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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1995, Zl. 4.322.963/9-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der am 15. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 17. September 1991 den Asylantrag gestellt hat, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, beim Beschwerdeführer lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1993 wies die belangte Behörde die dagegen eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Dieser Bescheid wurde aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde mit hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/19/0587, im Hinblick auf die - durch die Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94 - geänderte Rechtslage aufgehoben.
Nach der dem Beschwerdeführer gebotenen Gelegenheit, seine Berufung zu ergänzen, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. Februar 1995 die Berufung neuerlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 19. September 1991 zu seinen Fluchtgründen folgendes ausgeführt:
"Ich war nie Mitglied einer politischen Partei oder Organisation. Ich bin nicht aus politischen, oder aus Gründen der Rasse oder Nationalität geflüchtet.
Ich hatte ausschließlich religiöse Gründe für meine Flucht.
Ich bin gläubiger Christ und beschäftige mich mit der Bibel noch intensiver als ein Katholik. Mein Vater ist Mitglied einer religiösen Gemeinschaft namens XY und ist am 27.5.1991 verstorben.
Da mein Vater keine anderen Söhne hinterläßt, erwartet diese Gemeinschaft, daß ich als Nachfolger meines Vaters dieser Gemeinschaft beitrete. Zum Zeichen des Beitritts zu dieser Gemeinschaft der XY müßte ich einen Teil der Zunge und einen Teil des Gliedes essen. Diese Prozedur findet vor der Bestattung der Leiche statt. Auch die anderen Mitglieder dieser Gemeinschaft essen ein Stück von diesen Körperteilen.
Als praktizierender Christ bin ich mit dieser Vorgangsweise niemals einverstanden und bin dem Begräbnis am 1.6.1991 ferngeblieben.
Die Gesellschaft XY versucht nun meiner habhaft zu werden und würde mich töten."
In seiner Berufung fügte der Beschwerdeführer dem hinzu, daß viele Mitglieder der lokalen Regierung sowie der Polizei ebenfalls dieser "Religion" anhingen und er daher von diesen Stellen keinen Schutz erwarten könne. In seiner Berufungsergänzung führte der Beschwerdeführer aus, die von ihm dargestellten Verfolgungshandlungen (von Mitgliedern der "XY"-Bewegung) seien zumindest vom Staat geduldet. Darüber hinaus enthält dieser Schriftsatz lediglich ein Vorbringen betreffend die Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in sein Heimatland.
Gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 hat der Bundesminister für Inneres über eine zulässige Berufung in jedem Fall in der Sache selbst zu entscheiden und seiner Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat der Bundesminister für Inneres eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen, wenn es mangelhaft war, der Asylwerber Bescheinigungsmittel vorlegt, die ihm im Verfahren vor dem Bundesasylamt nicht zugänglich waren, oder wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung erster Instanz zugrunde gelegt wurde, in der Zwischenzeit geändert hat.
Im vorliegenden Fall wurde weder in der Berufung und deren Ergänzung noch in der Beschwerde eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens vorgebracht. Eine solche kann auch dem Inhalt der Verwaltungsakten nicht entnommen werden. Da auch kein anderer der Fälle des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorliegt, hatte die belangte Behörde ihrer Entscheidung nur das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen.
Unter Heranziehung des oben wiedergegebenen Vorbringens des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren als zentrale Entscheidungsgrundlage kann der Ansicht der belangten Behörde, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Übergriffe von Mitgliedern der "XY-Bewegung" nicht als vom Staat initiierte oder geduldete Verfolgungshandlungen anzusehen seien, nicht entgegengetreten werden, hat doch der Beschwerdeführer hiebei weder behauptet, daß es sich bei dieser Bewegung um eine dem Staat zuzurechnende Organisation handelt, noch daß staatliche Stellen nicht gewillt oder nicht in der Lage seien, derartige Übergriffe zu unterbinden.
Wie dargetan, war ein Eingehen der belangten Behörde auf das zusätzliche Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung und deren Ergänzung nicht erforderlich. Es könnte somit keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen gar nicht auseinandergesetzt hätte. Die Tatsache, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dennoch darauf eingegangen ist, vermag den Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht zu verletzen. Auf das Beschwerdevorbringen zu den Ausführungen der belangten Behörde zum Vorbringen in der Berufung und deren Ergänzung braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Insgesamt erweist sich somit die Beurteilung der vorliegenden Asylsache durch die belangte Behörde als frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995010323.X00Im RIS seit
20.11.2000