Entscheidungsdatum
11.05.2021Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W222 2241186-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer hat am 19.03.2021 am Flughafen XXXX im Zuge einer Identitätsfeststellung gemäß § 12a Grenzkontrollgesetz (GrekoG) durch Organe der Bundespolizei den ersten Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 gestellt.
Am 20.03.2021 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des XXXX die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei führte dieser aus, dass er aus Indien stamme, ledig sei, im Heimatland zehn Jahre die Grundschule besucht und danach als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft gearbeitet habe. In Indien würden seine Eltern und seine Schwester leben. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass seine Mutter vor ca. zwei Jahren schwer erkrankt sei. Um die Behandlung seiner Mutter zu finanzieren, hätten sie sich Geld von einem Einwohner des Nachbardorfes ausgeliehen und dafür ein Grundstück von ihnen eingesetzt. Es sei eine bestimmte Frist ausgemacht worden, in der das Geld zurückbezahlt werden müsse. Sie hätten das Geld auch, wie ausgemacht, zurückbezahlen wollen, allerdings habe der Mann ihnen das Grundstück nicht mehr zurückgeben wollen. Da sie das Grundstück aber zurückgefordert hätten und mehrmals zu ihm hingegangen seien, um dies zu bekräftigen, seien sie von dieser Familie bedroht und geschlagen worden und es seien auch Anschläge auf sie verübt worden. Bei einem dieser Anschläge habe sein Vater die Finger einer Hand verloren. Sie seien auch zur Polizei gegangen und hätten diese Vorfälle gemeldet. Die Polizei habe ihnen gesagt, dass sie das ausgeliehene Geld zurückzahlen müssten. Sie hätten aber schon vorher dieser Familie das Geld zurückbezahlt, ohne einen Beleg dafür bekommen zu haben. Daher hätten sie dies auch nicht bei der Polizei beweisen können und diese hätte ihnen nicht geglaubt. Vor ca. fünf bis sechs Monaten sei diese Familie auf das Grundstück gekommen und hätte ernten wollen. Seine Familie und die Dorfbewohner hätten diese Familie verjagt und es sei zu einer Massenschlägerei gekommen. Nach dieser Schlägerei sei gegen seinen Vater ein Strafverfahren eingeleitet und der Beschwerdeführer mit dem Tod bedroht worden. Aus Angst um sein Leben habe er aus seiner Heimat flüchten müssen.
Nachdem die Einreise des Beschwerdeführers nicht gestattet worden war, wurde dieser am 25.03.2021 im Rahmen eines Flughafenverfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle XXXX , niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei und aus der Provinz Punjab stamme. Er sei mit seinem indischen Reisepass vor ca. dreieinhalb Monaten legal ausgereist. Am Flughafen in Österreich habe er diesen zerrissen und dann in der Toilette entsorgt; dies habe ihm der Schlepper empfohlen. Für die Ausreise habe er 5.000€ bezahlt. Das Geld sei von der Landwirtschaft seines Vaters gekommen. Er habe seinen Reisepass persönlich am Passamt in Amritsar beantragt und habe deshalb keine Probleme gehabt. In Indien habe er mit seinem Vater auf der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet. Seine Eltern und seine Schwester würden nach wie vor im Punjab und von der Landwirtschaft leben. Vor seiner Ausreise habe er ca. zwei Monate in Delhi gelebt. Er habe in Indien ein religiöses Problem gehabt. Er sei Anhänger der XXXX Partei und habe Probleme mit den Anhängern der XXXX Partei. „Aus diesem Grund werden wir stark von ihnen verfolgt.“. Auf die Frage, ob er als Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Sikhs persönlich Probleme gehabt habe, führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Hauptproblem ein Grundstücksproblem gewesen sei. Allerdings würden sie aufgrund ihrer Religion „stärker“ verfolgt werden. „Unser Führer der XXXX heißt XXXX . Wir fordern XXXX .“ Dies sei alles und er könne nicht mehr dazu angeben. Er habe mit seiner Familie in Indien Kontakt über einen Freund. Er habe diesen gefragt, ob die Gegner zu ihnen gekommen seien und wie der aktuelle Stand sei. Der Freund habe ihm mitgeteilt, dass die Gegner nach wie vor auf der Suche nach ihm seien und Informationen über seine Familie sammeln würden. Nach Aufforderung, dies genauer zu schildern, gab der Beschwerdeführer an: „Sie haben im Dorf bekannt gegeben, dass sie unser Grundstück in Besitz nehmen werden und sobald sie mich finden, töten werden.“ Er sei mit der XXXX verbunden und werde als ihr Anhänger noch mehr gehasst und sein Leben sei dort in Gefahr. Auf die Frage, ob er individuell jemals wegen seiner politischen Überzeugung verfolgt worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass „alle Menschen diese Probleme haben.“ Dazu befragt, könne er nur angeben, dass ihm bekannt gegeben worden sei, dass man ihn wegen der Grundstücksprobleme töten wolle und sein Leben in Gefahr sei. Dies sei alles. Ihm sei geraten worden, die Partei zu wechseln und seine Grundstücke zu übergeben. So wären dann alle Probleme gelöst und wenn er nicht zustimme, dann werde er getötet werden. Auf die Frage, „wer“ ihm das „wann“ geraten habe, gab der Beschwerdeführer an: „Als ich noch dort war, wurde mir das gesagt. Als man mich angegriffen und geschlagen hatte, wurde mir das ebenfalls gesagt. Wir wollten eine Dorfbesprechung veranlassen, damit der Dorfvorstand dieses Problem löst, aber sie wollten nicht zustimmen.“ Nach Aufforderung, den Fragen nicht ständig auszuweichen und die konkrete Frage zu beantworten, gab der Beschwerdeführer an, dass er dies vor drei Tagen durch einen Freund erfahren habe. Auf Nachfrage, ob er wieder ohne Probleme im Heimatland leben könne, wenn er auf die Lösung dieses (Grundstücks-) Konflikts einsteigen würde, gab der Beschwerdeführer an, dass dies nicht so sei. Er habe versucht, mit ihnen das Problem zu lösen, aber sie hätten zu viel Stolz und würden auf ihrer Einstellung beharren, dass sie ihn umbringen wollten. Er habe etliche Male versucht, mit ihnen zu sprechen, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Sie seien nicht persönlich hingegangen, aber sie hätten drei bis vier Mal Personen hingeschickt. Die Polizei habe ihm bei seinem Problem nicht geholfen. Seinem Vater seien vier Finger abgetrennt worden, aber die Polizei habe kein Verfahren mit den Gegnern aufgenommen „weil sie mit ihnen verbunden sind.“
Am XXXX wurde das Büro des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge in Österreich (in der Folge: UNHCR) gemäß § 33 Abs. 2 Asylgesetz 2005 um Erteilung der Zustimmung der Abweisung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz ersucht.
Mit Schreiben des UNHCR vom XXXX wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Zustimmung gemäß § 32 Abs. 2 Asylgesetz 2005 erteilt werde, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkommitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Fluchtgründe offensichtlich nicht den Tatsachen entsprochen hätten. Diese Ansicht der Behörde sei letztlich auch vom UNHCR geteilt worden, was sich aus dem im Akt befindlichen Schreiben vom XXXX ergebe. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass eine Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG an dem Umstand scheitere, dass sich der Beschwerdeführer nicht im Bundesgebiet aufhalte.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2021, W169 2241186-1/2E als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei.
Am 17.04.2021 stellte der Beschwerdeführer in der Zurückweisungszone des Sondertransits gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und gab an: „Ich werde in meiner Heimat bedroht und kann dort hin nicht mehr zurück.“
Bei der Einvernahme am 18.04.2021 vor der Landespolizeidirektion XXXX gab der Beschwerdeführer auf die Frage, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle an: „Ich möchte hier in Österreich leben – mein Leben ist in Indien in großer Gefahr. Zwischen meinem ersten Antrag und dem Aufenthalt in der Asylunterbringung im hs. XXXX , vor ca. 10 Tagen, wurde mir von Freunden telefonisch mitgeteilt, dass meine Gegner und Bedroher auf der Suche nach mir sind und Informationen über meinen Aufenthalt sammeln bzw. in Erfahrung bringen wollten. Sie sagten meinen Freunden, dass sie mich töten wollen.
Immer wieder werden Bekannte und Freunde über meinen Aufenthalt befragt, mit der Drohung, dass Sie mich umbringen wollen.
Ich ersuche die Behörden hier in Österreich meinen Aufenthalt zu erlauben. Ich musste meine Ausreise bzw. Zurückweisung mit Widerstand verhindern, da in meinem Herkunftsland mein Leben bedroht ist.“ Bei einer Rückkehr befürchte er umgebracht zu werden, da er Anhänger der XXXX -Bewegung sei und die indische Regierung dagegen sei, werde er verfolgt. Auf die Frage, seit wann ihm die Änderung der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt sei, gab der Beschwerdeführer an: „Die Fluchtgründe haben sich nicht verändert, sondern durch die Nachricht seiner Freunde und Bekannten verstärkt.“
Bei der Einvernahme am 26.04.2021 vor dem BFA, XXXX , gab der BF an, dass er grundsätzlich gesund sei. Auf die Fragen, warum er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle bzw. ob sich bezüglich seiner Fluchtgründe etwas geändert habe, gab der Beschwerdeführer an: „Ich möchte nicht ausreisen. Mein Leben ist dort in Gefahr.“ In weiterer Folge wurde ausgeführt: „LA: Bitte geben Sie nochmals substantiiert an, welche Gründe, aus persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im HKS, sich verändert haben.
VP: Vor ca. 10 bis 15 Tagen bekam ich einen Anruf von einem Freund. Er sagte mir, dass die Angreifer – die mich schlugen – also die Anhänger der XXXX , nach mir suchen. Sie informieren sich über meinen Aufenthalt. Sie fragen Leute nach meinem Aufenthalt und sind auch bereit Geld zu zahlen, damit mein Aufenthalt bekannt wird. Vor ca. 5 Tagen kam die Polizei zum Dorfvorstand. Sie teilten dem Dorfvorstand mit, dass sie mich unbedingt haben möchten. Ich weiß zwar nicht welches Verfahren mir angehängt wird, ich werde jedoch gesucht, damit man mich inhaftieren kann. Das ist meine Angst und das ist der Grund. Ich habe Angst, dass ich bei einer Rückkehr sofort inhaftiert oder ermordet werde. Befragt, das ist alles.
LA: Wollen Sie sonst noch Angaben zum Fluchtgrund machen?
VP: Ich fürchte um mein Leben. Ich wurde in Indien geschlagen und verfolgt. Ich dachte mir, dass ich in Österreich in Sicherheit bin, aber auch hier wurde ich geschlagen. Ich möchte nicht ausreisen. Zum Fluchtgrund habe ich alles gesagt und kann nicht mehr dazu angeben.
LA: Seit wann „ganz konkret“ sind Ihnen die Änderungen der Situation/Fluchtgründe bekannt? Wie kamen Sie zu den Informationen detailliert bitte?
VP: Vor ca. 15 Tagen bekam ich einen Anruf von einem Freund. Vor ca. 4 Tagen bekam ich erneut den Anruf betreffend die Polizei. Mir wurden aber keine Details gesagt, weil der Mann selbst Angst hatte.
LA: Welcher Mann?
VP: Mein Freund.
Anm: 11:40 h Rückübersetzung
LA: Haben Sie Korrekturen oder Ergänzungen anzubringen oder passt alles so?
VP: Es passt so.
LA: Können Sie das erwähnte Telefongespräch vor 4 Tagen bitte genau und wortwörtlich wiedergeben?
VP: Zuerst fragte mich mein Freund, wo ich bin. Ich sagte es ihm aber nicht. Ich sagte ihm, dass es mir gut gehe. Ich fragte ihn, worum es gehen würde. Gibt es etwas? Er sagte mir, dass die Polizei zum Dorfvorstand kam. Er sagte, er war selbst nicht dort, aber er hat erfahren, dass nach meinem Aufenthalt nachgefragt wurde. Die Polizei ist mit der XXXX verbunden. Es ist ihre Regierung. Er hat mir aber auch nicht exakt sagen können, welches Verfahren mir angehängt wird. Ich sagte ihm, dass er mir davon berichten sollte, wenn er mehr Informationen hat. Er sagte aber auch, dass ich niemanden mitteilen sollte, dass ich die Informationen von ihm habe. Befragt ist das alles.
LA: Möchten Sie zu den Länderfeststellungen etwas sagen?
VP: Die Medien und die Länderfeststellungen zu Indien sind alles Fakes. Nur die Leute die dort leben wissen wie die Realität ist. Alle sind korrupt.
LA: Welche Rückkehrbefürchtung haben Sie jetzt?
VP: Entweder werde ich direkt am Flughafen inhaftiert und für eine lange Haftstrafe eingesperrt oder ich werde gefoltert. Auch wenn ich entlassen werde, werde ich von Anhängern der XXXX ermordet.
LA: War dieses Gespräch „vor“ oder „nach“ Ihrem letzten Einvernahmetermin hier im XXXX – der Sie nicht nachgekommen sind und sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen ließen?
Anm: Ladung zur EV für den 21.04.2021
VP: Es war danach. Am selben Tag am Abend bekam ich den Anruf.
LA: Haben Sie alles vollständig einbringen können? Wollen Sie noch etwas sagen dazu?
VP: Es ist alles.
LA: Frage an RB: Gibt es noch Fragen zu klären? Wollen Sie noch etwas einbringen?
RB: Nein.
LA: Ergebnis der EV: Sie haben sich nunmehr ausschließlich auf Gründe gestützt, die Sie schon in Ihrem früheren Asylverfahren angegeben haben und zum Kern der Sache kein neues Vorbringen geltend gemacht. Es ist daher beabsichtigt, Ihren Antrag gem. § 68 Abs. 1 AVG (am Flughafen) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Sie brachten weder neue Fluchtgründe, noch neue Beweismittel oder eine Änderung der Lage im HKS oder sonstige Änderung der privaten Verhältnisse im Vergleich zu Ihrem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor, woraus sich folglich auch eine „maßgebliche Änderung“ Ihrer Situation ergeben hätte.
Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern.
Da Sie sich im Stande der Zurückweisung im Sondertransit des Flughafens XXXX befinden und eine Einreise nicht gestattet wurde, wird gem. § 33 (5) AsylG Flughafenverfahren auch nicht über aufenthaltsbeendende Maßnahmen gem. 8. Hauptstück des FPG abgesprochen.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass Sie bei Rückkehr in eine Gefährdungs – oder Notlage geraten, da Sie dort über ausreichend soziale Anknüpfungspunkte verfügen. Wegen der Asylantragstellung haben Sie bei einer Rückkehr nicht mit Schwierigkeiten zu rechnen.
Wollen Sie etwas dazu sagen?
VP: Bitte glauben Sie mir. Glaubt man mir erst dann, wenn ich ermordet werde?“
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren dieselben Gründe, die er im ersten Asylverfahren behauptet habe, vorgebracht habe. „Die von Ihnen vorgebrachten Beweggründe für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats (Verfolgung wegen Grundstücksstreitigkeiten) wurden nicht glaubhaft vorgebracht und entsprechen offensichtlich nicht den Tatsachen. Sie brachten im gegenständlichen Verfahren dieselben Fluchtgründe erneut vor, wobei Sie eine nach wie vor andauernde Verfolgung nach Ihrer Ausreise aus Indien behaupteten, was jedoch mangels Glaubwürdigkeit des ursprünglichen Vorbringens ebenso als unglaubwürdig zu werten war.
Weder haben Sie einen neuen Sachverhalt hinsichtlich Ihrer Fluchtgründe, noch was Ihre Situation nach Rückkehr betrifft, behauptet. Es konnte auch von Amts wegen nicht festgestellt werden, dass Sie einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren bzw. sind oder in Zukunft zu befürchten hätten.
Es konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr nach Indien dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wären oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen könnte.
Sie verfügen im Herkunftsstaat über soziale und familiäre Bezugspunkte – Ihre Eltern und Ihre Schwester leben weiterhin dort von den Einkünften aus der eigenen Landwirtschaft.
Sie wurden bisher von Ihren Angehörigen unterstützt, zumal diese auch Ihre Ausreise in der Höhe von ca. 400 000 Rupien mitfinanziert haben und finden deshalb auch Unterstützungs- und Unterkunftsmöglichkeiten vor. Die elementare Grundversorgung in Ihrem Herkunftsland ist gewährleistet. Sie waren bisher als XXXX berufstätig und haben Ihr Leben damit gut finanzieren können. Es ist nicht davon auszugehen, dass Sie bei Rückkehr in eine Ihre Existenz bedrohende Notlage geraten würden.“
Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
„Sache“ des Berufungsverfahrens ist regelmäßig die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat, soweit dieser angefochten wurde (VwSlg 7548A/1969, VfSlg 7240/1973, VwGH vom 8.10.1996, 94/04/0248; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1265 mwH).
Im vorliegenden Fall ist Sache des Berufungsverfahrens somit die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des (zweiten) Asylantrages wegen entschiedener Sache. Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg 2066A/1951, VwGH vom 30.5.1995, 93/08/0207; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).
Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8.9.1977, 2609/76). Die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht werden (VwGH 23.5.1995, 94/04/0081).
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, und andere). Identität der Sache liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 08.04.1992, 88/12/0169).
Der Begriff Identität der Sache muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Dies bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH vom 30.01.1995, 94/10/0162 ua). Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (VwGH 07.12.1988, 86/01/0164). Die Beantwortung der Frage, ob sich die nach dem früheren Bescheid maßgeblich gewesene Sachlage derart geändert hat, dass die Erlassung eines neuen Bescheides in Betracht kommt, setzt voraus, dass der bestehende Sachverhalt an der diesen Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsanschauung und ihrem normativen Hintergrund gemessen wird, und zwar nach derselben Methode, mit der er im Falle einer neuen Sachentscheidung an der Norm selbst zu messen wäre (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, fünfte Auflage, E 19 b zu § 68 AVG).
Der Beschwerdeführer bezog sich im nunmehrigen Verfahren auf die gleichen Fluchtgründe wie im ersten Verfahren. So gab dieser an: „Die Fluchtgründe haben sich nicht verändert, sondern durch die Nachricht meiner Freunde und Bekannten verstärkt.“
In weiterer Folge führte der Beschwerdeführer sein Vorbringen aus dem ersten Verfahren fort, indem er angab, dass er einen Telefonanruf erhalten habe und sein Freund ihm gesagt habe, dass seine Angreifer und die Polizei nach ihm suchen würden.
Das Vorbringen ist lediglich als eine Fortführung der bereits im ersten Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe zu werten, denen damals sowohl in erster als auch in zweiter Instanz kein Glauben geschenkt wurde. Da bereits das gesamte erste Asylverfahren auf einem nicht glaubhaften Vorbringen beruhte, kann aus der Fortführung dieses Vorbringens auch im hier gegenständlichen (zweiten) Verfahren nichts zu gewinnen sein.
Mit diesen Ausführungen ist klargestellt, dass in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers keine Umstände eingetreten sind, welche geeignet wären, einen zulässigen neuerlichen Asylantrag zu begründen, sind doch diesem Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.
Seitens des Bundesamtes wurde dem Beschwerdeführer auch die allgemeine Situation im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt, wie sie sich aus den Länderfeststellungen des Bundesamtes, die sich auf die Staatendokumentation stützen, ergibt, vorgehalten, wonach sich diese nicht in relevanter Weise geändert habe. Dem trat der Beschwerdeführer nicht konkret entgegen. Eine relevante Sachverhaltsänderung hinsichtlich der allgemeinen Lage, wonach jeder Inder im Falle einer Rückkehr bereits in seiner Heimat gefährdet wäre, kann nicht erkannt werden und kann eine relevante Änderung der allgemeinen Lage in Indien auch sonst nicht erkannt werden.
Dass es dem Beschwerdeführer im Gegensatz zur Situation bei Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2021 nunmehr nicht möglich wäre, für den notwendigsten Lebensunterhalt zu sorgen, vermochte der Beschwerdeführer, der verwandtschaftliche Beziehungen in Indien hat, nicht aufzuzeigen. Schwierige Lebensbedingungen reichen aber für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht aus.
Das Bundesamt stellte zutreffend fest, dass keinerlei Sachverhaltsänderung im Hinblick auf die Rückkehrentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eingetreten ist, zumal der Beschwerdeführer sich erst seit kurzem im Bundesgebiet aufhält, keine fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers vorliegt, wogegen er sein übriges bisheriges Leben in Indien verbrachte sowie seine Eltern und eine Schwester in Indien leben und sohin das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen seinen privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt (vgl. VwGH 25.02.2010, 2008/18/0332, 25.02.2010, 2010/18/0016, 25.02.2010, 2010/18/0010).
Da sohin keinerlei relevante neu entstandene Sachverhaltselemente vorliegen, denen zufolge eine andere Entscheidung in Betracht käme, liegt eine bereits rechtskräftig entschiedene Sache vor, über die nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 22.11.2006, Zl. 2005/20/0406 und viele andere).
Zudem kann die Verhandlung gem. § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Folgeantrag Identität der Sache Prozesshindernis der entschiedenen Sache res iudicataEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W222.2241186.2.00Im RIS seit
21.09.2021Zuletzt aktualisiert am
21.09.2021