TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/28 W252 2199290-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


W252 2199290-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch RA Maitre Raphael Seidler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2018 zur Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge: „BF“), ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 14.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des BF statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er einem Minderheitenstamm angehöre und er in Somalia nicht arbeiten dürfe. Sein Vater sei von der Al-Shabaab getötet worden. Er wisse auch nicht wo seine restliche Familie sei. Aufgrund dessen habe er Somalia verlassen und sei nach Österreich gereist.

2. Am 27.10.2016 erfolgte eine forensische Altersschätzung, welche zu dem Ergebnis kam, dass das angegebene Alter des BF aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht ausgeschlossen werden kann.

3. Am 18.09.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt statt. Dabei gab er an, dass er im Frisörladen seines Vaters ausgeholfen habe, da er als Angehöriger einer Minderheit nicht alle Berufe ausüben dürfe. Sein Vater sei Anfang 2016 in im Frisörladen von der Al-Shabaab getötet worden. Er selbst sei dabei entführt worden. Er sei dann zwei Monate in einem Lager der Al-Shabaab gewesen, dort unter Drogen gesetzt worden um für ein Attentat auf Ungläubige zu trainieren. Zwei Monate später habe er von dort bei einem Angriff der Regierungstruppen flüchten können. Er sei dann bei einem fremden Mann untergekommen und habe ein Monat später Somalia verlassen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.05.2018 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.). Unter einem erteilte es dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem BF auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Eine besondere Gefährdung des BF sei nicht festgestellt worden. Ferner sei der BF gebildet, jung und arbeitsfähig, was bei der Arbeitssuche auch in Mogadischu Vorteile mit sich bringe. Der BF verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.

5. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht eine Beschwerde am 19.06.2018 über den Verein Menschenrechte Österreich und eine weitere am 25.06.2018 über RA Seidler, Rechtsanwalt in 1010 Wien und brachte im Wesentlichen vor, dass der Entscheidung mangelhafte und veraltete Länderfeststellungen zur Lage in Somalia und insbesondere Mogadischu zugrunde liegen. Der BF sei auf eine Schule seines Clans gegangen, was nicht mit Privatschulen vergleichbar ist. Eine Schutzfähigkeit des somalischen Staates in Bezug auf den Schutz von Verfolgungshandlungen von nichtstaatlichen Akteuren wie der Al-Shabaab sei nicht gegeben. Darüber hinaus erweise sich das Vorbringen des BF entgegen der Beweiswürdigung im Bescheid als sehr detailliert und lebensnahe und sei daher nicht geeignet, ihm eine Unglaubwürdigkeit zu unterstellen. Es sei geradezu typisch, dass das Bewusstsein künftiger Attentäter gelöscht werden würde, um dann neu programmiert zu werden. In rechtlicher Hinsicht habe die belangte Behörde unrichtigerweise das Vorliegen eines Asylgrundes verneint, obwohl der BF aufgrund seiner Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab wohlbegründete Furcht vor Verfolgung habe.

Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge dem BF Asyl zuerkennen, in eventu dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, feststellen, dass die Abschiebung nach Somalia auf Dauer unzulässig ist, sowie die erlassene Rückkehrentscheidung ersatzlos beheben und in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.05.2021 eine mündliche Verhandlung durch. Dem BF wurden im Zuge der Verhandlung das einschlägige Länderberichtsmaterial vorgehalten und den Parteien die Möglichkeit gegeben, hierzu binnen einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Eine Stellungnahme wurde nicht erstattet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den im Spruch genannten Namen und das im Spruch genannte Geburtsdatum. Er ist somalischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Somali als Muttersprache. Der BF ist Angehöriger des Clans XXXX , Subclan XXXX , Subsubclan XXXX . Er ist ledig und hat keine Kinder (AS 1, AS 159; OZ 10, S. 6).

Der BF wurde in Kismayo geboren und wuchs im Bezirk XXXX auf (AS 165; OZ 10, S. 7). Er absolvierte in Somalia eine Schulbildung von 8 Jahren in einer Schule für XXXX und erlernte keinen Beruf. Er half im Frisörladen seines Vaters aus (AS 161; OZ 10, S. 7).

Die Familie des BF bestehend aus seinen Eltern, vier Brüdern und vier Schwestern (AS 3, OZ 10, S. 8) leben in einem Lehmhaus in Kismayo. Der Vater des BF arbeitete als Frisör (AS 161, OZ 10, S. 7), ist aber bereits verstorben (AS 3, 9, 161, 169; OZ 10, S. 7, 10). Der Familie geht es finanziell sehr gut (AS 165). Seit seiner Flucht hatte der BF keinen Kontakt mehr zu seiner Familie (OZ 10, S. 7).

Der BF ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und stellte am 14.09.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (AS 3).

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er hatte eine Knie Verletzung, eine Knie-OP, hat Physiotherapie gemacht und 2017 Schlaftabletten genommen (AS 155, AS 195-197; OZ 10, S. 4). Einer diesbezüglichen Einschränkung im Alltag unterliegt er nicht. Er gehört keiner COVID-19 Risikogruppe an und weist diesbezüglich auch keine Disposition auf.

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Dem BF droht in Somalia keine Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab und/oder eine konkrete und individuelle physische oder psychische Gewalt oder Verfolgung durch die Al-Shabaab.

Dem BF droht in Somalia aufgrund seiner Clanzugehörigkeit keine konkrete und individuelle physische oder psychische Gewalt oder Verfolgung.

Der BF hat Somalia weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Dem BF ist eine Rückkehr nach Kismayo zumutbar. Die Lage ist relativ stabil und ruhig, die Sicherheitslage hat sich nachhaltig verbessert und er verfügt ebendort über ein familiäres Netzwerk. Kismayo über Flugverbindungen vom Bundesgebiet respektive mit anschließenden innerstaatlichen Flügen (Kismayo) erreichbar.

Der BF verfügt in Somalia über Familienangehörige, mit denen er bei einer Rückkehr schnell wieder in Kontakt treten kann und finanzielle und/oder materielle Unterstützungsleistungen von ihnen erhalten wird.

Die finanzielle Lage des BF vor seiner Ausreise war als sehr gut anzusehen. Sein Vater arbeitete als Frisör und sicherte dadurch den Lebensunterhalt für die Familie (Oz 10, S. 7). Es ist auch davon auszugehen, dass der BF bei einer Rückkehr selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen wird können, sich eine Existenz aufbauen wird und diese zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern kann.

Die Tatsache, dass der BF im Herkunftsstaat sozialisiert wurde, sein ganzes Leben vor seiner Ausreise in Kismayo verbracht hat – somit mit den dortigen sozialen, kulturellen und infrastrukturellen Gegebenheiten vertraut ist –, sowie seine 8-Jährige Schulbildung in Somalia und der Pflichtschulabschluss in Österreich, unterstützten die Annahme, dass der BF bei seiner Rückkehr in keine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. ihm nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden würde. Er läuft folglich nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Überdies kann der BF Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. In Mogadischu sind die meisten Hilfsorganisationen in Somalia beheimatet. Jedoch gibt es auch einige, wie beispielsweise die IRARA in Kismayo.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, kamen nicht hervor.

1.4. Zum (Privat)Leben des BF in Österreich:

Der BF ist seit dem 14.09.2016 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG in Österreich durchgehend aufhältig.

Der BF besuchte Deutschkurse bis zum Niveau B1, hat ein Deutschzertifikat für das Sprachniveau A2 und spielte bis zu seiner Verletzung und Operation Fußball im Verein XXXX Fußball (Reserve) (OZ 10, S. 8-9; Empfehlungsschreiben vom 15.05.2021). Im Jahr 2017 spielte er beim Fußballverein XXXX (AS 203-205). Ebenso besuchte er einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF, und bestand die Pflichtschulabschlussprüfung. Er verfügt in seiner Wohnsitzgemeinde über Kontakte zur örtlichen Bevölkerung, und hat dort Freunde hauptsächlich aus dem Umfeld des Fußballvereins, unternimmt aber auch Ausflüge mit ihnen (OZ 10, S. 10).

Im Bundesgebiet hat der BF keine Angehörigen (OZ 10, S. 8).

Der BF geht keiner bezahlten beruflichen Tätigkeit nach, absolviert keine Lehre und lebt von der Grundversorgung. Er arbeitet ehrenamtlich beim Roten Kreuz in XXXX in einem Flohmarkt/Secondhandgeschäft (OZ 10, S. 9).

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Aus den ins Verfahren eingeführten und im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 31.03.2021 (in der Folge: LIB 2021) zitierten Länderberichten zur Lage in Somalia, dem OCHA Humanitarian Bulletin März 2021, dem FSNAU Technical Release vom Februar 2021, sowie dem Relief Web Bericht: Conflict and heavy floods force tens of thousands of people to flee their homes in Somalia, amidst COVID 19 threat vom 08.05.2020, ergibt sich Folgendes:

COVID-19

Zwischen 19.3.2020 und 2.1.2021 wurden über 81.000 Menschen getestet, knapp 4.700 waren infiziert (HIPS 2021, S.24). Im August 2020 wurde der internationale Flugverkehr wieder aufgenommen (PGN 10.2020, S.9).

Regeln zum social distancing oder auch Präventionsmaßnahmen wurden kaum berücksichtigt (HIPS 2021, S.24). Trotz Warnungen wurden Moscheen durchgehend – ohne Besucherbeschränkung – offengehalten (DEVEX 13.8.2020). Mitte Feber 2021 warnte die Gesundheitsministerin vor einer Rückkehr der Pandemie. Die Zahl an Neuinfektionen und Toten stieg an (Sahan 16.2.2021b). Ende Feber 2021 wurden alle Demonstrationen in Mogadischu verboten, da eine neue Welle von Covid-19 eingetreten war. Zwischen 1. und 24. Feber verzeichnete Somalia mehr als ein Drittel aller Covid-19-Todesopfer der gesamten Pandemie (PGN 2.2021, S.16). Testungen sind so gut wie inexistent. Die offiziellen Todeszahlen sind niedrig, das wahre Ausmaß wird aber wohl nie wirklich bekannt werden (STC 4.2.2021). Die Zahl an Infektionen dürfte höher liegen, als offiziell bekannt. Viele potenziell Infizierte melden sich nicht, da sie eine gesellschaftliche Stigmatisierung fürchten (UNFPA 12.2020, S.1). Auch, dass es in Spitälern kaum Kapazitäten für Covid-19-Patienten gibt, ist ein Grund dafür, warum viele sich gar nicht erst testen lassen wollen – ein Test birgt für die Menschen keinen Vorteil (DEVEX 13.8.2020). Mit Stand 9.3.2021 waren in Somalia 4.544 aktive Fälle registriert, insgesamt 319 Personen waren verstorben. Seit Beginn der Pandemie waren nur 84.278 Tests durchgeführt worden (ACDC 9.3.2021).

Die informellen Zahlen zur Verbreitung von Covid-19 in Somalia und Somaliland sind also um ein Vielfaches höher als die offiziellen. Einerseits sind die Regierungen nicht in der Lage, breitflächig Tests (es gibt insgesamt nur 14 Labore) oder gar Contact-Tracing durchzuführen. Gleichzeitig behindern Stigma und Desinformation die Bekämpfung von Covid-19 in Somalia und Somaliland. Mit dem Virus geht eine Stigmatisierung jener einher, die infiziert sind, als infiziert gelten oder aber infiziert waren. Mancherorts werden selbst Menschen, die Masken tragen, als infiziert gebrandmarkt. Die Angst vor einer Stigmatisierung und die damit verbundene Angst vor ökonomischen Folgen sind der Hauptgrund, warum so wenige Menschen getestet werden. Es wird berichtet, dass z.B. Menschen bei (vormals) Infizierten nicht mehr einkaufen würden. IDPs werden vielerorts von der Gastgemeinde gemieden – aus Angst vor Ansteckung. Dies hat auch zum Verlust von Arbeitsplätzen – z. B. als Haushaltshilfen – geführt. Dabei fällt es gerade auch IDPs schwer, Präventionsmaßnahmen umzusetzen. Sie leben oft in Armut und in dicht bevölkerten Lagern, und es mangelt an Wasser (DEVEX 13.8.2020).

Somalia ist eines jener Länder, dass hinsichtlich des Umgangs mit der Pandemie die geringsten Kapazitäten aufweist (UNFPA 12.2020, S.1). Humanitäre Partner haben schon im April 2020 für einen Plan zur Eindämmung von Covid-19 insgesamt 256 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt (UNSC 13.11.2020, Abs.51). UNSOS unterstützt medizinische Einrichtungen, stellt Ausrüstung zur Bekämpfung der Pandemie zur Verfügung. Bis Anfang Juni konnten die UN und AMISOM eine substanzielle Zahl an Behandlungsplätzen schaffen (darunter auch Betten zur Intensivpflege) (UNSC 13.8.2020, Abs.69). Trotzdem gibt es nur ein speziell für Covid-19-Patienten zugewiesenes Spital, das Martini Hospital in Mogadischu. Dieses ist unterbesetzt und schlecht ausgerüstet; von 150 Betten verfügen nur 11 über ein Beatmungsgerät und Sauerstoffversorgung (Sahan 25.2.2021c). In ganz Somalia und Somaliland gab es im August 2020 für Covid-Patienten nur 24 Intensivbetten (DEVEX 13.8.2020). Es gibt so gut wie keine präventiven Maßnahmen und Einrichtungen. Menschen, die an Covid-19 erkranken, bleibt der Ausweg in ein Privatspital – wenn sie sich das leisten können (Sahan 25.2.2021c). Der türkische Rote Halbmond hat Somalia im Feber 2021 weitere zehn Beatmungsgeräte zukommen lassen (AAG 26.2.2021). Im März 2021 spendete die Dahabshil Group dem Staat Sauerstoffverdichter, mit denen insgesamt 250 Patienten versorgt werden können. Die Firma übernimmt auch die technische Instandhaltung (Sahan 11.3.2021). Insgesamt bleiben Test- und Behandlungsmöglichkeiten für Covid-19-Infizierte aber beschränkt (UNFPA 12.2020, S.1).

Nachdem die Bildungsinstitutionen ihre Arbeit wieder aufgenommen hatten, sind nicht alle Kinder zurück in die Schule gekommen. Dies liegt an finanziellen Hürden, an der Angst vor einer Infektion, aber auch daran, dass Kinder zur Arbeit eingesetzt werden. Außerdem zeigt eine Studie aus Puntland, dass die Zahl an Frühehen zugenommen hat. Gleichzeitig wurden Immunisierungskampagnen und auch Ernährungsprogramme unterbrochen. Manche Gesundheitseinrichtungen sind teilweise nur eingeschränkt aktiv – nicht zuletzt, weil viele Menschen diese aufgrund von Ängsten nicht in Anspruch nehmen; der Patientenzustrom hat sich in der Pandemie verringert (UNFPA 12.2020, V-VI).

Remissen sind im Zuge der Covid-19-Pandemie zurückgegangen (IPC 3.2021, S.2; vgl. UNFPA 12.2020). Eine Erhebung im November und Dezember 2020 hat gezeigt, dass 22% der städtischen, 12% der ländlichen und 6% der IDP-Haushalte Remissen beziehen. Die Mehrheit der Empfänger berichtete von Rückgängen von über 10% (IPC 3.2021, S.2). Auch der Export von Vieh – der wichtigste Wirtschaftszweig – ist wegen der Pandemie zurückgegangen (UNFPA 12.2020, S.1).

Internationale und nationale Flüge operieren uneingeschränkt. Ankommende müssen am Aden Adde International Airport in Mogadischu und auch am Egal International Airport in Hargeysa einen negativen Covid-19-Test vorweisen, der nicht älter als vier Tage ist. Wie in Mogadischu mit Personen umgegangen wird, welche diese Vorgabe nicht erfüllen, ist unbekannt. Möglicherweise werden diese zusätzlich getestet und in Quarantäne geschickt. In Hargeysa werden Personen ohne Test auf eigene Kosten in eine von der Regierung benannte Unterkunft zur zweiwöchigen Selbstisolation geschickt. Die Landverbindungen zwischen Dschibuti und Somaliland wurden wieder geöffnet, der Hafen in Berbera ist in Betrieb (GW 12.2.2021).

Restaurants, Hotels, Bars und Geschäfte sind offen, es gelten Hygienemaßnahmen und solche zum Social Distancing. Die Maßnahmen außerhalb Mogadischus können variieren. Es kann jederzeit geschehen, dass Behörden Covid-Maßnahmen kurzfristig verschärfen (GW 12.2.2021).

Politische Lage

SÜD-/ZENTRALSOMALIA, PUNTLAND

Hinsichtlich der meisten Tatsachen ist das Gebiet von Somalia faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird (AA 2.4.2020, S.5). Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (BS 2020, S.4).

Staatlichkeit: Somalia hat bei der Bildung eines funktionierenden Bundesstaates Fortschritte erzielt (UNSC 15.5.2019, Abs.78), staatliche und regionale Regierungsstrukturen wurden etabliert (ISS 28.2.2019). Somalia hat in den vergangenen Jahren auf vielen Gebieten große Fortschritte erzielt. Der Staat ist etwa bei Steuereinnahmen effektiver geworden. Junge Somalis und Angehörige der Diaspora sind in der Zivilgesellschaft aktiv, und Mogadischu selbst hat sich stark verändert (BBC 18.1.2021). Somalia ist damit zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind sehr schwach, es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt (AA 2.4.2020, S.4f). Die Regierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (FH 4.3.2020a, C1). Das Land befindet sich immer noch mitten im Staatsbildungsprozess (BS 2020, S.33). Die Regierung ist bei der Umsetzung von Aktivitäten grundsätzlich stark von internationalen Institutionen und Geberländern abhängig (FH 4.3.2020a, C1). Eigentlich sollte die Bundesregierung auch die Übergangsverfassung noch einmal überarbeiten, novellieren und darüber ein Referendum abhalten. Dieser Prozess ist weiterhin nicht abgeschlossen (USDOS 11.3.2020, S.24). Generell sind drei entscheidende Punkte abzuarbeiten: die Überarbeitung der Verfassung; der Aufbau der föderalen Architektur; und die Entwicklung eines angemessenen Wahlsystems. Der Stillstand zu Anfang des Jahres 2021 ist das Ergebnis des Versagens der Regierung Farmaajo, auch nur einen dieser Punkte zu lösen (ECFR 16.2.2021).

Regierung: Die Präsidentschaftswahl fand im Feber 2017 statt. Die beiden Parlamentskammern wählten den früheren Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmaajo“ zum Präsidenten (AA 2.4.2020, S.6; vgl. ÖB 3.2020, S.2; USDOS 11.3.2020, S.1). Seine Wahl wurde als fair und transparent erachtet (USDOS 11.3.2020, S.1). Premierminister Hassan Ali Kheyre wurde mit einem Misstrauensvotum des Parlaments am 25.7.2020 seines Amtes enthoben (UNSC 13.8.2020, Abs.5). Im September 2020 wurde Mohamed Hussein Roble als neuer Premierminister angelobt (UNSC 13.11.2020, Abs.6). Insgesamt verfügt die Regierung in der eigenen Bevölkerung und bei internationalen Partnern nur über wenig Glaubwürdigkeit. Das Vertrauen in den Staat ist gering (BS 2020, S.34/40).

Parlament: Die beiden Kammern des Parlaments wurden mittels indirekter Wahlen durch ausgewählte Älteste Anfang 2017 besetzt (USDOS 11.3.2020, S.24). Über 14.000 Wahlmänner und -frauen waren an der Wahl der 275 Abgeordneten beteiligt (AA 2.4.2020, S.6; vgl. USDOS 11.3.2020, S.24). Beide Häuser wurden also in indirekten Wahlen besetzt, das Unterhaus nach Clanzugehörigkeit. Die Wahlen zu beiden Häusern wurden generell als von Korruption durchsetzt und geschoben erachtet (USDOS 11.3.2020, S.1). Sie wurden von Schmiergeldzahlungen, Einschüchterungen, Stimmenkauf und Manipulation begleitet (BS 2020, S.11). Dieses Wahlsystem ist zwar noch weit von einer Demokratie entfernt und unterstreicht die Bedeutung der politischen Elite (BS 2020, S.20). Trotz allem waren die Parlamentswahlen ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt (AA 2.4.2020, S.4; vgl. BS 2020, S.20). Insgesamt erfolgte die Zusammensetzung des Unterhauses entlang der 4.5-Formel, wonach den vier Hauptclans jeweils ein Teil der Sitze zusteht, den kleineren Clans und Minderheiten zusammen ein halber Teil (USDOS 11.3.2020, S.26; vgl. ÖB 3.2020, S.3; BS 2020, S.11). Auch die Regierung ist entlang dieser Formel organisiert (ÖB 3.2020, S.3). Insgesamt wird das Parlament durch Stimmenkauf entwertet, und es hat auf die Tätigkeiten von Präsident und Premierminister wenig Einfluss (BS 2020, S.20).

Demokratie: Seit 1969 wurde in Somalia keine Regierung mehr direkt gewählt (FP 10.2.2021). Somalia ist keine Wahldemokratie und hat auch keine strikte Gewaltenteilung, auch wenn die Übergangsverfassung eine Mehrparteiendemokratie und Gewaltenteilung vorsieht (BS 2020, S.11/15). Es gibt keine freien und fairen Wahlen auf Bundes- (USDOS 11.3.2020, S.23f) und auch keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler oder regionaler Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clanstrukturen) vergeben (AA 2.4.2020, S.5f). Für 2021 vorgesehene Wahlen wurden zuerst verschoben (UNSC 13.8.2020, Abs.7). Und es kam im September 2020 hinsichtlich des Prozederes zu einer Einigung mit den Bundesstaaten. Das vereinbarte Modell entspricht in etwa jenem von 2016. Dabei werden von Ältesten, Bundesstaaten und Vertretern der Zivilgesellschaft Wahldelegierte ausgesucht, welche wiederum die einzelnen Parlamentsabgeordneten wählen. Pro Abgeordnetem sollen 101 Wahlmänner und -Frauen ausgewählt werden (2016: 51). Statt der National Independent Electoral Commission soll die Wahl von sogenannten Electoral Implementation Committees (EIC) umgesetzt werden. Die Abgeordneten zum Oberhaus werden von den Parlamenten der Bundesstaaten ausgewählt (UNSC 13.11.2020, Abs.2f; vgl. FP 10.2.2021). Neben einem 25köpfigen EIC des Bundes sollte zusätzlich in jedem Bundesstaat ein eigenes elfköpfiges EIC eingesetzt werden (UNSC 13.11.2020, Abs.21). Dieses Modell war von allen relevanten politischen Stakeholdern, von Parteien und Vertretern der Zivilgesellschaft vereinbart und vom Bundesparlament ratifiziert worden (UNSC 13.11.2020, Abs.88).

Politische Lage: Allerdings hat sich um die Bestellung der Mitglieder dieser EICs ein neuer Konflikt entsponnen (FP 10.2.2021). Präsident Farmaajo war schließlich nicht in der Lage, sich mit Ahmed „Madobe“, Präsident von Jubaland, und Said Deni, Präsident von Puntland, auf die Umsetzung des im September 2020 vereinbarten Fahrplans für Neuwahlen zu einigen (IP 12.2.2021; vgl. FP 10.2.2021). Und so ist das Mandat des Parlaments im Dezember 2020 ausgelaufen (SG 8.2.2021), jenes von Präsident Farmaajo formell am 8.2.2021 (IP 12.2.2021; vgl. ECFR 16.2.2021). Damit verfügt Somalia über keine legitime Regierung mehr. Allerdings weigert sich Farmaajo sein Amt abzugeben (ECFR 16.2.2021). Er hofft offenbar darauf, dass das Parlament Artikel 53 des Wahlgesetzes in Kraft setzt, wonach Wahlen ausgesetzt und die Amtszeit der Regierung im Katastrophenfall um sechs Monate verlängert würde. Die Covid-19-Pandemie bietet hier einen Vorwand (BMLV 25.2.2021).

Die Führer von Puntland und Jubaland (FP 10.2.2021; vgl. Sahan 22.2.2021) sowie eine Allianz aus 14 Präsidentschaftskandidaten, darunter die ehemaligen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamed und Sharif Sheikh Ahmed, erkennen Farmaajo nicht mehr als Präsidenten an (Sahan 9.2.2021b; vgl. IP 12.2.2021, FP 10.2.2021). Die Allianz aus Oppositionsparteien sprach sich für die Bildung einer Übergangsregierung aus (FP 10.2.2021). Somalia befindet sich somit in einer schweren Verfassungs- und politischen Krise (Sahan 9.2.2021a). Das Versagen, einen Kompromiss zu finden, hat nicht nur den demokratischen Prozess unterminiert, es hat die Sicherheit Somalias vulnerabel gemacht (FP 10.2.2021). Denn al Shabaab hat sich die politische Krise zu Nutzen gemacht und die Angriffe seit Anfang 2021 verstärkt (IP 12.2.2021). Es besteht die Angst, dass Präsident Farmaajo durch das Festklammern an der Macht einen neuen Bürgerkrieg auslösen könnte (SG 8.2.2021). Ende Feber und Anfang März 2021 wurden neuerliche Verhandlungen über eine Umsetzung des beschlossenen Wahlsystems angesetzt – auf Druck der internationalen Gemeinschaft (AMISOM 3.3.2021; vgl. UNSOM 2.3.2021).

Föderalisierung: Auch wenn diese Entscheidung zur Föderalisierung umstritten war, und die Umsetzung von Gewalt begleitet wurde, konnten neue Bezirks- und Regionalverwaltungen etabliert werden. Neben Puntland wurden in den letzten Jahren vier neue Bundesstaaten geschaffen: Galmudug, Jubaland, South-West State (SWS) und HirShabelle. Somaliland wird als sechster Bundesstaat erachtet (BS 2020, S.10; vgl. AI 13.2.2020, S.13). Offen sind noch der finale Status und die Grenzen der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (Banadir Regional Administration/BRA) (AI 13.2.2020, S.13). Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clanbalance: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir. Allerdings finden sich in jedem Bundesstaat Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden (BFA 8.2017, S.55f).

Die Fortschritte der Jahre 2012-2016 wurden von der Regierung Farmaajo weitgehend rückgängig gemacht (ECFR 16.2.2021). Dass in vier der fünf Bundesstaaten im Zeitraum 2018-2019 eine neue Führung gewählt werden solle, sah die Bundesregierung als Chance, sich durch die Platzierung loyaler Präsidenten Einfluss zu verschaffen. Dementsprechend mischte sich die Bundesregierung in die Wahlen ein (HIPS 2020, S.1/4ff; vgl. ECFR 16.2.2021). Zudem hat sie Truppen entsendet, um die politische Kontrolle zu erlangen (ECFR 16.2.2021). Die Präsidenten von HirShabelle, dem SWS und von Galmudug gelten nunmehr als der somalischen Bundesregierung freundlich gesinnt (Sahan 11.2.2021b).

Grundsätzlich gibt es politische Uneinigkeit über die Frage, ob Bundesstaaten semi-autonom sein sollen oder ob mehr Macht bei der Bundesregierung zentralisiert sein soll (ISS 15.12.2020). Die entstandene Pattsituation zwischen Bund und Ländern hat anfangs zum Stillstand bei wichtigen Fragen geführt – etwa hinsichtlich der Wahlen, der Verfassung und der Sicherheit (UNSC 13.2.2020, Abs.6). Schließlich hat Farmaajo Somalia aber an den Rand eines institutionellen Kollaps’ geführt (ECFR 16.2.2021).

Bei der Auseinandersetzung zwischen Bundesregierung und Bundesstaaten kommt u. a. die Krise am Golf zu tragen: Der Konflikt zwischen den Vereinten Arabischen Emiraten (VAE) – unterstützt von Saudi-Arabien – und Katar – unterstützt von der Türkei – wurde auch nach Somalia exportiert und trägt dort erheblich zur Vertiefung der Spaltung bei (BS 2020, S.41). Zudem leidet AMISOM an den Spannungen zwischen der Bundesregierung und dem Nachbarland Kenia sowie am Konflikt in Äthiopien – beide Staaten sind Truppensteller (ISS 15.12.2020).

Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba)

Jubaland wurde im Jahr 2013 gebildet, damals wurde auch Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 11.3.2020, S.25; vgl. HIPS 2021, S.12). Am 22.8.2019 wurde Ahmed Madobe als Präsident bestätigt. Die Wahl war allerdings umstritten: Da die Bundesregierung mehr Kontrolle gewinnen möchte, hat sie erklärt, die Wahl nicht anzuerkennen und den Wahlkandidaten der Opposition, Abdirashif Mohamad Hidig, zu unterstützen (HIPS 2020, S.7). Andere unterstellen Madobe hinsichtlich der Wahl Manipulation und Einschüchterung (USDOS 11.3.2020, S.25).

Angesichts des Konflikts mit der Bundesregierung hat Präsident Madobe versucht, sich mit seinen politischen Rivalen in Jubaland zu versöhnen. Während die Bundesregierung jeden unterstützt, der in Opposition zu Präsident Madobe steht (HIPS 2021, S.13), hat dieser im April 2020 mit seinen Erzfeinden ein Abkommen zur Machtteilung abgeschlossen (HIPS 2021, S.13; vgl. UNSC 13.5.2020, Abs.8). Im Juni 2020 hat die Bundesregierung Madobe als Präsident anerkannt (UNSC 13.8.2020, Abs.14; vgl. HIPS 2021, S.13). Jedenfalls wird Jubaland immer noch vom Streit um die umstrittenen Wahlen erschüttert. Die Bundesregierung hatte auf Jubaland starken Druck ausgeübt – etwa durch eine Wirtschaftsblockade und das Abschneiden der Region Gedo vom Rest von Jubaland (HIPS 2021, S.12). Die Bundesregierung hat sich mit militärischer Macht der Region bemächtigt (ECFR 16.2.2021; vgl. Sahan 17.2.2021), obwohl die Verwaltung von Gedo laut Verfassung eigentlich der Regierung von Jubaland zukommt (Sahan 17.2.2021; vgl. BMLV 25.2.2021). Letztere verfügt in Gedo nur noch über schwachen Einfluss (BMLV 25.2.2021). Präsident Madobe fordert den Abzug der somalischen Armee aus Gedo. Dahingegen wollen Teile der dortigen Administration die Soldaten unbedingt in Gedo behalten (UNSC 13.11.2020, Abs.7).

In Kismayo hat sich die Verwaltung durch Jubaland gefestigt (BMLV 25.2.2021).

Banadir Regional Administration (BRA; Mogadischu)

Die Übergangsverfassung sieht vor, dass das Bundesparlament über den Status der Region Benadir – und damit den Status von Mogadischu – entscheiden muss. Es kam auch zu einer Kampagne, wonach Benadir zu einem eigenen Bundesstaat werden sollte. Dadurch wäre aber die künstliche Clanbalance der Bundesstaaten insgesamt gefährdet (HIPS 2021, S.18). Als Konsequenz ist der Status der Bundeshauptstadt nach wie vor nicht geklärt. Die BRA ist kein Bundesstaat, verfügt aber über eine funktionierende Regionalregierung und wird vom Bürgermeister von Mogadischu geführt (AI 13.2.2020, S.13). Die Hauptstadt untersteht direkt der Bundesregierung (HIPS 2021, S.9), der somalische Präsident ernennt Bürgermeister und Stellvertreter (HIPS 2021, S.18).

In Mogadischu bleiben die Hawiye/Abgaal sowie die Hawiye/Habr Gedir in ihren Machtpositionen; in Dayniile auch die Hawiye/Murusade (FIS 7.8.2020, S.38).

Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen (ACLED 2021). Auch das Maß an Kontrolle über bzw. Einfluss auf einzelne Gebiete variiert. Während Somaliland die meisten der von ihm beanspruchten Teile kontrolliert, ist die Situation in Puntland und – in noch stärkerem Ausmaß – in Süd-/Zentralsomalia komplexer. In Mogadischu und den meisten anderen großen Städten hat al Shabaab keine Kontrolle, jedoch eine Präsenz. Dahingegen übt al Shabaab über weite Teile des ländlichen Raumes Kontrolle aus. Zusätzlich gibt es in Süd-/Zentralsomalia große Gebiete, wo unterschiedliche Parteien Einfluss ausüben; oder die von niemandem kontrolliert werden; oder deren Situation unklar ist (LIFOS 9.4.2019, S.6).

SÜD-/ZENTRALSOMALIA, PUNTLAND

Die Sicherheitslage bleibt instabil (BS 2020, S.38) bzw. volatil, mit durchschnittlich 285 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Monat. Die meisten Vorfälle waren Angriffe der al Shabaab, darunter auch Sprengstoffanschläge (UNSC 17.2.2021, Abs.13). Die österreichische Botschaft spricht in diesem Zusammenhang von einem bewaffneten Konflikt (ÖB 3.2020, S.2), während das deutsche Auswärtige Amt von Bürgerkrieg und bürgerkriegsähnlichen Zuständen berichtet (AA 2.4.2020, S.4/7).

AMISOM hält in Kooperation mit der somalischen Armee, regionalen Sicherheitskräften sowie mit regionalen und lokalen Milizen die Kontrolle über die seit 2012 eroberten Gebiete. Während die somalische Regierung und ihre Alliierten zwar im Großen und Ganzen territoriale Gewinne verzeichnen und die Kontrolle über die meisten Städte halten können, ist es ihnen nicht gelungen, die Kontrolle in ländliche Gebiete auszudehnen (BS 2020, S.6). Die somalische Regierung und AMISOM können keinen Schutz vor allgemeiner oder terroristischer Kriminalität im Land garantieren (AA 3.12.2020). Generell ist die Regierung nicht in der Lage, für Sicherheit zu sorgen. Dafür ist sie in erster Linie auf AMISOM, aber auch auf Unterstützung durch die USA – angewiesen. Dies wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern (IP 1.11.2019; vgl. BS 2020, S.11). Weiterhin führt der Konflikt unter Beteiligung der genannten Parteien zu zivilen Todesopfern, Verletzten und Vertriebenen (USDOS 11.3.2020, S.1; vgl. ÖB 3.2020, S.2).

Trend: Im Zeitraum von Anfang 2018 bis zum Ende 2020 gab es hunderte terroristische Vorfälle. In den Jahren 2018 und 2019 war die Zahl an Vorfällen zunächst rückläufig – v.a. wegen der intensivierten Operationen gegen al Shabaab. Die Gruppe konnte dabei aus einigen strategisch wichtigen Punkten vertrieben werden – etwa von den fünf Shabelle-Brücken zwischen Sabid Anoole und Janaale (Sahan 11.2.2021a). Dadurch und durch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in Mogadischu konnte al Shabaab auch nur mehr selten Sprengstoffanschläge mit Fahrzeugen durchführen. Die Zahl an zivilen Opfern durch Sprengstoffanschläge ging demnach 2020 gegenüber 2019 um 50% zurück (UNSC 17.2.2021, Abs.13). Im Jahr 2020 haben sich aber zuletzt die Angriffe auf somalische Kräfte und AMISOM wieder gemehrt (Sahan 11.2.2021a; vgl. JF 28.7.2020). Dies kann direkt mit den politischen Streitigkeiten zwischen Bund und Bundesstaaten in Zusammenhang gebracht werden, da dadurch für den Kampf gegen al Shabaab notwendige Ressourcen umgeleitet wurden (Sahan 11.2.2021a). Aufgrund des politischen Streits rund um das Ende der Präsidentschaft Farmajos ist die Sicherheitslage in einer Abwärtsspirale. Sicherheitskräfte haben teilweise seit Monaten keinen Sold erhalten und halten sich in Mogadischu und anderen Landesteilen an der Bevölkerung schadlos (SG 8.2.2021). Auch der politische Streit selbst hat das Potenzial, zu einem bewaffneten Konflikt zu eskalieren. Viele Sicherheitskräfte sind v. a. ihrem Kommandanten oder ihrem Clan gegenüber loyal. So kann nicht nur die Regierung, sondern auch die Opposition Bewaffnete ins Feld stellen (Reuters 19.2.2021).

Laut Einschätzung eines Experten kann ein weiteres Zurückdrängen von al Shabaab durch AMISOM auf der aktuellen Grundlage nicht erwartet werden (BMLV 25.2.2021). In Lower Juba und Lower Shabelle kommt es nur noch sporadisch zu Störoperationen gegen al Shabaab (UNSC 13.11.2020, Abs.60). In der Vergangenheit hat die Bundesarmee wiederholt dabei versagt, von AMISOM geräumte Gebiete auch tatsächlich abzusichern (UNSC 1.11.2019, S.24). Trotzdem berät AMISOM die Übergabe weiterer Forward Operating Bases (FOBs) an die somalische Armee bzw. die Aufgabe einzelner FOBs (UNSC 13.11.2020, Abs.61).

Ein Vordringen größerer Kampfverbände der al Shabaab in unter Kontrolle der Regierung stehende Städte kommt nur in seltenen Fällen vor. Bisher wurden solche Penetrationen innert Stunden durch AMISOM und somalische Verbündete beendet. Eine Infiltration der Städte durch verdeckte Akteure von al Shabaab kommt in manchen Städten vor. Städte mit konsolidierter Sicherheit – i.d.R. mit Stützpunkten von Armee und AMISOM – können von al Shabaab zwar angegriffen, aber nicht eingenommen werden (BMLV 25.2.2021).

Al Shabaab führt nach wie vor eine effektive Rebellion (USDOS 10.6.2020, S.5). Al Shabaab bleibt die signifikanteste Bedrohung für Frieden und Sicherheit. Die Gruppe führt ihren Kampf mit zunehmender Intensität und Häufigkeit. Die Angriffe auf sogenannten high-profile-Ziele in Mogadischu und anderswo wurden verstärkt (HIPS 2021, S.20). Angegriffen werden Regierungseinrichtungen, Behördenmitarbeiter, Sicherheitskräfte, internationale Partner und öffentliche Plätze – z.B. Restaurants und Hotels (FIS 7.8.2020, S.25; vgl. AA 3.12.2020). Al Shabaab führt weiterhin regelmäßige Angriffe auf Regierungsstellungen durch. Vor allem der Korridor Mogadischu–Merka ist für Angriffe anfällig (PGN 10.2020, S.2). Die Kriegsführung der al Shabaab erfolgt weitgehend asymmetrisch mit sog. hit-and-run-attacks, Attentaten, Sprengstoffanschlägen und Granatangriffen. Das Gros der Angriffe wird mit niedriger Intensität bewertet – jedoch sind die Angriffe zahlreich, zerstörerisch und kühn (JF 28.7.2020). Al Shabaab bleibt zudem weiterhin in der Lage, z.B. in Mogadischu koordinierte Angriffe durchzuführen. Die Zahl an Mörserangriffen ist zurückgegangen. Derartige Angriffe richten sich in erster Linie gegen AMISOM und regionale Sicherheitskräfte in Lower Juba, Lower Shabelle und Middle Shabelle (UNSC 13.11.2020, Abs.12), aber auch in Hiiraan und Benadir (UNSC 13.8.2020, Abs.19). Hingegen hat die Zahl an Selbstmordattentaten zugenommen. Es kommt auch weiterhin zu sogenannten komplexen Angriffen, etwa am 16.8.2020 auf das Elite Hotel in Mogadischu mit zwanzig Todesopfern oder am 17.8.2020 auf einen Stützpunkt der somalischen Armee in Goof Gaduud Burey (Bay) (UNSC 13.11.2020, Abs.14).

Kampfhandlungen: Al Shabaab greift die Bundesarmee und AMISOM weiterhin an, bei durchschnittlich 140 Angriffen pro Monat. Dabei handelt es sich meist um sogenannte hit-and-run-Angriffe. Im Zeitraum November 2020 bis Feber 2021 waren davon die Regionen Lower und Middle Shabelle, Benadir, Bay, Hiiraan, Bakool, Lower Juba, Gedo, Galgaduud und Mudug betroffen (UNSC 17.2.2021, Abs.15). Bei Kampfhandlungen gegen al Shabaab, aber auch zwischen Clans oder Sicherheitskräften kommt es zur Vertreibung, Verletzung oder Tötung von Zivilisten (HRW 14.1.2020). In Teilen Süd-/Zentralsomalias (südlich von Puntland) kommt es zu örtlich begrenzten Kampfhandlungen zwischen somalischen Sicherheitskräften/Milizen bzw. AMISOM (African Union Mission in Somalia) und al Shabaab (AA 2.4.2020, S.18; vgl. AA 3.12.2020). Dies betrifft insbesondere die Regionen Lower Juba, Gedo, Bay, Bakool sowie Lower und Middle Shabelle (AA 2.4.2020, S.18). Der durch AMISOM und die somalische Armee in der Region Lower Shabelle auf al Shabaab ausgeübte militärische Druck hat dazu beigetragen, dass die Gruppe ihre Aktivitäten in HirShabelle und Galmudug verstärkt hat (UNSC 13.11.2020, Abs.15). Zivilisten sind insbesondere in Frontbereichen, wo Gebietswechsel vollzogen werden, einem Risiko von Racheaktionen durch al Shabaab oder aber von Regierungskräften ausgesetzt (LIFOS 3.7.2019, S.22). Die Bezirke Merka, Qoryooley und Afgooye sind nach wie vor stark von Gewalt betroffen, das Gebiet zwischen diesen Städten liegt im Fokus von al Shabaab (BMLV 25.2.2021).

Immer wieder überrennt al Shabaab kurzfristig kleinere Orte oder Stützpunkte - etwa Daynuunay oder Goof Gaduud im Bereich Baidoa - um sich nach wenigen Stunden oder Tagen wieder zurückzuziehen (PGN 10.2020, S.9f). Andernorts greift al Shabaab Stützpunkte erfolglos an – etwa die FOB äthiopischer AMISOM-Truppen in Halgan im Feber 2021 (Halbeeg 22.2.2021).

Gebietskontrolle: Al Shabaab wurde im Laufe der vergangenen Jahre erfolgreich aus den großen Städten gedrängt (ÖB 3.2020, S.2). Seit der weitgehenden Einstellung offensiver Operationen durch AMISOM seit Juli 2015 hat sich die Aufteilung der Gebiete nicht wesentlich geändert. Während AMISOM und die Armee die Mehrheit der Städte halten, übt al Shabaab über weite Teile des ländlichen Raumes die Kontrolle aus oder kann dort zumindest Einfluss geltend machen (UNSC 1.11.2019, S.10; vgl. ÖB 3.2020, S.2). Dabei kontrollierte al Shabaab im Jahr 2019 soviel Land, wie schon seit dem Jahr 2010 nicht mehr. Man rechnet mit 20% des gesamten Staatsterritoriums (USDOS 10.6.2020, S.5). Die Gebiete Süd-/Zentralsomalias sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen. Allerdings ist die Kontrolle der somalischen Bundesregierung im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkt; die Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete liegt bei den Regierungen der Bundesstaaten, welche der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen (AA 2.4.2020, S.5).

Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das "urban island scenario" besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben (BMLV 25.2.2021). Gegen einige dieser Städte unter Regierungskontrolle hält al Shabaab Blockaden aufrecht (HRW 14.1.2020). Al Shabaab ist in der Lage, Hauptversorgungsrouten abzuschneiden und Städte dadurch zu isolieren (UNSC 1.11.2019, S.10; vgl. BMLV 25.2.2021).

Große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia befinden sich unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss von al Shabaab (BMLV 25.2.2021). Die wesentlichen, von al Shabaab verwalteten und kontrollierten Gebiete sind

1.       das Juba-Tal mit den Städten Buale, Saakow und Jilib; sowie Qunya Baarow in Lower Juba;

2.       Teile von Lower Shabelle um Sablaale;

3.       der südliche Teil von Bay mit Ausnahme der Stadt Diinsoor;

4.       weites Gebiet recht und links der Grenze von Bay und Hiiraan, inklusive der Stadt Tayeeglow;

5.       sowie die südliche Hälfte von Galgaduud mit den Städten Ceel Dheere und Ceel Buur; und angrenzende Gebiete von Mudug und Middle Shabelle, namentlich die Städte Xaradheere (Mudug) und Adan Yabaal (Middle Shabelle) (PGN 2.2021).

Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden – etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BMLV 25.2.2021).

Andere Akteure: Auch der Konflikt um Ressourcen (Land, Wasser etc.) führt regelmäßig zu Gewalt (BS 2020, S.31). Es kommt immer wieder auch zu Auseinandersetzungen somalischer Milizen untereinander (AA 3.12.2020). Auch somalische und regionale Sicherheitskräfte töteten Zivilisten und begingen sexuelle Gewalttaten – v.a. in und um die Region Lower Shabelle (USDOS 11.3.2020, S.30). Zusätzlich wird die Sicherheitslage durch die große Anzahl lokaler und sogar föderaler Milizen verkompliziert (BS 2020, S.7). Es gibt immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Milizen einzelner Subclans bzw. religiöser Gruppierungen wie Ahlu Sunna Wal Jama’a (AA 2.4.2020, S.17f).

Seit dem Jahr 1991 gibt es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden (AA 2.4.2020, S.17f). Bei durch das Clansystem hervorgerufener (teils politischer) Gewalt kommt es zu Rachemorden und Angriffen auf Zivilisten. Im Jahr 2019 kam es bei Zusammenstößen zwischen Clanmilizen sowie zwischen diesen und al Shabaab in Puntland, Galmudug, Lower und Middle Shabelle, Lower Juba, Hiiraan und Bay zu Todesopfern. Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Subclans, v.a. im Streit um Wasser und Land. Im Jahr 2019 waren davon v.a. die Regionen Hiiraan, Galmudug, Lower und Middle Shabelle sowie Sool betroffen (USDOS 11.3.2020, S.3/11; vgl. ÖB 3.2020, S.10). Derartige Kämpfe sind üblicherweise lokal begrenzt und dauern nur kurze Zeit, können aber mit großer – generell gegen feindliche Kämpfer gerichteter – Gewalt verbunden sein (LI 28.6.2019, S.8).

Der sogenannte Islamische Staat bleibt in Somalia in Puntland konzentriert, in Mogadischu gibt es nur eine minimale Präsenz. Größere Aktivitäten des IS gab es in Puntland in den Jahren 2016 und 2017. In Mogadischu richtet sich der IS mit gezielten Tötungen v.a. gegen Sicherheitskräfte (JF 14.1.2020). Für den Zeitraum Mai-August 2020 werden dem IS allerdings nur zwei Attacken – beide in Mogadischu – zugeschrieben (UNSC 13.8.2020, Abs.24). Im Zeitraum August-Oktober 2020 (UNSC 13.11.2020, Abs.16) sowie November 2020-Feber 2021 gab es keine Aktivitäten (UNSC 17.2.2021, Abs.17).

Zivile Opfer: Al Shabaab ist für einen Großteil der zivilen Opfer verantwortlich (siehe Tabelle weiter unten). Allerdings greift al Shabaab Zivilisten nicht spezifisch an. Doch auch wenn die Gruppe eigentlich andere Ziele angreift, enden oft Zivilisten als Opfer, da sie sich zur falschen Zeit am falschen Ort befunden haben (NLMBZ 3.2020, S.17/37).

Bei einer geschätzten Bevölkerung von rund 15,4 Millionen Einwohnern (WHO 12.1.2021) lag die Quote getöteter oder verletzter Zivilisten in Relation zur Gesamtbevölkerung für Gesamtsomalia zuletzt bei 1:12035.

Luftangriffe: Im Jahr 2017 führten die USA 35 Luftschläge in Somalia durch, 2018 waren es 47 und 2019 63. Im Jahr 2020 ist die Zahl auf 51 gesunken. Die Luftangriffe auf al Shabaab und den IS, bei denen seit 2017 ca. 1.000 Kämpfer getötet worden sind (HIPS 2021, S.21) konzentrierten sich vor allem auf die Regionen Lower Shabelle, Lower Juba, Middle Juba, Gedo und Bari (UNSC 13.8.2020, Abs.24). Die Luftangriffe werden in der Regel mit bewaffneten Drohnen geflogen (PGN 10.2020, S.8). Neben den offiziell bekannt gegebenen Luftschlägen kommen noch verdeckte hinzu. Zusätzlich führt auch die kenianische Luftwaffe Angriffe durch, vorwiegend in Gedo und Lower Juba (PGN 10.2020, S.15ff). Insgesamt gab es demnach 2020 72 Luftangriffe, bei welchen die USA als Angreifer bestätigt sind oder vermutet werden (PGN 2.2021, S.11).

Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba)

Vereinfacht dargestellt werden seit Anfang 2020 die drei Regionen Jubalands de facto von drei unterschiedlichen Parteien kontrolliert: Lower Juba durch die Regierung von Jubaland und kenianische Truppen, Middle Juba durch al Shabaab und Gedo durch die Bundesarmee und äthiopische Truppen (PGN 10.2020, S.13). Allerdings kontrolliert al Shabaab größere Teile von Jubaland, nämlich nicht nur die gesamte Region Middle Juba, sondern auch einen großen Teil von Lower Juba (HIPS 2021, S.12) und Teile von Gedo (PGN 2.2021, S.1).

Der Kampf gegen al Shabaab ist in Jubaland zum Stillstand gekommen, da Jubaland und die Bundesregierung ihre militärischen Kräfte gegeneinander einsetzen (siehe unten) anstatt gegen al Shabaab. Unterdessen hat al Shabaab die Konflikte zwischen Jubaland und der Bundesregierung genutzt (HIPS 2021, S.12f). Der Konflikt zwischen ihren Gegnern öffnet al Shabaab neue Räume und hat auch zu einem Anstieg an Aktivitäten der Gruppe geführt (Mahmood 28.7.2020). Nach anderen Angaben beobachtet al Shabaab in Jubaland die Vorgänge, wird aber selbst kaum aktiv. Die einzig aktive Front von AMISOM ist jene im Jubatal nördlich von Kismayo; al Shabaab ist hingegen weniger in Jubaland, als vielmehr im benachbarten Osten Kenias aktiv (BMLV 25.2.2021).

Lower Juba: Die Städte Kismayo, Afmadow und Dhobley sowie die Orte Bilis Qooqaani, Dif und Kolbiyow werden von Regierungskräften und AMISOM kontrolliert. Jamaame steht unter Kontrolle von al Shabaab; dies gilt auch für den nördlichen Teil Lower Jubas. Gemäß einer Quelle wird auch Badhaade von al Shabaab kontrolliert – allerdings ohne das Umland (PGN 2.2021, S.1). Dhobley ist relativ frei von al Shabaab und wird als sicher erachtet. Die Städte Kismayo, Afmadow und Dhobley sowie der Orte Bilis Qooqaani können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Zudem wird Dhobley als sicher erachtet (BMLV 25.2.2021).

Der Regierung von Jubaland ist es gelungen, im Clanstreit zwischen Majerteen und Awramale erfolgreich zu vermitteln (UNSC 13.8.2020, Abs.40). Älteste beider Clans einigten sich im April 2020 auf einen Waffenstillstand. Beim Konflikt um Land kamen südwestlich von Kismayo zuvor im Feber und März 2020 mehr als 50 Menschen zu Tode (UNSC 13.5.2020, Abs.35).

In Kismayo selbst wird versucht, Clanstreitigkeiten friedlich zu lösen. Die Bevölkerung hat verstanden, dass sie von einer Friedensdividende profitiert (BMLV 25.2.2021). Die Bevölkerung der Stadt ist in kurzer Zeit um 30% auf ca. 300.000 gewachsen. Viele der Zuzügler stammen aus dem Umland oder kamen aus Kenia oder der weltweiten Diaspora nach Kismayo zurück (FIS 5.10.2018, S.20f). Regierungskräfte kontrollieren Kismayo (LIFOS 3.7.2019, S.27f), es gibt ausreichend Sicherheitskräfte. Der Aufbau von Polizei und Justiz wurde und wird international unterstützt. Die Polizei wurde in den letzten Jahren von AMISOM und UN ausgebildet, sie hat ein relativ gutes Ausbildungsniveau erreicht. Es gibt eine klare Trennung zwischen Polizei und anderen bewaffneten Kräften (BMLV 25.2.2021).

Das verhängte Waffentrageverbot in der Stadt wird umgesetzt, die Kriminalität ist auf niedrigem Niveau, es gibt kaum Meldungen über Morde. Folglich lässt sich sagen, dass die Polizei in Kismayo entsprechend gut funktioniert. Zivilisten können sich in Kismayo frei und relativ sicher bewegen. Der Regierung ist es gelungen, eine Verwaltung zu etablieren. Diese ist gefestigt und funktioniert. Hinsichtlich Sicherheit hat Kismayo das Niveau von Garoowe (Puntland) erreicht. Der einzige Unterschied ist, dass die Front hier erheblich näher ist (BMLV 25.2.2021).

Al Shabaab ist in Kismayo nur eingeschränkt aktiv und hat keinen großen Einfluss in der Stadt. Es kommt nur selten zu Anschlägen oder Angriffen. Dies beweist auch, dass die Kooperation zwischen Polizei und Bevölkerung funktioniert (BMLV 25.2.2021). Zudem weigert sich rund ein Drittel der Wirtschaftstreibenden in Kismayo Steuern an al Shabaab abzuführen. Dies weist auf einen besseren Schutz bzw. auf eine geringere Dichte an Straforganen der al Shabaab hin (HI 10.2020, S.2).

Kismayo ist von al Shabaab umgeben (LIFOS 3.7.2019, S.27f); allerdings hat Jubaland die Front im Norden weiter vorschieben können (BMLV 25.2.2021; vgl. PGN 2.2021), im Nordosten bis in das Vorfeld von Jamaame. So ist al Shabaab zumindest nicht mehr in der Lage, entlang des Juba in Richtung Kismayo vorzustoßen. Trotzdem ist es der Gruppe möglich, punktuell auch in Kismayo Anschläge zu verüben (BMLV 25.2.2021).

Middle Juba: Die ganze Region und alle Bezirkshauptstädte (Buale, Jilib, Saakow) stehen unter Kontrolle der al Shabaab (PGN 2.2021, S.1).

Gedo: Die Städte Baardheere, Belet Xaawo, Doolow, Luuq und Garbahaarey sowie die Orte Ceel Waaq und Buurdhuubo werden von Regierungskräften und AMISOM kontrolliert. Die Orte und das Umland von Ceel Cadde, Qws Qurun und Faafax Dhuun befinden sich unter Kontrolle von al Shabaab (PGN 2.2021, S.1). Die Städte Luuq, Garbahaarey, Doolow und Baardheere können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Die Grenzstadt Doolow sowie Luuq werden als sicher erachtet. Diese Städte und das direkte Grenzgebiet zu Äthiopien sind relativ frei von al Shabaab und stabil. Auch Garbahaarey gilt als stabil (BMLV 25.2.2021).

Im Jänner 2020 war der Sicherheitsminister von Jubaland, Abdirashid Janan, aus dem Gefängnis in Mogadischu entkommen. Er war zuvor als Kommandant einer lokalen Miliz auch der de-facto-Herrscher der Region Gedo. Eine Woche nach seiner Flucht hat die Bundesregierung hunderte Bundessoldaten in den Bereich Belet Xaawo – der Bastion von Janan – verlegt und dort die zu Jubaland loyale Lokalverwaltung entmachtet (HIPS 2021, S.12f). Eine neue, zur Bundesregierung loyale Verwaltung wurde installiert (HIPS 2021, S.8). Dieser Austausch erfolgte flächendeckend in ganz Gedo (BMLV 25.2.2021). Dies wurde von internationalen Partnern stark kritisiert (HIPS 2021, S.13). Im Zuge dieser Vorgänge sind die Spannungen zwischen Präsident Madobe und der Bundesregierung Anfang 2020 im Bereich Belet Xaawo zu Kämpfen zwischen Milizionären von Jubaland und der Bundesarmee eskaliert (UNSC 13.5.2020, Abs.8). Bis Anfang März 2020 wurden ca. 50.000 Menschen aus Belet Xaawo vertrieben, sie verteilten sich zu 90% auf Gastgemeinden in der Umgebung der Stadt sowie in Luuq und Doolow. Schon bis Mitte März waren bereits 30% der Geflohenen wieder nach Belet Xaawo zurückgekehrt (UNOCHA 12.3.2020). Sechs Zivilisten waren bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen (Mahmood 28.7.2020). Truppen der Regierung von Jubaland sind danach aus Gedo ins benachbarte Kenia ausgewichen (PGN 10.2020, S.4). Eigentlich hatte die Bundesregierung der Regierung von Jubaland zugesichert, die Bundestruppen aus Gedo wieder abzuziehen. Entgegen dieser Angaben wurden die Truppen aber im Oktober 2020 in Doolow, Belet Xaawo und Ceel Waaq weiter verstärkt (PGN 10.2020, S.16). Dort befinden sich Teile der Spezialeinheit Haramcad sowie durch in Eritrea ausgebildete Kräfte (BMLV 25.2.2021). Nach anderen Angaben wird Ceel Waaq – als einziger Teil von Gedo – von Sicherheitskräften Jubalands und kenianischen Truppen kontrolliert (PGN 2.2021, S.7).

Gemäß Angaben einer Quelle gilt Gedo mittlerweile als ein der volatilsten Regionen Somalias (Sahan 16.2.2021c). Gemäß einer andern Quelle haben sich lediglich die Akteure geändert; die erhöhte Präsenz von Mogadischu-treuen Truppen ist für Gedo demnach nicht ausschließlich nachteilig. Sie wirkt sich auf die Sicherheitslage in der Region sogar positiv aus (BMLV 25.2.2021), denn mehrere Teile von Gedo werden nunmehr von Einheiten der Bundesarmee patrouilliert (PGN 10.2020, S.4). Nur im Bereich Belet Xaawo kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen zwischen Bundesarmee und Jubaland-nahen Clanmilizen. Gegenüber stehen sich unterschiedliche Fraktionen der Marehan (BMLV 25.2.2021). So kam es dort etwa im Jänner 2021 zu bewaffneten Auseinandersetzungen, mehrere Menschen wurden getötet (PGN 2.2021, S.13; vgl. UNSC 17.2.2021, Abs.16).

Vorfälle: In den Regionen Lower Juba, Middle Juba und Gedo lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,36 Millionen Einwohner (UNFPA 10.2014, S.31f). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2019 insgesamt 25 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 16 dieser 25 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2020 waren es 34 derartige Vorfälle (davon 21 mit je einem Toten).

Banadir Regional Administration (BRA; Mogadischu)

Noch vor zehn Jahren kontrollierte al Shabaab die Hälfte der Stadt, die gleichzeitig Schauplatz heftiger Grabenkämpfe war (BBC 18.1.2021). Heute hingegen ist Mogadischu unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (PGN 2.2021, S.1f). Generell hat sich die Lage für die Zivilbevölkerung in den vergangenen Jahren aber verbessert (FIS 7.8.2020, S.4). Die Regierung unternimmt einiges, um die Sicherheit in der Stadt zu verbessern. So wurden etwa 20 zusätzliche Checkpoints errichtet und im Zeitraum November 2019 bis Jänner 2020 190 gezielte Sicherheitsoperationen durchgeführt (UNSC 13.2.2020, Abs.18). Die Kapazitäten der Sicherheitsbehörden in Mogadischu haben sich verbessert, sie können nunmehr Gebiete kontrollieren, in welchen al Shabaab zuvor ungehindert agieren konnte (FIS 7.8.2020, S.20). Im Jahr 2019 hat die Einrichtung neuer Checkpoints, die Besetzung dieser Kontrollpunkte mit frischen Truppen, die regelmäßigere Auszahlung des Soldes und die Rotation der Mannschaften zur Moral und Effizienz der Sicherheitskräfte und damit zur Verbesserung der Sicherheitslage in Mogadischu beigetragen. Al Shabaab kann weniger Material und Operateure nach Mogadischu schleusen (FIS 7.8.2020, S.9f). Die Checkpoints haben also die Sicherheit verbessert (BMLV 25.2.2021). Auch die Militäroperation Badbaado in Lower Shabelle hat die Fähigkeiten von al Shabaab, Sprengsätze herzustellen und nach Mogadischu zu transportieren, wesentlich vermindert (HIPS 2021, S.20).

Allerdings werden solche Maßnahmen nicht permanent aufrecht erhalten; werden sie aber vernachlässigt, steigt auch wieder die Zahl an Anschlägen durch al Shabaab (FIS 7.8.2020, S.9f). Die Checkpoints wurden teilweise wieder abgebaut (BMLV 25.2.2021). Zudem haben Teile der Sicherheitskräfte seit Monaten keinen Sold erhalten, im Feber 2021 hielten sich Soldaten in Mogadischu an den Bewohnern schadlos (SG 8.2.2021). In Mogadischu kommt es immer wieder auch zu Auseinandersetzungen der somalischen Sicherheitskräfte untereinander, bei denen nicht selten auch Unbeteiligte zu Schaden kommen (AA 3.12.2020). Insgesamt ist die Sicherheitslage in Mogadischu ständigen Änderungen unterworfen (FIS 7.8.2020, S.4).

Einerseits reicht die in Mogadischu gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte weiterhin nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (BMLV 25.2.2021). Andererseits bietet die Stadt für al Shabaab alleine aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele (NLMBZ 3.2019, S.23). Innerhalb der Stadt hat sich die Sicherheit zwar verbessert, al Shabaab kann aber nach wie vor Anschläge durchführen – wenngleich die Durchführung schwierigerer geworden ist (BMLV 25.2.2021). Täglich kommt es zu Zwischenfällen in Zusammenhang mit al Shabaab (FIS 7.8.2020, S.5).

Es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab die Kontrolle über Mogadischu zurückerlangt. In Mogadischu besteht kein Risiko, von al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Aus einigen Gegenden flüchten junge Männer sogar nach Mogadischu, um sich einer möglichen (Zwangs-)Rekrutierung zu entziehen (BMLV 25.2.2021).

Bei einem Abzug von AMISOM aus Mogadischu droht hingegen die Rückkehr von al Shabaab (ICG 27.6.2019, S.5; vgl. BBC 18.1.2021, BMLV 25.2.2021).

Geographische Situation: Al Shabaab ist im gesamten Stadtgebiet präsent, das Ausmaß ist aber sehr unterschiedlich (LIFOS 3.7.2019, S.25f; vgl. BMLV 25.2.2021). Dabei handelt es sich um eine verdeckte Präsenz und nicht um eine offen militärische. Relevante Verwaltungsstrukturen gelten als von al Shabaab unterwandert (BMLV 25.2.2021). Die Gruppe kann weiterhin ins Stadtgebiet infiltrieren und auch größere Anschläge durchführen (UNSC 17.2.2021, Abs.14). In Mogadischu betreibt al Shabaab nahezu eine Schattenregierung: Betriebe werden eingeschüchtert und "besteuert" und eigene Gerichte sprechen Recht (BBC 18.1.2021). Jedenfalls verfügt al Shabaab über großen Einfluss in Mogadischu (FIS 7.8.2020, S.7) und ist in der Lage, nahezu im gesamten Stadtgebiet verdeckte Operationen durchzuführen bzw. Steuern und Abgaben einzuheben (FIS 7.8.2020, S.13; vgl. BBC 23.11.2020). In den Außenbezirken hat al Shabaab größeren Einfluss, auch die Unterstützung durch die Bevölkerung ist dort größer (FIS 7.8.2020, S.6f/12; vgl. BMLV 25.2.2021).

Anschläge und Attentate: Die Zahl größerer Anschläge und Operationen in der Hauptstadt hat abgenommen (FIS 7.8.2020, S.10f). Trotzdem ermordet al Shabaab immer noch regelmäßig Menschen in Mogadischu (BBC 23.11.2020). Üblicherweise zielt al Shabaab mit größeren (mitunter komplexen) Angriffen auf Vertreter des Staates ["officials"], Gebäude und Fahrzeuge der Regierung, Hotels, Geschäfte, Militärfahrzeuge und -Gebäude sowie Soldaten von Armee und AMISOM (LIFOS 3.7.2019, S.23f). Nach anderen Angaben sind v.a. jene Örtlichkeiten betroffen, die von der ökonomischen und politischen Elite als Treffpunkte verwendet werden – z.B. Restaurants und Hotels (BS 2020, S.14).

Nicht alle Teile von Mogadischu sind bezüglich Übergriffen von al Shabaab gleich unsicher. Ein ausschließlich von der Durchschnittsbevölkerung frequentierter Ort ist kein Ziel der al Shabaab (BMLV 25.2.2021). Die Hauptziele von al Shabaab befinden sich in den inneren Bezirken: militärische Ziele, Regierungseinrichtungen und das Flughafenareal (FIS 7.8.2020, S.8). Die meisten Anschläge richten sich gegen Villa Somalia, Mukarama Road, Bakara-Markt, die Flughafenstraße und Regierungseinrichtungen (LIFOS 3.7.2019, S.25f; vgl. FIS 7.8.2020, S.25). Die Außenbezirke hingegen werden von manchen als die sichersten Teile der Stadt erachtet, da es dort so gut wie nie zu größeren Anschlägen kommt. Allerdings kommt es dort öfter zu gezielten Tötungen (FIS 7.8.2020, S.6f/12).

Zivilisten: Generell unterstützt die Zivilbevölkerung von Mogadischu nicht die Ideologie von al Shabaab. Am Stadtrand ist die Un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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