenn der Antragsteller den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes nicht begründet.
Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Nach österreichischem Recht ist eine Ehe, die nicht in Anwesenheit beider Brautleute, sondern durch Stellvertreter geschlossen wird, keinesfalls gültig, da eine solche Stellvertreterehe den Grundwerten der österr. Rechtsordnung widerspricht.
Es ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass keine rechtskonforme Ehe der BF gemäß dem Internationalen Privatrechtsgesetz zwischen der BF und der einladenden Person besteht. Nach § 6 IPRG ist eine Bestimmung des fremden Rechtes dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. Eine Stellvertreterehe widerspricht eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, und so folgt aus § 6 IPRG, dass die von der BF und der Bezugsperson geschlossene Ehe hier keinen Rechtsbestand hat.
Auch aus der Entscheidung des EGMR vom 08.12.2009 (Case of Munoz Diaz vs. Spain, No. 49.151/07) geht hervor, dass keine Verpflichtung besteht, Eheschließungen auf Grundlage fremder Rechtsordnungen anzuerkennen, die den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung widersprechen.
Die Argumentation der ÖB Islamabad, wonach ein Familienverhältnis zwischen der BF und der einladenden Person nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, ist im Ergebnis zutreffend. Dementsprechend ist der ÖB Islamabad zuzustimmen, dass der Zweck des geplanten Aufenthalts nicht ausreichend begründet ist.
Gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 FPG ist einem Antragsteller die Erteilung eines Visums zu versagen, wenn die Wiederausreise des Fremden nicht gesichert erscheint.
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2007, 2007/21/0104 führt unmissverständlich aus, dass (im Gegensatz zur alten Rechtslage) die Visumerteilung positiv voraussetzt, dass die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint. War es bisher (alte Rechtslage) Sache der Behörde, Anhaltspunkte für ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus darzutun, andernfalls das beantragte Visum zu erteilen war, muss sich ein derartiges Verbleiben – soll es zu einer Visumerteilung kommen – als unwahrscheinlich erweisen. Begründete Zweifel gehen anders als nach der alten Rechtslage daher nunmehr zu Lasten des Fremden.
Die BF ist in ihrem Heimatstaat nicht erwerbstätig. Es wurden im Verfahren keine relevanten Angaben zu einer etwaigen sozialen, familiären oder wirtschaftlichen Verwurzelung im Heimatstaat erbracht. Die BF geht davon aus rechtmäßig mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet zu sein, dessen Familie ebenfalls in Österreich lebt, zudem plant die BF den Besuch eines Deutschkurses in Österreich. Aufgrund dieser Umstände ist die Wiederausreise der BF nicht nur nicht gesichert, sondern als äußerst unwahrscheinlich anzusehen.
Vor obig Gesagten kann im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, es handle sich gegenständlich um einen "Generalverdacht", der zur Versagung des Visums geführt hat. Es liegen wie bereits oben aufgezeigt nachvollziehbare Anhaltspunkte für den Verdacht eines Verbleibens über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus vor.
Der Beschwerdeführerin ist es zusammenfassend insgesamt nicht gelungen, die sich nach Durchführung von umfassenden Ermittlungen begründet ergebenden Bedenken durch ein unter Beweis zu stellendes substantiell geeignetes Vorbringen zu zerstreuen.
Im Ergebnis kann der ÖB Islamabad letztlich nicht entgegengetreten werden, wenn diese ausführt, dass der von der BF angegebene Reisezweck nicht ausreichend begründet wurde. Zudem ist die Wiederausreise der BF nicht gesichert, sodass das beantragte Visum gem. § 21 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 1 FPG zu verweigern war.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
begründete Zweifel Ehe Einreisetitel ordre public WiederausreiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W144.2239557.1.00Im RIS seit
22.09.2021Zuletzt aktualisiert am
22.09.2021