TE Vfgh Beschluss 2021/6/17 G174/2019, V65/2019

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Veröffentlicht am 17.06.2021
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
Tir RaumOG 2016 §70, §113
Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Fulpmes vom 20.12.2018
VfGG §7 Abs1, §57 Abs4, §62 Abs4

Leitsatz

Unzulässigkeit der – gegen eine Bestimmung des Tir RaumordnungsG und den Flächenwidmungsplan einer Gemeinde gerichteten – Aufhebungsanträge mangels Präjudizialität; keine Anwendung der Bestimmungen auf Grund der (zwischenzeitig ergangenen) Bestätigung des elektronisch kundgemachten Flächenwidmungsplans der Gemeinde

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

1. Das Landesverwaltungsgericht Tirol begehrt mit den auf Art140 Abs1 Z1 lita und Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Anträgen,

"§70 Abs1 und de[n] letzte[n] Satz in §70 Abs2 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 – TROG 2016, LGBl Nr 101/2016", in eventu "§70 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 – TROG 2016, LGBl Nr 101/2016"

als verfassungswidrig aufzuheben;

sowie

"die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Fulpmes durch Beschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde Fulpmes vom 22.12.2018 [Anmerkung: berichtigt auf 20.12.2018] betreffend das Grundstück 881/2 [Anmerkung: berichtigt auf Grundstück Nr 882/1] KG Fulpmes, elektronisch kundgemacht durch die Tiroler Landesregierung auf www.tirol.gv.at unter der Änderungsnummer 49 am 19.03.2019, berichtigt elektronisch kundgemacht durch die Tiroler Landesregierung auf www.tirol.gv.at unter der Änderungsnummer 50 am 11.04.2019",

in eventu

"die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Fulpmes durch Beschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde Fulpmes vom 22.12.2018 [Anmerkung: berichtigt auf: 20.12.2018] betreffend das Grundstück 881/2 [Anmerkung: berichtigt auf Grundstück Nr 882/1] KG Fulpmes, elektronisch kundgemacht durch die Tiroler Landesregierung auf www.tirol.gv.at unter der Änderungsnummer 49 am 19.03.2019, berichtigt elektronisch kundgemacht durch die Tiroler Landesregierung auf www.tirol.gv.at unter der Änderungsnummer 50 am 11.04.2019 in der Fassung der elektronischen Kundmachung vom 11.04.2019",

in eventu

"die Berichtigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Fulpmes betreffend das Grundstück 881/2 [Anmerkung: berichtigt auf Grundstück Nr 882/1] KG Fulpmes, elektronisch kundgemacht durch die Tiroler Landesregierung auf www.tirol.gv.at unter der Änderungsnummer 50 am 11.04.2019",

als gesetzwidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. §70 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 (TROG 2016) idF LGBl 101/2016, wie er zum Zeitpunkt der Berichtigung des Flächenwidmungsplanes (dazu unten) am 11. April 2019 in Kraft war, lautete (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§70

Berichtigung der elektronischen Kundmachung; neuerliche elektronische

Kundmachung des Flächenwidmungsplanes

(1) Fehler in der elektronischen Kundmachung, die auf einem technisch mangelhaften Betrieb der entsprechenden EDV-Anwendung beruhen, sind von der Landesregierung nach Anhörung der betroffenen Gemeinde von Amts wegen zu berichtigen. Die die Berichtigung betreffenden Daten sind zur Abfrage bereitzuhalten.

(2) Die Landesregierung kann den Flächenwidmungsplan mit Zustimmung der betroffenen Gemeinde neuerlich elektronisch kundmachen. Die neuerliche elektronische Kundmachung ersetzt die bisherige elektronische Kundmachung mit dem Ablauf des Tages, an dem der Flächenwidmungsplan in seiner neu kundgemachten Fassung auf der Internetseite des Landes zur Abfrage bereitgehalten wird. Die neuerliche elektronische Kundmachung hat diesen Tag zu enthalten. Im Fall von Fehlern in der bisherigen elektronischen Kundmachung gilt Abs1 sinngemäß.

(3) In der neuerlichen elektronischen Kundmachung sind alle den Flächenwidmungsplan und seine Änderung betreffenden Daten nach §69 Abs3, 4 und 5 zur Abfrage bereitzuhalten. §69 Abs6 ist anzuwenden."

2. §113 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 (TROG 2016), LGBl 101/2016, idF LGBl 122/2019 lautet:

"§113

Bestätigende elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes

(1) Alle Gemeinden mit Ausnahme der Stadt Innsbruck haben den von der Landesregierung nach §69 dieses Gesetzes in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 144/2018 elektronisch kundgemachten Flächenwidmungsplan in der am 15. November 2019 geltenden Fassung spätestens bis zum 31. Dezember 2019 im elektronischen Flächenwidmungsplan nach §70 Abs1 lita bestätigend elektronisch kundzumachen.

(2) Die Landesregierung hat der Gemeinde zum Zweck der bestätigenden elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes folgende Daten konsolidiert im elektronischen Flächenwidmungsplan zur Verfügung zu stellen:

a) eine Aufstellung aller bis zum 15. November 2019 im elektronischen Flächenwidmungsplan erfolgten Kundmachungen; diese Aufstellung hat Bezug zu nehmen auf:

1. den Flächenwidmungsplan in seiner erstmalig elektronisch kundgemachten Fassung unter Anführung des Tages der seinerzeitigen Freigabe zur Abfrage,

2. die nach der erstmaligen elektronischen Kundmachung erfolgten Änderungen des Flächenwidmungsplanes jeweils unter Anführung der Änderungsnummer, des Datums der Beschlussfassung des Gemeinderates, des Datums und der Geschäftszahl der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bzw der aufsichtsbehördlichen Prüfung sowie des Tages der seinerzeitigen Freigabe zur Abfrage sowie

3. die weiteren nach diesem Gesetz kundgemachten Inhalte unter Anführung der Änderungsnummer sowie des Tages der seinerzeitigen Freigabe zur Abfrage;

b) im Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Flächenwidmungsplan in seiner elektronisch kundgemachten Fassung vor dem 15. November 2019 ganz oder teilweise mit der Wirkung aufgehoben hat, dass im Umfang der Aufhebung der analoge Flächenwidmungsplan wieder in Kraft tritt, statt der Daten nach lita, die dem Flächenwidmungsplan in seiner am 15. November 2019 geltenden Fassung entsprechenden Daten.

(3) Die Gemeinde hat den konsolidierten Datenstand nach Abs2 zu prüfen und längstens bis zum 20. Dezember 2019 durch Beschluss des Gemeinderates zu bestätigen. Gleichzeitig hat der Gemeinderat die bestätigende elektronische Kundmachung zu beschließen.

(4) Die bestätigende elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes hat derart zu erfolgen, dass

a) im Fall des Abs2 lita korrespondierend mit dem bisher bereits elektronisch kundgemachten Flächenwidmungsplan, der weiter dauerhaft zur Abfrage bereit zu halten ist, die der betreffenden Aufstellung zugrunde liegenden Daten,

b) im Fall des Abs2 litb die dem Flächenwidmungsplan in der dem Bestätigungsbeschluss des Gemeinderates nach Abs3 erster Satz entsprechenden Fassung zugrunde liegenden Daten

vom Bürgermeister zur Abfrage freigegeben werden; die Freigabe der Daten hat unverzüglich nach der Beschlussfassung im Gemeindesrat zu erfolgen. Die bestätigende elektronische Kundmachung hat den Tag der Freigabe zur Abfrage zu enthalten.

(5) Der Flächenwidmungsplan ist mit dem Ablauf des Tages, an dem die bestätigende elektronische Kundmachung zur Abfrage freigegeben wird, in seiner bestätigend elektronisch kundgemachten Fassung anzuwenden."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Das Grundstück Nr 882/1, KG Fulpmes wies ursprünglich die Widmung Bauland Mischgebiet/Kerngebiet gemäß §40 Abs3 TROG 2016 auf. Diese Widmung war erstmalig am 31. Oktober 2014 elektronisch kundgemacht worden.

2. Am 20. Dezember 2018 beschloss der Gemeinderat der Marktgemeinde Fulpmes eine Umwidmung des Grundstückes Nr 882/1, KG Fulpmes in "Sonderfläche standortgebunden §43 (1) a, Festlegung Erläuterung: Verwaltungs-/Vertriebs-/Lagergebäude".

3. Mit Bescheid vom 4. März 2019 versagte die Tiroler Landesregierung die aufsichtsbehördliche Bewilligung.

4. Am 18. März 2019 wurde – im Widerspruch zu diesem Versagungsbescheid – ein genehmigter Datensatz für die Änderung des Flächenwidmungsplanes in der EDV-Anwendung "elektronischer Flächenwidmungsplan" (eFWP) erstellt und der Gemeinde Fulpmes übermittelt. Dies wurde am 19. März 2019 in diesem Sinne (Änderung des Flächenwidmungsplanes) elektronisch kundgemacht.

5. Nachdem die Tiroler Landesregierung von der Marktgemeinde Fulpmes über diesen Widerspruch in Kenntnis gesetzt wurde, leitete die Tiroler Landesregierung ein Berichtigungsverfahren ein. Die elektronische Kundmachung vom 19. März 2019 wurde gemäß §70 TROG 2016 mit berichtigender elektronischer Kundmachung vom 11. April 2019 berichtigt, womit für das Grundstück Nr 882/1, KG Fulpmes wieder die ursprüngliche Widmung Bauland Mischgebiet/Kerngebiet kundgemacht wurde.

6. Mit Eingabe vom 10. April 2019 beantragte die Bauwerberin und Beschwerdeführerin im Anlassverfahren eine Baubewilligung für den Zubau einer Lagerhalle mit Büro auf dem Grundstück Nr 882/1, KG Fulpmes.

7. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Fulpmes vom 23. April 2019 wurde der Antrag wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan abgewiesen.

8. Gegen diesen Bescheid erhob die Bauwerberin am 16. Mai 2019 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sie durch die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung im subjektiven Recht auf Erteilung einer Baubewilligung verletzt worden sei, denn der zum Zeitpunkt der Entscheidung in Geltung stehende Flächenwidmungsplan sei gesetz- und verfassungswidrig.

9. Das Landesverwaltungsgericht Tirol legt seine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des §70 Abs1 und 2 letzter Satz TROG 2016 sowie hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Änderungen des Flächenwidmungsplanes und der Berichtigung, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[…]1. Zur Zulässigkeit der Anträge:

Mit der Eingabe vom 10.04.2019, eingegangen bei der Baubehörde am 11.04.2019, hat die […] (Bauwerberin) die Baubewilligung für […] den Zubau einer Lagerhalle mit Büro auf dem Grundstück 882/1 KG Fulpmes (Bauplatz) beantragt.

Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Fulpmes vom 23.04.2019, 131-9-361/32-2019, wurde das Bauansuchen wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan ohne weiteres Verfahren abgewiesen, wogegen zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben wurde.

Es ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren beachtlich, welche Widmung der Bauplatz aufweist, da die Widmung des Bauplatzes maßgeblich für die Bewilligungsfähigkeit des gegenständlichen Bauvorhabens ist.

Die vorliegende, berichtigt kundgemachte Änderung des Flächenwidmungsplanes ist daher präjudiziell.

Da ein Versagungsbescheid der Aufsichtsbehörde im Hinblick auf den Beschluss des Gemeinderates zur Änderung des Flächenwidmungsplanes vorliegt, bestehen Bedenken im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit der kundgemachten Änderung des Flächenwidmungsplanes unter der Änderungsnummer 49.

Die Berichtigung der Kundmachung betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes fußt auf §70 TROG 2016, weshalb diese Bestimmung präjudiziell ist. Dies erschließt sich auch aus der Begründung zur Berichtigung, ersichtlich in der Übersicht zum Berichtigungsverfahren 2-310/10055 (Änderungsnummer 50). Dort wird auf die Bestimmung nach §70 Abs1 iVm §67 Abs7 TROG 2016 Bezug genommen, auch wenn – nicht weiter nachvollziehbar – in der mit der Beschwerde vorgelegten Beilage B andere Bestimmungen genannt sind.

Aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2019, G386/2018-12, V78-80/2018-12, bestehen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des §70 TROG 2016, zumindest des §70 Abs1 iVm Abs2 letzter Satz TROG 2016, weshalb auch Bedenken im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit der darauf fußenden, von der Tiroler Landesregierung vorgenommenen berichtigenden elektronischen Kundmachung unter der Änderungsnummer 50 vorliegen.

Zudem bestehen Bedenken im Zusammenhang mit der vorgenommenen berichtigenden elektronischen Kundmachung, da nach dem Wortlaut des Gesetzes (§70 Abs1 TROG 2016) ein Anwendungsfehler keinen Berichtigungstatbestand bildet.

2. In der Sache:

A)

Die Tiroler Landesregierung hat die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes, kundgemacht am 19.03.2019, einem Verfahren zur Berichtigung nach §70 TROG 2016 unterzogen und letztlich eine Berichtigung der elektronischen Kundmachung durchgeführt. Diese erfolgte mit der elektronischen Kundmachung vom 19.04.2019.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12.03.2019, G386/2018-12, V78-80/2018-12, ausgesprochen, dass §69 Abs1, §71 Abs1, §113 Abs1, Abs2, Abs8 und Abs9 sowie die Wendung ', §69, §71' in §113 Abs4 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 – TROG 2016, LGBl für Tirol Nr 101/2016, als verfassungswidrig aufgehoben werden. Zugleich wurde ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31.12.2019 in Kraft tritt.

In diesem Erkenntnis führt der Verfassungsgerichtshof ua wie folgt aus:

'Fällt eine Angelegenheit in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, so wie im gegenständlichen Fall die Angelegenheiten der 'örtlichen Raumplanung' iSd Art118 Abs3 Z9 B-VG, ist nicht bloß die Vorbereitung und der Beschluss eines zu einer solchen Angelegenheit gehörigen Rechtsaktes, sondern auch dessen Erlassung bzw die Veranlassung der Kundmachung dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuzuordnen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans betreffend den Flächenwidmungsplan erst durch die Kundmachung des Rechtsaktes Geltung erlangt und damit die Kundmachung ein untrennbarer Teil des Verfahrens zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes ist.

Bezogen auf die Kompetenz des Art118 Abs3 Z9 iVm Art118 Abs2 B-VG scheidet es demnach aus, dass der Gesetzgeber der Gemeinde bloß die Durchführung des Verfahrens zur Erfassung und die Beschlussfassung hinsichtlich des Flächenwidmungsplanes überträgt, die Kundmachung des von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich beschlossenen Flächenwidmungsplanes hingegen (nicht von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen ist, sondern) von Gesetzes wegen von der Tiroler Landesregierung vorgenommen werden muss.'

Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol treffen diese Überlegungen auch auf die Berichtigung einer Kundmachung der von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich beschlossenen Änderung eines Flächenwidmungsplanes zu. Die gesetzliche Bestimmung, wonach eine derartige Berichtigung durch die Tiroler Landesregierung nach Anhörung der Gemeinde zu erfolgen hat, greift verfassungswidrig in das Recht auf Selbstverwaltung der Gemeinde nach Art118 Abs2 iVm Art112 Abs3 Z9 B-VG ein.

B)

Die Berichtigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes stützt sich auf §70 Abs1 TROG 2016 und daher auf eine verfassungswidrige Bestimmung. Die Änderung der Flächenwidmung des Grundstückes 882/1 KG Fulpmes durch den Beschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde Fulpmes vom 20.12.2018, elektronisch kundgemacht am 19.03.2019, berichtigt elektronisch kundgemacht am 11.04.2019, ist in der berichtigten Fassung vom 11.04.2019 gesetzwidrig, da die Kundmachung vom 11.04.2019 auf Grundlage einer verfassungswidrigen Norm erfolgt ist. Im Fall der beantragten Aufhebung dieser Norm liegt ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip vor.

Wie auf dem Auszug 'Aufsichtsbehördliche Genehmigung' zum Verfahren 2-31/10048 ersichtlich ist, steht die Auswahlmöglichkeit 'Rechtlich postiv Ja' in keinem unmittelbaren EDV-technischen Kontext mit einem allfälligen Versagungsbescheid. Insofern wird davon ausgegangen, dass die Kundmachung der Umwidmung nicht auf einen technisch mangelhaften Betrieb der entsprechenden EDV-Anwendung (eFWP) beruht. Vielmehr muss angenommen werden, dass, obwohl ein Versagungsbescheid erlassen wurde, hier im Rahmen der EDV-Anwendung versehentlich die falsche Einstellung, nämlich 'Rechtlich positiv ja' anstelle 'Rechtlich positiv nein' ausgewählt wurde. Anders als nach §62 Abs4 AVG stellt nach dem Wortlaut des §70 Abs1 TROG 2016 ein Anwendungsfehler keinen Berichtigungstatbestand dar, weshalb die vorgenommene Berichtigung nicht auf diese Bestimmung gestützt werden durfte. Da auch sonst keine Berichtigungsbestimmung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 greift, liegt ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip vor.

Eine Gesetzwidrigkeit der hier in Rede stehenden Änderung des Flächenwidmungsplanes idF der elektronischen Kundmachung vom 19.03.2019 ist deshalb gegeben, da der rechtskräftige Versagungsbescheid vom 04.03.2019 vorliegt. Unabhängig davon, dass seitens der Aufsichtsbehörde ohnehin fristwahrend ein Verbesserungsauftrag erteilt wurde, da im Rahmen des aufsichtsbehördlichen Verfahrens die digitalen Daten im erforderlichen Umfang nicht vollständig vorgelegt wurden, entfaltet dieser – nicht angefochtene – rechtskräftige Versagungsbescheid Rechtswirkung, sodass trotz einer allfälligen Genehmigungsfiktion im Sinn des §71 Abs4 TROG 2016 eine notwendige Voraussetzung für die Kundmachung der Änderung des Flächenwidmungsplanes ausdrücklich nicht gegeben ist. Die Kundmachung erfolgte sohin gesetzwidrig.

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof in der gegenständlichen Fallkonstellation von einer fiktiven aufsichtsbehördlichen Genehmigung im Sinn des §71 Abs4 TROG 2016 ausgeht, ergehen die Eventualanträge Punkte B) 2. und 3."

10. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Fulpmes legte die Verordnungsakten vor und erstattete gemeinsam mit dem Gemeinderat eine Äußerung, in der sie sich den vom Landesverwaltungsgericht Tirol geäußerten Bedenken anschließen.

11. Die Tiroler Landesregierung legte die Akten vor und gab eine Äußerung ab, in der sie beantragt, den Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Tirol in Bezug auf das Verordnungsprüfungsverfahren abzuweisen sowie hinsichtlich des Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend §70 Abs2 letzter Satz TROG 2016 zurückzuweisen. Sie tritt den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im Wesentlichen wie folgt entgegen (ohne die Hervorhebungen im Original):

"II.

Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens hat das Landesverwaltungsgericht Tirol den vorliegenden Gesetzes- und Verordnungsprüfungsantrag gestellt.

a. Der Gesetzesprüfungsantrag bezieht sich auf §70 Abs1 und 2 letzter Satz TROG 2016 in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 101/2016. Es handelt sich dabei um die Wiederverlautbarung des vormaligen Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011, LGBl Nr 56, unter Berücksichtigung der seither erfolgten Novellen, darunter die Novelle LGBl Nr 47/2011, mit der der elektronische Flächenwidmungsplan als EDV-Anwendung und die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes in diesem eingeführt wurden. Nach §69 TROG 2016 oblag die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes der Landesregierung. Korrespondierend sah §70 Abs1 leg.cit. die amtswegige Berichtigung von Fehlern in der elektronischen Kundmachung, die auf einem technisch mangelhaften Betrieb des elektronischen Flächenwidmungsplanes beruhen, ebenfalls durch die Landesregierung vor, und zwar nach Anhörung der betroffenen Gemeinde.

b. Mit Erkenntnis vom 12.03.2019, G386/2018-12, V78-80/2018-12, hat der Verfassungsgerichtshof grundlegende die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes tragende Bestimmungen des TROG 2016 mit Wirkung vom 1. Jänner 2020 an im Wesentlichen deshalb als verfassungswidrig aufgehoben, weil es Art118 Abs3 Z9 B-VG, wonach die örtliche Raumplandung Sache des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ist, erfordert, dass die Kundmachung des Flächenwidmungsplanes unter der rechtlichen Verantwortung eines Gemeindeorganes zu erfolgen hat; dies unbeschadet der dem Gesetzgeber offen stehenden Möglichkeit, die Mitwirkung von Organen des Landes oder anderen externen Einrichtungen bei der faktischen Durchführung der Kundmachung vorzusehen und solcherart ein System der elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne aller Gemeinden zentral (beim Land Tirol) einzurichten.

c. Dieses Erkenntnis war Anlass für eine umfassende Neugestaltung des elektronischen Flächenwidmungsplanes mit der Novelle LGBl Nr 122/2019, die am 1. Jänner 2020 in Kraft getreten ist. Davon abweichend wurde §113 (ArtI Z27) betreffend die bestätigende elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes (s zu ihrer Durchführung im Folgenden) bereits mit 15. November 2019 in Kraft gesetzt, um die Gemeinden in die Lage zu versetzen, ihre noch von der Landesregierung kundgemachten Flächenwidmungspläne rechtzeitig in diesem Sinn bestätigend kundmachen zu können und damit zu verhindern, dass deren Kundmachung vom 1. Jänner 2020 an ihre gesetzliche Grundlage verliert.

Nach §70 Abs1 TROG 2016 in der Fassung dieser Novelle obliegt die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes nunmehr der Gemeinde. Nach §70 Abs6 leg.cit. gilt dies auch für die Berichtigung von Kundmachungsfehlern.

Wie erwähnt wurde, um die Kundmachung der Flächenwidmungspläne (zum Zeitpunkt der Gesetzesaufhebung verfügten bereits alle Gemeinden des Landes Tirol mit Ausnahme der Stadt Innsbruck über elektronisch kundgemachte Flächenwidmungspläne) auf eine verfassungskonforme rechtliche Grundlage zu stellen, im §113 TROG 2016 deren bestätigende elektronische Kundmachung vorgesehen. Auf das Wesentliche zusammengefasst hatte die Landesregierung den Gemeinden zu diesem Zweck eine Aufstellung aller bis zum 15. November 2019 erfolgen Kundmachungen (erstmalige elektronische Kundmachung und Folgekundmachungen) zur Verfügung zu stellen, die von der Gemeinde zu prüfen und längstens bis zum 20. Dezember 2019 durch Beschluss des Gemeinderates zu bestätigen waren. Dies in einem mit dem Beschluss über die bestätigende elektronische Kundmachung, welche unverzüglich nach der Beschlussfassung hierüber derart zu erfolgen hatte, dass die der betreffenden Aufstellung zugrunde liegenden Daten vom Bürgermeister im elektronischen Flächenwidmungsplan zur Abfrage freigegeben werden, und zwar korrespondierend mit dem bisher bereits elektronisch kundgemachten Flächenwidmungsplan, der weiter dauerhaft zur Abfrage bereit zu halten ist (vgl im Einzelnen die Abs2 lita, 3 und 4 lita leg.cit). Abweichendes galt nur für jene (zwei) Gemeinden, deren elektronisch kundgemachte Flächenwidmungspläne vom Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf das in Rede stehende Erkenntnis als gesetzwidrig aufgehoben wurde (vgl diesbezüglich im Einzelnen die Abs2 litb, 3 und 4 litb leg.cit.).

Die bestätigende elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Fulpmes ist am 21.11.2019 erfolgt, sodass ihr Flächenwidmungsplan nach §113 Abs5 TROG 2016 vom 22.11.2019 an in seiner bestätigend elektronisch kundgemachten Fassung anzuwenden ist.

d. Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol lässt sich wie folgt zusammenfassen:

?   Der vormalige §70 Abs1 und 2 letzter Satz TROG 2016 sei als Rechtsgrundlage für die noch von der Landesregierung erfolgte Berichtigung der Kundmachung präjudiziell und aus den im dargelegten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2019 Gründen ebenso wie die mit diesem Erkenntnis bereits aufgehobenen Bestimmungen dieses Gesetzes verfassungswidrig. Damit verliere die erfolgte Berichtigung ihre gesetzliche Deckung, womit ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip vorliege.

?   Die Berichtigung sei überdies aber durch §70 TROG 2016 gesetzlich nicht gedeckt gewesen, weil kein technisch mangelhafter Betrieb der EDV-Anwendung des elektronischen Flächenwidmungsplanes vorgelegen habe, sondern ein Eingabe- bzw Anwendungsfehler. Es sei nämlich im elektronischen Flächenwidmungsplan die Auswahlmöglichkeit 'Rechtlich positiv Ja' statt richtig 'Rechtlich positiv Nein' gewählt worden, die in keinem unmittelbaren EDV-technischen Kontext mit einem allfälligen Versagungsbescheid stehe, und infolge dessen die Kundmachung generiert worden.

?   In diesem Zusammenhang wird noch die Frage releviert, ob nicht Genehmigungsfiktion nach §71 Abs4 TROG 2016, LGBl Nr 101/2016, eingetreten ist (Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung wegen nicht erfolgter Versagung derselben binnen sechs Wochen), worauf jedoch nicht näher einzugehen ist, weil das Landesverwaltungsgericht zum einen selbst davon ausgeht, dass dies zum einen im Hinblick auf einen aufsichtsbehördlich erteilten Verbesserungsauftrag nicht der Fall sei und zum anderen der nicht angefochtene rechtskräftige Versagungsbescheid jedenfalls rechtswirksam sei und somit trotz einer allfälligen Genehmigungsfiktion eine notwendige Voraussetzung für die Kundmachung der Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht gegeben sei.

Nach Ansicht der Landesregierung trifft dies zu, weshalb im Folgenden auf die beiden vom Landesverwaltungsgericht ausdrücklich unter Bezugnahme auf diese Fallkonstellation gestellten Eventualanträge nicht näher eingegangen wird.

III.

Voraussetzung für die Zulässigkeit des hier auf Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Tirol initiierten Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahrens ist nach §62 Abs2 bzw §57 Abs2 VfGG die Präjudizialität der von diesem umfassten Gesetzes- oder Verordnungsbestimmungen im Anlassverfahren (Beschwerdeverfahren).

a. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung trifft die Rechtsmeinung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu, wonach die Präjudizialität des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Fulpmes hinsichtlich des Grundstückes Nr 882/1 KG Fulpmes (wenngleich aufgrund eines offenkundigen Schreibfehlers im Antrag selbst vom Grundstück Nr 881/2 die Rede ist) deshalb vorliegt, weil dessen Widmung im Beschwerdeverfahren maßgebend für die Bewilligungsfähigkeit des gegenständlichen Bauvorhabens ist.

b. Wie eingangs unter Punkt I dargelegt, geht die aktuelle Widmung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes als Bauland Mischgebiet/Kerngebiet nach §40 Abs3 TROG 2016 auf die in der elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes unter der Änderungsnummer 50 erfolgte Berichtigung zurück, die auf der Grundlage des vormaligen §70 Abs1 TROG 2016, LGBl Nr 101/2016, erfolgt ist. Die Präjudizialität dieser Gesetzesbestimmung scheint gegeben, weil sich dies über die im Anlassverfahren anzuwendende Verordnung hinaus auch auf die maßgebenden Verordnungsermächtigungen bzw gesetzlichen Grundlagen der betreffenden Verordnung erstreckt (Rohregger in Korinek/Holoubek ua, [Hg] Österreichisches Bundesverfassungsrecht [2003] Art140 B-VG Rz 127; vgl weiters Schäffer/Kneihs in Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [2017] Art140 B-VG Rz 53; Fuchs/Kneihs in Eberhard ua [Hg], VfGG [2019] §62 VfGG Rz 12; Kunesch, Präjudizialität in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes [2018] 151 ff).

c. Hinsichtlich des Abs2 letzter Satz des §70 TROG 2016 ist die Präjudizialität vorweg schon deshalb nicht gegeben, weil die Berichtigung der elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes abschließend im Abs1 leg.cit. geregelt ist. Die Abs2 und 3 leg.cit. regeln hingegen ausschließlich die neuerliche elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes (rechtstechnisch als eine Art Wiederverlautbarung), was vorliegend nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

d. Zusammenfassend geht die Tiroler Landesregierung daher davon aus, dass das Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des §70 Abs1 TROG 2016, LGBl Nr 101/2016, zulässig, hinsichtlich des §70 Abs2 letzter Satz leg.cit. hingegen unzulässig ist. Die Tiroler Landesregierung geht weiters davon aus, dass das Verordnungsprüfungsverfahren hinsichtlich des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Fulpmes, soweit dieser die Widmung des Grundstückes Nr 882/1 KG Fulpmes als Bauland Mischgebiet/Kerngebiet nach §40 Abs3 TROG 2016 vorsieht, zulässig ist.

IV.

a. In der Sache selbst dürfte die Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zutreffend sein, wonach jene Gründe, die nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2019, G386/2018-12, V78-80/2018-12, für die Aufhebung wesentlicher die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes tragender Bestimmungen des TROG 2016, LGBl Nr 101/2016, maßgebend waren, auch auf dessen §70 Abs1 zutreffen (vgl oben Punkt II.b.). Auch dürfte diese Bestimmung, der durch die am 1. Jänner 2020 in Kraft getretene TROG-Novelle, LGBl Nr 122/2019, derogiert worden ist, weiterhin Prüfmaßstab für die verfahrensgegenständliche Widmungsfestlegung sein (vgl Schäffer/Kneihs in Rill-Schäffer Art140 B-VG Rz 28, 40 und 75; Rohregger in Korinek/Holoubek ua Art140 B-VG Rz 43 ff; sowie Aichlreiter in Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [2001] Art139 B-VG Rz 9, 17).

Im Hinblick darauf, dass diese Gesetzesbestimmung unbeschadet dessen aber außer Kraft getreten ist, kommt gegebenenfalls nur mehr die Feststellung nach Art140 Abs4 B-VG, wonach diese verfassungswidrig war, in Betracht (statt vieler Rohregger in Korinek/Holoubek ua Art140 B-VG Rz 46).

Auch berührt der Umstand, dass die vorliegend vorgenommene Berichtigung basierend auf §70 Abs1 TROG 2016, LGBl Nr 101/2016, noch von der Landesregierung statt unter der rechtlichen Verantwortung des Gemeinderates vorgenommen wurde, aktuell nicht deren Gesetzmäßigkeit. Wie oben unter Punkt II.c. dargelegt, wurde nämlich mit der bestätigenden elektronischen Kundmachung (hier) des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Fulpmes durch den Gemeinderat in seiner am 15. November 2019 bestandenen Fassung entsprechend der Novelle LGBl Nr 122/2019 zum TROG 2016 für dessen Kundmachung eine neue, der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen. Die Kundmachung des gesamten Flächenwidmungsplanes in der am 15. November 2019 bestandenen Fassung und damit auch der vorliegend gegenständlichen Berichtigung, die am 11. April 2019 und sohin vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist, gründet im TROG 2016 in der Fassung dieser Novelle, konkret in dessen §113.

b. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung nicht zutreffend ist dagegen die Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, wonach die Landesregierung mit der vorliegend vorgenommenen Berichtigung ihre Berichtigungsbefugnis überschritten habe; dies aus folgenden Gründen nicht:

Der Bescheid über die Erteilung oder Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung einer Änderung des Flächenwidmungsplanes wird im elektronischen Flächenwidmungsplan erstellt, über den die Abwicklung des gesamten Verfahrens erfolgt. Dabei wird wie folgt vorgegangen:

Im Fall der Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, was vorliegend der Fall ist, wird auf der Benutzeroberfläche im Drop-down-Feld 'Rechtlich positiv' die Option 'nein' ausgewählt. In der Folge wird im elektronischen Flächenwidmungsplan automationsunterstützt ein Versagungsbescheid generiert, in den nur die Begründung und der Name des Genehmigenden händisch einzufügen sind (für die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung würde umgekehrt die Option 'ja' ausgewählt und in der Folge ein Genehmigungsbescheid automationsunterstützt generiert). Dieser Bescheid wird sodann als Entwurf gespeichert und im elektronischen Flächenwidmungsplan als PDF-Datei hochgeladen. In der Folge wird der Vorgang auf Sachbearbeiterebene abgeschlossen, indem der Befehl hierzu eingegeben wird; dies mit der Wirkung, dass auf dieser Ebene weitere Änderungen nicht mehr vorgenommen werden können (vorliegend wurde der Entwurf des Versagungsbescheides am 04.03.2019 hochgeladen, abgeschlossen wurde der Vorgang auf Sachbearbeiterebene am 14.03.2019). In der Zwischenzeit – und hierin liegt ein Fehler der EDV-Anwendung, der aus Anlass des vorliegenden Falles erkannt wurde und dementsprechend behoben wird – ist jedoch das Drop-down-Feld 'Rechtlich positiv' nicht gesperrt, sodass dieses vorliegend von 'nein' auf 'ja' geändert werden konnte und auch wurde. Ob dies nun aufgrund einer versehentlichen Eingabe oder aufgrund einer (weiteren) EDV-technischen Fehlfunktion geschehen ist, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Für letztere Annahme spricht, dass ein entsprechender nachträglicher Eingabefehler logisch nicht erklärbar ist, müsste hierzu doch ohne ersichtlichen Grund – schließlich ist der Entwurf des Versagungsbescheides im elektronischen Flächenwidmungsplan ja bereits vorhanden – das erwähnte Drop-down-Feld grundlos nochmals geöffnet und darin die grundlegende Entscheidungsprämisse von richtig 'nein' auf unzutreffend 'ja' abgeändert werden, was kaum zugesonnen werden kann. Wird dieser Widerspruch, nämlich dass ungeachtet der Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung – was vorliegend der Fall war – die Einstellung 'Rechtlich positiv – ja' vorliegt, auch bei der Genehmigung des Versagungsbescheides im elektronischen Flächenwidmungsplan nicht erkannt und dementsprechend nicht berichtigt, so wird zwar der Versagungsbescheid richtigerweise der Gemeinde elektronisch zugestellt (gegenständlich am 18.03.2019), die Unrichtigkeit der (vermeintlich) positiven rechtlichen Beurteilung jedoch vom System nicht erkannt. In jener Programmversion des elektronischen Flächenwidmungsplanes, der wie vorliegend noch die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes durch die Landesregierung zugrunde lag, wurde in der Folge, obwohl der Änderung des Flächenwidmungsplanes die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt und der Versagungsbescheid der Gemeinde zugestellt wurde, (fehlerhaft) vom EDV-System deren elektronische Kundmachung generiert und am Deckblatt aus der Geschäftszahl und Fertigstellungsdatum des Versagungsbescheides (sic!) ein positiver Genehmigungsvermerk generiert (Änderungsnummer 49 laut der elektronischen Kundmachung).

Auf diese Weise wurde der im Bescheid über die Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung unzweifelhaft zum Ausdruck gebrachte behördliche Wille durch die Kundmachung der Änderung des Flächenwidmungsplanes, welche nicht erfolgen hätte dürfen, ins Gegenteil verkehrt, und zwar – wie geschildert – jedenfalls wesentlich durch den technisch mangelhaften Betrieb des elektronischen Flächenwidmungsplanes als EDV-Anwendung (vgl auch VwGH 24.09.1997, 95/12/0269; 26.05.2010, 2009/08/0249 und 09.09.2010, 2006/20/0446, zum ähnlichen, wenngleich strenger gefassten, weil auf den 'ausschließlich' technisch mangelhaften Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage abstellenden entsprechenden Berichtigungstatbestand nach §62 Abs4 AVG, demnach der Verfälschung des Behördenwillens durch den mangelhaften Betrieb der EDV-Anlage zentrale Bedeutung für die Zulässigkeit – dort einer Bescheidberichtigung – zukommt).

Es ist zu erwähnen, dass ein solcher Fehler außer im Anlassverfahren bisher nie vorgekommen ist; dies ungeachtet der großen Anzahl der im elektronischen Flächenwidmungsplan bereits abgewickelten Verfahren (aktuell mehr als 5.000).

Aus den dargelegten Gründen ist die in der elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Fulpmes unter Änderungsnummer 50 erfolgte Berichtigung der Kundmachung nach Ansicht der Tiroler Landesregierung entgegen der Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes vom hier maßgebenden vormaligen §70 Abs1 TROG 2016, LGBl Nr 101/2016, gesetzlich gedeckt und damit zu Recht erfolgt."

12. Die mitbeteiligte Partei und Beschwerdeführerin vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol anschließt und darüber hinaus inhaltliche Bedenken gegen §70 Abs1 TROG 2016 und die Berichtigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes vom 11. April 2019 vorbringt.

13. Mit Mitteilung vom 23. Juli 2019 berichtigte das Landesverwaltungsgericht Tirol den Hauptantrag und den ersten Eventualantrag hinsichtlich des Verordnungsprüfungsverfahrens dahingehend, dass der Beschluss des Gemeinderates vom 20. Dezember 2018 (und nicht der vom 22. Dezember 2018) gemeint sei. Der Beschluss sei bei den Ausführungen unter "Sachverhalt" richtig bezeichnet worden. Mit weiterer Mitteilung vom 20. Jänner 2020 ersuchte das Landesverwaltungsgericht Tirol zu berücksichtigen, dass sich die Anträge hinsichtlich des Verordnungsprüfungsverfahrens auf das Grundstück Nr 882/1 (und nicht auf das Grundstück Nr 881/2), KG Fulpmes bezögen. Es handle sich bei der falschen Angabe offensichtlich um einen Zahlensturz, und das Grundstück sei in den inhaltlichen Ausführungen richtig bezeichnet worden.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Während des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof wurde – in Folge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 20.318/2019 – der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Fulpmes in seiner am 15. November 2019 geltenden Fassung ? somit unter Berücksichtigung der in Rede stehenden, berichtigten Änderung des Flächenwidmungsplanes betreffend das Grundstück Nr 882/1, KG Fulpmes ? gemäß §113 Abs1 TROG 2016 idF LGBl 122/2019 vom Gemeinderat der Marktgemeinde Fulpmes mit Beschluss vom 19. November 2019 bestätigt. Dieser Beschluss wurde am 21. November 2019 bestätigend elektronisch kundgemacht.

1.3. Gemäß §113 Abs5 TROG 2016 idF LGBl 122/2019 ist der Flächenwidmungsplan mit Ablauf des Tages, an dem die bestätigende elektronische Kundmachung zur Abfrage freigegeben wird, in seiner bestätigend elektronisch kundgemachten Fassung anzuwenden.

1.4. Die bestätigende elektronische Kundmachung bewirkt sohin, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol im Sinne des §57 Abs4 VfGG die Änderung des Flächenwidmungsplanes in der Fassung der durch die Landesregierung gemäß §70 Abs1 TROG 2016 idF LGBl 101/2016 berichtigten elektronischen Kundmachung vom 11. April 2019, auf die sich seine Bedenken beziehen, nicht mehr anzuwenden hat (vgl VfSlg 16.136/2001, 18.487/2008). Dies gilt gleichermaßen für §70 Abs1 TROG 2016 idF LGBl 101/2016 als frühere gesetzliche Grundlage dieser – nicht mehr präjudiziellen – Verordnung (vgl §62 Abs4 VfGG). Es ist somit ausgeschlossen, dass §70 Abs1 TROG 2016 idF LGBl 101/2016 als eine Voraussetzung für die Entscheidung des antragstellenden Gerichtes noch in Betracht kommt.

1.5. Wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol mit seinem Hauptantrag im Gesetzesprüfungsverfahren auch die Aufhebung des §70 Abs2 letzter Satz TROG 2016 idF LGBl 101/2016 (bzw mit seinem Eventualantrag die Aufhebung des gesamten Abs2 leg. cit. und des Abs3 leg. cit.) begehrt, übersieht es, dass §70 Abs2 TROG 2016 idF LGBl 101/2016 im zugrunde liegenden Verfahren nicht anzuwenden ist: Denn während §70 Abs1 TROG 2016 idF LGBl 101/2016 die – hier relevante – Berichtigung von Fehlern in der elektronischen Kundmachung des Flächenwidmungsplanes regelt, normiert Abs2 leg. cit. die – hier irrelevante – elektronische Neukundmachung des Flächenwidmungsplanes. Gleiches gilt sinngemäß für Abs3 leg. cit.

1.6. §70 Abs2 und 3 TROG 2016 idF LGBl 101/2016 ist somit nicht präjudiziell.

1.7. Auf die Eventualanträge im Verordnungsprüfungsverfahren ist nicht weiter einzugehen, weil mit diesen nur Teile der mit dem unzulässigen Hauptantrag bekämpften Bestimmungen angefochten werden.

1.8. Der Antrag ist daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnung Kundmachung, VfGH / Gerichtsantrag, Eventualantrag, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:G174.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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