Entscheidungsdatum
20.07.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W101 2233971-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der Revisorin des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 02.07.2020, Zl. 18 C 92/20s, betreffend Zeugengebühren zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe Folge gegeben, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides ad 3. die Gebühr des Zeugen XXXX gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG mit € 113,60 (Zeitversäumnis von acht Stunden á € 14,20) bestimmt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
In einem zivilgerichtlichen Verfahren fand am 17.06.2020 vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien (im Folgenden: BG) eine mündliche Streitverhandlung statt, an der der nunmehr im gegenständlichen Verfahren Mitbeteiligte namens XXXX (im Folgenden: Zeuge) – aus XXXX kommend – von 15:40 Uhr bis 16:30 Uhr als Zeuge teilgenommen hatte.
In Folge beantragte der Zeuge fristgerecht seine in diesem Zusammenhang angefallenen Gebührenansprüche und machte dabei Reisekosten iHv € 120,00 und eine Entschädigung für entgangenes Einkommen (6 Stunden á € 80,00) iHv € 480,00 geltend.
Mit Schreiben vom 22.06.2020 forderte das BG den Zeugen auf, anzugeben, welches Einkommen ihm durch die Befolgung der gerichtlichen Ladung konkret entgangen sei. Er müsse dazu ausführen, welche Tätigkeit er im Einzelnen nicht verrichten habe können und weshalb ihm dadurch Einkommen für immer entgangen sei.
Mit Schreiben vom 26.06.2020 führte der Zeuge im Wesentlichen Folgendes aus:
Seine Tätigkeit beziehe sich auf die Erstellung von KFZ-Gutachten für Versicherungen und Banken. Die Auftragserteilung erfolge täglich und es seien in der Werkstatt täglich 9 bis 14 Fahrzeuge zu besichtigen. Dabei handle es sich um von der Versicherung zeitlich vereinbarte Besichtigungen, wobei die Fahrzeuge am festgelegten Tag besichtigt werden würden. Der Zeuge habe für die Verhandlungsteilnahme bei den Versicherungen die Stückzahl seiner Besichtigungen vorab absagen müssen, wodurch die Aufträge dann anderen Kollegen zugeteilt worden seien. Somit seien sie für den Zeugen nicht mehr nachholbar. Für den Verhandlungstag seien zwischen 7:00 Uhr und 11:00 Uhr (nur) vier Aufträge angenommen und erledigt worden, weswegen sich ein Einkommensentgang von sechs Aufträgen zu € 80,00, damit insgesamt € 480,00, ergebe. Weiters betrage die Fahrstrecke (von XXXX ) nach Wien 386 km, woraus sich bei einem Kilometergeld von € 0,42 € 162,12 ergebe.
Mit Bescheid vom 02.07.2020, Zl. 18 C 92/20s, bestimmte die Vorsteherin des BG die Gebühren des Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung am 17.06.2020 mit insgesamt € 568,50 (für Reisekosten gemäß § 6 GebAG iHv € 80,00, Abendessen gemäß § 14 Abs. 2 GebAG iHv € 8,50 sowie eine Entschädigung für den Einkommensentgang gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG für 6 Stunden á € 80,00 iHv € 480). Das Mehrbegehren (die in der Verhandlung am 17.06.2020 beantragten Reisekosten iHv € 120,00 und mit Antwortschreiben auf den Verbesserungsauftrag vom 22.06.2020 beantragtes Kilometergeld iHv € 162,12) war abgewiesen worden.
Begründend war lediglich ausgeführt worden, die Entscheidung finde in den angegebenen Bestimmungen des GebAG ihre Deckung.
Mit E-Mail vom 07.07.2020 ersuchte die Revisorin des Oberlandesgerichtes Wien den Zeugen, folgende Fragen hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstentgangs zu beantworten:
1. Erfolgt die Auftragserteilung zur PKW-Besichtigung durch die Versicherung/Bank schriftlich? Wenn ja, haben Sie den Auftrag für den 17.06.2020 und könnten Sie mir diesen per Mail übermitteln?
2. Haben Sie darüber, dass Sie sechs Aufträge für den 17.06.2020 ablehnen mussten Unterlagen (Aufzeichnungen, Korrespondenz, Mail, Bericht, etc.)?
Mit E-Mail vom 07.07.2020 gab der Zeuge zu diesen Fragen Folgendes an:
Die Beauftragung laufe über ein Online-Portal, auf welches er zugreife. Aufträge, die er erledigen könne, übernehme er und die übrigen würden an andere Kollegen vergeben werden. Eine nachträgliche Aufzeichnung sei nicht mehr ersichtlich. Dies alles habe er bereits vor der Verhandlung dem Richter und den Anwälten mitgeteilt, aber auf seine Anwesenheit sei bestanden worden, den ansonsten wäre er nicht zur Verhandlung angereist.
Gegen den gegenständlichen Bescheid erhob die Revisorin des Oberlandesgerichtes Wien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung fristgerecht eine Beschwerde (beim BG eingelangt am 13.07.2020). Die Beschwerde begründete sie insbesondere damit, dass dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von € 480,00 zugesprochen worden sei, und begehrte, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Zeugengebühren in diesem Punkt mit € 113,60 (8 Stunden zu je € 14,20) zu bestimmen seien, und führte dazu Folgendes aus:
Im gegenständlichen Fall habe der Zeuge einen Tätigkeitsbericht vom 17.06.2020 (Tag der Verhandlung) vorgelegt, welcher aber als Grundlage für den Nachweis eines konkreten Verdienstentgangs nicht geeignet sei, weil sich darin kein Hinweis finde, wie viele Aufträge noch vorhanden gewesen wären, die aufgrund der Zeugenvernehmung hätten abgelehnt werden müssen. Die Angaben im Schreiben des Zeugen vom 25.06.2020, dass täglich zwischen 9 und 14 Fahrzeuge zu besichtigen wären, sei eine geschätzte Annahme und als Nachweis eines konkreten Verdienstentgangs nicht geeignet. Die Angabe, dass 6 Aufträge verloren gegangen seien, sei nicht nachvollziehbar bzw. sei mit 10 Aufträgen – 4 seien am Vormittag durchgeführt worden – offensichtlich eine durchschnittliche Anzahl angenommen worden. Eine weitere Nachfrage habe ergeben, dass die Aufträge über ein Online-Portal bezogen werden würden, jedoch gebe es für den 17.06.2020 keine Aufzeichnungen aus denen hervorgehe, dass tatsächlich 6 Aufträge an andere Sachverständige abgegeben worden und somit für den Zeugen verloren gegangen seien. Der selbständige Erwerbstätige sei für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu entlohnen, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu entschädigen. Da unbestritten sei, dass der Zeuge einen Einkommensentgang erlitten habe, jedoch die Höhe unklar sei, wäre ihm eine Entschädigung nach § 18 Abs. Z 1 GebAG zuzusprechen.
Es werde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Zeugen als Entschädigung für die Zeitversäumnis Gebühren in Höhe von € 113,60 (8 Stunden á € 14,20) zugesprochen werde. Das Mehrbegehren von € 366,40 sei jedoch abzuweisen.
Mit Schreiben vom 04.08.2020 (hg eingelangt am 13.08.2020) legte das BG die Beschwerde samt dem dazugehörenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
In der Folge übermittelte das Bundesverwaltungsgericht am 14.08.2020 den mitbeteiligten Parteien die o.a. Beschwerde zur Kenntnisnahme und allfälliger Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen.
Binnen gesetzter Frist langte keine Stellungnahme der mitbeteiligten Parteien ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Anwesenheit des Zeugen ist am 17.06.2020 beim BG vom Beginn der Verhandlung um 15:40 Uhr bis 16:30 Uhr erforderlich gewesen. Der Zeuge hat dafür fristgerecht Gebühren für Reisekosten iHv € 120,00 und für einen Einkommensentgang iHv € 480,00 beantragt.
Als maßgebend wird festgestellt, dass der Zeuge für diesen Zeitraum samt An- und Rückreise keinen tatsächlichen Einkommensentgang bescheinigt hat.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Der Zeuge hat lediglich einen Tätigkeitsbericht in Vorlage gebracht, wonach er am 17.06.2020 vier Kraftfahrzeuge zwischen 7:00 Uhr und 11:00 Uhr besichtigt habe. Einen tatsächlich stattgefundenen Einkommensentgang hat der Zeuge hingegen nicht bescheinigen können.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 10 VwGVG hat die Behörde oder das Verwaltungsgericht, sofern in einer Beschwerde neue Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden, die der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht erheblich scheinen, hievon unverzüglich den sonstigen Parteien Mitteilung zu machen und ihnen Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist vom Inhalt der Beschwerde Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG), BGBl. Nr. 36/1975 idgF, lauten (auszugsweise):
Umfang der Gebühr
§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
Reisekosten
§ 6. (1) Der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) umfasst die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muss.
Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss.
Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG wiederholt ausgesprochen hat, kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbstständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Einkommensentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbstständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, können in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der einem Selbstständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die §§ 18, 19 Abs. 2 GebAG keinesfalls verschlossen ist (…). Fehlt es aber einem Antrag auf Bestimmung der Zeugengebühr an der konkreten Behauptung, dass der Antragsteller infolge seiner Abwesenheit eine bestimmte Tätigkeit nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei, so wird der Obliegenheit, den konkreten Verdienstentgang unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten, nicht entsprochen (VwGH 25.02.2002, Zl. 98/17/0097).
Gemäß der höchstgerichtlichen Judikatur beschränkt sich die Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG nicht nur auf den Grund des Anspruches, sondern verlangt auch dessen Höhe (VwGH 22.11.1999, Zl. 98/17/0357).
Der selbständig Erwerbstätige ist für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu entlohnen, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu entschädigen (Krammer, Neuerungen im Gebührenanspruchsrecht, Der Sachverständige 1989, Heft 3, Seite 4; VwGH 15.04.1994, Zl. 92/17/0231).
Als einen für die Gebührenbestimmung bedeutsamen Umstand hat der Zeuge nach dieser Rechtsprechung im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls über diesbezügliche Auf-forderung der Verwaltungsbehörde die Notwendigkeit zu behaupten und zu bescheinigen (vgl. VwGH 28.08.2007, Zl. 2007/17/0094).
Der Zeuge hat mit seinem Antrag den Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis dem Grunde und der Höhe nach rechtzeitig geltend gemacht. Die Höhe der Entschädigung für Zeitversäumnis hat der Zeuge durch Subtraktion der am Verhandlungstag tatsächlich erledigten Aufträge vom durchschnittlich an einem Tag erledigten Aufträgen multipliziert mit dem Stücksatz einer KFZ-Besichtigung errechnet. Mit dieser Eingabe hat der Zeuge jedoch nicht das tatsächlich entgangene, sondern ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen bescheinigt. Ein solches fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen ist aber nach dem Gebührensanspruchsgesetz nicht zu vergüten (vgl. VwGH 22.11.1999, Zl. 98/17/0357). Es kommt weder auf die Stundensätze nach den Allgemeinen Honorarrichtlinien noch auf die beim selbständig Erwerbstätigen auflaufenden Fixkosten an (VwGH 15.04.1994, Zl. 92/17/0231).
Fehlt es einem Antrag auf Bestimmung der Zeugengebühr an der konkreten Behauptung, dass der Antragsteller infolge seiner Abwesenheit eine bestimmte Tätigkeit nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei, so wird der Obliegenheit, den konkreten Verdienstentgang unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten, nicht entsprochen (VwGH 17.12.1993, Zl. 92/17/0184; 22.11.1999, Zl. 98/17/ 0357).
Diesen vom Verwaltungsgerichtshof festgelegten Maßstäben hat der Zeuge – wie oben festgestellt – nicht entsprechen können.
Da der Zeuge keinen tatsächlichen Einkommensverlust erlitten hat, erweist sich die Ansicht der belangten Behörde, dem Zeugen stehe eine Entschädigung für den Einkommensentgang nach § 18 Abs. 1 Z 2 GebAG im Ausmaß von € 480,00 zu, als verfehlt.
Daraus folgt, dass dem Zeugen lediglich die pauschale Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG für eine Zeitversäumnis von acht Stunden á € 14,20 – sohin € 113,60 – zu vergüten ist, wie von der Revisorin in der Beschwerde geltend gemacht. Zusammen mit den unstrittigen Reisekosten iHv € 80,00 sowie dem Abendessen iHv € 8,50 ist dem Zeugen daher ein Gesamtbetrag iHv € 202,10 (gerundet auf € 202,00) zuzusprechen.
Da aus diesen Gründen dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anhaftet, war der Beschwerde Folge zu geben und der Spruch des angefochtenen Bescheides ad 3. spruchgemäß abzuändern.
Sollte dem Zeugen der zugesprochene „Mehrbetrag“ bereits ausbezahlt worden sein, so hätte er diesen zurückzuzahlen, weil die Zeugengebühren durch die gegenständliche Rechtsmittelentscheidung herabgesetzt wurde. Hierzu wäre er von der Behörde unter Setzung einer Frist von 14 Tagen aufzufordern; bei nicht rechtzeitiger Zurückzahlung ist der Betrag vom Zeugen nach den für die Einbringung der gerichtlichen Gebühren und Kosten geltenden Vorschriften einzubringen (§ 23 Abs. 3 GebAG).
3.2.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt und wurde auch kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe oben unter 3.2.2. zitierte Judikatur) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheinigungspflicht Gebührenbestimmung - Gericht mündliche Verhandlung selbstständig Erwerbstätiger Spruchpunkt - Abänderung Verdienstentgang Zeitversäumnis ZeugengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W101.2233971.1.00Im RIS seit
22.09.2021Zuletzt aktualisiert am
22.09.2021