TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/28 96/04/0219

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Veröffentlicht am 28.01.1997
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1990 §4 Abs1 Z4;
IngG 1990 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. September 1996, Zl. 91508/10730-III/7/96, betreffend Verweigerung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.535,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. September 1996 wurde dem Ansuchen des Beschwerdeführers um die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" vom 26. August 1996 mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 nicht stattgegeben. In der Begründung führte der Bundesminister aus, der Beschwerdeführer habe am 27. Juni 1996 die Reifeprüfung an einer Höheren Technischen Lehranstalt abgelegt. Aus der vorgelegten Bestätigung der B-GesmbH vom 26. Juli 1996 sei ersichtlich, daß der Beschwerdeführer den Beruf "Dreher-Fräser" erlernt und diesen Beruf jedenfalls bis zum Jahr 1989 ausgeübt habe. Der Beschwerdeführer habe die geforderte mindestens dreijährige Berufspraxis, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, noch nicht nachgewiesen. Als solche Praxis könne nämlich nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolviert habe, in welchem er bereits über diese höheren Fachkenntnisse verfügte. Diese Ausbildung habe der Beschwerdeführer aber erst am 27. Juni 1996 abgeschlossen. Eine vor dem Besuch der Höheren Technischen Lehranstalt liegende Aus- oder Weiterbildung, die zur Qualifikation einer HTL-Ausbildung geführt habe, sei aus dem Antrag nicht ersichtlich und sei vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht worden. Durch die gewerbliche Berufsausbildung zum "Dreher-Fräser" erlange man keine fachliche Qualifikation, die für die Ausübung einer "ingenieurmäßigen" Praxis notwendig sei und die dem Niveau der abgeschlossenen HTL-Ausbildung entspreche. Da es aber der Lebenserfahrung widerspreche, daß eine Person ohne entsprechende schulische Ausbildung oder eine sehr lange qualifizierte Berufsausübung mit theoretischer Weiterbildung Tätigkeiten verrichten könne, für die vom Gesetz zwingend höhere Fachkenntnisse der fünfjährigen HTL-Ausbildung vorgeschrieben seien, müsse der Nachweis der vorgeschriebenen dreijährigen Mindestpraxis als nicht erbracht angesehen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er vor, aus seinem Vorbringen in Verbindung mit der Bestätigung seines Dienstgebers habe sich ergeben, daß er Tätigkeiten ausgeübt habe, die eine erhebliche Fort- und Weiterbildung erforderten. Dies hätte auch die belangte Behörde erkennen und ihm bei Vorliegen von Zweifeln vor Fällung der Entscheidung die Vorlage weiterer Nachweise auftragen müssen. Natürlich habe er, um die aufgestellten und bestätigten Tätigkeitsbereiche ausüben zu können, eine Reihe von (näher bezeichneten) Fort- und Ausbildungsveranstaltungen besucht. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, über einen einfachen Auftrag eine ergänzende Stellungnahme abzugeben und die entsprechenden Nachweise vorzulegen und auch Einzelheiten über seine berufliche Tätigkeit bekanntzugeben. Es ergebe sich aber bereits aus der vorgelegten Bestätigung seines Dienstgebers, daß er zumindest seit dem Jahr 1991 Tätigkeiten ausübe, die höhere Fachkenntnisse erforderten.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a)

die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer Höherer technischer oder Höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b)

eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a)

die Voraussetzungen der Z. 1 bis 3 zwar nicht erfüllen, aber gleichwertige fachliche und allgemeine Kenntnisse, wie sie an der Höheren technischen bzw. Höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten bis zur Reifeprüfung vermittelt werden und

b)

eine mindestens achtjährige zu den erworbenen Kenntnissen einschlägige Berufspraxis in Österreich, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, nachweisen.

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d leg. cit. sind dem Ansuchen unter anderem Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen, die Kenntnisse gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. nachweisen, anzuschließen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0163, unter Hinweis auf die Vorjudikatur ausgeführt hat, kann als Praxis, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolvierte, in welchem er bereits über die höheren Fachkenntnisse verfügte. Auch kann es, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang ergibt, keinem Zweifel unterliegen, daß als höhere Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 nur solche Kenntnisse verstanden werden können, über die Absolventen der in lit. a dieser Gesetzesstelle genannten Lehranstalten regelmäßig verfügen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag zunächst im Hinblick auf den systematischen Aufbau der Berufsausbildung in Österreich in der Annahme der belangten Behörde, die durch die gewerbliche Berufsausbildung zum "Dreher-Fräser" erworbenen Fachkenntnisse reichten nicht an jene heran, die durch die Absolvierung einer der im § 4 Abs. 1 lit. a Ingenieurgesetz 1990 genannten Lehranstalten vermittelt werden, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Soweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde unter Hinweis auf eine zweijährige Ausbildung zum Werkmeister und den Besuch diverser Kurse den Erwerb derartiger Fachkenntnisse vor dem Jahr 1991 behauptet, ist auch auf die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 lit. d Bedacht zu nehmen. Aus diesen Bestimmungen ist im Gesamtzusammenhalt des § 4 leg. cit. abzuleiten, daß der Nachweis des Erwerbes höherer Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet einer Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten, sofern dies nicht durch Vorlage des Reifeprüfungszeugnisses geschieht, ausschließlich durch Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen erfolgen kann, nicht aber durch den Nachweis der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 96/04/0235).

Da, wie bereits oben ausgeführt, als Berufspraxis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. d leg. cit. nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden kann, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolvierte, in welchem er bereits über diese höheren Fachkenntnisse verfügte, hätte es zur Erlangung der vom Beschwerdeführer angestrebten Berechtigung des nur durch Vorlage des Prüfungszeugnisses einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Schule zulässigen Nachweises bedurft, daß er spätestens drei Jahre vor Erlassung des angefochtenen Bescheides über derartige Fachkenntnisse verfügte. Ein derartiger Nachweis wurde von ihm im Verwaltungsverfahren weder angeboten noch erbracht. Da sich auch aus der Beschwerde nicht ergibt, daß der Beschwerdeführer über ein derartiges Prüfungszeugnis verfügt, erübrigt es sich, in die Frage einzutreten, ob die belangte Behörde durch die Unterlassung einer Aufforderung an den Beschwerdeführer, weitere Nachweise vorzulegen, Verfahrensvorschriften verletzte, weil ein solcher allfälliger Verfahrensverstoß jedenfalls nicht relevant im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040219.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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