TE Vwgh Beschluss 1997/1/29 96/01/0990

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Veröffentlicht am 29.01.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über den Antrag des N in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 96/01/0332 eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. September 1995, Zl. 4.345.206/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. September 1995 wurde dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 28. Mai 1996, zugestellt am 15. Juli 1996, zur Verbesserung durch Anschluß einer Beschwerdeausfertigung für die belangte Behörde binnen zwei Wochen zurückgestellt. Mit Beschluß vom 25. September 1996, Zl. 96/01/0332, wurde das Verfahren über diese Beschwerde gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG eingestellt, weil der Schriftsatz, mit welchem die Ausfertigung der Beschwerde vorgelegt wurde, erst am 30. Juli 1996, sohin einen Tag nach Ablauf der eingeräumten Frist, zur Post gegeben und dem Verbesserungsauftrag somit nicht rechtzeitig entsprochen wurde. Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdevertreter am 22. Oktober 1996 zugestellt.

Im vorliegenden, am 5. November 1996 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag bringt der Beschwerdeführer vor, daß der Mängelbehebungsschriftsatz am letzten Tag vor Ablauf der Frist ausgefertigt, unterschrieben und vom zuständigen Sachbearbeiter in die Kanzlei gegeben worden sei, "damit er wie alle anderen Schriftstücke zur Post gebracht werden kann". Aus einem nicht mehr nachzuvollziehenden Grund sei der Schriftsatz jedoch nicht mehr am gleichen Tag, sondern erst am nächsten Tag zur Post gebracht worden.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antrag jedenfalls Angaben zu seiner Rechtzeitigkeit zu enthalten.

Aus dem Vorbringen, wonach der innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des Einstellungsbeschlusses erhobene Wiedereinsetzungsantrag "binnen offener Frist" gestellt werde, ergibt sich (gerade noch) mit ausreichender Deutlichkeit, daß dem Beschwerdeführer die verspätete Absendung des Mängelbehebungsschriftsatzes erst durch die Zustellung des Einstellungsbeschlusses bekannt und der Wiedereinsetzungsantrag daher auf Grundlage dieser Behauptung rechtzeitig erhoben wurde.

Dem Antrag kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Rechtsvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen. Wenn einem Angestellten des Rechtsvertreters im Zusammenhang mit der Einhaltung einer Frist ein Fehler unterläuft, hat das die Partei selbst nur dann nicht zu vertreten, wenn ihr Rechtsvertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten nachgekommen ist. Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt jedoch ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verläßlichen Kanzleikraft überlassen. Ein Rechtsanwalt mit einem ordnungsmäßigen Kanzleibetrieb darf sich im allgemeinen, solange er nicht durch Fälle von Unzuverlässigkeit zu persönlicher Aufsicht und zu Kontrollmaßnahmen genötigt wird, darauf verlassen, daß sein Kanzleipersonal derartige Vorgänge selbständig erledigt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 656 ff zitierte Rechtsprechung).

Der Begründung des vorliegenden Wiedereinsetzungsantrages ist jedoch nicht zu entnehmen, wie und durch wen die Abfertigung und Postaufgabe von ausgefertigten und unterschriebenen Schriftstücken in der Kanzlei des Vertreters des Antragstellers üblicherweise durchgeführt werden. Es ergibt sich auch nicht, wer diese Arbeiten an jenem Tag verrichtete, an dem der Mängelbehebungsschriftsatz zur Post gegeben hätte werden sollen, und ob es sich hiebei um eine ansonsten verläßliche Kanzleikraft gehandelt hat.

Der Antragsteller hat daher das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes im Sinne der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreichend behauptet. Da das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen jedoch nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers abgesteckt wird (vgl. die bei Dolp, a. a.O., S. 665 zitierte hg. Rechtsprechung), konnte dem Antrag bereits mangels ausreichenden Antragsvorbringens nicht stattgegeben werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996010990.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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