TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/18 W222 2152565-2

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Veröffentlicht am 18.06.2021
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Entscheidungsdatum

18.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AVG §68
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W222 2152565-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Äthiopien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - VI. wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, § 57 AsylG, 10 Abs. 1 BFA-VG iVm § 52 Abs. 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG sowie § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG auf 1 Jahr herabgesetzt wird.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Äthiopiens, stellte am 24.05.2014 den ersten Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor illegal in das Bundesgebiet gelangt war.

Nach Zulassung seines Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 19.07.2016 niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Gründen seiner Antragstellung einvernommen.

Mit Bescheid vom XXXX hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Äthiopien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Äthiopien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Partei zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte III. und IV).

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtete sich die fristgerecht am 05.04.2017 eingebrachte Beschwerde, in welcher u.a. ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger Äthiopiens und hätte seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen, da er willkürlich der Zusammenarbeit mit XXXX beschuldigt worden wäre

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.10.2018, W111 2152565-1, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Erkenntnis wurde eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.02.2019, Ra 2018/14/0366, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.10.2018, W111 2152565-1, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Am 08.09.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer, ein Vertreter der von ihm bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation sowie eine Dolmetscherin für die somalische Sprache teilgenommen haben. Dem Verhandlungsprotokoll ist zu entnehmen:

„R: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

BF: Auch Somalia. Ich bin in Somalia geboren.

R: Ich habe Sie nicht gefragt, wo Sie geboren sind, sondern welche Staatsangehörigkeit Sie haben?

BF: Ich habe keine Staatsbürgerschaft gehabt, aber als ich in Äthiopien war, hatte ich einen Ausweis.

R: Was stand auf dem Ausweis?

BF: Auf dem Ausweis, den ich damals hatte, stand Äthiopien als Staatsbürgerschaft.

R: Dann ist wohl davon auszugehen, dass Sie äthiopischer Staatsbürger sind. Wieso geben Sie dann heute im Widerspruch zu ihrer Einvernahme aus dem Jahr 2016 Ihre bzw. die Staatsbürgerschaft Ihrer Eltern mit Somalia an?

BF: Als ich in Somalia war, hatte ich keine Staatsbürgerschaft und ich wusste nicht, was meine Eltern hatten.

R: Sie sind als Kind aus Somalia ausgewandert, haben dann in Äthiopien gelebt und hatten in Äthiopien einen Ausweis auf dem die Staatsbürgerschaft mit Äthiopien angegeben war, daher verstehe ich Ihre Ausführungen dazu nicht.

BF: Es war ein Schülerausweis. Die Schule war eine somalische Schule.

R erklärt den Unterschied zwischen Zugehörigkeit einer Kultur- und Sprachgruppe und einer Staatsbürgerschaft.

R: Haben Sie die äthiopische Staatsbürgerschaft gehabt oder nicht gehabt?

BF: Ich hatte einen Ausweis, also einen Schülerausweis und es stand Äthiopien (als Ausstellungsstaat) oben.

R erläutert abermals die Frage und fragt nach der Staatsbürgerschaft des BF.

BF: Ich bin äthiopischer Staatsbürger.

BFV: Es wird keine medizinische Untersuchung beantragt. Die Spruchpunkte I. und II. werden zurückgezogen.

Der R erläutert die Rechtslage, insbesondere der Folgen der Zurückzahlung der Beschwerde, ausführlich und befragt den BF, ob er diese verstanden habe. Der BF bejaht dies und bestätigt, dass er mit der Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. einverstanden ist. Sohin wird festgehalten, dass die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides vom XXXX , GZ XXXX zurückgezogen wurde. Ausdrücklich aufrecht erhalten wird die Beschwerde gegen Spruchpunkte III. und IV.

R: Aus der Zurückziehung der Beschwerde, insbesondere gegen Spruchpunkt II., schließe ich, dass im Falle einer Rückkehr in dem Heimatstaat keine unmenschliche Behandlung bzw. Situation zu befürchten ist, die im Widerspruch mit der EMRK steht.

BFV: Im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien hätte der BF dort keine Lebensgrundlage.

R: Könnten Sie das näher präzisieren?

BFV: Er hat keine Angehörigen, die ihn unterstützen und gibt der äthiopische Staat keinerlei soziale Hilfen. Dazu kommt, dass er nicht aus einem lokalen Mehrheitsclan kommt.

R: Gibt es Umstände, die Ihre arbeitsfähig in Frage stellen würden?

BF: Ich bin gesund und ich kann arbeiten.

R: Sprechen Sie die deutsche Sprache?

BF: Ein wenig. Ich kann auch bisschen reden.

R: Haben Sie eine Prüfung über Ihre Kenntnisse der deutschen Sprache abgelegt?

BF: Als ich den negativen Bescheid bekommen habe, durfte ich nicht weiter den Deutschkurs besuchen, deswegen habe ich kein Zeugnis. Ich werde aber dieses Zeugnis ehebaldigst nachbringen.

R: Haben Sie in Österreich familiäre oder bekanntschaftliche, verfestigte Beziehungen?

BF: Ich habe keine Freundin, aber es gibt österreichische Leute, die ich kenne.

R: Gesetzt den Fall Sie hätten eine Arbeitsbewilligung, hätten Sie schon eine Arbeit in Aussicht?

BF: Ich habe keinen Aufenthaltstitel, wie kann ich eine Arbeit haben?

R erklärt die Frage.

BF: Das wusste ich nicht.

BFV: Der BF war bisher der Meinung, dass er nicht arbeiten darf.

R: Wovon leben Sie?

BF: Ich bekomme GVS.

R: Sind Sie in irgendeiner Form gesellschaftlich engagiert, z.B. in Vereinen, etc.?

BF: Nein.

BFV: Ich beantrage einer Frist zur Beibringung von Unterlagen, die die fortgeschrittene Integration des BF belegen sollen.

R: Die Unterlagen können bis 01.12.2020 beigebracht werden.

R: Möchten Sie ein ergänzendes Vorbringen erstatten oder ist das bisher Gesagte abschließend?

BFV: Kein weiteres Vorbringen.

BF: Nein, kein weiteres Vorbringen.“

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.01.2021, W111 2152565-1/23E wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen und mit Beschluss das Verfahren gegen die Spruchpunkte I. und II. wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 30.03.2021 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und gab an, XXXX zu heißen, im Jahr XXXX geboren worden und somalischer Staatsbürger zu sein.

Bei der Erstbefragung am 31.03.2021 gab dieser an, dass er seine alten Fluchtgründe aufrecht halte, er weiters angeben möchte, dass sich die Lage in Somalia verschlechtert habe. Er könne weder nach Somalia noch nach XXXX zurückkehren. Er habe keine Verwandten in Somalia oder in Äthiopien, deswegen stelle er einen neuen Asylantrag.

Bei der Einvernahme am 07.05.2021 vor dem BFA, Erstaufnahmestelle XXXX , gab der BF u.a. an:

„LA: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, an der Einvernahme mitzuwirken?

VP: Ja.

LA: Befinden Sie sich derzeit in ärztlicher Behandlung, leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten?

VP: Nein.

LA: Können Sie in der Zwischenzeit Dokumente vorlegen, die Ihre Identität bestätigen?

VP: Ich bin kein äthiopischer Staatsbürger. Ich bin somalischer Staatsbürger. Ich bin in Somalia geboren und auch in Somalia aufgewachsen.

In Österreich habe ich, als ich den ersten Asylantrag gestellt habe, eine Verfahrenskarte mit der Staatsangehörigkeit „Somalia“ bekommen. Im Jahr 2018 bzw. 2019 war ich in Deutschland. Als ich wieder nach Österreich zurückgekehrt bin, habe ich eine Verfahrenskarte mit der Staatsangehörigkeit „Äthiopien“ bekommen und das ist nicht richtig.

LA: Können Sie Beweismittel vorlegen, dass Sie somalischer Staatsbürger sind?

VP: Aufgrund meines Aussehens und meiner Sprache ist klar, dass ich somalischer Staatsbürger bin.

LA: Sie haben am 24.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde.

Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag?

VP: Mir wurde unterstellt, dass ich äthiopischer Staatsbürger bin. Ich bin aber kein Äthiopier sondern somalischer Staatbürger. Im ersten Verfahren steht immer, dass ich Äthiopier bin. Das stimmt aber nicht, ich bin somalischer Staatsbürger.

LA: Habe ich Sie richtig verstanden, Sie stellen gegenständlichen Antrag mit der Behauptung, somalischer Staatsbürger zu sein?

VP: Bei der Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht im September 2020 wurde mir ein äthiopischer Dolmetscher zur Seite gestellt. Das hat auch nicht gepasst.

LA: Haben Sie den Dolmetscher bei der Verhandlung am 08.09.2020 verstanden?

VP: Zuerst war ein äthiopischer Dolmetscher anwesend, den ich nicht verstanden habe. Dann war ein somalischer Dolmetscher da, den ich dann auch verstanden habe. Beim Bundesverwaltungsgericht hat der Richter gesagt, dass ich einen Deutschkurs machen müsste. Er hat mir von August bis November 2020 Zeit gegeben, um diesen Kurs zu machen. Als ich dann wieder beim Richter war, hat er aber schon die Entscheidung getroffen gehabt.

LA: Können Sie Beweismittel, wie z.B. einen Reisepass oder einen Personalausweis, vorlegen, dass Sie somalischer Staatsbürger sind?

VP: Ich habe keine Unterlagen. Ich weiß auch nicht, wo ich diese beschaffen sollte. Aber mein Clan ist ein somalischer. Bei der Einvernahme durch die Polizei im Mai 2014 wurde ich vom Dolmetscher nie nach meiner Clanzugehörigkeit gefragt, im Protokoll stand dann jedoch ein falscher Clanname.

LA: Gibt es weitere Gründe für diese Asylantragstellung?

VP: Mir wurde Unrecht getan, ich wurde falsch behandelt. Beim Bundesverwaltungsgericht wurde mein Antrag abgelehnt. Bei der zweiten Verhandlung im September 2020 hat mir der Richter gesagt, dass er meinen Antrag ablehnen wird, aber ich müsste einen Deutschkurs machen, dann könnte ich in Österreich bleiben. Er hat mir einen Deal vorgeschlagen und ich bin darauf eingegangen. Ich habe drei Monate Zeit bekommen. Ich habe diesen Deutschkurs gemacht und mein Antrag wurde dann doch abgelehnt. Ich fühle mich betrogen.

LA: Haben Sie Verwandte oder sonstige Angehörige in Österreich oder im Bereich der Europäischen Union zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Ich habe vor einem Monat geheiratet. Meine Frau lebt in XXXX , sie ist auch Asylwerberin und erst kurz in Österreich.

LA: Bitte legen Sie die Heiratsurkunde vor.

VP: Es gibt keine Heiratsurkunde, wir haben nach islamischen Recht geheiratet.

LA: Sind Sie besonders integriert in Österreich? Haben Sie gearbeitet, Deutschkurse besucht?

VP: Ich habe den „A1“ Kurs absolviert. Außerdem habe ich für die Gemeinde XXXX gearbeitet. Ich habe auch als XXXX gearbeitet.

LA: In welchem Zeitraum haben Sie gearbeitet?

VP: Als ich von Deutschland nach Österreich überstellt wurde, habe ich begonnen, die XXXX zu verkaufen. Das mache ich bis jetzt. Für die Gemeinde XXXX habe ich vor meiner Ausreise nach Deutschland gearbeitet.

LA: Sind Sie je von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer oder war Sie je von einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder eine (einstweiligen) gerichtlichen Verfügung in Österreich betroffen gewesen?

VP: Nein.

LA: Sie sind derzeit in der Bundesbetreuungseinrichtung XXXX untergebracht. Das ist eine Unterkunft, die Ihnen vom Staat zur Verfügung gestellt wird. Wurden Sie, seitdem Sie in Österreich sind, immer vom Staat unterstützt oder konnten Sie die Mittel für Ihren Unterhalt selbst aufbringen?

VP: Als ich von Deutschland rücküberstellt wurde, wurde ich nicht vom Staat unterstützt. Mein Anwalt hat mir dann geholfen. Vom 8. Februar 2021 bis zu meiner weiteren Asylantragstellung Ende März 2021 wurde ich wieder nicht vom Staat unterstützt.

LA: Wovon haben Sie gelebt, als Sie nicht vom Staat unterstützt worden sind?

VP: Ich war auf der Straße.

LA: Möchten Sie zu den Ihnen am 03.05.2021 ausgefolgten aktuellen Feststellungen zur Lage in Äthiopien eine Stellungnahme abgeben?

VP: Ich bin kein äthiopischer Staatsbürger. Ich weiß auch nicht, warum ich als Äthiopier dargestellt werde. Von Anfang an wurde ich als Somalier dargestellt, als ich aber aus Deutschland zurückgekommen bin, war ich plötzlich Äthiopier.

LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass weiterhin beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

VP: Ich bin Somalier. Der Richter hat die Entscheidung getroffen, dass ich Äthiopier bin, ohne dass er mich gefragt hat.

LA: Ihnen wird des Weiteren mitgeteilt, dass ein Einreiseverbot für die Dauer von zwei Jahren erlassen wird, da Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung, die Sie im ersten Verfahren bekommen haben, nicht nachgekommen sind und die Mittel für Ihren Unterhalt nicht selbst aufbringen können.

Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

VP: Ich werde mir ein Handy kaufen und werde mir durch den Verkauf der XXXX selbst erhalten können.

LA: Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?

VP: Ich werde mir morgen eine Wohnung suchen, um nicht mehr vom Staat abhängig zu sein. Zweitens möchte ich noch einmal klarstellen, dass ich Somalier bin und nicht Äthiopier.

LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?

VP: Ja“.

Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zahl: XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrens-gesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Äthiopien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.), wobei gemäß § 55 Abs. 1aFPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Schließlich wurde gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Absatz 2 FPG ein Einreiseverbot in der Dauer von 2 Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.)

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl u.a. aus, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren dieselben Gründe, die er im ersten Asylverfahren behauptet habe, vorgebracht habe und eine relevante Sachverhaltsänderung hinsichtlich der allgemeinen Lage im Heimatstaat nicht erkannt werden könne. Dazu wurde u.a. ausgeführt:

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 25.1.2021: Bundesstaat Tigray vor Hungersnot, Menschenrechtsverbrechen, Internationalisierung des Konflikts

Laut UNO brauchen mindestens 2,3 Millionen Menschen im Bundesstaat Tigray dringend Hilfe. Erreichen konnte sie in den Monaten November 2020 bis Jänner 2021 aber lediglich 77.000 (Spiegel 24.1.2021). Nach anderen Angaben sind sogar 4,5 Millionen Menschen dringend auf Hilfe angewiesen (TG 24.1.2021) – das sind nahezu alle Bewohner von Tigray (DF 21.1.2021). Zwei Millionen Menschen gelten als vertrieben, nur rund 60.000 gelang die Flucht in den Sudan (BBC 25.1.2021).

Einerseits gilt: Wenn keine sofortige Nothilfe mobilisiert wird, könnten Hunderttausende verhungern. Andererseits ist es aber gerade die äthiopische Regierung selbst, die derartige Hilfe verhindert (Spiegel 24.1.2021; vgl. TG 24.1.2021). Lebensmittellieferungen für den Bundesstaat Tigray werden entweder geplündert oder zerstört. Andere Lieferungen werden durch die Bundesregierung in den Bundesstaat Amhara umgeleitet (Spiegel 24.1.2021). Nach Meldungen aus Tigray verhungern bereits Menschen, z.B. im Bezirk Adwa (TG 24.1.2021; vgl. DF 21.1.2021). Der von Addis Abeba für Tigray eingesetzte Übergangspräsident Mula Nega ist derweil zurückgetreten, da man seiner Meinung nach die Menschen in Tigray zu Tode hungern lasse und gegen die durch ausländische Truppen verübte sexuelle Gewalt nichts getan werde (EEPA 25.1.2021).

Tausende sind bislang im Konflikt in Tigray ums Leben gekommen (Spiegel 24.1.2021). Die Leiterin der Notfallabteilung von Ärzte ohne Grenzen sagt, dass die Zahl an zivilen Opfern extrem hoch ist (Spiegel 24.1.2021). Laut Augenzeugen plündern eritreische Soldaten – die zu tausenden an der Seite der äthiopischen Bundesregierung gegen die Tigray People’s Liberation Front (TPLF) kämpfen – und sie töten in Tigray Männer und Buben. Die Plünderungen haben zur Entstehung von Hunger beigetragen (AP 25.1.2021). Immer wieder gibt es – unbestätigte – Berichte über Massaker, Folter, Vergewaltigung und Entführung (TG 24.1.2021; vgl. Spiegel 24.1.2021; EEPA 25.1.2021) – zuletzt etwa hinsichtlich hunderter Morde beim Weltkulturerbe St. Maria von Zion (TG 24.1.2021). Allerdings dürfen nach wie vor kaum Journalisten nach Tigray, Versorgungs- und Kommunikationswege sind eingeschränkt (AP 25.1.2021).

Eritreische Flüchtlinge in den Lagern Mai Aini und Adi Harush werden nicht versorgt, von Bewaffneten belästigt und manche auch zwangsweise nach Eritrea gebracht. Der Zugang zu den Lagern Shimbela und Hitsats ist weiterhin gar nicht möglich (TG 24.1.2021; vgl. UNN 19.1.2021), zumindest Teile dieser Lager sind in Brand gesetzt worden (TG 24.1.2021).

Insgesamt ist ein typischer Guerillakrieg entstanden (Spiegel 24.1.2021). In einigen Gebieten kommt es zu Kampfhandlungen (DW 19.1.2021). Gemäß dem Experten Martin Plaut hat sich der Krieg in Tigray zu einem uneingeschränkten Konflikt ausgeweitet. Die TPLF kämpft nicht nur gegen die Bundesarmee und Milizen aus dem Bundesstaat Amhara, sondern auch gegen eritreische und somalische Soldaten (Plaut 21.1.2021; vgl. Spiegel 24.1.2021). Letztere sind aber vermutlich nicht freiwillig am Kriegsschauplatz und dienen Eritrea als Kanonenfutter (TG 24.1.2021). Jedenfalls ist die TPLF bisher trotzdem in der Lage, größere Teile des Bundesstaates Tigray zu halten (Plaut 21.1.2021).

Eritrea hat derweil in Teilen der besetzten Gebiete (z.B. in Irob) die eigene Fahne gehisst und Menschen angewiesen, sich eritreische Papiere zu besorgen. Menschen werden angewiesen, die eritreische Herrschaft zu akzeptieren oder das Land zu verlassen. Dabei besetzt Eritrea auch Teile tief in äthiopischem Gebiet – etwa Sheraro (EEPA 25.1.2021).

Gleichzeitig kommt es auch in anderen äthiopischen Bundesstaaten immer öfter zu schweren, ethnisch motivierten Auseinandersetzungen (Spiegel 24.1.2021). Und auch regional zieht der Krieg immer weitere Kreise. Die Spannungen mit dem Sudan eskalieren zunehmend (Spiegel 24.1.2021; vgl. DW 19.1.2021). Die Grenze war immer schon umstritten. Bereits im November waren Truppen tief auf äthiopisches Territorium vorgedrungen. Berichtet wird in diesem Zusammenhang von Plünderungen, Morden und dem Verbrennen von Ernten (DW 19.1.2021). Die äthiopische Luftwaffe hat begonnen, Angriffe gegen die sudanesische Armee zu fliegen (EEPA 25.1.2021). Immer öfter wird über einen möglichen Krieg zwischen beiden Ländern spekuliert (Spiegel 24.1.2021).

Generell ist die Angst vor einem Bürgerkrieg und dem Zerfall Äthiopiens groß (Spiegel 24.1.2021; vgl. TAR 20.1.2021) – etwa bei Experten des US Institute for Peace (Plaut 21.1.2021). Derweil ist der äthiopische Premier Abiy seit 23.12.2020 nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten (EEPA 25.1.2021).

Quellen:

•        AP – Associated Press (25.1.2021): Witnesses: Eritrean soldiers loot, kill in Ethiopia’s Tigray, https://apnews.com/article/international-news-eritrea-ethiopia-only-on-ap-kenya-2bdd10888f7717690847ad117f09f2d4, Zugriff 25.1.2021

•        BBC – BBC News / Yahoo! News (25.1.2021): Ethiopia's Tigray conflict: 'My wife died giving birth to twins while we hid', https://news.yahoo.com/ethiopias-tigray-conflict-wife-died-000929639.html?guccounter=1, Zugriff 25.1.2021

•        DF – Deutschlandfunk (21.1.2021): Caritas befürchtet Hungersnot in Tigray, https://www.deutschlandfunk.de/aethiopien-caritas-befuerchtet-hungersnot-in-tigray.1939.de.html?drn:news_id=1218607, Zugriff 25.1.2021

•        DW – Deutsche Welle (19.1.2021): Tensions escalate between Ethiopia and Sudan, https://www.dw.com/en/tensions-escalate-between-ethiopia-and-sudan/a-56272954, Zugriff 25.1.2021

•        EEPA – European External Programme Africa / Plaut, Martin (25.1.2021): Situation Report EEPA HORN No. 65 – 24 January 2021, https://martinplaut.com/2021/01/25/situation-report-eepa-horn-no-65-24-january-2021-2/, Zugriff 25.1.2021

•        Plaut – Plaut, Martin / Eritrea Hub (23.1.2021): What are the war aims of Ethiopia, Eritrea and Somalia in Tigray? https://eritreahub.org/what-are-the-war-aims-of-ethiopia-eritrea-and-somalia-in-tigray, Zugriff 25.1.2021

•        Spiegel – Der Spiegel Online (24.1.2021): »Hunderttausende könnten verhungern«, https://www.spiegel.de/politik/ausland/aethiopien-humanitaere-katastrophe-in-der-region-tigray-weitet-sich-aus-a-aa677066-26fc-44be-99a7-3d98d2ec78f5, Zugriff 25.1.2021

•        TAR – The Africa Report (20.1.2021): Is Ethiopia coming together or falling apart? https://www.theafricareport.com/60027/is-ethiopia-coming-together-or-falling-apart/, Zugriff 25.1.2021

•        TG – The Guardian (24.1.2021): Ethiopia’s leader must answer for the high cost of hidden war in Tigray, https://www.theguardian.com/commentisfree/2021/jan/24/ethiopias-leader-must-answer-for-the-high-cost-of-hidden-war-in-tigray, Zugriff 25.1.2021

•        UNN – UN News (19.1.2021): ‘Swift action’ needed in Tigray to save thousands at risk, UNHCR warns, https://news.un.org/en/story/2021/01/1082492, Zugriff 25.1.2021#

Sicherheitslage

Nach der Wahl eines neuen Premierministers hat sich die Sicherheitslage derzeit wieder beruhigt. Der im Februar 2018 ausgerufene Notstand wurde am 5.6.2018 vorzeitig beendet (AA 4.1.2019). Derzeit gibt es in keiner äthiopischen Region bürgerkriegsähnliche Zustände; die Konflikte zwischen Ethnien (z.B. Gambella, SNNPR, Oromo/Somali) haben keine derartige Intensität erreicht (AA 17.10.2018). Laut österreichischem Außenministerium gilt in Addis Abeba und den übrigen Landesteilen ein erhöhtes Sicherheitsrisiko (BMEIA 12.12.2018). Ein Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land (EDA 10.12.2018; vgl. BAMF 1.10.2018, BAMF 24.9.2018).

Im ganzen Land kann es bei Demonstrationen zu Ausschreitungen kommen und Gewaltanwendung nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 12.12.2018). Die politischen und sozialen Spannungen können jederzeit zu gewalttätigen Demonstrationen, Plünderungen, Straßenblockaden und Streiks führen. Auch in Addis Abeba können gewalttätige Demonstrationen jederzeit vorkommen. Zum Beispiel haben Mitte September 2018 gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten verschiedener Lager sowie zwischen Demonstranten und Sicherheitskräfte zahlreiche Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 10.12.2018; vgl. BAMF 1.10.2018, BAMF 24.9.2018). Ende September 2018, sollen bei Protesten in Addis Abeba, 58 Menschen getötet worden sein, staatliche Stellen berichteten von 23 Toten. Die meisten Todesopfer habe es gegeben, als jugendliche Banden der Volksgruppe der Oromo am 16.9.2018 andere Ethnien angriffen. Zu weiteren Todesopfern kam es, als tausende Menschen gegen diese Gewaltwelle protestierten (BAMF 1.10.2018; vgl. BAMF 24.9.2018).

Zusammenstöße zwischen den Gemeinschaften in den Regionen Oromia, SNNPR, Somali, Benishangul Gumuz, Amhara und Tigray haben sich fortgesetzt. Dort werden immer mehr Menschen durch Gewalt vertrieben. Aufgrund der Ende September 2018 in der Region Benishangul Gumuz einsetzenden Gewalt wurden schätzungsweise 240.000 Menschen vertrieben (FEWS 29.11.2018).

Spannungen zwischen verschiedenen Volksgruppen und der Kampf um Wasser und Weideland können in den Migrationsgebieten der nomadisierenden Viehbesitzer im Tiefland zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führen, die oft erst durch den Einsatz der Sicherheitskräfte beendet werden (EDA 10.12.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (4.1.2019): Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aethiopien-node/aethiopiensicherheit/209504, Zugriff 4.1.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452858/4598_1543583225_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aethiopien-stand-september-2018-17-10-2018.pdf, Zugriff 11.12.2018

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.10.2018): Briefing Notes vom 1. Oktober 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445533/1226_1539002314_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-01-10-2018-deutsch.pdf, Zugriff 28.12.2018

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (24.9.2018): Briefing Notes vom 24. September 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445536/1226_1539002669_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-24-09-2018-deutsch.pdf, Zugriff 28.12.2018

-        BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (12.12.2018): Äthiopien, Reise & Aufenthalt – Sicherheit und Kriminalität, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 12.12.2018

-        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.12.2018): Reisehinweise für Äthiopien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/aethiopien/reisehinweise-aethiopien.html, Zugriff 10.12.2018

-        FEWS - Famine Early Warning System Network / World Food Programme, in Reliefweb.int (29.11.2018): Ethiopia Key Message Update, November 2018, https://reliefweb.int/report/ethiopia/ethiopia-key-message-update-november-2018, Zugriff 11.12.2018

Grundversorgung

Äthiopien ist bei etwa 92,7 Millionen Einwohnern mit einem jährlichen Brutto-National-Einkommen von etwa 927,4 US-Dollar pro Kopf eines der ärmsten Länder der Welt (AA 3.2018; vgl. GIZ 9.2018), auch wenn das Wirtschaftswachstum in den letzten zehn Jahren wesentlich über dem regionalen und internationalen Durchschnitt lag. Ein signifikanter Teil der Bevölkerung lebt unter der absoluten Armutsgrenze, das rasche Bevölkerungswachstum trägt zum Verharren in Armut bei (AA 3.2018). Äthiopien ist strukturell von Nahrungsmittelknappheit betroffen, ebenso wie von häufigen Überschwemmungen (GIZ 9.2018; vgl. RI 14.11.2018) und die Regierung steht noch vor enormen humanitären Herausforderungen. Das Land leidet immer noch unter den Auswirkungen der Dürre 2015-16, welche durch unterdurchschnittliche Niederschläge im Jahr 2017 verstärkt wurden. Hunderttausende waren zur Flucht aus ihren Häusern gezwungen - vor allem im Süden und Südosten des Landes. Derzeit leiden fast 8 Millionen Menschen an einer unsicheren Nahrungsmittelversorgung und benötigen humanitäre Hilfe (RI 14.11.2018).

Viele Menschen können nicht lesen oder schreiben, sind nicht in die moderne Ökonomie eingebunden und haben nur unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung (GIZ 9.2018).

Staatliche soziale Sicherungssysteme sind auf die Agenda der Regierung getreten: Mit der Arbeit an einer National Social Protection Policy hat die Arbeit an Themen wie Kindergeld, Alters- und Berufsunfähigkeitsrenten begonnen (GIZ 9.2018c).

Äthiopien ist traditionell ein Land der Landwirtschaft und Viehzucht, wandelt sich durch massive Anstrengungen in den letzten Jahrzehnten aber immer mehr zu einem Land mit aufstrebenden Dienstleistungs- und Industriesektoren. Die weitreichenden Reformen unter Premierminister Abiy Ahmed beinhalten auch Pläne, staatliche Unternehmen wie Ethiopian Airlines, den bisher einzigen Telekommunikationsanbieter Ethio Telecom sowie weitere staatliche Unternehmen teilweise oder vollständig zu privatisieren. Im Index of Economic Freedom von 2017 steht Äthiopien an Stelle 142 von 169 in der Welt. Beim Ibrahim Index of African Governance, der sich u.a. mit nachhaltigen Wirtschaftschancen befasst, liegt Äthiopien aktuell auf Platz 36 von 54. Die äthiopische Wirtschaftslage entwickelt sich insgesamt gut. Im Jahr 2016 war ein Wirtschaftswachstum von etwa 8-10% (je nach Quelle) zu verzeichnen. Die Wirtschaft des Landes zählt damit zu den am schnellsten wachsenden der Welt (GIZ 9.2018b).

Die meisten Menschen in Äthiopien (ca. 80%) leben auf dem Land als sesshafte Bauern, Viehhirten oder (Halb-) Nomaden. Neben der Millionenstadt Addis Abeba gibt es 16 Großstädte mit mehr als 120.000 Einwohnern. Das Bevölkerungswachstum in den Städten ist mit fast 5% deutlich höher als das ländliche. Dieses Wachstum geht einher mit der Überforderung von Stadtverwaltungen, dem schlechten Umgang mit den kommunalen Finanzen sowie einer schwachen städtischen Infrastruktur. Hinzu kommt eine hohe Arbeitslosigkeit, die durch die Schwäche des modernen Wirtschaftssektors und die anhaltend hohe Zuwanderung aus dem ländlichen Raum verstärkt wird (GIZ 9.2018).

Der wichtigste Erwerbszweig bleibt die Landwirtschaft mit 81% der Erwerbstätigen, die 2016 rund 40% des Bruttoinlandsprodukts erzeugten (GIZ 9.2018). Die saisonalen Niederschläge von Oktober bis Dezember 2018 waren unterdurchschnittlich und unregelmäßig, es ist zu langen Trockenperioden gekommen. Die Entwicklung nicht-saisonaler Niederschläge, insbesondere in Teilen von Tigray, Amhara, SNNPR sowie im westlichen und zentralen Oromia, hat die Ernte- und Lageraktivitäten behindert und die Ernteerträge in den betroffenen Gebieten beeinträchtigt (FEWS 31.12.2018). Von der Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion hängt die Sicherheit der Lebensmittelversorgung ab. Viele Kleinbauern können sich und ihre Familien mit ihrer Ernte nicht ganzjährig ernähren. Jährlich erhalten daher rund 3 Millionen Äthiopier Nahrungsmittelhilfe zur Überbrückung ihrer Engpässe, weitere ca. 8 Millionen werden über das staatliche Productive Saftey Net Programme (PSNP, Landwirtschafts- und Sozialprogramm) 6 Monate im Jahr durch Cash-for-Work oder auch direkte Nahrungsmittelhilfe unterstützt (GIZ 9.2018). Zudem besteht ein hoher Bedarf an humanitärer Versorgung im Rahmen der Dürrehilfe mit einem Volumen von 948 Mio. USD. Darüber hinaus sind 7,9 Mio. Menschen auf ein staatliches Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen. Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kindergeld o. ä. werden von der äthiopischen Regierung nicht erbracht (AA 17.10.2018).

Teile der Regionalstaaten Somali, Oromia und Harar befinden sich in IPC-Phase 3 (IPC = Integrated Phase Classification der Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln; Stufe 1 – Minimal, Stufe 2 – Stressed, Stufe 3 Crisis, Stufe 4 – Emergency, Stufe 5 – Hungersnot). Daran wird sich auch im ersten Halbjahr 2019 nichts ändern (FEWS 31.12.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452858/4598_1543583225_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aethiopien-stand-september-2018-17-10-2018.pdf, Zugriff 11.12.2018

-        AA - Auswärtiges Amt (3.2018): Äthiopien, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aethiopien-node/-/209506, Zugriff 12.12.2018

-        FEWS - Famine Early Warning System Network / World Food Programme (31.12.2018): Ethiopia Food Security Outlook, December 2018, https://reliefweb.int/report/ethiopia/ethiopia-food-security-outlook-december-2018, Zugriff 2.1.2019

-        GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018): Äthiopien, Überblick, https://www.liportal.de/aethiopien/ueberblick/, Zugriff 11.12.2018

-        GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018b): Äthiopien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/aethiopien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 11.12.2018

-        GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018c): Äthiopien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/aethiopien/gesellschaft/, Zugriff 11.12.2018

-        RI - Refugees International in Reliefweb.int (14.11.2018): The Crisis Below the Headlines: Conflict Displacement in Ethiopia, https://reliefweb.int/report/ethiopia/crisis-below-headlines-conflict-displacement-ethiopia, Zugriff 11.12.2018


Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist in Addis Abeba nur beschränkt gewährleistet (EDA 10.12.2018) und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch hoch problematisch (AA 12.12.2018). Die Gesundheitsversorgung ist trotz erheblicher Anstrengungen und bereits erzielter Fortschritte noch mangelhaft (GIZ 9.2018c). Medizinische Versorgungsmöglichkeiten sind begrenzt, die Qualität ist unvorhersehbar, eine staatliche notfallmedizinische Versorgung auf europäischem Niveau ist landesweit nicht vorhanden (BMEIA 12.12.2018; vgl. AA 12.12.2018) Vor allem im medizinischen Bereich stellt die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte (brain drain) ein Problem dar (BMEIA 12.12.2018).

Generell ist die medizinische Versorgung auf dem Land wegen fehlender Infrastruktur erheblich schlechter als in den städtischen Ballungszentren (AA 17.10.2018). Ernsthafte Krankheiten und Verletzungen werden im Ausland behandelt (EDA 10.12.2018).

Es gibt in Äthiopien weder eine kostenlose medizinische Grundversorgung noch beitragsabhängige Leistungen (AA 17.10.2018). Krankenhäuser verlangen eine finanzielle Garantie, bevor sie Patienten behandeln (Vorschusszahlung) (EDA 10.12.2018). Die medizinische Behandlung erfolgt entweder in staatlichen Gesundheitszentren bzw. Krankenhäusern oder in privaten Kliniken. Die Behandlung akuter Erkrankungen oder Verletzungen ist durch eine medizinische Basisversorgung gewährleistet. Komplizierte Behandlungen können wegen fehlender Ausstattung mit hochtechnologischen Geräten nicht durchgeführt werden (AA 17.10.2018).

Viele Menschen sind von häufigen Durchfällen betroffen. Diese stellen bei Kindern die häufigste Todesursache dar (GIZ 9.2018c). Chronische Krankheiten, die auch in Äthiopien weit verbreitet sind, wie Diabetes, Schwäche des Immunsystems etc. können mit der Einschränkung behandelt werden, dass bestimmte Medikamente ggf. nicht verfügbar sind (AA 17.10.2018). Andere Herausforderungen bleiben Malaria, Hepatitis, Meningitis, Bilharziose sowie HIV/AIDS. HIV/AIDS ist in Äthiopien stark verbreitet. Äthiopiens Regierung unternimmt in Zusammenarbeit mit internationalen Gebern große Anstrengungen im Kampf gegen HIV/AIDS (GIZ 9.2018c). Durch die Entwicklung der Devisenreserven in Äthiopien sind Einfuhren von im Ausland hergestellten Medikamenten von Devisenzuteilungen durch die Nationalbank zur Bezahlung von Handelspartnern im Ausland abhängig. Deswegen kommt es bei bestimmten Medikamenten immer wieder einmal zu Versorgungsengpässen (AA 17.10.2018). Der Zugang zu den wesentlichen Medikamenten ist nur einem Teil der Bevölkerung möglich. Fast die Hälfte der Bevölkerung muss mehr als 15 Kilometer zurücklegen, um zum nächstgelegenen Gesundheitsposten zu gelangen (GIZ 9.2018c).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.12.2018): Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aethiopien-node/aethiopiensicherheit/209504, Zugriff 12.10.2018

-        AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452858/4598_1543583225_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aethiopien-stand-september-2018-17-10-2018.pdf, Zugriff 5.12.2018

-        BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (12.12.2018): Reise & Aufenthalt – Äthiopien – Gesundheit & Impfungen, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, Zugriff 12.12.2018

-        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.12.2018): Reisehinweise für Äthiopien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/aethiopien/reisehinweise-aethiopien.html, Zugriff 12.12.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018c): Äthiopien, Gesellschaft, Gesundheit und Sozialwesen, http://liportal.giz.de/aethiopien/gesellschaft/, Zugriff 5.12.2018


Rückkehr

Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt – soweit bekannt – ohne Konsequenzen. U.a. sind Fälle von Zwangsrückführungen aus Norwegen, Dänemark und den Niederlanden bekannt. Es sind keine Fälle bekannt, in denen zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen ausgesetzt waren oder diese gar festgenommen oder misshandelt worden wären. Im direkten persönlichen Umfeld wird eine Rückkehr jedoch häufig als Scheitern gewertet. Daher suchen einige der zwangsweise nach Äthiopien zurückgeführten Personen erneut den Weg nach Europa. Rückkehrer können nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Für schutzbedürftige Rückkehrer, insbesondere für unbegleitete Minderjährige, gibt es Erstaufnahmeeinrichtungen, die von IOM betrieben werden (AA 17.10.2018). Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um die Bereitstellung von Schutz und Hilfe für IDPs, Flüchtlinge, rückkehrende Flüchtlinge, Asylbewerber, Staatenlose und andere betroffene Personen zu gewährleisten (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452858/4598_1543583225_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aethiopien-stand-september-2018-17-10-2018.pdf, Zugriff 5.12.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/en/document/1430108.html, Zugriff 17.12.2018

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Ihrem Herkunftsstaat Äthiopien wurden bisher 270.527 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 4.127 diesbezügliche Todesfälle bestätigt und 1.655.244 Impfstoffdosen verabreicht wurden. (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 28.05.2021).

Ihre nunmehr im gegenständlichen Verfahren aufgestellte Behauptung, dass Sie somalischer und nicht äthiopischer Staatsangehöriger wären, stellt keinen neuen objektiven Sachverhalt dar. Dies war Ihnen bereits vor rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens (08.09.2020) bekannt und Sie hätten daher nicht nur die Möglichkeit, sondern sogar die Verpflichtung gehabt, diesen Umstand im ersten Asylverfahren vorzubringen.

Abgesehen davon führten Sie im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.09.2020 dezidiert an, dass Sie Staatsangehöriger von Äthiopien sind (siehe Seite 9 des BVwG-Erkenntnisses vom 07.01.2021, GZ: W111 2152565-1/23E). Warum Sie im gegenständlichen Verfahren plötzlich anführen, Staatsangehöriger von Somalia zu sein – noch dazu, ohne diese Behauptung durch Beweismittel belegen oder sonst plausibel darlegen zu können – kann nicht nachvollzogen werden.

Diesbezüglich wird des Weiteren angeführt, dass laut ständiger Judikatur des VwGH den Angaben des Asylwerbers bei seiner ersten Befragung im Verwaltungsverfahren grundsätzlich größere Glaubwürdigkeit beizumessen ist als dem späteren Vorbringen. Es entspricht nämlich den Erfahrungswerten den entscheidenden Behörde, dass Asylwerber gerade bei der ersten Befragung spontan jene Angaben treffen, die der Wahrheit am nächsten kommen (vgl. VwGH 08.04.1987, 85/01/0299, 02.03.1988, 86/01/0214, 05.06.1987, 87/18/0022 u.a).“

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Mit email vom 14.06.2021 wurde mitgeteilt, dass der BF die Bundesbetreuungseinrichtung verlassen hat und bis dato nicht wieder zurückgekehrt ist und dieser somit aus der GV des Bundes entlassen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

„Sache“ des Berufungsverfahrens ist regelmäßig die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat, soweit dieser angefochten wurde (VwSlg 7548A/1969, VfSlg 7240/1973, VwGH vom 8.10.1996, 94/04/0248; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1265 mwH).

Im vorliegenden Fall ist Sache des Berufungsverfahrens somit die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des (zweiten) Asylantrages wegen entschiedener Sache. Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg 2066A/1951, VwGH vom 30.5.1995, 93/08/0207; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8.9.1977, 2609/76). Die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht werden (VwGH 23.5.1995, 94/04/0081).

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, und andere). Identität der Sache liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 08.04.1992, 88/12/0169).

Der Begriff Identität der Sache muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Dies bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH vom 30.01.1995, 94/10/0162 ua). Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (VwGH 07.12.1988, 86/01/0164). Die Beantwortung der Frage, ob sich die nach dem früheren Bescheid maßgeblich gewesene Sachlage derart geändert hat, dass die Erlassung eines neuen Bescheides in Betracht kommt, setzt voraus, dass der bestehende Sachverhalt an der diesen Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsanschauung und ihrem normativen Hintergrund gemessen wird, und zwar nach derselben Methode, mit der er im Falle einer neuen Sachentscheidung an der Norm selbst zu messen wäre (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, fünfte Auflage, E 19 b zu § 68 AVG).

Der Beschwerdeführer bezog sich im nunmehrigen Verfahren auf die gleichen Fluchtgründe wie im ersten Verfahren. Dies ergibt sich insbesondere aus seinen eigenen Angaben bei der Erstbefragung am 31.03.2021, in welcher der Beschwerdeführer Folgendes angab: „Ich halte meine alten Fluchtgründe aufrecht.“ Bei der Einvernahme vor dem BFA am 07.05.2021 gab dieser an, einen neuen Antrag gestellt zu haben, da er kein Äthiopier sondern somalischer Staatsangehöriger sei. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.09.2020 hat dieser jedoch dezidiert angegeben, ein Staatsangehöriger von Äthiopien zu sein.

Mit diesen Ausführungen ist klargestellt, dass in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers keine Umstände eingetreten sind, welche geeignet wären, einen zulässigen neuerlichen Asylantrag zu begründen, sind doch diesem Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.

Die seitens des BFA im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung getroffenen Feststellungen zur asyl,- und abschiebungsrelevanten Lage in Äthiopien werden in Bezug auf den Beschwerdeführer als weiterhin aktuell angesehen.

Seitens des Bundesamtes wurde dem Beschwerdeführer auch die allgemeine Situation im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt, wie sie sich aus den Länderfeststellungen des Bundesamtes, die sich auf die Staatendokumentation stützen, ergibt, vorgehalten, wonach sich diese nicht in relevanter Weise geändert habe. Dem trat der Beschwerdeführer nicht ausreichend konkret entgegen. Eine relevante Sachverhaltsänderung hinsichtlich der allgemeinen Lage, wonach jeder äthiopische Staatsangehöriger im Falle einer Rückkehr bereits in seiner Heimat gefährdet wäre, kann nicht erkannt werden und kann eine relevante Änderung der allgemeinen Lage in Äthiopien auch sonst nicht erkannt werden. Auch hinsichtlich der weltweiten Ausbreitung von COVID-19 ergibt sich hierzu keine andere Beurteilung.

Exzeptionelle und konkret auf den BF Bezug nehmende Umstände, welche die Annahme einer realen Gefahr einer drohenden Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat rechtfertigen würden, wurden nicht aufgezeigt. Schwierige Lebensbedingungen reichen aber für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht aus.

Da sohin keinerlei relevante neu entstandene Sachverhaltselemente vorliegen, denen zufolge eine andere Entscheidung in Betracht käme, liegt eine bereits rechtskräftig entschiedene Sache vor, über die nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides war somit abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis V. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52 (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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