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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
VwGG §31 Abs1 Z4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des S H in D, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, betreffend Ablehnung der Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, des Hofrates Mag. Eder und der Hofrätin Mag. Rossmeisel, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. August 2021, Ra 2021/20/0247, wurde die außerordentliche Revision des Antragstellers gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen, da in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen worden waren, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zugekommen wäre. Dieser Beschluss wurde in einem Senat bestehend aus der Vorsitzenden Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, dem Hofrat Mag. Eder und der Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, getroffen.
2 Mit Schriftsatz vom 30. August 2021 stellt der Antragsteller nun einen Befangenheitsantrag und einen „Antrag auf Neudurchführung der Verhandlung und Entscheidung“ betreffend die Rechtssache, die mit dem vorerwähnten Beschluss entschieden wurde.
3 In seinem Befangenheitsantrag führt der Antragsteller aus, der vorerwähnte Beschluss sei aus der Sicht der Revisionsvertreterin „nach den Kriterien des Staatshaftungsrechts denkunmöglich“ und begründe damit Befangenheit „der drei Entscheidungsträger“. Nach dem Urteil Sufi und Elmi des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte habe bei offenkundig drohender Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK vor der abschließenden Entscheidung von jeder staatlichen Behörde oder jedem staatlichen Gericht eine Aktualitätsprüfung stattzufinden. Es sei am 4. August 2021 klar gewesen, dass es keine innerstaatliche Fluchtalternative und damit keine Rückkehrentscheidung nach A gäbe. Der Verwaltungsgerichtshof könne sich damit auch nicht auf den Stichtag 18. Februar 2021 (Datum der mit der Revision angefochtenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes) berufen „und einen hier bestens integrierten Lehrling offenkundig ins Messer der T laufen lassen.“ Der Verfassungsgerichtshof habe mit Beschluss von 18. August 2021, E 3115/2021-4, [in einem anderen Verfahren] aufschiebende Wirkung zuerkannt und in der Pressemitteilung dazu ausgeführt, dass nicht zu erkennen sei, dass mittelfristig eine Abschiebung nach A in Betracht komme. Es werde „daher die Befangenheit der drei mitwirkenden Richter des Senates 20 geltend gemacht wegen Verstoßes gegen Grundwerte der Republik und der Union, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention“.
4 § 31 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 58/2018 (VwGG), lautet:
„Befangenheit
§ 31. (1) Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer haben sich unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten
[...]
4. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.
(2) Aus den im Abs. 1 angeführten Gründen können Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf Abs. 1 Z 4, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen. [...]“
5 Das Wesen der Befangenheit besteht nach der ständigen Rechtsprechung in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motive hindeuten, wobei das Gesetz eine substantiierte Begründung des geltend gemachten Ablehnungsgrundes fordert (vgl. etwa VwGH 23.2.2018, 2018/03/0001). Diese Glaubhaftmachung muss die persönlichen Umstände und Interessen sowie das persönliche Verhalten des abgelehnten Mitgliedes des Verwaltungsgerichtshofes betreffen (vgl. etwa VwGH 20.6.2002, 2002/18/0131). Der Umstand, dass eine Partei eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Entscheidung des Gerichtshofs für unrichtig hält, bildet keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit der am Zustandekommen dieser Entscheidung mitwirkenden Richter im Sinne des § 31 Abs. 1 Z 5 [nunmehr: Z 4] VwGG im Fall der Behandlung einer Eingabe derselben Partei (vgl. VwGH 8.9.2011, 2011/03/0166).
6 Die oben zitierte Begründung des Befangenheitsantrags stellt lediglich darauf ab, dass die - nicht namentlich genannten - „drei mitwirkenden Richter des Senates 20“ nach Ansicht des Antragstellers eine inhaltlich unrichtige Entscheidung getroffen hätten.
7 Damit gelingt es dem Antragsteller nicht, maßgebliche Umstände für das Vorliegen der in § 31 Abs. 1 Z 4 VwGG angeführten sonstigen wichtigen Gründe glaubhaft zu machen, die geeignet wären, in die volle Unbefangenheit der genannten Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes Zweifel zu setzen.
8 Dem Ablehnungsantrag war daher gemäß § 31 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am 6. September 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:SO2021030013.X00Im RIS seit
22.09.2021Zuletzt aktualisiert am
03.11.2021