TE Bvwg Beschluss 2021/7/13 W235 2126212-3

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Veröffentlicht am 13.07.2021
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Entscheidungsdatum

13.07.2021

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W235 2126212-3/5E

beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin im Verfahren über die durch mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2021, Zl. 1031246605-210880795, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Verfahren:

1.1. Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in österreichische Bundesgebiet am 10.09.2014 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Zuge dieses Verfahrens gab der nunmehrige Antragsteller im Wesentlichen und zusammengefasst an, dass er Paschtune und sunnitischer Moslem sowie ein Angehöriger des Stammes der XXXX sei. Er stamme aus dem Dorf XXXX im neu gegründeten Distrikt XXXX in der afghanischen Provinz Paktia, wo noch seine Eltern und Halbgeschwister leben würden. Einer seiner Brüder lebe in Deutschland. Der Antragsteller habe nie die Schule besucht, sei jedoch unselbstständig als eine Art Baggerfahrer tätig gewesen. Finanzielle Probleme habe er in Afghanistan nicht gehabt. Er sei ledig und kinderlos. Afghanistan habe er verlassen, weil er Probleme mit den Taliban gehabt habe. Diese hätten seine Schwester umgebracht. Das sei vor einigen Jahren gewesen; genau wisse er es nicht. Die Taliban hätten eine Feindschaft mit seinem Arbeitgeber gehabt und habe man den Antragsteller unter Druck setzen wollen. Die Taliban hätten ihm auch vorgeworfen, dass er für die Amerikaner arbeite. Sie hätten ihn bedroht und verwarnt. Sie hätten ihm gedroht, dass er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben solle, sonst würden sie ihn töten. In seinem Heimatdorf habe man oft versucht, den Antragsteller umzubringen. Sie hätten Straßenminen auf seinem Weg verlegt und bei einer Attacke versucht, ihn umzubringen. Diese Minen seien in sein Arbeitsgebiet gelegt worden und zwar am Land. Das sei in einer Steppe gewesen. Der Antragsteller habe die Straßenminen nicht gesehen, aber die Bewohner hätten ihn darauf aufmerksam gemacht. Die Taliban hätten nicht gewollt, dass er „das“ tue. Es seien Talibanmitglieder gewesen, die der Antragsteller nicht persönlich kenne. Wann der Vorfall mit den Straßenminen gewesen sei, wisse er nicht. In seinem Heimatdorf gebe es auch ein Gebirge und einmal hätte jemand den Antragsteller angeschossen und versucht ihn zu töten. Das Jahr und das Monat, in dem dies passiert sei, wisse er nicht. Es sei spätnachmittags oder abends gewesen. Er habe nicht gesehen, wer ihn angeschossen habe. Die Kugeln hätten den Antragsteller nicht getroffen. Der Antragsteller sei gesund. In Österreich sei er in der Grundversorgung und gehe zweimal in der Woche zum Deutschunterricht. Verwandte habe er hier nicht.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2016, Zl. 14-1031246605-14958705, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Antragstellers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde dem Antragsteller unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Zudem wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgesetzt (Spruchpunkt IV.)

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Antragsteller vorgebrachten Fluchtgründe nicht glaubhaft seien. Es könne keine besondere Gefährdung seiner Person bei einer Rückkehr nach Afghanistan festgestellt werden. Der Antragsteller verfüge über soziale Anknüpfungspunkte in Afghanistan und könne Unterstützung durch seine Familie bekommen. Er würde nicht in eine wirtschaftlich oder finanziell ausweglose Lage geraten. Er sei ledig und habe keine Kinder. In Österreich habe er keine familiären Beziehungen und bestreite seinen Lebensunterhalt aus der Grundversorgung. Er spreche die deutsche Sprache nicht und würde sich seine Familie nach wie vor in seinem Heimatort in Paktia befinden. Weiters traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl umfangreiche Feststellungen zur Lage in Afghanistan.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller im Wege seiner damaligen Vertretung fristgerecht am 26.04.2016 Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass die Länderberichte lediglich allgemein gehalten seien und nichts mit seinem Vorbringen zu tun hätten. Ferner sei das Vorbringen des Antragstellers bei objektiver Betrachtung in Verbindung mit den Länderberichten zumindest wahrscheinlich. Wenn die Behörde Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit habe, wäre sie verpflichtet gewesen, mögliche Beweismittel auszuschöpfen. Der Antragsteller werde von den Taliban aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe von Menschen, die für den Staat bzw. für die US-Streitkräfte arbeiten, verfolgt und die afghanischen Behörden würden ihn nicht beschützen können oder wollen. Dies lasse für ihn die Definition eines Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zutreffen. Die belangte Behörde habe auch nicht begründet, wieso der Antragsteller in seiner konkreten Situation bei einer Rückkehr nicht in eine ausweglose Situation kommen sollte, da er außer in seiner Herkunftsregion, in welche er nicht zurückkehren könne, über keinerlei Verwandtschaft oder Lebensgrundlage in Afghanistan verfüge. Daher wäre ihm in eventu subsidiärer Schutz gemäß § 8 AsylG zuzuerkennen gewesen.

1.5. Am XXXX 10.2018 wurde der Antragsteller wegen § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG in Untersuchungshaft genommen (Landesgericht XXXX , GZ. XXXX ).

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 01.2019, GZ. XXXX , wurde der Antragsteller wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, wobei zwölf Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurden.

Aufgrund dieser Verurteilung sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 12.02.2019 aus, dass der Antragsteller gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX 10.2018 verloren hat. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.6. Ebenso aufgrund dieser Verurteilung behob das Bundesamt mit Bescheid vom 12.02.2019 Spruchpunkt III. seines Bescheides vom 02.04.2016 von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 2 AVG.

Nach Einräumung eines Parteiengehörs zu den (damals) aktuellen Länderfeststellungen des Bundesamtes zu Afghanistan, welches der Antragsteller im Wege seiner damaligen Vertretung wahrgenommen und eine Stellungnahme abgegeben hatte, erhob der Antragsteller am 13.03.2019 Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.04.2016, mit welchem Spruchpunkt III. des Bescheides vom 02.04.2016 von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 2 AVG behoben wurde.

1.7. Am 07.07.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, im Rahmen derer der Antragsteller sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholte. Ergänzend gab er an, dass er seit seiner Ausreise aus Afghanistan keinen Kontakt zu seiner Familie habe, da er nicht wolle, dass jemand wisse, dass der Antragsteller im Ausland sei. Zum Tod seiner Schwester brachte der Antragsteller vor, dass dies kein konkreter Angriff gewesen sei, sondern ein Angriff auf das Dorf, bei dem seine Schwester unglücklicherweise erschossen worden sei. Weiters ergänzte er sein Fluchtvorbringen dahingehend, dass ihm die Taliban gesagt hätten, er solle für sie Schutzeinrichtungen bauen und ihnen seine Maschine zur Verfügung stellen. Der Antragsteller habe nicht nur die Minen gesehen, sondern auch wie Leute vor seinen Augen erschossen worden seien. In Deutschland habe er eine Verlobte, die deutsche Staatsangehörige sei. Er arbeite auf freiwilliger Basis, wofür er ein kleines Trinkgeld erhalte.

Nach Durchführung dieser mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2016 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2020, Zl. W174 2126212-1/20E, abgewiesen.

Neben Feststellungen zur Lage in Afghanistan sowie zur Pandemie aufgrund des Corona-Virus traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen zum Antragsteller (dort: Beschwerdeführer):

„1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Paschtunen an. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Paschtu. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde in seinem Heimatort in der Provinz Paktia geboren und wuchs dort mit seinen Eltern, einer Schwester und seinen Halbgeschwistern auf. Er besuchte eine Madrassa, hat mehrjährige Berufserfahrung in der Arbeit mit familieneigenen Baumaschinen (zum Beispiel Baggern) und war unter anderem drei Jahre in Kabul tätig. Sein Einkommen beschrieb er als sehr gut.

Die Familie (Eltern und Halbgeschwister) lebt im eigenen Haus im Heimatort, hat dort Grundstücke sowie Geschäfte und Baumaschinen. Laut seien eigenen Angaben ist die finanzielle Situation sehr gut. Es ist nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer nicht mit ihr in Kontakt steht.

Der Beschwerdeführer ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht. Es wurde weder konkret wegen dem Beschwerdeführer Landminen verlegt, noch auf ihn persönlich gezielt geschossen.

Der Beschwerdeführer wurde weder direkt von den Taliban noch über Dorfbewohner aufgefordert, mit den Taliban zusammen zu arbeiten oder diese zu unterstützen. Der Beschwerdeführer wurde von den Taliban weder angesprochen noch angeworben. Er hatte in Afghanistan persönlich keinen Kontakt zu den Taliban.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Der Beschwerdeführer ist wegen seines Aufenthalts in einem westlichen Land oder wegen seiner Wertehaltung in Afghanistan keinen psychischen oder physischen Eingriffen in seine körperliche Integrität ausgesetzt. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich keine Lebenseinstellung angeeignet, die einen nachhaltigen und deutlichen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellt. Es liegt keine westliche Lebenseinstellung beim Beschwerdeführer vor, die wesentlicher Bestandteil seiner Persönlichkeit geworden ist, und die ihn in Afghanistan exponieren würde.

1.2.2. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer auch keine Zwangsrekrutierung durch die Taliban oder durch andere Personen.

Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land weder psychischer noch physischer Gewalt ausgesetzt.

1.3. Zum (Privat)leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und hält sich zumindest seit 10.9.2014 in Österreich auf, wobei er auch eine Zeit lang in Deutschland war. Er ist nach seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 10.9.2014 in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt über keine verbindliche Arbeitszusage.

Der Beschwerdeführer besuchte laut eigenen Angaben Integrationskurse und Sprachcafés, konnte jedoch kein Zertifikat vorlegen.

Der Beschwerdeführer war ehrenamtlich tätig und hilft gegen ein Taschengeld in seiner Pension aus.

Er konnte in Österreich nach eigenen Angaben Freundschaften knüpfen, verfügt jedoch weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen, wie Ehefrau oder Kinder in Österreich. Eine Verlobte befindet sich in Deutschland.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 1.2019, GZ: XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 SMG und § 28a Abs. 1 (fünfter Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. 12 Monate davon wurden unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Herkunftsregion Paktia aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Eltern und (Halb-)Geschwister des Beschwerdeführers wohnen derzeit im Heimatdorf. Es ist nicht glaubwürdig, dass er mit ihnen nicht in Kontakt steht. Der Familie des Beschwerdeführers gehört ein Haus sowie landwirtschaftliche Grundstücke, Geschäfte und Baumaschinen in Paktia. Ihre finanzielle Lage ist sehr gut. Der Beschwerdeführer unterstützt seine Familie derzeit finanziell nicht. Die Familie des Beschwerdeführers kann ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützen. Er erklärte vor der erkennenden Richterin ausdrücklich, bei einer Rückkehr würde er keine finanziellen Probleme haben.

Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer alternativen Ansiedelung in die Städte Herat bzw. Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in den genannten Städten einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Es ist dem Beschwerdeführer auch möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in einer dieser Städte Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Zudem hat der Beschwerdeführer drei Jahre in Kabul gelebt und gearbeitet und sich zuletzt drei Monate vor seiner Ausreise bei einem in Kabul lebenden Onkel aufgehalten. Somit wäre alternativ im konkreten Fall auch eine Rückkehr nach Kabul möglich.“

Beweiswürdigend wurde betreffend die Person des Antragstellers, zu seiner Sozialisierung nach den afghanischen Gepflogenheiten und zu seinem Gesundheitszustand auf die eigenen Angaben des Antragstellers im gesamten Verfahren verwiesen. Zu seinem Fluchtvorbringen wurde mit näherer Begründung ausgeführt, dass dieses äußerst vage und grob widersprüchlich sei. Ferner habe das Vorbringen im Zuge der mündlichen Verhandlung auch Steigerungen erfahren. Es sei ihm sohin nicht gelungen, glaubhaft zu machen, in der Heimat von den Taliban bedroht zu werden. Die Feststellungen zu seinem Leben in Österreich würden sich auf die Aktenlage und auf die Angaben des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stützen. Die Feststellung zu seiner gerichtlichen Verurteilung ergebe sich aus der vorliegenden Urteilsausfertigung und sei vom Antragsteller in der Verhandlung bestätigt worden. Im Wesentlichen würden die Feststellungen zur Rückkehr auf den Angaben des Antragstellers und auf den Länderberichten gründen.

Im selben Erkenntnis wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.02.2019 stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Dieses Erkenntnis erwuchs am 09.10.2020 in Rechtskraft.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Der Beschwerdeführer stellte am 09.11.2020 in Deutschland einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 17.06.2021 gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO nach Österreich überstellt. Der am 09.11.2020 gestellte Antrag auf internationalen Schutz gilt sohin mit 17.06.2021 als in Österreich eingebracht.

2.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung „Folgeantrag Asyl“ vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.06.2021 gab der Antragsteller an, er habe sich von September 2020 bis 17.06.2021 in Deutschland aufgehalten. Seinen Folgeantrag begründete er dahingehend, dass er seine Asylgründe, die er bei seinem ersten Antrag in Österreich im Jahr 2014 angegeben habe, aufrecht halte. Diese Fluchtgründe würden noch immer bestehen. Den neuen Antrag stelle er deshalb, da er aus diesen Gründen nicht nach Afghanistan zurückkehren könne. Neue oder andere Asylgründe habe er nicht. Es gebe keine Änderung des Fluchtgrundes.

2.3. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG wurde dem Antragsteller auf der Grundlage von § 29 Abs. 3 Z 4 und Z 6 AsylG iVm § 68 Abs. 1 AVG und § 12a Abs. 2 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Folgeantrag zurückzuweisen, da aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses davon auszugehen sei, dass entschiedene Sache vorliege, sowie seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlich verkündeten Bescheid aufzuheben (vgl. AS 43). Diese Verfahrensanordnung wurde dem Antragsteller am 21.06.2021 nachweislich zugestellt (vgl. AS 249).

2.4. Am 01.07.2021 wurde der Antragsteller unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Paschtu einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterzogen, in welcher er zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Es gehe ihm gut. Der Antragsteller sei weder in ärztlicher Behandlung noch nehme er Medikamente. Auch leide er nicht an lebensbedrohenden Krankheiten. Der Antragsteller habe Beweismittel und zwar Videos, die bei seinem Cousin in Afghanistan seien. Der Cousin habe ihm gesagt, dass er nicht zurückkommen solle. Sein Cousin habe dem Antragsteller die Videos noch nicht geschickt. Auf dem Video würde man die Feinde des Antragstellers sehen. Diese würden zu einer Gruppe „ XXXX “ gehören und man sehe, dass sie nach dem Antragsteller suchen würden. Sie würden nach ihm fragen. Die Feinde, XXXX , würden zu den Taliban gehören. Die Videos seien nicht sehr alt. Er wisse nicht genau, wie alt sie seien. Aber als der Antragsteller in Deutschland gewesen sei, habe ihm sein Cousin gesagt, dass es jetzt Videos gebe und, dass ihn seine Feinde suchen würden. Es sei ein Video. Auf die Frage, wo das Video aufgenommen worden sei, gab der Antragsteller an: „Das Video wurde draußen gemacht. Sie haben statt mir jemand anderen festgenommen und in diesem Video wurde mitgeteilt, dass man auf der Suche nach mir ist. Nachgefragt, nein, ich weiß nicht wo das Video aufgenommen wurde.“ Das Video habe er sich nicht zusenden lassen, weil er nicht viel Kontakt zu seinem Cousin habe. Die Kontaktaufnahme sei schwierig, da dort kein Internet funktioniere.

Seine rechtskräftige Verurteilung bedauere er. Er haben einmal „was“ gemacht. Der Antragsteller sei mit einer Deutschen verlobt. Sie sei eine Verwandte von ihm. Wie es seinen Verwandten in Afghanistan gehe, wisse er nicht, da er keinen Kontakt habe. In Österreich habe er viele Freunde, die ihn manchmal mit Geld unterstützen würden. Zu diesen Freunden habe er manchmal Kontakt per Messenger und per Whats-App. Der Antragsteller habe sechs Monate lang einen Deutschkurs besucht. Gearbeitet habe er in Österreich nur als Reinigungskraft im Flüchtlingsheim.

Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, gab der Antragsteller an, dass er Probleme in seinem Heimatland habe und nach Österreich gekommen sei. Man habe ihm gesagt, dass er Österreich verlassen müsse und daher sei er nach Deutschland ausgereist. Der Antragsteller möge Österreich und wolle hier bleiben. Seine alten Fluchtgründe seien noch immer aufrecht. Er habe derzeit auch keinen Kontakt zu seiner Familie. Die Fluchtgründe aus dem Jahr 2014 seien aufrecht und habe ihm seine Familie gesagt, dass er nicht zurückkommen solle, weil er dort in Gefahr sei.

Zur Lage in Afghanistan brachte der Antragsteller vor, es gebe in Afghanistan fast jeden Tag Anschläge und er habe persönliche Feinde. In Afghanistan gebe es keine Sicherheit. In Afghanistan gebe es kein System wie in Österreich. Hier bekomme man Sozialunterstützung und andere Hilfe, das gebe es alles in Afghanistan nicht.

Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und, dass ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zustehe, gab der Antragsteller an, dass er nichts dagegen machen könne, wenn er abgeschoben werde und er dazu nichts zu sagen habe. Er habe alles gesagt und habe auch alles vorbringen können. Den Dolmetscher habe er gut verstanden und die Niederschrift sei richtig sowie vollständig protokolliert worden.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verkündete gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG und § 62 Abs. 2 AVG mündlich den Bescheid, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben wird.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich beim Antragsteller weder eine schwere körperliche oder ansteckende Krankheit noch eine schwere psychische Störung ergeben habe. Er sei gesund und arbeitsfähig. Im Strafregister scheine eine Verurteilung durch das Landesgericht XXXX vom XXXX 01.2019 wegen § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG auf. Unter Berücksichtigung aller bekannter Tatsachen würden keine Umstände existieren, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden. Der Antragsteller habe vorgebracht, dass seine Fluchtgründe gleichgeblieben seien, er noch immer verfolgt werde und es ein Video gebe. Damit habe er sein Vorbringen gesteigert. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Sein nunmehriges Vorbringen sei nicht glaubwürdig. Der neue Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Unter Berücksichtigung aller bekannter Umstände habe nicht festgestellt werden können, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Der Antragsteller sei in Österreich bereits rechtskräftig verurteilt worden. Er führe kein schützenswertes Familienleben in Österreich. Der Eingriff in sein Privatleben sei gerechtfertigt. Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden. Derzeit herrsche weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 werde durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Afghanistan, seien bisher 118.659 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 4.871 diesbezügliche Todesfälle bestätigt worden seien. Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 sei, könne derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man gehe aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei vor allem alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen seien. Dieser Entscheidung wurden unter Anführung von Quellen aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan unter Berücksichtigung der Situation aufgrund der COVID-19 Pandemie zugrunde gelegt. Hierzu wurde ausgeführt, dass die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert sei.

Beweiswürdigend wurde zu den Gründen für die voraussichtliche Entscheidung ausgeführt, dass das Vorbringen des Antragstellers im Erstverfahren und sein heutiges Vorbringen den Feststellungen zugrunde gelegt worden seien. Er habe sein Vorbringen gesteigert, indem er angegeben habe, dass es ein Video geben würde. Angemerkt werde, dass dieses Video nicht in Vorlage gebracht worden sei und er diesbezüglich auch nur vage Angaben gemacht habe. Da kein glaubwürdiger Kern seines neuen Vorbringens ersichtlich sei, werde voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen. Die nunmehr vorgebrachten Gründe, weshalb er nicht in sein Herkunftsland zurückkehren wolle, seien im Wesentlichen ident mit denen des Vorverfahrens. Er beziehe sich im nunmehrigen Rechtsgang auf Sachverhaltskreise, die jedenfalls vor rechtskräftig letztinstanzlicher Entscheidung seines Asylbegehrens im ersten Rechtsgang zuordenbar seien. Hierzu sei anzumerken, dass diese bereits in seinem Vorverfahren ausreichend gewürdigt worden seien. Dem nunmehrigen Vorbringen würden keine anderslautenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens entgegenstehen und ergebe sich kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt. Die Behörde sei somit zur Ansicht gelangt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass ihm im Fall einer Abschiebung nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohe. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif bzw. in Herat sei ihm daher zumutbar. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei ihm somit nicht zuzuerkennen gewesen. Darüber hinaus sei er in Österreich bereits strafrechtlich rechtskräftig verurteilt worden. Die Lage im Herkunftsstaat sei seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben seien aufgrund der Angaben des Antragstellers getroffen worden. Die Feststellungen zum Herkunftsstaat würden auf einer Zusammenstellung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren, jene zur Pandemie bzw. zu COVID-19 seien der weltweiten Gesamtberichterstattung zu entnehmen und würden sich aus dem Amtswissen sowie aus den Angaben der Johns Hopkins University ergeben.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Bundesamt zunächst darauf, dass ein Folgeantrag vorliege und das Vorverfahren rechtskräftig geworden sei. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage, die persönlichen Verhältnisse und der körperliche Zustand des Antragstellers seit der letzten Entscheidung nicht geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zu keiner Bedrohung der Menschenrechte des Antragstellers führen werde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, die in Rechtskraft erwachsen sei, sei nach wie vor nicht anzuzweifeln. Die aktuelle COVID-19 Pandemie erfordere auch nicht die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung. Das individuelle Risiko des Antragstellers an SARS-CoV-2 schwer oder gar tödlich zu erkranken sei sehr niedrig, da der Antragsteller ein junger, nicht immungeschwächter Mann sei. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass er sich mit dem Erreger SARS-CoV-2 in Afghanistan infiziere, sei das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung äußerst gering. Ein „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohe ihm in Afghanistan aufgrund der COVID-19 Pandemie daher nicht. Aufgrund der Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit dem Vorbringen des Antragstellers könne somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben werde, drohe. Es lägen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor.

In der Rechtsmittelbelehrung dieses mündlich verkündeten und im Einvernahmeprotokoll schriftlich festgehaltenen Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass diese Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte und die Verwaltungsakten unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt würden. Dies gelte als Beschwerde.

4. Am 06.07.2021 wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung W235 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan, Zugehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der afghanischen Provinz Paktia, wo noch seine Eltern und Halbgeschwister leben. Der Antragsteller ist ledig, kinderlos und ohne Obsorgeverpflichtungen. Er hat keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstünden, ist nicht immungeschwächt, ist erwerbsfähig und spricht Paschtu als Muttersprache.

Nachdem der Antragsteller Afghanistan verlassen hatte, reiste er unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 10.09.2014 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2016 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Mit dieser Entscheidung wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2020, Zl. W174 2126212-1/20E, rechtskräftig am 09.10.2020, abgewiesen.

Der Antragsteller wurde in Österreich strafrechtlich verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 01.2019 wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten verurteilt, wobei zwölf Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurden. Der Antragsteller befand sich von XXXX 10.2018 bis XXXX 02.2019 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

1.2. Am 09.11.2020 stellte der Antragsteller in Deutschland den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, der nach Überstellung des Antragstellers gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO nach Österreich mit 17.06.2021 als eingebracht gilt. Diesen Antrag begründete er zur Gänze mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens. Betreffend das Vorbringen, es gebe neue Beweismittel – nämlich ein Video – wird festgestellt, dass dieses Vorbringen keinen glaubhaften Kern beinhaltet. Festgestellt wird, dass der Antragsteller keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan vorgebracht hat, über die nicht bereits im Erstverfahren entschieden wurde. Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

1.3. Es wird nicht festgestellt, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Selbst wenn der Antragsteller aufgrund der Sicherheitslage nicht in sein Heimatdorf bzw. in seinen Heimatdistrikt zurückkehren kann, steht ihm jedenfalls eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Herat-Stadt oder in Mazar-e Sharif zur Verfügung. Daher kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine ausweglose Lage bzw. in eine existenzbedrohende Situation geraten würde. Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Dem mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist zu entnehmen, dass die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung über den letzten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert blieb. Der Antragsteller gehört keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 an. Die COVID-19 Pandemie stellt für den Antragsteller kein „real risk“ im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dar.

1.4. Hinsichtlich der privaten und familiären Beziehungen des Antragstellers in Österreich sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungswesentlichen Änderungen eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Antragstellers (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, religiöses Bekenntnis), zu seiner Herkunft, zu seinen in Afghanistan lebenden Familienangehörigen, zu seinem Familienstand und zu seiner Muttersprache ergeben sich aus den eigenen, übereinstimmenden Angaben des Antragstellers sowohl im Erst- als auch im gegenständlichen Verfahren. Dass der Antragsteller keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstünden sowie, dass er nicht immungeschwächt ist, ergibt sich ebenso aus seinen eigenen Angaben vor dem Bundesamt. Im Rahmen der Einvernahme am 01.07.2021 gab er diesbezüglich an, dass es ihm gut gehe, er nicht an lebensbedrohenden Krankheiten leide und er weder in ärztlicher Behandlung sei noch Medikamente nehme (vgl. AS 255). Da der Antragsteller gesund und nicht immungeschwächt ist, war auch die Feststellung zu treffen, dass er erwerbsfähig ist.

Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur Ausreise aus Afghanistan, zur unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet, zur ersten Antragstellung sowie zum ersten Asylverfahren aus dem unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere aus dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2016, Zl. 14-1031246605-14958705, und aus dem seit 09.10.2020 rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2020, Zl. W174 2126212-1/20E.

Ferner gründen die Feststellungen zur strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers auf dem im Akt befindlichen „Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung“ des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 01.2019, GZ. XXXX , (vgl. AS 179 im Erstakt) sowie auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 01.07.2021. Hierauf sowie auf dem unbedenklichen Akteninhalt basiert auch die Feststellung, dass sich der Antragsteller von XXXX 10.2018 bis XXXX 02.2019 in Haft befunden hat.

2.2. Dass der Antragsteller den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am 09.11.2020 in Deutschland stellte und dieser nach seiner Überstellung nach Österreich mit 17.06.2021 als eingebracht gilt, gründet ebenso auf dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Begründung des gegenständlichen Antrags ergeben sich im Wesentlichen aus den eigenen Angaben des Antragstellers in seiner Erstbefragung und in seiner Einvernahme vom 01.07.2021. Im Einzelnen ist diesbezüglich wie folgt auszuführen:

Der Antragsteller gab im Rahmen seiner Erstbefragung an, dass er seine Asylgründe aus dem Jahr 2014 aufrecht halte und diese noch immer bestünden. Er stelle diesen neuen Antrag deshalb, weil er aus diesen Gründen nicht nach Afghanistan zurückkehren könne. Neue oder andere Asylgründe habe er nicht und es gebe auch keine Änderung des Fluchtgrundes (vgl. AS 32). Auch in der Einvernahme vom 01.07.2021 brachte der Antragsteller vor, dass seine alten Fluchtgründe noch immer aufrecht seien (vgl. AS 265).

Die Feststellung, dass das behauptete neue Beweismittel – ein Video – keinen glaubhaften Kern beinhaltet, gründet auf dem Umstand, dass dieser Teil des Vorbringens zum einen äußert vage und widersprüchlich ist. Zum andern ist darauf zu verweisen, dass der Antragsteller dies nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit – nämlich bei der Erstbefragung – vorbrachte, was er wohl getan hätte, würde dieses Beweismittel tatsächlich existieren. An dieser Stelle ist darauf zu verweisen, dass es auf dem Boden der gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 1 AsylG dem Bundesverwaltungsgericht nicht verwehrt ist, die Angaben des Antragstellers in der Erstbefragung bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit seines Vorbringen heranzuziehen, es bedarf aber sorgsamer Abklärung und auch der in der Begründung vorzunehmenden Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind (vgl. VwGH vom 10.11.2015, Ra 2015/19/0189). Der Antragsteller gab an, dass er sich von September 2020 bis 17.06.2021 in Deutschland aufgehalten habe und dass er von diesem Video über seinen Cousin erfahren habe, als er in Deutschland gewesen sei (vgl. AS 257). Aus diesen Angaben folgt, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Erstbefragung bereits von diesem Video Kenntnis gehabt haben muss und ist sohin nicht nachvollziehbar, dass er dieses nicht bereits bei der Erstbefragung erwähnte, sondern wiederholt darauf verwies, dass er keine neuen Fluchtgründe habe bzw. dass seine Asylgründe aus dem Jahr 2014 noch aufrecht seien. Weiters ist anzuführen, dass der Antragsteller sich mehrfach widersprach. Zunächst gab er in der Einvernahme vor dem Bundesamt an, dass er in Afghanistan Videos habe, die bei seinem Cousin seien. Sein Cousin habe ihm die Videos noch nicht geschickt und man würde auf dem Video die Feinde des Antragstellers sehen. Sein Cousin habe ihm gesagt, dass es jetzt Videos gebe. Auf Nachfrage gab der Antragsteller letztlich an, dass es sich nur um ein Video handle. Sollte ein (oder mehrere) derartige Video/s tatsächlich existieren, ist nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller die genaue Anzahl dieser Videos nicht kennt, sondern in seiner Aussage zwischen „Video“ und „Videos“ schwankt. Ferner sind die Angaben zu diesem Video auch äußerst vage. Der Antragsteller konnte weder konkrete Angaben über das Alter des Videos (vgl. AS 257: „… Nachgefragt, die sind nicht sehr alt. Als ich in Deutschland war. Ich war in Deutschland ca. sieben Monate. Nachgefragt, ich weiß nicht genau wie alt die sind. …“) noch war er in der Lage anzugeben, wo das Video aufgenommen wurde. Diesbezüglich gab er zunächst an, es sei „draußen“ gewesen, räumte allerdings auf Nachfrage ein, dass er nicht wisse, wo das Video aufgenommen worden sei. Ein weiterer Widerspruch im Vorbringen des Antragstellers betrifft den vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Kontakt zu seinen Angehörigen in Afghanistan. Auf die Frage, wie es seinen Verwandten gehe, brachte er vor, dass er das nicht wisse, da er keinen Kontakt habe. Wenn der Antragsteller jedoch keinen Kontakt zu seinen Verwandten in Afghanistan hat, stellt sich die Frage, wie er dann von dem behaupteten Video hätte erfahren sollen. Immerhin brachte er diesbezüglich vor, dass ihm sein Cousin gesagt habe, dass er nicht zurückkehren solle, sodass – bei Zugrundelegung dieses Teils des Vorbringens – er zumindest Kontakt (wenn auch sporadisch) zu seinem Cousin haben müsste. Dieser Widerspruch wiederholt sich am Ende der Einvernahme, als der Antragsteller vorbrachte, dass er derzeit auch keinen Kontakt zu seiner Familie habe und unmittelbar darauf angab, dass ihm seine Familie gesagt habe, dass er nicht zurückkomme solle, weil er dort in Gefahr sei (vgl. AS 265). Letztlich ist noch anzumerken, dass dieses Video nicht vorgelegt wurde und auch nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller versucht hätte, an dieses Video zu gelangen. Das Vorbringen, er habe sich das Video nicht zusenden lassen, da die Kontaktaufnahme zu seinem Cousin schwierig sei, da „dort“ kein Internet funktioniere, stellt eine Scheinbehauptung dar, da grundsätzlich eine Kontaktaufnahme (noch dazu während eines Zeitraums von einigen Monaten) auch ohne Internet – beispielsweise durch Telefon oder Brief – möglich ist. Für das Bundesverwaltungsgericht steht sohin fest, dass das Vorbringen, es gebe neue Beweismittel bzw. ein Video, keinen glaubhaften Kern beinhaltet.

Wenn sich der Antragsteller auf die Fluchtgründe des Erstverfahrens bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese bereits vom rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2020 mitumfasst und sohin nicht geeignet sind, einen neuen, geänderten Sachverhalt darzulegen. Abgesehen von dem – nicht glaubhaften – Vorbringen betreffend das Video, verwies bzw. bezog sich der Antragsteller ausschließlich auf jene Fluchtgründe, die er bereits im Erstverfahren vorbrachte. Ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt ist nicht zu erblicken. Der Antragsteller selbst gibt gegen Ende seiner Einvernahme am 01.07.2021 auf die Frage, ob sich seine Fluchtgründe geändert hätten, an, seine alten Fluchtgründe seien immer noch aufrecht. Ebenso beantwortete er die folgende Frage, ob seine Fluchtgründe vollinhaltlich aufrecht seien, dahingehend, dass die Fluchtgründe aus dem Jahr 2014 aufrecht seien (vgl. AS 265).

Dazu, dass sein Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sei und ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zukomme, gab der Antragsteller an, dass er nichts dagegen machen könne, wenn er abgeschoben werde. Sonst habe er dazu nichts zu sagen (vgl. AS 267). Daher war die Feststellung zu treffen, dass der Antragsteller keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan vorgebracht hat, über die nicht bereits im Erstverfahren entschieden wurde. Weiters war aufgrund der obigen Erwägungen auch die Feststellung zu treffen, dass der Folgeantrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

2.3. Die (Negativ)feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht, gründet auf den Ausführungen im mündlich verkündeten Bescheid, dass die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung über den letzten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert blieb. Zum einen ist der Antragsteller den Länderfeststellungen im mündlich verkündeten Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten bzw. hat sich diesbezüglich lediglich dahingehend geäußert, dass es in Afghanistan fast jeden Tag Anschläge gebe und er persönliche Feinde habe. Es gebe keine Sicherheit und kein System wie in Österreich. In Österreich bekomme man Sozialunterstützung und andere Hilfe, was es in Afghanistan nicht gebe (vgl. AS 265). Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes ist diesem Vorbringen sohin nicht zu entnehmen. Zum andern ist darauf zu verweisen, dass die Länderberichte auch unter Berücksichtigung einer eventuellen Verschlechterung der Versorgungs- und Sicherheitslage in Afghanistan keine entscheidungserhebliche Veränderung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zur Lage, die bereits im Rahmen des letzten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einer Beurteilung unterzogen wurde, zeigen. Wie bereits im rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2020 ausgeführt wurde, steht dem Antragsteller eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Herat-Stadt und/oder in Mazar-e Sharif (alternativ auch in Kabul) zur Verfügung. Eine reale Gefahr für die Städte Mazar-e Sharif und Herat hat sich aus den Länderberichten aktuell nicht ergeben, sodass nach wie vor von der Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative auszugehen ist.

Weiters ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinem Bescheid auch darauf eingegangen, dass derzeit weltweit eine als COVID-19 bezeichnete Pandemie herrscht. Es wird dazu ausgeführt, dass COVID-19 durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht wird. In Afghanistan wurden bisher [Anm.: Stand: 01.07.2021] 118.659 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 4.871 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (vgl. AS 287). Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu 3 % aus, wobei vor allem alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind. Sohin gründet die Feststellung, dass der Antragsteller keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 angehört, auf dem Umstand, dass es sich bei ihm um einen gesunden, jungen Mann im Alter von ca. 28 Jahren handelt, der nicht immungeschwächt ist – ein derartiges Vorbringen wurde nicht erstattet bzw. wurden medizinische Unterlagen nicht vorgelegt - und sohin nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt.

Dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in keine ausweglose Lage bzw. in keine existenzbedrohende Situation geraten würde, gründet auf den Umständen, dass es sich bei ihm um einen erwerbsfähigen jungen Mann ohne Obsorgeverpflichtungen und ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen handelt, dessen Muttersprache Paschtu ist und der darüber hinaus in Afghanistan über Eltern und Halbgeschwister verfügt. Selbst wenn tatsächlich aktuell kein Kontakt zu diesen Angehörigen bestehen sollte (wie oben ausgeführt ist dieser Teil des Vorbringens widersprüchlich), kann nicht erkannt werden, dass es dem Antragsteller nicht zumutbar bzw. möglich ist, wieder Kontakt zu seiner Kernfamilie aufzunehmen. Ein gegenteiliges Vorbringen – wie beispielsweise eine Familienfehde – wurde nicht erstattet und ist auch den sonstigen Angaben des Antragstellers nichts Derartiges zu entnehmen. Wie bereits im Erkenntnis vom 08.10.2020 festgestellt, gehören der Familie des Antragstellers ein Haus sowie landwirtschaftliche Grundstücke, Geschäfte und Baumaschinen. Weiters wurde festgestellt, dass die finanzielle Lage seiner Familie sehr gut sei, sodass diese in der Lage sein werde, den Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell zu unterstützen. Gemäß den getroffenen Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2020 gab der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung an, dass er bei einer Rückkehr keine finanziellen Probleme haben werde. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller jedenfalls in der Anfangszeit sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bei der Herstellung von zusätzlichen Kontakten oder der Anbahnung von Erwerbsmöglichkeiten im Fall seiner Rückkehr Hilfestellung von seiner Familie erhalten würde.

2.4. Die Feststellung, dass hinsichtlich der privaten und familiären Beziehungen des Antragstellers in Österreich seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren keine entscheidungswesentlichen Änderungen eingetreten sind, gründet auf dem Umstand, dass Gegenteiliges den Angaben des Antragstellers nicht entnommen werden kann. Auch aus dem unbedenklichen Akteninhalt sind diesbezügliche entscheidungswesentliche Änderungen nicht ersichtlich, sodass die entsprechende Feststellung zu treffen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG ist eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

Nach Abs. 2 leg. cit. sind die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.

3.2.2. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 BFA-VG mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

3.2.3. Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren (vgl. § 18 AsylG) durchzuführen, wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37 und § 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 17.06.2021 erstbefragt und am 01.07.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausführlich einvernommen. Auch wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zur den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit Verfahrensanordnung wurde dem Antragsteller am 21.06.2021 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufzuheben.

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG kann das Bundesamt, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn 1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht, 2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist und 3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Die Z 2 des § 12a AsylG verlangt, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts eingetreten ist. Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrags verlangt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (vgl. z.B. VwGH vom 07.06.2000, Zl. 99/01/0321; vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; vom 30.05.1995, Zl. 93/08/0207 sowie vom 30.09.1994, Zl. 94/08/0183).

„Entschiedene Sache“ im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; vom 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235; vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684; vom 11.11.2008, Zl. 2008/23/1251; vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783). Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf verschiedene Folgeanträge VwGH vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226 mwN). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (vgl. VwGH vom 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391 mwN).

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556 und vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0343 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes „beweiswürdigend“ auseinanderzusetzen (vgl. VwGH vom 15.03.2006, Zl. 2006/17/0020 und vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556).

Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine spätere Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen rechtskräftigen Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet – unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b RL 2013/32/EU – etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigende Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine bevorstehende Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (vgl. VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

3.2.4. Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG im gegenständlichen Fall vorliegen.

3.2.4.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2016 wurde gegen den nunmehrigen Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß §

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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