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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §18 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des E S in K, vertreten durch Mag. Clemens Lahner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juni 2021, W201 2176124-1/17E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der aus Afghanistan stammende Revisionswerber, den Paschtunen und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam zugehörig, stellte - nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet und nachdem ihm am 14. Juli 2016 die Einreise in Deutschland verweigert worden war - am 15. Juli 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag zunächst mit Bescheid vom 28. Dezember 2016 wegen der Zuständigkeit Ungarns, über das vom Revisionswerber gestellte Asylbegehren zu entscheiden, zurück und erließ eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005. Dieser Bescheid wurde vom Bundesverwaltungsgericht über Beschwerde des Revisionswerbers behoben, weil infolge des zwischenzeitig erfolgten Ablaufes der Überstellungsfrist gemäß der Dublin III-Verordnung die Zuständigkeit auf Österreich übergegangen war.
3 In der Folge wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den vom Revisionswerber gestellten Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 6. Oktober 2017 ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Gemäß § 41 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt (§ 42 Abs. 2 Z 2 und 3 VwGG), das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2 VwGG) zu überprüfen.
9 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit geltend gemacht, dem Bundesverwaltungsgericht sei vorzuwerfen, dass es den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe und seiner Begründungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 8.7.2021, Ra 2021/20/0240, mwN).
11 Weiters unterliegt die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Ermittlungspflicht von Amts wegen weitere Ermittlungsschritte setzen muss, einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 16.10.2020, Ra 2020/20/0344, mwN).
12 Vor diesem rechtlichen Hintergrund gelingt es der Revision nicht darzutun, dass dem Bundesverwaltungsgericht vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Mängel vorzuwerfen wären. Zunächst belässt es die Revision - im Besonderen auch mit Blick auf das Fluchtvorbringen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung, wonach im Asylverfahren dem Vorbringen des Asylwerbers zentrale Bedeutung zukommt und die nach § 18 Abs. 1 AsylG 2005 dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht auferlegte Pflicht nicht bedeutet, dass ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jeglicher denkbarer Lebenssachverhalt ergründet werden müsste, etwa VwGH 3.7.2020, Ra 2019/14/0608, mwN) - im Dunklen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht gehalten gewesen wäre, weitere amtswegige Ermittlungen anzustellen. Soweit sich der Revisionswerber darauf beruft, das Verwaltungsgericht hätte näher prüfen müssen, ob für ihn im Heimatland eine Gefährdung wegen eines auf ihn zutreffenden Risikoprofils bestehe, blendet er aus, dass seinem Fluchtvorbringen kein Glauben geschenkt wurde. Dem weiteren Revisionsvorbringen, das nicht von den im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Feststellungen ausgeht, sondern auf der eigenen Prämisse aufbaut, ist somit der Boden entzogen.
13 Soweit der Revisionswerber die Ansicht vertritt, das Bundesverwaltungsgericht hätte weitergehende Erhebungen zu seiner „psychisch instabilen Verfassung“ und einer daraus resultierenden besonderen Vulnerabilität durchführen müssen, legt der Revisionswerber gleichfalls nicht dar, weshalb das Bundesverwaltungsgericht von der Notwendigkeit weiterer amtswegiger Ermittlungen hätte ausgehen müssen. Es wird aber auch die Relevanz solcher Erhebungen nicht aufgezeigt, weil nicht dargetan wird, welche konkreten Feststellungen im Fall weiterer Nachforschungen zu treffen gewesen wären und weshalb das Bundesverwaltungsgericht anhand dieser zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 8. September 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200312.L00Im RIS seit
24.09.2021Zuletzt aktualisiert am
24.09.2021