TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/1 W123 2238501-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.06.2021
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Entscheidungsdatum

01.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §33

Spruch


W123 2238501-1/17E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2020, Zl. 618528203/190328733:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2020, Zl. 618528203/190328733, nach Durchführung öffentlich mündlicher Verhandlungen zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 13.04.2010 („Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“) verständigte die Bundespolizeidirektion Wien (BPD Wien) den Beschwerdeführer von der Beabsichtigung einer Erlassung einer Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes mit der gleichzeitigen Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

2. Mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 28.04.2010, damals noch vertreten durch RA Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer vor geraumer Zeit das Bundesgebiet verlassen und die Mutter des gemeinsamen Kindes geehelicht habe. Zwischenzeitlich habe sich jedoch herausgestellt, dass den Beschwerdeführer seine Gattin betrogen habe. Der Beschwerdeführer sei aus diesem Grunde am 18.04.2010 unter Berufung auf das Sichtvermerkabkommen der EU mit Serbien wiederum in das Bundesgebiet eingereist, um die Scheidung einzureichen.

3. Am 02.06.2010 wurde der Beschwerdeführer von der BPD Wien niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab darin an, dass er von Mai 2009 bis Ende Jänner 2010 in Österreich eine Lebensgemeinschaft geführt habe, Ende Februar 2010 mit seiner Lebensgefährtin nach Serbien ausgereist sei, dort geheiratet und auch das gemeinsame Kind anerkannt habe. Zuletzt sei er am 18.04.2010 eingereist und sei jetzt als Tourist da, denn er lebe von seiner Gattin getrennt und es sei auch bereits eine Scheidung im Gespräch gewesen. Ebenfalls habe sich die Sache mit der Beantragung eines Aufenthaltstitels zerschlagen. Der Beschwerdeführer möchte die familiäre Bindung zum Kind aufrechterhalten, näheres sei derzeit nicht beabsichtigt, denn ein ständiger Weiterverbleib wäre von einer Versöhnung mit seiner Gattin abhängig. Die Scheidung sei noch offene Sache. Seine Gattin wohne derzeit bei ihrer Mutter, der Beschwerdeführer sehe das Kind am Wochenende.

4. Am 24.01.2013 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, die dem Beschwerdeführer von der Magistratsabteilung 35 (MA 35) erteilt wurde.

5. Mit Bescheid der MA 35 vom 19.11.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz für den Zweck „Daueraufenthalt – EU“ zurückgewiesen, da der Beschwerdeführer der Aufforderung, fehlende Unterlagen nachzureichen, nicht nachgekommen ist.

6. Der Beschwerdeführer wurde am 27.02.2020 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Er gab darin an, dass er das letzte Mal Anfang Dezember nach Österreich eingereist sei. Er sei in Serbien gewesen und habe sich einen Reisepass ausstellen lassen. Seine Frau und die Kinder würden in Österreich leben. Der Beschwerdeführer sei Autohändler und verdiene damit durchschnittlich etwa EUR 1.000,00. Die Eltern des Beschwerdeführers würden in Serbien leben, eine Schwester lebe in Deutschland, der Bruder des Beschwerdeführers in Österreich.

7. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß
§ 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

8. Mit Schriftsatz vom 23.12.2020 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde in Verbindung mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG. Begründet wurde der Antrag damit, dass sich der Beschwerdeführer seit 15.01.2020 in Haft (derzeit Untersuchungshaft) befinde. Von 21.11.2020 - 18.12.2020 sei der Beschwerdeführer zusätzlich in Quarantäne gewesen und habe nicht besucht werden können. Der Rechtsvertretung sei es aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen, den Beschwerdeführer innerhalb der Rechtsmittelfrist zu besuchen und ein Beschwerdegespräch zu führen. Es handle sich daher um ein unabwendbares Ereignis, an dem den Beschwerdeführer keine Schuld treffe.

Inhaltlich brachte der Beschwerdeführer zusammenfassend vor, dass er seit etwa 8 - 9 Jahren in Österreich lebe, seine Familie hier lebe und er zudem über Jahre unselbstständig in Österreich gearbeitet habe. Zur strafrechtlichen Verurteilung wurde vorgebracht, dass es sich um eine fahrlässig begangene Körperverletzung gehandelt habe, konkret um einen Autounfall. Eine Wiederholungsgefahr könne bei solchen Straftaten nicht grundsätzlich angenommen werden, zumal gegen den Beschwerdeführer eine ausschließlich bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe erlassen worden sei. In Österreich bestehe ein tatsächliches Familienleben zwischen dem Beschwerdeführer, seiner Ehefrau und den drei gemeinsamen Kindern. Dem Familienleben komme eine hohe Bedeutung zu. Dies sei jedoch von der belangten Behörde bei Entscheidung nicht angemessen berücksichtigt worden.

9. Mit Beschwerdevorlage vom 25.12.2020 erstattete die belangte Behörde eine Stellungnahme und brachte darin zusammenfassend vor, dass der Beschwerdeführer am 25.08.2018 den ihm gewährten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ verloren habe. Ferner wurde auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und dem Fehlverhalten des Beschwerdeführers hingewiesen.

10. Am 30.03.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer einvernommen wurde. Die geladene Zeugin (Gattin des Beschwerdeführers), Frau XXXX , erschien krankheitsbedingt nicht zur Verhandlung.

11. Am 12.05.2021 fand die zweite öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in der Frau XXXX als Zeugin einvernommen wurde; darüber hinaus wurden dem Beschwerdeführer ergänzende Fragen gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität und ist serbischer Staatsangehöriger.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.08.2020, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach
§ 88 Abs. 1, Abs. 4 zweiter Fall StGB und wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, wobei gemäß § 43 Abs. 1 StGB die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Im Rahmen der Strafbemessung wertete das Gericht als erschwerend das Zusammentreffen von vier Vergehen, als mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Beschwerdeführers.

1.3. Der Beschwerdeführer ist in Serbien geboren und aufgewachsen. In Serbien leben sein Vater, seine leibliche Mutter und seine Stiefmutter. Von der leiblichen Mutter des Beschwerdeführers leben noch zwei Schwestern und ein Bruder in Serbien. Väterlicherseits lebt eine Schwester in Deutschland und ein Bruder in Österreich, der einen Aufenthaltstitel besitzt. Der Beschwerdeführer steht (selten) in Kontakt mit seiner Familie in Serbien und könnte im Fall einer Rückkehr nach Serbien bei seiner Familie leben (vgl. Seite 4 Verhandlungsprotokoll vom 30.03.2021).

1.4. Der Beschwerdeführer ehelichte in der Zeit zwischen Februar und April 2010 Frau XXXX in Belgrad und hat mit ihr drei minderjährige Kinder (Geburtsdaten: XXXX , XXXX und XXXX ). Frau XXXX lebt seit ihrem 6. Lebensjahr durchgehend in Österreich (Wien), besitzt jedoch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Kinder des Beschwerdeführers sind in Wien aufgewachsen.

Der Beschwerdeführer war erstmals im Mai 2009 in Österreich gemeldet und war ab dem Jahr 2010 bis zum Erhalt des Aufenthaltstitels 2013 jeweils für drei Monate (als Tourist) in Österreich. Ab dem Jahr 2013 bis zum heutigen Tag lebte bzw. lebt der Beschwerdeführer in Österreich.

Im Zuge der dreimonatigen Aufenthalte in Österreich wohnte der Beschwerdeführer bei seiner Gattin. Die restliche Zeit verbrachte der Beschwerdeführer in Serbien und wohnte bei seinen Eltern. Die Kinder des Beschwerdeführers haben zu diesem Zeitpunkt immer bei der Gattin des Beschwerdeführers in Wien gelebt. Die Gattin des Beschwerdeführers ist mit den Kindern im Urlaub manchmal zu ihrem Gatten nach Serbien gefahren, um diesen zu besuchen; zu Beginn für längere Zeiträume (einmal für sechs Monate), danach für ca. 1 bis 2 Wochen.

Relativ kurz nach der Eheschließung in Belgrad im Jahr 2010 begannen – aufgrund von Eifersucht der Gattin des Beschwerdeführers – Eheprobleme zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Gattin, die zu einer Trennung der beiden führte. Der Beschwerdeführer lebte anschließend 9 Jahre getrennt von seiner Gattin. In dieser Zeit lebten die Kinder des Beschwerdeführers ausschließlich bei seiner Gattin. Der Beschwerdeführer besuchte in diesem Zeitraum seine Gattin und verbrachte mit seinen Kindern für ein paar Stunden Zeit.

Ende 2019, ein paar Tage vor Weihnachten, fand die Versöhnung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Gattin statt und das Ehepaar wollte wieder zusammenziehen. Zu einem gemeinsamen Haushalt ist es jedoch nicht gekommen, da sich der Beschwerdeführer seit dem 18.01.2020 in Untersuchungshaft wegen Betrugsvorwürfen befindet. In dieser Sache fand bereits eine mündliche Verhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen statt; das Urteil ist noch ausständig.

Die Obsorge für die Kinder des Beschwerdeführers stand bis zum Beginn der Untersuchungshaft des Beschwerdeführers beiden Elternteilen zu. Seit dem 18.01.2020 obliegt die Obsorge für die Kinder des Beschwerdeführers ausschließlich seiner Gattin.

1.5. Der Beschwerdeführer stand erstmals im November 2013 in einem Beschäftigungsverhältnis. Ferner stand der Beschwerdeführer für kürzere Zeiträume im Jahr 2014 in Beschäftigung. Vom 20.11.2015 bis 22.03.2017 war der Beschwerdeführer bei der XXXX beschäftigt. Vom 21.08.2017 bis 03.04.2018 stand der Beschwerdeführer das letzte Mal (als „Arbeiter“ bzw. „geringfügig beschäftigter Arbeiter“) in einem Beschäftigungsverhältnis. In den Jahren 2015, 2017 und 2018 bezog der Beschwerdeführer – neben seiner Erwerbstätigkeit – immer wieder Arbeitslosengeldbezug bzw. Notstands- bzw. Überbrückungshilfe.

1.6. Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Serbien in der Lage. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und beherrscht die Sprache seines Herkunftsstaates.

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verfahrensaktes der belangten Behörde sowie aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin in den beiden mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Erwerbstätigkeit (AJ-WEB-Auskunftsverfahren) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Fest steht, dass der Beschwerdeführer zwischen Februar und April 2010 Frau XXXX in Belgrad heiratete. Jedoch konnte die Behauptung des Beschwerdeführers, am 06.04.2010 bzw. der Zeugin, im April 2010 geheiratet zu haben (vgl. Seite 4 und 7 Verhandlungsprotokoll vom 12.05.2021) nicht festgestellt werden. Aufgrund der Einvernahme des Beschwerdeführers am 02.06.2010 vor der BPD Wien ist vielmehr davon auszugehen, dass die Heirat Ende Februar/Anfang März 2010 stattgefunden haben muss (vgl. AS 38, arg. „Ich habe von Mai 2009 bis Ende Jänner 2010 in Österreich eine Lebensgemeinschaft geführt, bin Ende Februar 2010 mit meiner Lebensgefährtin nach Serbien ausgereist, wir haben dort geheiratet und ich habe auch das gemeinsame Kind anerkannt.“), zumal bereits im Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 28.04.2010 vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer vor „geraumer Zeit“ das Bundesgebiet verlassen habe, jedoch am 18.04.2010 „wiederum“ in das Bundesgebiet eingereist sei, „um die Scheidung einzureichen“ (vgl. AS 35). Auch in der Einvernahme vor der BPD Wien am 02.06.2010 gab der Beschwerdeführer an, dass er „jetzt als Tourist da“ sei, weil er von seiner Gattin „getrennt“ lebe und auch „bereits eine Scheidung im Gespräch“ gewesen sei (vgl. AS 39).

Für das Bundesverwaltungsgericht erscheint es aber nahezu unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer am 06.04.2010 geheiratet haben soll und bereits am 18.04.2010, also nicht einmal 2 Wochen nach erfolgter Eheschließung in Belgrad, die Scheidung einreichen wollte. Im Zeitraum zwischen 06.04. und 18.04.2010 hätten zudem die Eheprobleme zwischen Beschwerdeführer und seiner Gattin sowie die Aus- und Wiedereinreise des Beschwerdeführers aus bzw. in das Bundesgebet erfolgen müssen. Wahrscheinlicher ist daher, dass die Eheschließung bereits Ende Februar/Anfang März 2010 erfolgte.

2.3. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer mehrere Jahre getrennt von seiner Gattin lebte und sich erst Ende 2019 mit dieser versöhnte, beruht auf den inhaltsgleichen Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 30.03.2021 (vgl. Seite 6 Verhandlungsprotokoll) bzw. der Zeugin in der mündlichen Verhandlung am 12.05.2021 (vgl. Seite 9 Verhandlungsprotokoll).

Widersprüchlich und nicht glaubhaft ist hingegen die plötzliche Aussage des Beschwerdeführers in der Verhandlung am 12.05.2021, wonach die Trennung von seiner Frau erst im Jahr 2017 erfolgt sein soll (vgl. Seite 4 Verhandlungsprotokoll). Zum einen deshalb, da es den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers widerspricht (vgl. Stellungnahme vom 28.04.2010, AS 35 und Einvernahme vom 02.06.2010, AS 38f). Zum anderen, da die Gattin des Beschwerdeführers selbst angab, von ihrem Mann insgesamt 4 bis 5 Jahre getrennt gelebt zu haben (vgl. Seite 8 Verhandlungsprotokoll vom 12.05.2021) und diese Aussage jedenfalls glaubhafter erscheint. Folgte man hingegen den ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführers, dann hätten Beschwerdeführer und seine Gattin insgesamt 9 Jahre getrennt gelebt (vgl. Seite 9f Verhandlungsprotokoll vom 30.03.2021, arg. „R: Also haben Sie 9 Jahre getrennt gelebt BF: Nein. R: Aufgrund der Unterlagen und Ihrer heutigen Unterlage. BF: Nicht ganz. Wir haben ja dazwischen auch Kinder bekommen. Ich würde meine schwangere Frau nicht alleine lassen. R er sucht um erneute Aufklärung. BF: Wir waren getrennt, aber nicht so richtig. Es gab Zeiten, da habe ich mit meiner Frau und den Kindern zusammengelebt. (BF verweist auf die ZMR Auszufugen) Da wo ich angemeldet war, habe ich mit meiner Frau auch zusammengelebt.“).

Das Bundesverwaltungsgericht schenkt den ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 28.04.2010 sowie in der Einvernahme vor der BPD Wien am 02.06.2010 mehr Glauben als seinen widersprüchlichen Aussagen in den beiden mündlichen Verhandlungen, womit aber davon auszugehen ist, dass die Trennung zwischen Beschwerdeführer und seiner Gattin ein paar Monate nach der Eheschließung im Jahr 2010 stattfand und erst im Jahr 2019 (mit der Versöhnung) beendet wurde. Diesbezüglich sind auch die Angaben der Zeugin, dass die Trennung lediglich 4 bis 5 Jahre gedauert haben soll, nicht exakt und vollständig. Der Beschwerdeführer wollte dem Bundesverwaltungsgericht dagegen den Eindruck vermitteln, dass die Eheprobleme zwischen ihm und seiner Gattin nur vorübergehend bestanden und sie „eh nicht so richtig“ getrennt voneinander gelebt hätten (vgl. die dahingehende Aussage des Beschwerdeführers in der Verhandlung am 30.03.2021, Seite 7 Verhandlungsprotokoll). Dies offenkundig um die Tatsache „kleinzureden“, dass seine Kinder bisher in weit überwiegendem Ausmaß von seiner Gattin betreut worden sind bzw. diese auch die engste Bezugsperson für die Kinder des Beschwerdeführers war und ist.

2.4. Unstrittig steht fest, dass die Kinder des Beschwerdeführers in Wien aufgewachsen sind und diese ausschließlich bei der Gattin des Beschwerdeführers wohnten (vgl. Seite 6 Verhandlungsprotokoll). Zudem wurden alle Kinder des Beschwerdeführers bereits in einem Zeitpunkt in Österreich geboren, in dem der Beschwerdeführer noch nicht einmal über einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügte (in den Jahren XXXX , XXXX und XXXX ) und sich der Beschwerdeführer daher lediglich jeweils nur für drei Monate in Österreich (zu touristischen Zwecken) aufhalten durfte. Die überwiegende Obsorge bzw. Betreuung stand somit sowohl vor der Eheschließung als auch in der Zeit der 9-jährigen Trennung der Gattin des Beschwerdeführers zu. Im Übrigen ist zum Kindeswohl festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr bereits seit 18.01.2020 durchgehend in Untersuchungshaft befindet und seit diesem Zeitpunkt seiner Gattin die alleinige Obsorge über die Kinder des Beschwerdeführers obliegt (vgl. dazu die eigene Aussage des Beschwerdeführers in der Verhandlung vom 30.03.2021, Seite 8 Verhandlungsprotokoll).

2.5. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung ergibt sich aus dem im Verfahrensakt befindlichen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.03.2020 (vgl. AS 65 ff) bzw. aus dem eingeholten Strafregisterauszug. Entsprechend den Ausführungen im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht alleine wegen des Vergehens einer fahrlässigen Körperverletzung, sondern darüber hinaus auch wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB (einem Vorsatzdelikt!), zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt wurde. Dass der Beschwerdeführer nach wie vor – offenbar wider besseres Wissen – die Tatsache, dass er und nicht Frau XXXX der Lenker des Unfallfahrzeugs war, leugnet (vgl. Seite 9 Verhandlungsprotokoll vom 30.03.2021), erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht und steht überdies im Widerspruch zum rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahren (vgl. dazu auch das Berufungsurteil des OLG Wien vom 12.08.2020, AS 71 ff).

2.6. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien geäußert. Serbien gilt aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zum Beschluss über die Wiedereinsetzung

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. […]

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. […] Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Nach Abs. 5 leg. cit. tritt durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

3.2. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl. VwGH vom 24.01.1996, Zl. 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt hingegen nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (vgl. VwGH vom 03.04.2001, Zl. 2000/08/0214). Bei der Bevollmächtigung eines Vertreters ist das Vorliegen der Voraussetzung für die Wiedereinsetzung nach den für den Vertreter maßgebenden Verhältnissen zu beurteilen. Das zur Versäumung führende Ereignis muss daher den Vertreter an der rechtzeitigen Vornahme der Handlung gehindert haben und für ihn unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein (vgl. VwGH vom 17.09.1990, Zl. 87/14/0030; vom 28.04.1992, Zl. 92/05/0051 und vom 23.06.2008, Zl. 2008/05/0122). Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 06.05.2004, Zl. 2001/20/0195) kann auch ein Rechtsirrtum – etwa Unkenntnis von Rechtsvorschriften, unrichtige Beurteilung der Rechtslage etc. – einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen; dies jedoch nur unter der Bedingung, dass die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes Verschulden bzw. minderer Grad des Versehens, vorliegen.

Ein Verschulden der Partei bzw. des Vertreters hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (vgl. z.B. VwGH vom 20.06.2002, Zl. 2002/20/0230), wobei an einen rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (vgl. z.B. VwGH vom 22.01.2003, Zl. 2002/04/0136).

3.3. Der Beschwerdeführer konnte sein Vorbringen glaubhaft machen, dass er sich vom 21.11.2020 bis 18.12.2020 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in Quarantäne befand und in diesem Zeitraum keine Besuche, insbesondere nicht von Mitarbeitern des Diakonie Flüchtlingsdienst, empfangen konnte (vgl. dazu auch das Schreiben des leitenden Anstaltsarztes der Justizanstalt Wien-Josefstadt vom 23.12.2020, OZ 3). Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 18.11.2020 zugestellt, womit an diesem Tag die 4-wöchige Beschwerdefrist eingeleitet wurde. Die Beschwerdefrist endete (offiziell) am 16.12.2020, also im Zeitpunkt, als sich der Beschwerdeführer noch in Quarantäne befand.

Das Ereignis der fast 4-wöchigen Quarantäne ist als unvorhergesehenes iSd § 33 Abs. 1 VwGVG zu qualifizieren. Zudem trifft dem Beschwerdeführer kein Verschulden an der verspäteten Beschwerdeeinbringung, da es dem Beschwerdeführer – mangels der Möglichkeit sich an eine Rechtsvertretung zu wenden – praktisch bereits am 3. Tag des Beginnes des Fristenlaufes verunmöglicht war, bis zum Ablauf des Fristenlaufs (16.12.2020) eine Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde einzubringen.

Der Antrag wurde auch rechtzeitig – „binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses“ (vgl. § 33 Abs. 3 VwGVG) – gestellt.

3.4. Daher war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in dem vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG stattzugeben.

Zu A)

3.5. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. (Aufenthaltstitel und Rückkehrentscheidung)

3.5.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

3.5.2. Gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art. 5 lit. a bis e SDÜ vorliegen.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerksfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und als solcher Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist als Inhaber eines gültigen biometrischen serbischen Reisepasses nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 1 Abs. 2 Visumpflicht-Verordnung für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit.

Der Beschwerdeführer reiste zuletzt am Anfang Dezember 2019 in das österreichische Bundesgebiet bzw. in den Schengen-Raum ein (vgl. AS 61). Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides war die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts somit schon abgelaufen und der Beschwerdeführer verfügte zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr über eine Berechtigung zum weiteren Aufenthalt in Österreich. Aus den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich nämlich, dass durch die Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und durch eine Beschwerde gegen eine zurück- oder abweisende Entscheidung kein Aufenthalts- oder Bleiberecht eingeräumt wird.

Trotz Fehlens einer Berechtigung zum weiteren Aufenthalt ist der Beschwerdeführer jedoch weiterhin illegal im Bundesgebiet verblieben. Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens aber ein hoher Stellenwert zu. Das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet nach rechtskräftiger Abweisung eines Asylantrages bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt stellt jedoch eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, was wiederum eine Aufenthaltsbeendigung als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung daher zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

3.5.3. § 10 Abs. 2 AsylG lautet:

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Art. 8 EMRK lautet wie folgt:

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

3.5.4. Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Vom Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd. Art 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl etwa VwGH 26.1.2006, 2002/20/0423; 8.6.2006, 2003/01/0600; 26.1.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, Zl. U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017).

Bei einem über zehnjährigen inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, Zl. 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242).

Aufenthaltsbeendigende Maßnahmen sind aber auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen, wobei die "Zehn-Jahres-Grenze" in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rolle spielt, wenn einem Fremden kein erhebliches strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Hierbei kommt es ebenso auf den Zeitpunkt und der Art des jeweiligen Fehlverhaltens sowie das seither erfolgte Wohlverhalten an (vgl. VwGH 03.09.2015, Zl. 2015/21/0121; aber auch VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001).

Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 MRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob eine Trennung der Familie den Eingriff in das Familienleben als unzulässig werten lassen könnte. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht jedenfalls unzulässig, es muss dann aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen sein, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 07.05.2014, 2012/22/0084). Zur Beurteilung dieses öffentlichen Interesses bedarf es einer einzelfallbezogenen Einschätzung der vom Fremden aufgrund seiner Straffälligkeit ausgehenden Gefährdung, wozu es näherer Feststellungen über die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild bedarf (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162).

3.5.5. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer nunmehr seit 2013 fast durchgehend im Bundesgebiet lebt und in diesem Zeitraum Beschäftigungsverhältnissen nachging. Ferner nicht, dass er mit einer serbischen Staatsangehörigen verheiratet ist, die sich seit ihrem 6. Lebensjahr in Österreich befindet und mit ihr drei minderjährige Kinder hat.

Demgegenüber ist jedoch festzuhalten, dass ein durchgehender 10-jähriger Aufenthalt im Bundesgebiet nicht vorliegt und laut Auszug des AJ-WEB Auskunftsverfahrens der Beschwerdeführer in einem nicht unerheblichen Zeitraum auf Sozialleistungen des Staates angewiesen war. Zu Lasten des Beschwerdeführers ist ferner seine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung vom 06.03.2020 hervorzuheben. Obgleich der Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt unbescholten war, fiel die verhängte Freiheitsstrafe (1 Jahr bedingt) relativ hoch aus (vgl. dazu auch das Strafausmaß gemäß § 88 Abs. 1, 3 und 4 StGB). Zusätzlich wurde der Beschwerdeführer wegen Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB verurteilt (vgl. dazu auch oben, Beweiswürdigung, 2.5.). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr seit 18.01.2020 in Untersuchungshaft wegen Betrugsvorwürfen befindet und daher seit diesem Zeitpunkt keine Integrationsleistungen vorweisen kann. Der Beschwerdeführer ist auch nicht Mitglied in einem Verein.

Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet ist sohin fallgegenständlich sein straffälliges Verhalten entgegenzuhalten. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die für die Integration eines Fremden wesentliche soziale Komponente durch vom Fremden begangene Straftaten erheblich beeinträchtigt (vgl. etwa VwGH 30.01.2007, 2004/21/0045 mwH).

Zum Familienleben bzw. Kindeswohl wird auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung verwiesen (vgl. dazu oben, 2.2. - 2.4.). Nochmals ist darauf hinzuweisen, dass seit dem 18.01.2020 der Gattin des Beschwerdeführers die alleinige Obsorge für die Kinder zukommt. Da gegenständlich kein Einreiseverbot verhängt wurde, steht es dem Beschwerdeführer gemäß den Bestimmungen des Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) überdies frei, nach Österreich einzureisen, um den Kontakt zu seiner in Österreich lebenden Ehegattin und seinen Kindern aufrechtzuerhalten, wie er dies überdies bereits vor Erteilung seines Aufenthaltstitels praktizierte (vgl. oben, Feststellungen, 1.4.).

3.5.6. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde unter Beachtung der ständigen Judikatur des VwGH, wonach den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zuzukommen habe (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293), sohin zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Schließlich lagen auch keine Umstände vor, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre.

3.5.6. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.

3.6. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. (Abschiebung)

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Im Hinblick auf die gemäß § 52 Abs. 9 FPG getroffenen Feststellungen sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war daher abzuweisen.

3.7. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. (Frist und aufschiebende Wirkung)

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gegenständlich wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 2 Z 1 BFA-VG aberkannt.

Somit sprach die belangte Behörde zu Recht aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und war die Beschwerde in diesem Punkt spruchgemäß abzuweisen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Familienleben Interessenabwägung Kindeswohl öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung strafrechtliche Verurteilung unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W123.2238501.1.00

Im RIS seit

22.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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