TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/23 W183 2243120-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2021
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Entscheidungsdatum

23.08.2021

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
GEG §9 Abs2

Spruch


W183 2243120-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 13.04.2021, Zl. Jv 51228-33a/21, betreffend den Nachlass von Gerichtsgebühren und -kosten zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.     In einem Verfahren zu XXXX vor dem Bezirksgericht Schärding sind der Beschwerdeführerin Gerichtsgebühren in der Höhe von EUR 740,00 entstanden, in einem Verfahren zu XXXX Gerichtsgebühren in der Höhe von EUR 423,20, in einem Verfahren zu XXXX Gerichtsgebühren in der Höhe von EUR 837,32 und in einem Verfahren zu XXXX Gerichtsgebühren in der Höhe von EUR 1.873,60, gesamt sohin Gebühren und Kosten in der Höhe von EUR 3.874,12.

Mit Schreiben vom 29.03.2019 beantragte die Beschwerdeführerin den Nachlass, in eventu die Stundung der Gerichtsgebühren und -kosten.

2.       Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 30.04.2019, Zl. XXXX , wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, die geschuldeten Gerichtsgebühren in der Höhe von EUR 740,00 nachzulassen, nicht stattgegeben.  

3.       Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 30.04.2019, Zl. XXXX , wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, die geschuldeten Gerichtsgebühren in der Höhe von EUR 423,20 nachzulassen, nicht stattgegeben.  

4.       Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 30.04.2019, Zl XXXX , wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, die geschuldeten Gerichtsgebühren und in der Höhe von EUR 837,32 nachzulassen, nicht stattgegeben.  

5.       Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 30.04.2019, Zl. XXXX , wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, die geschuldeten Gerichtsgebühren und -kosten in der Höhe von EUR 1.873,60 nachzulassen, nicht stattgegeben.  

Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Stundung der Gerichtsgebühren und -kosten wurde stattgegeben und die Stundung der Gerichtsgebühren und -kosten bis 30.11.2019 bewilligt.

6.       Begründend wurde in den Bescheiden im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin mit Beschluss des Bezirksgerichts Schärding vom 27.07.2016 zu XXXX Verfahrenshilfe bewilligt worden und sie von der Entrichtung der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren, den Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes sowie der Gebühren von Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer einstweilig befreit worden sei. Es sei ihr auch ein Rechtsanwalt beigegeben worden.

Mit Sachbeschluss des Bezirksgerichts Schärding vom 25.10.2018 sei der Beschwerdeführerin im Grundverfahren zu XXXX ein Geldbetrag in der Höhe von EUR 52.070,00 zugesprochen worden, welcher im Dezember 2018 fällig geworden sei.

Die gewährte Verfahrenshilfe sei in der Folge mit Beschluss vom 16.01.2019 aufgehoben und die Kosten des Verfahrenshelfers mit EUR 31.232,05 bestimmt worden. Die Beschwerdeführerin habe ein Schreiben des Verfahrenshelfers vom 19.02.2019 vorgelegt, laut welchem ihr von dem ihr im Aufteilungsverfahren zugesprochenen Betrag von EUR 52.070,00 nach Abzug der Rechtsanwaltskosten von EUR 31.232,05, der Kosten des Sachverständigen von EUR 857,00 und der Kosten des Strafverfahrens von EUR 1.108,25 ein Restbetrag von EUR 18.872,70 bereits überwiesen worden sei.

In Anbetracht der gegebenen Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin könne in der Einbringung der jeweiligen Beträge daher keine besondere Härte im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG erblickt werden.

7.       Die Bescheide des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 30.04.2019 zu XXXX blieben unangefochten und erwuchsen in Rechtskraft.

8.       Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 02.01.2020, ZI. XXXX , wurden der Beschwerdeführerin Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 748,00 vorgeschrieben, mit Zahlungsauftrag vom 25.02.2020, Zl. XXXX , Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 431,20, mit Zahlungsauftrag vom 25.02.2020, Zl. XXXX , Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 845,32 und mit Zahlungsauftrag vom 02.12.2019, Zl. XXXX , Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 1.881,60, beinhaltend jeweils eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,00.

9.       Mit Beschluss vom 06.03.2020, GZ XXXX , bewilligte das Bezirksgericht Schärding aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 02.01.2020 zugunsten der Republik Österreich die Fahrnisexekution wegen EUR 748,00 gegen die Beschwerdeführerin und bestimmte die Kosten des Exekutionsantrags mit EUR 86,70.

10.     Mit Beschluss vom 22.02.2021, GZ XXXX , bewilligte das Bezirksgericht Schärding die Gehaltsexekution gegen die Beschwerdeführerin zugunsten der Republik Österreich aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 02.01.2020 wegen EUR 748,00, aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 25.02.2020 wegen EUR 431,20, aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 02.12.2019 wegen EUR 1.881,60, aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 25.02.2020 wegen EUR 845,32 und aufgrund des vollstreckbaren Kostentitels vom 06.03.2020 wegen EUR 86,70 und bestimmte die Kosten des Exekutionsantrags mit EUR 115,80.

Es entstand damit eine Gesamtforderung der Republik Österreich in Höhe von EUR 4.108,62.

11.     Mit Schreiben vom 08.03.2021 beantragte die Beschwerdeführerin den Nachlass der vorgeschriebenen Gebühren und Kosten in der Höhe von gesamt EUR 4.108,62. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass sie seit 01.07.2020 eine Alterspension und Ausgleichszulage beziehe und sie durch die angeborene Hüftdysplasie, Hüftprothesen und mehrere Operationen zusätzlich zu 50% erwerbsgemindert sei.

12.       Mit dem angefochtenen Bescheid (zugestellt am 03.05.2021) wurde – nach Aufforderung gegenüber der Beschwerdeführerin, ihr Ansuchen zu präzisieren, den angeschlossenen Fragebogen auszufüllen sowie Bescheinigungsmittel anzuschließen – der Antrag der Beschwerdeführerin, die geschuldeten Gebühren und Kosten in der Höhe von gesamt EUR 4.108,62 nachzulassen, zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass zu den angeführten Gerichtsgebühren bereits die Nachlassverfahren zu XXXX geführt worden seien. Die in diesen Verfahren ergangenen Bescheide, mit welchen die Nachlassgesuche der Beschwerdeführerin abgewiesen worden und ihren Stundungsanträgen stattgegeben worden sei, seien allesamt unangefochten geblieben und daher in Rechtskraft erwachsen. Im neuerlichen Antrag der Beschwerdeführerin vom 08.03.2021 sei weder ein Vorbringen wegen Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG noch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG erstattet worden. Der Nachlassantrag sei daher wegen „entschiedener Sache“ zurückzuweisen.

13.      Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 24.05.2021 (bei der belangten Behörde eingelangt am 01.06.2021) fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin brachte darin im Wesentlichen vor, dass sie von der Mindestpension lebe und ansonsten nichts besitze. Da durch die Arthrose mittlerweile auch ihr linkes Knie zerstört sei, müsse sie sich in nächster Zeit einer weiteren Operation unterziehen.

14.         Mit Schriftsatz vom 02.06.2021 (eingelangt am 07.06.2021) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Schreiben vom 29.03.2019 beantragte die Beschwerdeführerin den Nachlass, in eventu die Stundung der ihr in den Verfahren vor dem Bezirksgericht Schärding zu XXXX in der Höhe von EUR 740,00, zu XXXX in der Höhe von EUR 423,20, zu XXXX in der Höhe von EUR 837,32 und zu XXXX in der Höhe von EUR 1.873,60 entstandenen Gerichtsgebühren und -kosten, gesamt sohin von Gebühren und Kosten in der Höhe von EUR 3.874,12. Begründend führte sie ihre schlechte Einkommens- bzw. Vermögenssituation und eine Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 50% aufgrund ihrer physischen Behinderung an.

Die belangte Behörde gab diesem Antrag mit den Bescheiden jeweils vom 30.04.2019 zu Zl. XXXX unter Verweis auf die einen Nachlass nicht rechtfertigenden Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin aufgrund des Erhalts einer Ausgleichszahlung in der Höhe von EUR 18.872,70 nicht statt und bewilligte die Stundung der Gerichtsgebühren und -kosten bis 30.11.2019. 

Die Beschwerdeführerin erhob keine Beschwerde gegen diese Bescheide und erwuchsen diese in Rechtskraft.

Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 02.01.2020, ZI. XXXX , wurden der Beschwerdeführerin Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 748,00 vorgeschrieben, mit Zahlungsauftrag vom 25.02.2020, Zl. XXXX , Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 431,20, mit Zahlungsauftrag vom 25.02.2020, Zl. XXXX , Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 845,32 und mit Zahlungsauftrag vom 02.12.2019, Zl. XXXX , Gerichtsgebühren/-kosten in der Höhe von EUR 1.881,60, beinhaltend jeweils eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,00.

Mit Beschluss vom 06.03.2020, GZ XXXX , bewilligte das Bezirksgericht Schärding aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 02.01.2020 zugunsten der Republik Österreich die Fahrnisexekution wegen EUR 748,00 gegen die Beschwerdeführerin und bestimmte die Kosten des Exekutionsantrags mit EUR 86,70.

Mit Beschluss vom 22.02.2021, GZ XXXX , bewilligte das Bezirksgericht Schärding die Gehaltsexekution gegen die Beschwerdeführerin zugunsten der Republik Österreich aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 02.01.2020 wegen EUR 748,00, aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 25.02.2020 wegen EUR 431,20, aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 02.12.2019 wegen EUR 1.881,60, aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsauftrags vom 25.02.2020 wegen EUR 845,32, aufgrund des vollstreckbaren Kostentitels vom 06.03.2020 wegen EUR 86,70 und bestimmte die Kosten des Exekutionsantrags mit EUR 115,80.

Es entstand damit eine Gesamtforderung der Republik Österreich in Höhe von EUR 4.108,62.

Am 08.03.2021 beantragte die Beschwerdeführerin den Nachlass dieses Gesamtbetrages und wiederholte ihr Vorbringen, sie könne diesen Betrag aufgrund ihrer Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse nicht zahlen und leide an einer Behinderung im Ausmaß von 50%. Sie brachte keine Ergänzungen vor.

Der in Rede stehende Betrag erhöhte sich um die Kosten der Exekutionsanträge in der Höhe von EUR 86,70 und EUR 115,80 sowie um Einhebungsgebühren gemäß § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von gesamt EUR 32,00, insgesamt somit von EUR 3.874,12 auf EUR 4.108,62 und damit um einen Betrag von gesamt EUR 234,50.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin haben sich seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den ersten Nachlassantrag vom 29.03.2019 nicht wesentlich geändert.

2. Beweiswürdigung:   

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt.

Dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den ersten Nachlassantrag am 29.03.2019 nicht wesentlich geändert haben, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem zweiten Nachlassantrag vom 08.03.2021, ihrer Beschwerde, den von ihr vorgelegten Dokumenten sowie aus der Auskunft des Dachverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom 11.03.2021.

Den Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom 30.04.2019 wurde zugrunde gelegt, dass die Beschwerdeführerin Anfang 2019 den Restbetrag einer Ausgleichszahlung von EUR 18.872,70 erhielt. Wie den Bescheiden zu entnehmen ist, brachte die Beschwerdeführerin im Rahmen des ersten Nachlassverfahrens vor, dass sie von diesem Betrag einen Bankkredit und private Schulden habe zurückzahlen und sich eine Wohnmöglichkeit habe beschaffen müssen, notwendiges Inventar habe kaufen müssen sowie die Mietkaution, den Genossenschaftsbaukostenbeitrag, Reparaturkosten sowie Behandlungs- und Therapiekosten habe bezahlen müssen. Von der ihr zugesprochenen Ausgleichszahlung sei nun nichts mehr übrig und lebe sie von ca. EUR 400,00, momentan noch in der einstigen Ehewohnung. Aufgrund ihrer angeborenen Hüftdysplasie und Hüftprothesen sei sie zu 50% erwerbsgemindert und arbeitslos. Ihr Einkommen sei eine tägliche Notstandshilfe von EUR 9,69 und besitze sie ein Kraftfahrzeug (Baujahr 2005). Sie habe weder Schulden noch Sorgepflichten und verfüge sie über ein Kontoguthaben von EUR 146,90. Wenn sie im Juni 2019 ihre eigene Unterkunft beziehen könne und bis dahin keine Arbeit gefunden habe, werde sie um Mindestsicherung ansuchen müssen. Wie sich aus den Bescheiden vom 30.04.2019 ergibt, legte die Beschwerdeführerin keine Nachweise über die Rückzahlung des Bankkredits, die Kosten der Wohnungsnahme, die Zahlung des Genossenschaftsbaukostenbeitrags oder des Möbelkaufs vor.

Im Verfahren über den nunmehr gegenständlichen zweiten Nachlassantrag vom 08.03.2021 brachte die Beschwerdeführerin erneut vor, mittellos zu sein und nicht in der Lage zu sein, den geforderten Betrag zu bezahlen. Sie beziehe seit 01.07.2020 eine Alterspension mit Ausgleichszulage in der Höhe von EUR 949,46 und gab sie erneut an, dass sie durch ihre angeborene Hüftdysplasie, Hüftprothesen und mehrere Operationen an einer Behinderung im Ausmaß von 50% leide. Ihre finanziellen Schwierigkeiten seien nicht von vorübergehender Natur. Aus dem von der Beschwerdeführerin übermittelten Formular betreffend ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt Bescheinigungsmitteln ergaben sich monatliche Einnahmen der Beschwerdeführerin in der Höhe von EUR 1.115,96. Sie besitze ein Kfz, Baujahr 2010. Das Bankguthaben betrage aktuell EUR -988,89.

Damit brachte die Beschwerdeführerin aber im Vergleich zu ihrem Antrag im Jahr 2019 keine wesentlichen Ergänzungen vor und konnte sie im zweiten Nachlassantrag keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt darstellen.

Wie sich aus der Auskunft des Dachverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom 11.03.2021 ergibt, bezog die Beschwerdeführerin bereits in der Zeit ihres ersten Nachlassantrags im März 2019 Notstands-/Überbrückungshilfe und nunmehr seit 01.07.2020 eine Alterspension samt Ausgleichszulage von EUR 949,46. Die Beschwerdeführerin besitzt nach wie vor ein Kfz, nunmehr aber nicht mehr mit dem Baujahr 2005, wie noch während des ersten Nachlassverfahrens, sondern mit dem Baujahr 2010, und ergab sich ansonsten nur eine Änderung hinsichtlich ihres Kontostandes (aktuell EUR -988,89 im Vergleich zu EUR 146,90 im ersten Nachlassverfahren).

Insbesondere aber, da die belangte Behörde für ihre Entscheidungen im ersten Nachlassverfahren den Umstand als maßgebend erachtete, dass die Beschwerdeführerin Anfang 2019 eine Ausgleichszahlung in der Höhe von EUR 18.872,70 erhalten habe und die Beschwerdeführerin bereits im Rahmen ihres ersten Nachlassantrags vorbrachte, dass von der Ausgleichszahlung nichts mehr übrig sei, ist nicht von einer Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts auszugehen.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich der in Rede stehende Betrag um die Kosten der Exekutionsanträge in der Höhe von gesamt EUR 202,50 und um die Einhebungsgebühren von gesamt EUR 32,00 gemäß den Zahlungsaufträgen vom 02.01.2020, 25.02.2020 und 02.12.2019, gesamt daher um EUR 234,50 erhöht hat.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher – ebenso wie die belangte Behörde – zu dem Ergebnis, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin zum zweiten Nachlassantrag vom 08.03.2021 im Hinblick auf das erste abgeschlossene Nachlassverfahren keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt darstellt.

3. Rechtliche Beurteilung:    

3.1.    Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

3.2.    Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.3.    Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.3.1.  Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.3.2.  Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Die Gewährung eines Nachlasses nach § 9 Abs. 2 GEG setzt voraus, dass sowohl die Entrichtung zu einem späteren Zeitpunkt als auch die Entrichtung in – allenfalls sehr kleinen – Monatsraten noch immer eine besondere Härte darstellen würde, sodass nur mehr die endgültige Erlassung die Härte beseitigt. Wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Natur rechtfertigen zwar eine Stundung (Ratengewährung), aber keinen Nachlass (VwGH 18.09.2007, 2007/16/0144 m.w.N.).

3.3.3.  Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung (hier: Beschwerde) nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Eine entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Dies muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Dies bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhaltes bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwGH 03.11.2004, 2004/18/0215; 05.07.2005, 2005/21/0093; 25.04.2007, 2004/20/0100; 24.03.2011, 2007/07/0155).

Verschiedene Sachen im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht (VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100). Eine Modifizierung der Sachlage, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (VwGH 30.06.2005, 2005/18/0197; 06.11.2009, 2008/19/0783).

Auszugehen ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid, ohne die sachliche Richtigkeit desselben – nochmals – zu überprüfen, da die Rechtskraftwirkung gerade darin besteht, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Dies bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 15.10.1999, 96/21/0097).

Wie oben festgestellt und in der Beweiswürdigung ausgeführt, ergibt sich für den gegenständlichen Fall, dass sich das – die Nachlassgründe betreffende – Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem (zweiten) Nachlassantrag gegenüber dem ersten Nachlassantrag nicht entscheidungsrelevant geändert hat.

Bereits im Rahmen des ersten Nachlassverfahrens brachte die Beschwerdeführerin vor, die Ausgleichszahlung verbraucht zu haben und legte die belangte Behörde ihren Entscheidungen über den ersten Nachlassantrag die maßgebende Erwägung zugrunde, dass die Beschwerdeführerin Anfang 2019 eine Ausgleichszahlung in der Höhe von EUR 18.872,70 erhalten habe und daher in der Einbringung der einmaligen Beträge in der Höhe von EUR 740,00 bzw. EUR 423,20, EUR 837,32 und EUR 1.873,60 keine besondere Härte im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG zu erblicken sei.

Auch die Tatsache, dass nunmehr der Nachlassantrag auch die Kosten der Exekutionsanträge in der Höhe von gesamt EUR 202,50 und die Einhebungsgebühren von gesamt EUR 32,00 umfasst, führt gegenständlich zu keiner entscheidungsrelevanten Änderung, weil sich der Betrag lediglich EUR 234,50 im Vergleich zu dem, dem ersten Nachlassantrag zugrundeliegenden Betrag von EUR 3.874,12 erhöht hat.

Da nach den Feststellungen und den dargelegten beweiswürdigenden Erwägungen weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt eine entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.

Die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abzuweisen.

3.4.    Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.3. zitierte Judikatur). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

entschiedene Sache Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Identität der Sache Nachlass von Gerichtsgebühren Nachlassantrag res iudicata Vermögensverhältnisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W183.2243120.1.00

Im RIS seit

24.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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