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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/04/0268Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Sentaspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerden des A in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich 1) vom 15. Oktober 1996, Zl. V/1-B-95107, und 2) vom 15. Oktober 1996, Zl. V/1-B-95108, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in den Beschwerden im Zusammenhalt mit dem Inhalt der angefochtenen Bescheide ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
I.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Oktober 1996, Zl. V/1-B-95107, (protokolliert zur hg. Zl. 96/04/0267) entzog der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung "Handelsgewerbe gemäß § 124 Z. 11 Gewerbeordnung 1994 im Standort S (X-Tankstelle, nunmehr Y-Tankstellen AG) gemäß § 361 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 3 der Gewerbeordnung 1994".
II.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Oktober 1996, Zl. V/1-B-95108, (protokolliert zur hg. Zl. 96/04/0268) entzog der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung "Kraftfahrzeugmechanikergewerbe, nunmehr Kraftfahrzeugtechniker gemäß § 94 Z. 19 GewO 1994, im Standort S (X-Tankstelle, nunmehr Y-Tankstellen AG) gemäß § 361 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 3 der Gewerbeordnung 1994".
In der Begründung dieser Bescheide wurde im wesentlichen (und übereinstimmend) ausgeführt, es stehe fest, daß neben einer (näher bezeichneten) Abweisung des Konkurses (über das Vermögen des Beschwerdeführers) mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens hinreichenden Vermögens erhebliche offene Forderungen gegen den Beschwerdeführer (u.a. 47 Exekutionsforderungen des BG Stockerau) bestünden. Ausgehend von den dargelegten unberichtigen Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers und der Vielzahl der gegen ihn durchgeführten Exekutionsverfahren, welche zeigten, daß der Beschwerdeführer selbst Zahlungspflichten in geringerer Höhe freiwillig und rechtzeitig offensichtlich nicht nachkommen könne, sowie mangels Vorliegens von konkreten Hinweisen, die für ein Vorhandensein von verfügbaren Barmitteln sprechen würden, gehe die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers insofern zu seinen Lasten, als davon ausgegangen werden müsse, die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der Verbindlichkeiten seien nicht vorhanden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers seien nicht so beschaffen, daß er in Hinkunft den mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbe verbundenen Zahlungspflichten wie auch den im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten nachkommen werde können und somit eine weitere Ausübung des Gewerbes vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 sei aus den dargelegten Gründen nicht in Betracht gekommen. Zusätzlich liege der Gewerbeausschlußgrund der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i. V.m. § 13 Abs. 1 GewO 1994 vor. Wie aus dem (näher dargestellten) Strafregisterauszug ersichtlich sei, weise der Beschwerdeführer insgesamt sechs ungetilgte Verurteilungen, "davon eine wegen des Vergehens des schweren versuchten Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB bzw. wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB aus". Die eingeholten Strafakten des Landesgerichtes St. Pölten hätten ergeben, daß der Beschwerdeführer durch das Verschweigen bereits versicherungsmäßig abgegoltener und nicht auf den Unfall vom 13. August 1986 zurückzuführender Vorschäden versucht habe, eine näher bezeichnete Versicherung zu Versicherungsleistungen in der Höhe von rund S 41.000,-- zu verleiten. Darüber hinaus habe er am 9. August 1988 eine näher bezeichnete Person durch Vorspiegelung, ihr einen fahrbereiten Pkw zu verkaufen, zur Übergabe von Bargeld, Schaden S 90.000,--, verleitet. Des weiteren habe er Angestellte einer näher bezeichneten Firma in wiederholten Angriffen zur Ausfolgung verschiedener Waren verleitet und hiedurch einen Schaden in der Höhe von rund S 21.000,-- verursacht. Dies habe zu einer zusätzlichen Verurteilung, unter Bedachtnahme auf das Urteil des KG Korneuburg vom 19. Juli 1989 (wegen §§ 127, 129 StGB) im Ausmaß von neun Monaten Freiheitsstrafe bedingt auf drei Jahre durch das Landesgericht St. Pölten geführt. Weiters sei der Beschwerdeführer vom Strafbezirksgericht Wien am 29. Oktober 1991 wegen § 146 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von S 18.000,-- verurteilt worden. Bei den angeführten Verurteilungen handle es sich nach der Eigenart der strafbaren Handlungen um Tatbestände, die gerade bei den vom Beschwerdeführer ausgeübten Gewerbeberechtigungen, Handelsgewerbe und Kraftfahrzeugtechnikergewerbe, in Betracht zu ziehen seien. Was die Eigenart der ausschlußbegründenden strafbaren Handlungen betreffe, so sei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach im Falle der Begehung des Betruges schon nach der Art der Straftat Umstände vorlägen, die die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlicher Straftaten in Ansehung der vom Beschwerdeführer ausgeübten Gewerbeberechtigungen rechtfertigten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. November 1981, Zl. 04/3756/80). Auf Grund des ermittelten Sachverhaltes sei auch der Schluß auf eine relativ geringe Hemmung des Beschwerdeführers, straffällig zu werden, angebracht (insgesamt sechs strafgerichtliche Verurteilungen im Zeitraum 1987 bis 1993). Gerade im Hinblick auf die mit der Ausübung der Gewerbeberechtigungen Kraftfahrzeugtechniker und Handelsgewerbe verbundenen Kundenkontakte und den damit gebotenen Gelegenheiten, sei die Begehung gleicher Straftaten zu befürchten und könne auch ein zukünftiges rechtskonformes Verhalten des Beschwerdeführers von der Behörde nicht "vertreten" werden. Dem Wohlverhalten seit der letzten Verurteilung könne demgegenüber nicht bereits das Gewicht beigemessen werden, daß dieses zu einer anderen Beurteilung der Persönlichkeit führen würde und könnten auch die geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe kein anderes Ergebnis bewirken.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verbindung der Rechtssachen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und danach erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich (jeweils) in dem Recht auf Nichtentziehung der in Frage stehenden Gewerbeberechtigungen verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen (und übereinstimmend) vor, mangels Vorliegens der vorwiegenden Interessen der Gläubiger habe die belangte Behörde die Entziehung der Gewerbeberechtigungen ausgesprochen. Aus den Buchhaltungsunterlagen sei eindeutig ersichtlich, daß sämtliche Verbindlichkeiten aus dem Zeitraum der Geschäftsgründung stammten und diesbezüglich mit den Gläubigern Vereinbarungen getroffen worden seien, wodurch diese Verbindlichkeiten zum Teil gestundet worden seien, zum Teil Ratenzahlungen anstünden. Der Tilgung der Verbindlichkeiten auf Grund dieser Vereinbarungen sei der Beschwerdeführer bis dato nachgekommen. Das Betriebsergebnis zeige auch, daß die Höhe dieser Verbindlichkeiten ständig abnehme. Die laufenden Zahlungen würden aus den laufenden Einnahmen gedeckt. Nach § 78 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 müsse kumulativ zum Vorliegen des Ausschlußgrundes gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 leg. cit. die Befürchtung vorliegen, "daß nach Eigenart der strafbaren Handlung, Persönlichkeit des Verurteilten gleiche oder ähnliche Straftaten bei Ausübung des Gewerbes begangen werden". Diese Voraussetzung liege tatsächlich nicht vor. Zum einen lägen die angeführten Verurteilungen im Zeitraum weit vor Beginn der Gewerbeausübung im März 1994 und habe der Beschwerdeführer sich seither im Hinblick auf die beschriebenen Vermögensdelikte wohlverhalten. Eine Gefährlichkeitsprognose "... bei Ausübung des Gewerbes ..." sei daher nicht ableitbar. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen hätte daher die belangte Behörde von der Entziehung der Gewerbeberechtigung aus diesem Grund absehen müssen.
Weiters werden Verfahrensmängel geltend gemacht. Bei Durchführung der beantragten Beweise wäre die Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß die Zahlungspflicht gegenüber allen Gläubigern - nach Vereinbarungen mit diesen Gläubigern - bei Fälligkeit erfüllt werden könnten und daher die weitere Gewerbeausübung im Interesse der Gläubiger gelegen sei.
Die belangte Behörde stützte die Entziehungen der Gewerbeberechtigungen auf die Erfüllung des Tatbestandes sowohl nach der Z. 1 als auch nach der Z. 2 des § 87 Abs. 1 GewO 1994.
§ 87 Abs. 1 GewO 1994 lautet auszugsweise:
"(1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
1.
auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist oder
2.
einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt oder
3.
..."
Nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen eines Ausschlußgrundes gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994, meint aber, die weitere im § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 normierte Voraussetzung der Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat sei nicht gegeben. Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Die belangte Behörde legte in den Begründungen der angefochtenen Bescheide hinreichend und in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise dar, auf Grund welcher Erwägungen sie zur Auffassung gelangte, die diesbezüglichen Tatbestandsmerkmale lägen in den Beschwerdefällen vor. So kann es insbesondere nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde (auch) darauf abstellte, die im Sinne des gesetzlichen Tatbestandes relevante strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers (durch das Landesgericht Korneuburg) hätte strafbare Handlungen zum Gegenstand, die IHRER ART NACH im Sinne der Annahme der belangten Behörde die Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Gewerben rechtfertigten (vgl. u.a. das von der belangten Behörde herangezogene hg. Erkenntnis vom 20. November 1981, Zl. 04/3756/80). Was aber die weiters erforderliche Würdigung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers anlangt, so ist die von der belangten Behörde angenommene Befürchtung schon im Hinblick auf das durch die Art der Straftaten ersichtlich gewordene Persönlichkeitsbild nicht als rechtswidrig zu erkennen. In diesem Zusammenhang kann auch der zeitlichen Situierung der Tatbegehungen bzw. der seither verstrichenen Zeit entgegen der Meinung des Beschwerdeführers noch nicht das Gewicht zugemessen werden, welche etwa die in Rede stehende Annahme der belangten Behörde als rechtswidrig erscheinen ließen (vgl. hiezu sinngemäß die Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0033, u.a.).
Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang - wenn der Beschwerdeführer geltend macht, es lägen "die angeführten Verurteilungen im Zeitraum weit vor Beginn der Gewerbeausübungen im März 1994" - auf folgendes zu verweisen (sofern das Beschwerdevorbringen dahin zu verstehen ist, es würden vor der Gewerbeanmeldung verwirklichte Ausschlußgründe erfaßt):
Während nach der Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 das Vorliegen eines Ausschlußgrundes im Sinne des § 13 Abs. 1 GewO 1973 bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nicht verhinderte, daß durch die Anmeldung eines Gewerbes die Gewerbeberechtigung begründet wurde, wirkt nach der nunmehr geltenden Rechtslage ein solcher Ausschlußgrund insofern absolut, als sein Vorliegen bereits die Entstehung des Gewerbes verhindert. Da die mit 1. Juli 1993 in Kraft getretene Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, diesbezüglich keine Übergangsvorschriften enthält, ist aber davon auszugehen, daß - bei Vorliegen der sonstigen für die Ausübung von Gewerben geforderten Voraussetzungen - mit der vor dem 1. Juli 1993 erfolgten Anmeldung die Gewerbeberechtigung begründet wurde. Mit der am 1. Juli 1993 erfolgten Änderung der für das Entziehungsverfahren anzuwendenden Rechtslage ist jedoch - nach erfolgter Gewerbeanmeldung und Entstehung der Gewerbeberechtigung - jener Entziehungstatbestand im Grunde des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 i.V.m. § 13 Abs. 1 leg. cit. als verwirklicht anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1995, Zl. 94/04/0231).
Da derart schon der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen in Ansehung der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen, das das Vorliegen des alternativen Tatbestandes nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 bestreitet, einzugehen war.
Mit Rücksicht auf die Erledigung der Beschwerdeverfahren erübrigen sich Entscheidungen des Berichters über die Anträge, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996040267.X00Im RIS seit
11.07.2001