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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache des H in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. April 1996, Zl. 04-15 Re 8-95/7, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: T in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in B), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.535,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. April 1996 erteilte der Landeshauptmann von Steiermark der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von Autobus- und Kleinbusgaragen mit Werkstätte, Abstellplatz und Betriebstankstelle auf einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung mehrerer Auflagen.
Die Auflage Nr. 27 lautet:
"Für Busse und Kleinbusse wird als Betriebszeit die Zeit zwischen 6.00 Uhr morgens und 22.00 Uhr abends unter Einhaltung einer Mittagspause von 12.00 bis 15.00 Uhr festgelegt, wobei die Anzahl von 25 Fahrbewegungen pro Tag nicht überschritten werden darf."
In der Begründung ging der Landeshauptmann in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, daß die Ausfahrt von der Betriebsanlage unmittelbar am Wohnhaus des Beschwerdeführers vorbeiführt. Hiezu habe, wie im Rahmen der Darstellung des Verfahrensganges u.a. dargelegt wird, der technische Amtssachverständige zur Frequenz der Fahrten entlang des Wohnhauses ausgeführt, nach einer Aufzeichnung der Fahrbewegungen sei der Zeitraum monatlich getrennt angeführt und für die einzelnen vorwiegend verwendeten Busse ausgewiesen, wobei in Summe 4733 Fahrbewegungen festgestellt worden seien. Zu diesen Fahrbewegungen kämen noch die Fahrbewegungen mittels Pkw hinzu, die mit 2000 Bewegungen anzugeben seien. Der Jahresdurchschnitt betrage somit 6733 Fahrbewegungen mit allerdings unterschiedlicher Geräuschcharakteristik (Pkw, Busse), woraus sich bei 200 Tagen für den Schulbusverkehr eine Frequenz von etwa 34 Fahrbewegungen innerhalb eines Tages ergebe. Im Bereich des Grundstückes des Beschwerdeführers sei der "Tiefstpegel" bei Vorhandensein entfernten Verkehrslärms und Fluglärms mit 35 dB gemessen worden und in Verkehrspausen auf 30 bis 31 dB abgesunken. Hiezu sei allerdings zu bemerken, daß auf Grund der Schneelage landwirtschaftliche Tätigkeiten nicht durchgeführt worden seien, sodaß in der warmen Jahreszeit von einem Grundgeräuschpegel von 35 dB auszugehen sei. Die zugehörigen einzelnen Spitzeneinzelwerte lägen bei 75/70/65 dB tags/abends/nachts. Auf Grund der örtlichen Verhältnisse seien als Beurteilungskriterium die Lärmspitzen und die zugehörigen Frequenzen anzugeben. Die Spitzen aus diesen Geräuschen inklusive Vorbeifahrt seien mit 70 bis 80 dB im Bereiche der Fenster vor der Fensterebene und bei geöffnetem Fenster im Wohnrauminneren mit 70 bis 75 dB anzugeben. Der medizinische Amtssachverständige habe auf dieser Grundlage u.a. ausgeführt, auf Grund der Ortssituation sei augenscheinlich nachvollziehbar, daß bei trockenem Wetter und trockener Fahrbahn mit einer entsprechend beträchtlichen, kurzfristigen Staubentwicklung gerechnet werden müsse, die zumindest den Verandabereich in Staub hülle und in der Folge auch von hier befindlichen Personen eingeatmet werde. Als Strategie gegen diese Staubexposition, welche zusätzlich verstärkt werde durch Dieselabgase, stehe nur das Verlassen dieser Veranda zur Verfügung oder es sei bei häufiger Inhalation dieses Grobstaubes mit seinen angelagerten Schadstoffen mit einer erhöhten Belastung der Schleimhäute des Nasen-Rachenraumes und folglich erhöhten Abwehrreaktionen in Form von gesteigerter Schleimproduktion, Ausspucken, Verschlucken, zu rechnen. Über lange Dauer gesehen sei mit der Entwicklung chronischer Schleimhautentzündungen der oberen Luftwege zu rechnen, welcher Umstand besonders dann verstärkt würde, wenn die betroffene Person Raucher sei. Zusammenfassend ergebe sich daraus, daß auf Grund der örtlichen Gegebenheiten und der nicht befestigten Fahrbahn auf der direkten und einzigen Zufahrt auf Grund der Staubexposition in der trockenen Jahreszeit die genannte Sitzveranda jedenfalls nur eingeschränkt benutzbar sei. Für Schallpegelspitzen ergebe sich als Grenze der zumutbaren Störung 70/65/60 dB für Lärmspitzen. Im gegenständlichen Fall seien im Freien vor der Fensterebene des Hauses des Beschwerdeführers Schallpegelspitzen für Vorbeifahrten von Bussen bzw. Pkw Türenschließen, Starten u.dgl. von 75 bis 80 dB angegeben. Selbst im Rauminneren bei offenen bzw. gekippten Fenster ergebe dies Schallpegelspitzenwerte von 70 bis 75 dB. Es würden somit die Richtwerte ohne mögliche technische Gegenmaßnahmen am Immissionsort überschritten.
Schallpegelspitzen von den genannten Ausmaßen bedingten in jedem Fall eine Kurzzeitreaktion der Betroffenen durch Veränderungen vegetativer Regulationsmechanismen im Sinne der Vorbereitung für Flucht und Angriff. Als für jedermann nachvollziehbare Belästigungswirkung trete z.B. in jedem Fall eine Störung der Kommunikationsmöglichkeit für die Zeit der Vorbeifahrten auf. Für die Nacht- bzw. Schlafenszeit bedeuteten diese Schallpegelspitzenwerte praktisch mit Sicherheit Aufwachreaktionen als stärkste Form der Schlafstörung. Bereits bei Maximalpegeln von 50 dB sei bei drei bis vier derartigen Schallereignissen am Ohr des Schläfers in ca. 30 % mit Aufwachreaktionen zu rechnen. Als gutachtliche Schlußfolgerung aus diesen Umständen sei aus medizinischer Sicht mit einer erheblichen Störung der Wohnqualität und des Wohlbefindens der Betroffenen im Wohnhaus des Beschwerdeführers zu Zeiten von Vorbeifahrten bzw. der Inbetriebnahme der Kfz zu rechnen, wenn es nicht zu einer Einschränkung der als möglich errechneten 34 Fahrbewegungen pro Tag komme. ... Die negative medizinische Begutachtung auch zur Tageszeit ergebe sich aus der errechneten Fahrbewegungsfrequenz in bezug auf die Höhe der Schallpegelspitzen. Lege man nach einem Belästigungsereignis eine entsprechende physiologische Erholungszeit zugrunde und berücksichtige man für die Gesamtdauer der Betriebszeit von 6.00 bis 22.00 Uhr eine Mittagspause von 12.00 bis 15.00 Uhr, so ergäben sich bei einer Regenerationszeit von etwa einer halben Stunde zwei Fahrbewegungen pro Stunde bzw. auf die Betriebszeit umgelegt 25 Fahrbewegungen durch Fahrbetriebsmittel pro Tag (dies gelte für Busse und Kleinbusse). Zu diesen Ausführungen der Sachverständigen hielt der Landeshauptmann fest, daß seitens der mitbeteiligten Partei Fahrbewegungsunterlagen in einem solchen Ausmaß vorgelegt worden seien, daß dem technischen und dem ärztlichen Amtssachverständigen eine ausreichende Beurteilung der Bestimmung des zumutbaren Maßes an Fahrbewegungen ermöglicht worden sei. In diesem Zusammenhang sei auf Auflagenpunkt 27 hinzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem ihm gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 eingeräumten subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht und in dem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung und richtige rechtliche Anwendung der in der Gewerbeordnung und den allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen zum Schutz der Parteien normierten materiell-rechtlichen Bestimmungen verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht er unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels geltend, die Angaben der mitbeteiligten Partei über die tatsächlichen Fahrbewegungen seien von ihr in der Verhandlung vom 21. März 1996 ausdrücklich zur Grundlage des Antrages erhoben worden. Demnach sei im weiteren Berufungsverfahren vom diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin, nämlich 34 Fahrbewegungen pro Tag, auszugehen gewesen. Dieser Antrag habe im folgenden trotz der eingeholten Gutachten keine Änderung erfahren und sei bis zum Schluß des Berufungsverfahrens aufrecht erhalten worden. Die Aufzeichnungen der mitbeteiligten Partei über die Fahrbewegungen seien (aus näher dargelegten Gründen) unrichtig und unvollständig. Es wäre Sache der belangten Behörde gewesen, im Rahmen der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit die tatsächliche Anzahl der Fahrbewegungen festzustellen. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer nach Wiedergabe der bereits oben im Rahmen der Darstellung des Inhaltes des angefochtenen Bescheides festgehaltenen Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen geltend, die belangte Behörde hätte zu überprüfen gehabt, ob die Belästigungen bei antragskonformem Betrieb (34 Fahrbewegungen) zumutbar seien oder nicht. Dies könne schon auf Grund des ärztlichen Gutachtens verneint werden. Eine Bewilligung des Betriebes sei daher nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, insbesondere nach dem eingeholten Sachverständigengutachten, nicht zulässig. Dies habe auch nicht durch entsprechende Auflagen (Herabsetzung der Fahrbewegungen) kompensiert werden können, weil sich diesbezüglich die belangte Behörde vom Antrag der mitbeteiligten Partei entfernt habe und die Auflage auf Herabsetzung von Fahrbewegungen auf 25 pro Tag keine Auflage zur Einschränkung von mit dem Betrieb verbundenen Auswirkungen, sondern eine eigenmächtige Änderung eines Antrages der mitbeteiligten Partei durch die Berufungsbehörde darstelle, wozu diese im Rahmen des ihr übertragenen Wirkungsbereiches nicht befugt gewesen sei. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung der "Betriebsbewilligung" hätte daher richtigerweise abgewiesen und nicht unter Erteilung von Auflagen (eingeschränkt) bewilligt gehört.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N. F. Nr. 10.511/A).
Im vorliegenden Fall besteht eine derartige Rechtsverletzungsmöglichkeit deshalb nicht, weil auch in der Beschwerde nicht behauptet wird, durch die Errichtung und den Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage in ihrer durch den angefochtenen Bescheid genehmigten Form, also insbesondere unter Beachtung der Auflage Nr. 27, würden die in der Gewerbeordnung geschützten Nachbarrechte des Beschwerdeführers verletzt. Daran vermag die Behauptung, bei richtiger Rechtsanwendung hätte die belangte Behörde die in Rede stehende Genehmigung versagen müssen, nichts zu ändern.
Die Beschwerde war daher mangels Beschwerdelegitimation gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und EisenbahnrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996040143.X00Im RIS seit
20.11.2000