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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §124;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des B in Ö, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 17. März 1992, Zl 30.184-3/92, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer sowie Abgabe von alkoholischen Getränken 1984 bis 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt ein Sport-Cafe, welchem auch eine Kegelbahn (im Untergeschoß) und eine Discothek (im Erdgeschoß) angeschlossen ist und ermittelt den Gewinn aus Gewerbebetrieb hiefür durch Betriebsvermögensvergleich nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. November bis 31. Oktober.
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden - soweit dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren relevant ist - Buchführungsmängel festgestellt, welche die Prüfer veranlaßten, den erklärten "Kellererlösen" (Kegelbahn) einen Sicherheitszuschlag von 2 % hinzuzurechnen. Überdies wurde festgestellt, daß eine im Dezember 1985 angeschafte Ledersitzganitur aus dem Betriebsvermögen auszuscheiden sei, weil eine betriebliche Nutzung nicht habe glaubhaft gemacht werden können.
Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ (teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren) entsprechende neue Sachbescheide hinsichtlich Umsatzsteuer-, Einkommen- und Gewerbesteuer sowie Abgabe von alkoholischen Getränken für die Jahre 1984 bis 1986.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die ua dagegen eingebrachte Berufung in den dargestellten und vor dem Verwaltungsgerichtshof strittigen Punkten ab.
Der Beschwerdeführer behaupte, daß die Kellererlöse aufgrund einer sogenannten Stockverrechnung ermittelt worden seien. Darunter verstehe der Senat, daß dem verantwortlichen Bedienungspersonal zu Beginn der Saison ein auf sogenannten Standlisten mengenmäßig festgehaltener und zu Verkaufspreisen bewerteter Bestand an Getränken übergeben werde. In der Folge werde dann ausschließlich auf Basis der in der Regel täglichen und in Fassungsheften gleichfalls nach Menge und Verkaufspreis aufgezeichneten Nachlieferungen abgerechnet. Anhand der zu Saisonende erstellten Standliste erfolge dann die endgültige Abrechnung. Eine Stockverrechnung in dieser Form habe jedenfalls nicht stattgefunden. Bei einer solchen Stockverrechnung verbleibe dem Bedienungspersonal regelmäßig auch ein sogenannter Überling, wenn - wie im vorliegenden Fall - etwa auch Mixgetränke verabreicht würden. Zum Zeitpunkt der Fassung von zB Spirituosen sei nicht bekannt, ob diese pur oder (bei höherer Preisgestaltung) als Bestandteil von Mixgetränken konsumiert würden. Das Bedienungspersonal habe jedenfalls nur die auf Basis der Nachlieferungen verrechneten Verkaufspreise für Spirituosen abzuliefern, nicht jedoch auch den Überling, der durch die Verwendung von Spirituosen in höherpreisigen Mixgetränken entstehe. Mit anderen Bestandteilen (zB Soda, Cola, Orangensaft etc) verhalte es sich ebenso. Überlinge würden auch durch einen mengenmäßig knappen Ausschank oder dadurch erzielt, daß Bier mit einem Verkaufspreis für 0,5 l abgerechnet werde, tatsächlich aber Bier auch höherpreisig in Mengen von 0,3 bzw 0,2 l verabreicht werde. Der Beschwerdeführer habe selbst ausgeführt, daß sich bei der Stockverrechnung ("Methode der Bestandsübergabe") häufig zusätzliche Verdienste durch das Personal ergäben, welche weder der Umsatzsteuer noch der Alkoholabgabe noch den Lohnabgaben unterzogen würden. Eine Stockverrechnung im Sinne der vorstehenden Ausführungen habe aber nicht stattgefunden. Die Getränke seien dem Bedienungspersonal zwar in Bestand gegeben worden; Fassungsbücher, welche die Nachlieferungen an das Personal erfaßt und für die Stockverrechnung Grundaufzeichnungen dargestellt hätten, seien jedoch nicht geführt worden und hätten demnach auch nicht vorgelegt werden können. Das Fassungsbuch sei vielmehr durch die sich im Untergeschoß des Gebäudes (bei der Kegelbahn) befindliche Registrierkasse ersetzt worden. Sowohl die Erstfassung zu Saisonbeginn als auch die laufenden Fassungen des Bedienungspersonals seien zum Zwecke der Kontrolle und Abrechnung einerseits und zum Zwecke der Losungsaufteilung andererseits in die Registrierkasse eingegeben worden. Damit sei ein mengenmäßig festgehaltener und zu Verkaufspreisen bewerteter Bestand an Getränken boniert worden. Die Registrierkassenstreifen hätten lediglich der monatlichen Abrechnung mit dem Bedienungspersonal gedient, eine Erfassung der Beträge laut Registrierkassenstreifen sei im Kassabuch nicht erfolgt. Eine zum Zeitpunkt der Fassung vorgenommene Abrechnung mit dem Bedienungspersonal habe ebenfalls nicht stattgefunden. In der Berufung sei dazu ausgeführt worden, der Bedienung könne nicht zugemutet werden, Getränke zu bezahlen, die noch nicht verkauft worden seien. Die Losungen seien nach deren Vereinnahmung dem Beschwerdeführer abgeliefert worden. Die Abrechnungen seien dabei aber nicht auf Basis der Nachlieferungen mit dem in der Registrierkasse erfaßtem Wert erfolgt. Das Bedienungspersonal habe vielmehr die gesamten Erlöse (incl Überling) in runden Schillingbeträgen abzuliefern gehabt; Wechselgeld und Trinkgeld sei dem Personal belassen worden. Aufgrund der täglichen Akontozahlungen des Personals, welche auch in das Kassabuch eingetragen worden seien, habe der Beschwerdeführer (vorübergehend) jeweils auch den Überling vereinnahmt, der bei einer Stockverrechnung in aller Regel dem verantwortlichen Personal zufließe. Wenngleich die täglichen Akontozahlungen in das Kassabuch eingetragen worden seien, sei eine Überprüfung der Eintragungen jedoch nicht möglich gewesen, da entsprechende Grundaufzeichnungen nicht geführt worden seien. Das für die Kegelbahn zuständige Bedienungspersonal habe insbesondere keine Aufzeichnungen darüber geführt, wie sich die täglich abzuführenden Losungen zusammengesetzt hätten. Der Beschwerdeführer habe daher auch keine Kontrolle darüber gehabt, welche Getränke und wieviel an einem Tag tatsächlich verkauft worden seien. Er habe selbst nicht überprüfen können, welche Losung (incl Überling) das Bedienungspersonal täglich abzuliefern gehabt hätte und ob die abgelieferte Losung auch tatsächlich dem erzielten Verkaufserlös entsprochen habe. Die täglich abgelieferten und in das Kassabuch eingetragenen Losungen seien daher nicht überprüfbar. Dem Einwand des Beschwerdeführers, die ihm zustehenden Kellererlöse hätten anhand der Registrierkassenstreifen genau überprüft werden können, hielt die belangte Behörde entgegen, daß die nur die laufenden Fassungen betreffenden Eingaben in die Registrierkasse keinen Aufschluß über die im Abrechnungszeitraum tatsächlich verkauften Getränke bzw die tatsächlich erzielten Kellererlöse hätten geben können. Dazu hätte es einer entsprechenden Bestandsverrechnung bedurft. Unterlagen hiefür, welche als Grundaufzeichnungen anzusehen seien, seien aber trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Überdies habe die als Bedienungspersonal für die Kegelbahn zuständige Gertrud B niederschriftlich ausgesagt, daß die ihr überlassenen Getränkebestände lediglich einmal jährlich abgerechnet worden seien. Um jedoch die in der Kegelbahn erzielten monatlichen Getränkeerlöse und den entsprechenden (zumindest teilweise) als Lohnbestandteil ausgezahlten Überling ermitteln zu können, hätte der Beschwerdeführer eine monatliche Bestandverrechnung durchführen müssen. Überdies habe der Beschwerdeführer am Monatsende im Losungsheft den Überling betreffende Korrekturen vorgenommen, ohne aber letzlich nachweisen zu können, wie der Überling bzw die monatlichen Kellererlöse laut Buchhaltung ermittelt worden seien. In der Berufung sei ausgeführt worden, daß der Überling im Schätzungsweg ermittelt worden sei. Damit stehe aber fest, daß auch die Getränkeerlöse vom Beschwerdeführer selbst teilweise geschätzt hätten werden müssen. Auch hinsichtlich der Kaffeerlöse seien Grundaufzeichnungen (Aufzeichnungen über die Zählerstände der Kaffeemaschine) erst im Berufungsverfahren vorgelegt worden. Diese erachtete die belangte Behörde jedoch einerseits wegen der späten Vorlage, andererseits deswegen, weil über einen Zeitraum von mehreren Jahren ein und derselbe Kugelschreiber verwendet worden sei, als nachgeschrieben. Aufgrund der aufgezeigten Verstöße gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sei die sachliche Richtigkeit der Bücher in Zweifel zu ziehen und die Berechtigung zur Schätzung in Form eines Sicherheitszuschlages gegeben, zumal auch eine Nachkalkulation nicht geeignet gewesen sei, den Senat von der sachlichen Richtigkeit der Bücher zu überzeugen.
Hinsichtlich der im Dezember 1985 angeschaften Ledersitzganitur, welche nach den Angaben des Beschwerdeführers in den von Brigitte F. zum Betrieb eines Kosmetiksalons gemieteten Räumlichkeiten verwendet worden sei, sei der Beschwerdeführer anläßlich der abgabenbehördlichen Prüfung (im Jahr 1988) aufgefordert worden, diese den Prüfern zu zeigen. Der Beschwerdeführer habe die Prüfung darauf in den Kosmetiksalon geführt und ihnen eine alte Sitzgarnitur aus STOFF gezeigt. Über Vorhalt dieses Umstandes habe der Beschwerdeführer "zu verstehen gegeben", daß sich die Ledersitzgarnitur in der Privatwohnung befinde und privat verwendet worden sei. Erst bei der Schlußbesprechung habe der Beschwerdeführer eingewendet, daß die Ledersitzgarnitur ursprünglich im Kosmetiksalon verwendet worden sei, im Frühjahr 1987 aber ausgetauscht und ins Privatvermögen übernommen worden sei. Wenn der Beschwerdeführer bei der Schlußbesprechung und im Berufungsverfahren Einwendungen vorbringe, für die er während des Prüfungsverfahrens keinerlei Anhaltspunkte geliefert habe, so bleibe es bei widersprechenden Angaben der belangten Behörde überlassen, zu entscheiden, welche sie für glaubwürdiger halte. Der Senat schenke aber den Angaben, die der Steuerpflichtige vor Kenntnis ihrer abgabenrechtlichen Wirkung gemacht habe, mehr Glauben, als den späteren, zweckdienlichen Berichtigungen. Bei einer anläßlich der Schlußbesprechung vorgelegten Bestätigung des Hausmeisters W L, den Austausch der Sitzgarnitur betreffend, handle es sich offensichtlich um eine Gefälligkeitsbestätigung, zumal die Ledersitzgarnitur auch noch im Anlageverzeichnis zum 31. Oktober 1987 und jenen der Folgejahre enthalten gewesen sei, sowie die Mieterin Brigitte F. angegeben habe, daß die im Kosmetiksalon aufgestellte Sitzgarnitur aus Stoff und nicht aus Leder sei. Diese Aussage habe sich jedenfalls nicht auf den Zeitraum nach dem behaupteten Austausch bezogen, weil Brigitte F. ihre Tätigkeit als Kosmetikerin in die gemieteten Räumlichkeiten bereits im Frühjahr 1986 beendet habe.
Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Schätzungsberechtigung und Sicherheitszuschlag:
Mit der Frage, ob eine sogenannte Stockverrechnung, wie sie die belangte Behörde versteht, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 22. September 1987, Zl 85/14/0038, 0039 beschäftigt und aufgezeigt, daß eine solche in keiner Weise den im § 131 Abs 1 Z 2 BAO und § 18 Abs 2 Z 1 UStG in Verbindung mit § 124 BAO normierten Anforderungen genügt, weil Anknüpfungspunkt für die Stockverrechnung innerbetriebliche Warenlieferungen und nicht die erzielten Einnahmen sind.
Vor diesem Hintergrund ist das Beschwerdevorbringen, wenn seitens der Finanzverwaltung die Stockverrechnung in ländlichen Gebieten "anerkannt" werde, so müsse dies mangels gesetzlicher Determinierung einer Stockverrechnung auch für gemischte Typen der Stockverrechnung gelten, "sofern damit den Bestimmungen der BAO genüge getan" werde, nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, zumal die vom Beschwerdeführer dargestellte Vorgangsweise nicht den in der BAO normierten Anforderungen für eine ordnungsmäßige Buchführung entspricht. Im Beschwerdefall enthalten nämlich die im Kassabuch aufgezeichneten Beträge nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers nicht die tatsächlichen Losungen, weil dem Personal Münz- und Wechselgeld überlassen worden sei, wobei dessen Höhe niemals dargestellt worden ist. Vielmehr wurden die als Tageslosung im Kassabuch eingetragenen Beträge nur in "runden Schillingbeträgen" aufgezeichnet.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Aussage der Kellnerin Gertrud B. stützt, wonach "jedes Getränk separat in der Registrierkasse erfaßt wurde", weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift in Einklang mit der Aktenlage darauf hin, daß es sich dabei um die Aussage des Kellners Josef B handelt, welcher in der Discothek im Erdgeschoß, nicht aber in der Kegelbahn tätig war. Hinsichtlich der im Erdgeschoß erzielten Erlöse ist aber keine Zuschätzung erfolgt. Hinsichtlich der Kellererlöse hingegen hat der Beschwerdeführer bereits in der Berufung eingeräumt, daß eine laufende Bonierung aus Raumgründen und aus Abwicklungsgegebenheiten nicht möglich sei. Die Registrierkasse in der Kegelbahn diene vielmehr ausschließlich dazu, die dem Bedienungspersonal übergebenen Getränke festzuhalten. Auf den grundsätzlich richtigen Umstand, daß die Registrierkassastreifen Grundaufzeichnungen darstellen, beruft sich der Beschwerdeführer daher mangels gegenständlich vorliegender, die Kellererlöse festhaltende Registrierkassastreifen zu Unrecht. Zu Unrecht wird im übrigen auch gerügt, es wäre von der belangten Behörde nicht dargelegt worden, was sie unter "entsprechenden Grundaufzeichnungen" meine; listete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid doch detailiert auf, welche Grundaufzeichnungen ihrer Ansicht nach fehlten.
Insgesamt ist somit das diesen Punkt betreffende Beschwerdevorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
2. Ledersitzgarnitur:
Diesbezüglich rügt der Beschwerdeführer, daß er bei der Schlußbesprechung keine "neuen Einwendungen" vorgebracht, sondern nur erklärt habe, daß die Sitzgarnitur im Frühjahr 1987 entnommen worden sei. Auch die Aussage des Hausmeisters sei zu Unrecht als Gefälligkeitsbestätigung beurteilt worden.
Weder als Irrtum, noch als unrichtig, noch in anderer Form bekämpft wird vom Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Angabe der Inhaberin des Kosmetiksalons, in welchem die Ledersitzgarnitur im Jahr 1986 gestanden haben soll, daß die Sitzgarnitur aus Stoff und nicht aus Leder gewesen sei. Unter Berücksichtigung der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen und ebenfalls unbestritten gebliebenen Vorgänge anläßlich der abgabenbehördlichen Prüfung kann daher darin, daß die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß die Ledersitzgarnitur von Anfang an privat und nicht betrieblich verwendet wurde, keine den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastende unschlüssige Beweiswürdigung gesehen werden.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1992140089.X00Im RIS seit
20.11.2000