TE Vwgh Beschluss 2021/9/2 Ra 2021/19/0218

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Veröffentlicht am 02.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, in der Revisionssache des M A A M, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das am 29. April 2021 mündlich verkündete und am 28. Juni 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W128 2234966-1/19E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 16. Jänner 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er in seinem Herkunftsstaat aus seinem Haus vertrieben worden und aus Angst um sich und seine Kinder in die Türkei geflüchtet sei. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 23. Juni 2020 gab er weiters an, dass ihm im Fall einer Rückkehr asylrelevante Verfolgung drohe, weil er durch seine Ausreise dem Militärdienst entgangen sei.

2        Mit Bescheid vom 7. August 2020 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem in Revision gezogenen, am 29. April 2021 verkündeten und am 28. Juni 2021 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend führte das BVwG aus, dem Revisionswerber sei es nicht gelungen, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat sei er weder der Gefahr ausgesetzt, als Reservist von der syrischen Armee eingezogen zu werden, noch drohe ihm aufgrund einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung eine asylrelevante Verfolgung durch die syrische Armee.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        In ihrer Zulässigkeitsbegründung wendet sich die Revision gegen einzelne Feststellungen des BVwG und damit inhaltlich gegen die Beweiswürdigung des BVwG. Zudem bringt sie vor, das BVwG habe es unterlassen, nähere Recherchen zur Durchführung von Einberufungen zur syrischen Armee vorzunehmen.

9        Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 8.7.2021, Ra 2021/19/0151, mwN).

10       Im vorliegenden Fall verschaffte sich das BVwG im Zuge der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber und setzte sich mit seinem Fluchtvorbringen auseinander. In der Beweiswürdigung legte es im Einzelnen offen, aufgrund welcher Überlegungen es den geltend gemachten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zuerkennen konnte, und führte in diesem Zusammenhang aus, worin es Widersprüche in den Ausführungen des Revisionswerbers erblickte. Insbesondere habe der Revisionswerber sein Fluchtvorbringen mehrfach gesteigert, indem er einerseits in der mündlichen Verhandlung erstmals von einer schlepperunterstützten Ausreise aus Syrien berichtet habe und andererseits seine Furcht vor einer Einberufung in die syrische Armee erst nach der Erstbefragung erwähnt habe. Dem auch in der Revision wiederholten Argument des Revisionswerbers, er hätte die Frage, ob er „legal“ aus Syrien ausgereist sei, falsch verstanden, hielt das BVwG entgegen, dass die Einvernahme vor dem BFA dem Revisionswerber rückübersetzt worden sei. Ebenso legte das BVwG anhand von Länderberichten dar, dass der Revisionswerber nicht Gefahr laufe, im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eingezogen zu werden, da er weder im wehrdienstfähigen Alter sei noch über besondere Qualifikationen, die trotz seines Alters zu einer Einberufung führen könnte, verfüge.

11       Angesichts der ausführlichen Würdigung des Vorbringens durch das BVwG ist nicht zu erkennen, dass die vorgenommene Beurteilung fallbezogen unvertretbar wäre. Soweit die Revision vorbringt, das BVwG habe keine Recherchen zu den Rahmenbedingungen von Einberufungen in Syrien durchgeführt, ist ihr zu entgegnen, dass die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. erneut VwGH Ra 2021/19/0151, mwN). Eine solche Darlegung ist den allgemein gehaltenen Ausführungen der Revision allerdings nicht zu entnehmen.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 2. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021190218.L00

Im RIS seit

23.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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