TE VwGH Erkenntnis 1997/01/29 97/13/0015

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Veröffentlicht am 29.01.1997
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Betreff

     Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des H D in W, vertreten durch Dr. Rainer Pallas, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25/3/18, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VA) vom 16. Dezember 1996, Zl. GA 16-95/3210/09, betreffend u.a. Umsatz- und Einkommensteuer 1989 bis 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

     Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

     Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

     Der Beschwerdeführer erlangte im Erbweg 1979 zunächst Hälfteeigentum und 1982 Alleineigentum an einem Ende des 19. Jahrhunderts in Wien XIX errichteten Zinswohnhaus.

     Nachdem er neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in den Jahren 1984 bis 1993 Verluste aus der Vermietung des Zinshauses erklärt hatte, forderte ihn das Finanzamt mit Ersuchen vom 16. Juni 1994 auf, u.a. eine Prognoserechnung vorzulegen, aus welcher ersehen werden könne, wann mit Gesamtüberschüssen zu rechnen sei, und weiters nähere Angaben über die Anzahl der vermieteten Wohnungen und deren Wohnfläche sowie den vom Beschwerdeführer selbst benützten Anteil zu machen.

     Der Beschwerdeführer gab mit seinem Schreiben vom 14. Juli 1994 bekannt, dass er hinsichtlich der vermieteten Geschäftslokale Top 3 und Top 4 bereits 1994 einen Überschuss der Einnahmen erwarte und die Wohnung Top 6 (65 m2, was einem Eigenanteil von 14 % der Gesamtnutzfläche von 467 m2 entspreche) selbst benütze. Die Wohnung Top 2 stehe derzeit leer, die Wohnung Top 1 mit 22 m2 sei eine "Hausbesorgerwohnung" und die Wohnungen Top 5 und Top 7 mit je 100 m2 seien mit mündlichem Mietvertrag "zum Friedenskronenzins" vermietet. Die Wohnung Top 8 mit 65 m2 schließlich sei ebenfalls vermietet, wobei der Beschwerdeführer eine Ablichtung des Mietvertrages beilegte. Diesem Mietvertrag ist zu entnehmen, dass das Mietverhältnis am 1. Dezember 1986 begonnen habe und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei. Er könne von beiden Teilen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ende des Kalendermonats gerichtlich aufgekündigt werden. Der Mietzins betrage 500 S monatlich und sei auf den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten monatlichen Index der Verbraucherpreise 1976 wertbezogen. Der Mietvertrag enthält als vereinbarten Kündigungsgrund: "wenn die Mieterin die Wohnung nicht mehr selbst bewohnt bzw. bewohnen kann, sowie wenn die Mieterin verstirbt, und zwar unabhängig davon, ob im Zeitpunkt ihres Auszuges oder ihres Ablebens nach dem Mietrechtsgesetz eintrittsberechtigte Personen in der Wohnung wohnen." Schließlich wird im Mietvertrag festgestellt, dass der gesetzliche Hauptmietzins (Kategoriezins) 793 S betragen würde, jedoch aus Entgegenkommen nur ein Betrag von 500 S pro Monat begehrt werde.

     Erhebungen des Finanzamtes ergaben sodann, dass die Wohnungen Top 5 und 7 von den Töchtern des Beschwerdeführers benutzt wurden.

     Mit Ersuchen vom 9. August 1994 forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer u.a. auf, bekannt zu geben und nachzuweisen, welche Maßnahmen gesetzt worden seien, um für Top 2 einen Mieter zu finden, damit von einer ernsthaften Vermietungstätigkeit ausgegangen werden könne. Zu Top 8 stellte das Finanzamt die Frage, warum der Beschwerdeführer weniger als  den gesetzlichen Hauptmietzins vereinnahme.

     Dieses Ersuchen beantwortete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. September 1994, worin er ausführte, dass die Wohnung Top 2 bis 1987 an einen Herrn P. vermietet worden sei, dieser infolge Devastierung der Wohnung gerichtlich gekündigt worden sei und sich die Wohnung in einem derartigen Zustand befinde, dass alle Interessenten sofort ihr Mietinteresse verlören (Mauerwerk falle herab, feucht, kaputte Wasserleitungen usw.). Die beträchtlichen Sanierungskosten wolle der Beschwerdeführer nicht übernehmen, weitere Inserate erschienen dem Beschwerdeführer hinsichtlich des Zustandes der Wohnung nicht sinnvoll. Die Hauptmieterin in Top 8 sei zunächst Untermieterin der früheren Hauptmieterin gewesen, deren eintrittsberechtigte Tochter zu Gunsten der Untermieterin auf das Mietrecht verzichtet habe. Mit Schreiben vom 22. September 1994 ergänzte der Beschwerdeführer, dass die Wohnung Top 2 infolge Nichtzahlung des Mietzinses gekündigt worden sei.

     Mit Bescheiden vom 28. und 30. Dezember 1994 setzte das Finanzamt - hinsichtlich der Jahre 1989 bis 1992 nach Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren - die Umsatz- und Einkommensteuer für die Streitjahre von den Erklärungen abweichend fest. Das Finanzamt ging lediglich bei der Vermietung der Geschäftsräumlichkeiten (Top 3 und Top 4) von einer Einkunftsquelle aus, nicht hingegen "für die übrigen Wohnungen" (Top 1, 2 und Top 5 bis 8). Zur Wohnung Top 2 führte das Finanzamt an, dass diese Wohnung seit geraumer Zeit (und nicht nur vorübergehend) nicht vermietet sei. Zur Wohnung Top 8 könne das Finanzamt keine ernstliche Gewinnerzielungsabsicht annehmen, weil der vereinbarte Mietzins von 500 S unter jenem Niveau liege, welches das MRG vorgesehen hätte, und weil nach mietrechtlichen Vorschriften kein Eintrittsrecht der früheren Untermieterin und nunmehrigen Hauptmieterin bestanden habe. Von den erklärten Vorsteuern erkannte das Finanzamt lediglich 14 % an (entsprechend dem Flächenanteil der Geschäftslokale).

     Der Beschwerdeführer berief gegen diese Bescheide und erklärte zur Vermietung der Wohnung Top 8, dass die Verminderung des Mietzinses gegenüber dem Kategoriemietzins deshalb erfolgt sei, weil die Mieterin Mindestrentnerin sei. Auch bei Einhebung des etwas höheren Kategoriemietzinses hätte kein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt werden können.

     Auf Vorhalt der belangten Behörde legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. November 1996 dar, dass die Wohnung Top 2 völlig unvermietbar sei, weil sie in äußerst schlechtem "baulichen und Ausstattungszustand" sei. Sie sei derzeit nicht bewohnbar, weil sie feucht sei (Lage im Erdgeschoss) und keiner der Interessenten auf eigene Kosten eine entsprechende Trockenlegung riskieren wolle. Sie habe weder Bad noch Heizung und auch kein WC. Selbst als Lagerraum habe sie wegen der Bodenfeuchtigkeit nicht verwendet werden können. Über seinerzeit unternommene Versuche, diese "Wohnung" zu vermieten, bestünden keine Unterlagen mehr. Mit diesem Schreiben legte der Beschwerdeführer eine Ertragsberechnung vor, aus welcher ersichtlich sei, dass es trotz Bezahlung von Friedenskronenzins (Top 5 und 7) bzw. Kategoriezins (Top 8) zu einem Überschuss der Einnahmen komme, wenn die Aufwendungen für Instandhaltung und Reparaturen nicht verteilt auf zehn Jahre, sondern auf die Restnutzungsdauer des Hauses vorgenommen würden.

     Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes für die Streitjahre ab. Sie berücksichtigte die im Verwaltungsverfahren vom Beschwerdeführer geltend gemachte Einbeziehung der Wohnung Top 1 als Abstellraum und ein den Geschäftslokalen zuzuordnendes WC mit zusammen 5,5 % der Gesamtnutzfläche. Dass die Wohnung Top 2 seit 1987 nicht zur Einkunftserzielung genutzt werde, sei unbestritten, ebenso dass für die Wohnung Top 8 der festgesetzte Hauptmietzins nicht im höchst zulässigen Ausmaß eingehoben werde. Als Grund für die verringerte Miete sei vertraglich ausschließlich das Entgegenkommen des Vermieters angeführt und der Beschwerdeführer habe in der Berufung erklärt, dies sei im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse der Mieterin (als Mindestrentnerin) erfolgt. Es würden jegliche Nachweise für die Einhebung von Mieten unter Ausschöpfung sämtlicher sich aus mietrechtlichen Vorschriften ergebender Möglichkeiten fehlen. Auf Grund der unterschiedlichen Bewirtschaftung erkannte die belangte Behörde nur die Vermietung der Geschäftslokale als Einkunftsquelle an, nicht jedoch jene der übrigen Wohnungen.

     Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

     Im Rahmen der Beurteilung von Bestandobjekten auf ihre Eigenschaft als Einkunftsquelle im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist grundsätzlich jedes Mietobjekt gesondert danach zu untersuchen, ob es eine Einkunftsquelle bildet. Dies gilt insbesondere für verschiedene, wenn auch in einem Haus gelegene, Wohnungen. Auch einzelne Wohnungen in einem Mietwohnhaus sind getrennten Beurteilungen zu unterziehen, wenn die Objekte an verschiedene Personen vermietet sind oder auf Grund anderer Merkmale unterschiedliche und voneinander unabhängige wirtschaftlich abgrenzbare Nutzungsvereinbarungen vorliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 1997, 94/15/0126, mwN). Davon ausgehend ist es der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, dass sie die Vermietung der Geschäftslokale einerseits und die "Nutzung" der Wohnung Top 2 und die Vermietung der Wohnung Top 8 (hinsichtlich dieser beiden Wohnungen erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht auf Anerkennung als Einkunftsquelle verletzt) andererseits getrennt betrachtet hat.

     Ob eine Tätigkeit objektiv geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen, ist eine Tatfrage, welche die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu lösen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, 98/13/0172).

     Da die in der Beschwerde als Lager bezeichnete Wohnung Top 2 während des gesamten Streitzeitraumes und auch davor unstrittig leer gestanden und nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren "im derzeitigen Zustand" nicht vermietbar ist, durfte die belangte Behörde unbedenklich schließen, dass die Wohnung objektiv unvermietbar ist. Besteht objektiv betrachtet keine Möglichkeit zur Erzielung von Einnahmenüberschüssen, reicht der behauptete (subjektive) Wille, Überschüsse zu erzielen, für das Vorliegen einer steuerlich zu beachtenden Einkunftsquelle nicht aus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, 90/14/0025).

     Den behördlichen Feststellungen hinsichtlich der Wohnung Top 8, wonach der Beschwerdeführer einen geringeren als den durch mietzinsrechtliche Beschränkung vorgegebenen Mietzins vereinbart hat - und zwar aus Entgegenkommen angesichts des geringen Einkommens der Mieterin - und dass die Mieterin bei Ableben der früheren Mieterin nicht eintrittsberechtigt gewesen sei, tritt die Beschwerde nicht entgegen. Selbst wenn die Vermietung der Wohnung Top 8 Mietzinsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes unterläge, hätte der Ansatz eines marktüblichen Mietzinses an Stelle der gesetzlich beschränkten Mietzinse bei der Prüfung der Ertragsfähigkeit der Vermietung erfordert, dass der Beschwerdeführer erkennbar im Rahmen der ihm durch die mietrechtlichen Regelungen auferlegten Beschränkungen die Möglichkeit der Erzielung von Einnahmen im Wesentlichen ausschöpft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 2000, 97/15/0009). Angesichts des gegenüber dem Kategoriemietzins herabgesetzten, mit der Mieterin vereinbarten Mietzinses ist es daher der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, wenn sie von den tatsächlichen Mieteinnahmen ausging. Dass davon ausgehend Einnahmenüberschüsse erzielt werden könnten, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Die in der Beschwerde erwähnte Prognoserechnung als Beilage seines Schreibens vom 25. November 1996 und das Beschwerdevorbringen, "bei Verteilung der Reparaturen auf eine realistische Zeitspanne" wäre ein Überschuss der Einnahmen erzielt worden, vernachlässigen die vorzunehmende Trennung zwischen der Vermietung der Geschäftslokale und der Vermietung der Wohnung Top 8 und enthalten keine gesonderte Vorschau über die aus der Vermietung der Wohnung Top 8 erwarteten Einnahmenüberschüsse.

     Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, in der Berufungsvorentscheidung (richtig wohl in den mit Berufung bekämpften Bescheiden) sei bei der Berechnung der Vorsteuer aller Jahre von einer unrichtigen - nämlich der um den Hauseigentümeranteil bereits gekürzten - Grundlage ausgegangen worden, verstößt er gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof zu beachtende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG). Es kann dahingestellt sein, ob die vom Beschwerdeführer in den Abgabenerklärungen genannten Vorsteuersummen die gesamten ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuern ausmachen oder lediglich einen um den auf die von ihm bewohnte Wohnung Top 6 entfallenden Anteil von 14 % an der Gesamtnutzfläche gekürzten Betrag. Weder aus den Umsatzsteuererklärungen noch aus den Beilagen dazu ist dies ersichtlich. Die vom Finanzamt in den vom Beschwerdeführer bekämpften Bescheiden in gleicher Weise wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffene Annahme, die vom Beschwerdeführer erklärten Vorsteuerbeträge seien die ihm in Rechnung gestellten, hat den Beschwerdeführer nicht veranlasst, im Verwaltungsverfahren ein dieser Annahme widersprechendes Sachvorbringen zu erstatten.

     Die Beschwerde erweist sich sohin insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

     Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II. Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2003

Im RIS seit
25.03.2003
Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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