TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/9 W163 2243942-1

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Veröffentlicht am 09.07.2021
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Entscheidungsdatum

09.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W163 2243942-1/2E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel LEITNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nordmazedonien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2021, Zl. XXXX , betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A)       Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V.) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 11.05.2021 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem dem Beschwerdeführer (BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.) nicht erteilt wurde. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den BF erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde nach § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Zudem wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass die sofortige Ausreise des BF in Hinblick auf seinen illegalen Aufenthalt und der Betretung bei einer illegalen Beschäftigung im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei.

Der BF erhob gegen den Bescheid eine Beschwerde, mit der er die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung sowie die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids beantragt. Hilfsweise strebt er eine Aufhebung und Zurückverweisung an die Erstbehörde und die Reduktion der Dauer des Einreiseverbots an. Er sei keiner illegalen Beschäftigung nachgegangen und stelle keinerlei Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, weshalb die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausdrücklich beantragt werde.

Das BFA schloss der Beschwerdevorlage eine Stellungnahme an und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Feststellungen:

1.1.    Der BF ist Staatsangehöriger Nordmazedoniens, wurde am XXXX in XXXX geboren, und wies sich im Verfahren mit einem Reisepass und einem Führerschein aus. Er gehört der christlich orthodoxen Religionsgemeinschaft an und spricht muttersprachlich mazedonisch. Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF reiste zuletzt am 25.04.2021 ins Bundesgebiet ein und hielt sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unrechtmäßig in Österreich auf. Der BF besitzt keinen österreichischen Aufenthaltstitel.

1.2.    Der BF wurde am 10.05.2021 durch Organe der Finanzpolizei auf der Liegenschaft von XXXX und XXXX auf einer privaten Baustelle beim Fliesenverlegen arbeitend angetroffen, ohne eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung oder eine Entsendebewilligung vorweisen zu können. Er arbeitete (zumindest) am 10.05.2021 den ganzen Tag unter den Anweisungen des XXXX entgeltlich für die ihm fremden Liegenschaftseigentümer, zu denen er keine besondere Nahebeziehung pflegt.

Die Finanzpolizei brachte einen Strafantrag wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie der Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes gegen die Eigentümer der Liegenschaft ein.

Der BF war zum Zeitpunkt des Aufgriffs im Bundesgebiet an der Adresse der Eltern seiner Freundin gemeldet. Er verfügte über Barmittel in Höhe von EUR 130,-, ansonsten keine Ersparnisse, keine Kreditkarte und keine legalen Möglichkeiten zur Erlangung finanzieller Mittel. Der BF ist in Österreich nicht versichert. Ein weiterer bzw. neuerlicher Aufenthalt des BF würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen. Insbesondere besteht die Gefahr, der BF werde neuerlich in das Gebiet der Schengen-Staaten einreisen und im Zuge des Besuchs seiner Freundin Einkünfte aus illegaler Beschäftigung erzielen.

1.3.    Der in Österreich strafgerichtlich unbescholtene BF ist ledig und hat keine Kinder. Er hatte seinen Lebensmittelpunkt stets in Nordmazedonien, wo er durch seine Eltern, seine beiden Geschwister, seine Schwägerin und deren Kind familiäre Anknüpfungspunkte hat. Er hat auch Angehörige in anderen Mitgliedstaaten der EU, nämlich in Italien, Slowenien, Schweiz und Deutschland. Der BF hat in Österreich eine Freundin, mit der er seit etwa drei Jahren zusammen ist. In diesem Zeitraum besuchte er sie insgesamt drei Mal für einen nicht feststellbaren, jedoch jeweils 90 Tage nicht überschreitenden Zeitraum. Zuletzt wohnte er etwa fünf Wochen bei seiner Freundin und deren Eltern und war dort gemeldet. Abgesehen davon sind im Verfahren keine weiteren sozialen Bindungen in Österreich hervorgekommen. Während er in Nordmazedonien bis April 2021 in einem Café arbeitete, monatlich etwa EUR 400,- bis 500,- verdiente und finanzielle Unterstützung durch seine Eltern erhielt, geht er in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Sein Essen und seine Unterkunft wurden von den Eltern seiner Freundin finanziert. Der BF erbrachte keinen Nachweis über vorhandene Deutschkenntnisse. Eine maßgebliche Integration im österreichischen Bundesgebiet wurde nicht behauptet.

1.4.    Der BF ist am 28.05.2021 nach Nordmazedonien zurückgekehrt und hält sich seither im Herkunftsstaat auf. Ein aktueller Inlandsaufenthalt liegt nicht vor.

1.5.    Der BF hat nicht vorgebracht, dass ihm in Nordmazedonien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in seinem Herkunftsstaat in der Lage.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus den Angaben des BF bei der Einvernahme am 11.05.2021, sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat über eine derartige Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil der BF am 10.05.2021 von der Finanzpolizei bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung ("Schwarzarbeit") betreten wurde und sein Aufenthalt aufgrund der von ihm ausgeübten Beschäftigung ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung in Anbetracht des § 31 Abs. 1a FPG rechtswidrig war. Ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet und eine ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ausgeübte Erwerbstätigkeit gefährden öffentliche Interessen (siehe VwGH 26.1.2017, Ra 2016/21/0371).

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Solche Gründe wurden hier nicht vorgebracht. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Nordmazedonien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 Abs 5 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV handelt. Da der BF wie oben dargestellt seinen Lebensmittelpunkt in Nordmazedonien hat, wo er mit seinen Eltern, einer Schwester, einem Bruder und einer Schwägerin lebt und sich die der unmittelbare persönliche Kontakt zu seiner Freundin im Bundesgebiet zeitlich auf die Möglichkeit des sichtvermerksfreien Aufenthalts beschränkt, erfordern auch seine privaten Anknüpfungen im Bundesgebiet und in anderen Mitgliedstaaten die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht. Es ist ihm zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten, wo er von seinen in Österreich (bzw. in Italien, Slowenien, Schweiz und Deutschland) lebenden Kontaktpersonen besucht werden kann. Außerdem kann er den Kontakt über Kommunikationsmittel wie Telefon und Internet aufrecht halten. Auch in der Beschwerde wurde nicht dargelegt, aus welchen Gründen dem BF das Zuwarten auf die Beschwerdeentscheidung in seinem Herkunftsstaat nicht zumutbar wäre.

Der Beschwerde ist derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist und das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W163.2243942.1.00

Im RIS seit

24.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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